Читать книгу Bas Duch - Thomas Häring - Страница 3

Erster Teil

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Darf ich vorstellen?

„Hallo, ich bin Marc, aber meine Freunde nennen mich Euro. Zum Glück habe ich keine, sonst würden sie mich wahrscheinlich längst Teuro rufen. Früher sind mir immer die Frauen hinterhergelaufen, bis ich damit aufhörte, ihnen die Handtasche zu stehlen. Aber eigentlich bin ich gar kein so übler Kerl, finde ich, auch wenn ich kein Held der Arbeit bin. Lieber ein Anruf als ein Beruf, so lautet mein Motto. Nein, nicht was Du schon wieder denkst, ich bin garantiert kein Callboy. Ich bin ein Gelegenheitsjobber und ein Gelegenheitspopper. Das Leben ist ein Kinderspiel, wenn man es nicht ernst nimmt. In der Schule war ich immer die Kasse klaun. Manche Leute halten mich für einen Gauner, ich dagegen bezeichne mich selbst als Grenzenaustester. Wäre doch wirklich zu langweilig, wenn sich alle hier an die Regeln und Gesetze halten würden. Also gut, Du kannst es meinetwegen ruhig wissen, ich war auch schon im Knast. Warum auch nicht? Die brauchen dort Häftlinge, damit sie das Personal nicht entlassen müssen. Ohne Leute wie mich wären die ganz arme Schweine. Egal. Natürlich hatte ich eine ganz schwere Kindheit, denn ich wurde von meinen Eltern verwöhnt. Das ist das Schlimmste überhaupt. Als verwöhntes Kind bist Du später total aufgeschmissen, weil Du nicht fähig bist, Dich selbst zu versorgen. Na ja, nach der Schule habe ich mal dies und mal jenes gemacht, aber es nirgends allzu lange ausgehalten. Es hat mich immer weiter gezogen und jetzt sitze ich hier in dieser Kneipe in Magdeburg und warte auf die Veröffentlichung der neuesten Arbeitslosenzahlen. Ich habe nämlich darauf gewettet, daß wir immer noch über fünf Millionen registrierte Arbeitslose im Land haben. Und die werden bald von mir geholfen, denn ich bin schlau. Ich werde mich selbständig machen und dann so vielen Arbeitslosen wie möglich einen Job verschaffen. Das ist genial. Früher wollte ich ja immer Berufsberater werden, der geilste Job überhaupt: Deine „Arbeit“ besteht darin, anderen Leuten einen Beruf einzureden, den die meistens gar nicht ausüben wollen. So, jetzt muß ich aber los, meine momentane Freundin wartet bereits auf mich. Die beginnt mich auch schon schön langsam zu langweilen, wird Zeit, daß ich die demnächst austausche. Du kannst über mich denken was Du willst, aber ein Macho bin ich nicht. Ich liebe lediglich die Abwechslung. Ich sage Dir eins: Mit meiner Lebenserfahrung könnte ich diesen ganzen verfickten Planeten zuscheißen. Diese Welt ist ein Irrenhaus und entweder wirst Du auch irr und spielst die kranken Spiele der Psychos mit, oder sie verfrachten Dich in ihre Psychoknäste, um Dich umzupolen. Aber ich bin auf der Hut, wo auch immer die sein mag. Nicht mit mir, ich habe das alles längst durchschaut. So, genug geplaudert, jetzt geht es los. Ich hole nun die ersten Arbeitslosen von der Straße und wenn ich als Arbeitslose vermittelnde Ich-AG Erfolg habe, dann wird mir dieses Land zu Füßen liegen und mich verehren und anbeten. Also dann, auf in den Krampf! Autobahnen gibt es schon genug, aber Wälder stehen ja noch in Unmengen zum Abholzen da.“

Eine wie keine

„Einen wunderschönen guten Tag, ich bin Charlotte, Diplompsychologin, wohlgemerkt. Ich interessiere mich für Menschen und bin sogar selbst einer. Unglaublich aber wahr, denn ich habe ein Herz. Und was für eins! Ich liebe Euch alle und meine es nur gut mit Euch. Ich kann wunderbar zuhören und genauso genial nachfragen. Ich habe schon unendlich vielen Menschen geholfen, aber mir hilft keiner. Ich bin nämlich wahnsinnig und niemand merkt’s. Nicht mal ich selbst, obwohl ich normalerweise die Psychos auf hundert Meter Entfernung riechen kann. Weißt Du, das ist alles so frustrierend. Den ganzen Tag höre ich mir das kranke Geschwafel von irgendwelchen geistig Gestörten an und dann komme ich abends nach Hause und der Einzige, der dort auf mich wartet, ist mein Vibrator. Männer hatte ich früher auch mal, aber die haben es nicht lange bei mir ausgehalten, weil ich sie therapieren wollte. Ich weiß auch nicht was da los ist, aber wenn Du den ganzen Tag lang nur mit Verrückten zu tun hast, dann wirst Du irgendwann selbst verrückt. Na ja, immer noch besser als gar kein Hobby. Aber im Grunde bin ich wirklich ein netter Mensch, denn ich repariere schließlich Dachschäden aller Art und die Psychologie ist wahrlich eine interessante Wissenschaft. Zugegeben, wir Psychologen sind auch nicht ganz zurechnungsfähig, weil wir so engstirnig sind, daß wir oft zwischen normalem Verhalten und psychischen Auffälligkeiten nicht unterscheiden können. Ich habe ja auch schon häufig Gutachten für Gerichte geschrieben und das kann ich eigentlich recht gut. Gut, hin und wieder kommt es vor, daß ich mich irre und so ein irrer Kinderficker wieder seine kranken Bedürfnisse befriedigt, was die Buld-Zeitung, dieses Blatt der Massenpsychose, auf den Plan ruft, um Stimmung zu machen und Ängste zu schüren, aber was soll’s? Ich bin auch nur ein Mensch, leider. Zu meinen Eltern habe ich keinen Kontakt mehr, seitdem ich ihnen aufgezeigt hatte, was in ihrer Ehe alles schief läuft, woraufhin sie mich rausgeschmissen haben. Es ist für Psychologen nicht leicht, Freunde zu finden, denn sobald man sich outet, verschwinden die meisten Personen auffällig unauffällig. Deswegen sind fast alle meiner Bekannten Psychologen, Psychiater und Psychotherapeuten, manchmal Gynäkologen, weil die ja auch in die Leute reinschauen. Als Berufsgruppe haben wir ungefähr das selbe Ansehen wie die Prostituierten. Alle wissen, daß es uns gibt und daß man uns braucht, aber man redet nicht gerne von uns. Andererseits können die Menschen froh darüber sein, daß wir nur ein bißchen, aber nicht richtig krank sind, denn sonst hätten wir schon längst die Weltherrschaft an uns gerissen. Die Mittel dazu hätten wir ja: Manipulation, rhetorisches Geschick, Propaganda, das beherrschen wir alles. Ach, was rede ich da nur für einen Quatsch! Alles was ich will und brauche, ist ein Mann. Und zwar einen, den ich nicht so leicht durchschaue und der mich nicht langweilt. Nein, keinen Supermann, sondern einen krassen Typen, der was draufhat. Ich bin am Ende. „Sex and the City“ und mein Vibrator Ficktor sind kein Ersatz für eine Beziehung. Nach der Erziehung folgt die Entziehungskur und darauf dann die Beziehung. Ich kann nicht mehr. Sogar meine irren Patienten haben ein Sexualleben. Intelligenz ist eben doch ein Makel. Dumm strickt gut.“

Der Herbert sei mit Dir

„Grüß Gott bei Samen, in Gottes Namen. Ich bin der Herr Bert, ein katholischer Pfarrer, kein alkoholischer, auch wenn ich jeden Tag eine Flasche Wein trinke, aber das müssen wir, denn im Wein liegt die Wahrheit. Ich bin gekommen, um Dir die Frohe Botschaft zu verkünden: Nicht alle Männer in unseren Priesterseminaren sind pädophil, manche stehen nämlich auf Männer, andere auf Penner und wieder andere auf Tiere. Natürlich gibt es auch normale Priester wie mich, die auf Frauen stehen und sich einen Zölibart wachsen lassen mußten, damit er nicht immer steht, wenn eine Frau auftaucht. Ich führe ein bescheidenes Leben und freue mich über jeden Tag, denn der ist ein Geschenk Gottes. Geliebt werde ich für meine kurzen Predigten, denn die meisten Kirchenbesucher kommen nur aus Pflichtbewußtsein oder Tradition in die Kirche, sie wollen, daß der Gottesdienst so schnell wie möglich ein Ende findet. Ich übrigens auch. Dieses Beten ist so sinnlos, pure Zeitverschwendung, aber ich werde halt mal dafür bezahlt. Meine Verwandten und Bekannten haben nie begriffen, warum ich Pfarrer geworden bin, meine Mutter glaubt bis heute, ich wäre Fahrer. Natürlich wäre es den Leuten um mich herum lieber gewesen, wenn ich einen anständigen Beruf gelernt hätte, aber ich wollte halt unbedingt einen sicheren Job. Beklagen kann ich mich wirklich nicht. Die meisten Leute grüßen mich, ich erhalte wahnsinnig viele Einladungen zu irgendwelchen Essen, Festen oder Festessen, mit den örtlichen Satanisten habe ich mich arrangiert und für die geilen, jungen Frauen bin ich die süßeste Versuchung seit es katholische Priester gibt. Na gut, wir sind ja hier unter uns, Du und ich, da kann ich Dir ja meine Wahrheit verkünden: Ich glaube nicht an Gott. Gott ist meiner Meinung nach die phänomenalste Lüge und die gigantischste Erfindung in der Geschichte der Menschheit. Alle Religionen stecken miteinander unter einer Decke und haben sich gegen den gesunden Menschenverstand und die Wissenschaften verschworen. Alles Lüge! Es gibt keinen Gott, das steht für mich fest. Trotzdem fand ich das Theologiestudium sehr interessant, denn dabei habe ich die Fälscher und Wortverdreher live in Aktion erleben können. Na ja und da ich nicht an Gott glaube, gilt für mich dieser ganze Verbote-Schnickschnack natürlich auch nicht. Wäre ja noch schöner. Das heißt, daß ich immer wieder mal mit einer Frau schlafe, heimlich ins Kasino gehe, gerne mal die Nacht zum Tag mache und schnelle, teure Autos liebe. Und das Geilste ist, daß etliche Leute in meiner Pfarrgemeinde durchaus Verständnis dafür haben. Die Basis ist relativ liberal und kann mit den weltfremden Anweisungen aus dem Kativan genausowenig anfangen wie ich. Also, eigentlich geht es mir ganz gut, doch irgendwas fehlt mir. Nein, nicht das Gewissen, das brauchst Du als Pfarrer nicht, weil Dich eh fast alle für heilig halten. Es passiert nicht viel in meinem Leben, alles wiederholt sich, ich langweile mich. Das ist leider der Preis der Sicherheit. Hoffentlich bleibt das nicht noch lange so, sonst laufe ich Amok, ertränke ein paar Täuflinge, erschieße die paar Brautpaare, die sich noch trauen lassen trauen, damit der Tod sie scheidet und kreuzige den scheinheiligen Bürgermeister. Es ist ein Kreuz.“

Weil ich ein (leichtes) Mädchen bin

„Hallo Süßer oder Süße, ich bin die Thea. Ich bin allzeit bereit und habe den geilsten Job überhaupt. Ich habe mein Hobby zum Beruf gemacht und bin eine gut situierte Prostituierte geworden. Am Stammtisch rufen meine Freier, wenn sie die Gläser heben, oft „Prost! Ituierte!“ und dann weiß ich, daß sie an mich denken. Zwar bin ich noch jung, aber auf dem Sexgebiet bin ich ein absoluter Profi. Und Profis machen jede Menge Profit, das ist doch klar. Natürlich biete ich höchste Qualität zu Popp-Preisen, aber leider kommt halt Qualität von Qual. Manchmal ist es wirklich nicht leicht mit diesen bierbäuchigen, übelriechenden, protzenden Froschgesichtern, die sich die Freierheit nehmen, um mit mir dasselbe zu tun, besonders wenn sie gegen das sexte Gebot verstoßen, das da lautet: Du sollst nicht schlappmachen. Doch wo ein Willi ist, da ist auch ein grader Weg, auf lateinisch: Viagra. Mir sind zwei Gehälter lieber als ein Zuhälter, denn ich bin ständig ich selbst, äh, selbständig. Bei manchen meiner Kunden steht er nicht von selbst, aber ich habe ja eine Ausbildung zur Glasbläserin erfolgreich abgeschlossen, von daher hab’ ich alles unter Kontrolle, sogar die Klorolle. Scheiße! Schon wieder so ein mißglücktes Wortspiel. Wenn Du wüßtest, wer alles zu meinem Kundenstamm gehört, Du würdest jeglichen Respekt vor allen Doktoren, Professoren, Langohren, Politikern, Direktoren und Diktatoren verlieren, das garantiere ich Dir. Na, wie wär’s denn mit uns Beiden? Lust auf Lust? Na gut, dann halt nicht, wenn Du Hartz IV-geschädigt bist. Egal, ich habe eh genug Kohle, nur vom Sex kann ich nie genug kriegen. Tja, liebe Deine Triebe, sag’ ich dazu nur. In Bayern ficken die Huren anders. Dort hat man das älteste Gewerbe der Welt immer noch nicht wirklich legalisiert und kriminalisiert uns Nutten, nur damit die CSU-Politiker und -Wähler nach dem Fick mit uns kein schlechtes Gewissen haben brauchen und weiterhin auf ihrer Welle der Doppelmoral surfen können. Meine Eltern sind übrigens schrecklich stolz auf mich, sie lieben und loben mich und stellen mich als Vorbild dar, weil ich es trotz Hauptschulabschluß geschafft habe, erfolgreich und bekannt zu werden. Wie das mit dem Koksen ist? Kommt drauf an, wenn Viagra nicht reicht, dann braucht Mann halt noch ein Mittel zur Wiederauferstehung. Jetzt aber mal ehrlich: Auch Ficken wird auf Dauer mal langweilig, besonders da zu mir ja meist nur die Verklemmten, Häßlichen und Bonzen kommen. Ich würde gerne ein neues Leben beginnen, ich suche eine neue Herausforderung. Vielleicht sollte ich ja Nonne werden, war nur ein Witz, keine Sorge. Jedenfalls habe ich genug Kohle, um mir mal die Welt anzuschauen. Ein freier Tag ist für viele etwas Schönes, für mich dagegen bedeutet ein Freier-Tag sexuelle Höchstleistung. Aber oft sind das Perlen vor die geilen Säue, die meisten Typen wollen nur ihre Triebe befriedigen und hauen gleich wieder ab. Manche wollen auch reden, aber worüber soll ich mit solchen Crash Test Dummies, die sich nicht mal eine Frau ansprechen trauen, die keine Hure ist, quatschen? Na ja, meinetwegen räume ich nun das Feld und suche mir eine neue Aufgabe. Genug gefickt für dieses Jahr. Womöglich werde ich ja bald Feministin, denn das, was ich inzwischen über Männer weiß, das reicht aus, um niemals eine Familie gründen zu wollen. Ach, leck mich! Aber das kostet extra.“

Tod eines Auto(r)s

„Es tut mir leid, wie konnte das nur passieren? Worauf hab’ ich mich denn dabei eingelassen? Ich hatte geglaubt, das wäre ein guter Start für mein Buch, wenn sich die Hauptfiguren zu Beginn selbst vorstellen können. Jedoch haben die das schamlos ausgenutzt und ihre Freiheit übelst mißbraucht. Hierfür möchte ich mich entschuldigen. So, jetzt aber zu mir: Ja, stell’ Dir vor, ich schreibe mal wieder ein Buch. Die Welt schreit auf. Warum tut er das? Ist es Langeweile, Dummheit oder Blasphemie? Ein bißchen was von allem, würde ich meinen. Einige Jahre sind ins Jammerland gezogen, immer mehr Rentner, immer mehr Arbeitslose, immer mehr Fette mit einem Gewicht von ein paar Zentner(n), Pfand auf fast jede Dose. Nun ja und da das Überflüssige und die Überflüssigen immer mehr zunehmen, habe ich mir gedacht, daß es Zeit wird für das absolut überflüssigste Buch. Ich habe ein komisches Gefühl bei dieser ganzen Geschichte, denn ich befürchte, daß auch ich gelenkt werde und nicht frei entscheiden kann. Ich fühle mich beobachtet und glaube, daß meine Gedanken manipuliert werden. Paranoia? Aber immer doch, gerne. Wir wünschen Dir ein para neu Jahr. Also gut, ich habe lange Urlaub gemacht, gefaulenzt, herumgelungert, Leute genervt und so. Jetzt falle ich vom einen Extrem ins andere und will in 13 Tagen dieses Buch schreiben. Und das Schlimmste daran ist: Ja, ich werde es auch schaffen. Natürlich bin ich krank im Kopf, denn normal ist das nicht. Aber wozu sollte man auch alle Tassen im Schrank haben, wenn eh kein Besuch kommt? Fragen über Fragen, üble Fragen, doch bei wem soll ich mich beklagen? Ich bin ein fauler Hund, oh, schon wieder ein unschuldiges Tier beleidigt. Na und? „Bas Duch“ mußte endlich geschrieben werden und da niemand sonst dazu bereit zu sein scheint, bleibt der stinkende Mist mal wieder an mir hängen. Wen kümmert’s? Habe ja sonst nichts zu tun. Probieren geht über Studieren, geht aber auch ganz schön an die Nieren. Ich hoffe, daß Du klaren Kopfes aus „dem Duch“ herausfindest und danach nicht irgendwelche Scheiße baust. Es ist alles nur Unterhaltung, unterste Schublade, wie gehabt. Bei dieser Geschichte handelt es sich lediglich um meine Bewerbungsschrift für die Einweisung in die geschlossene Abteilung der Psychiatrie, denn ich kann es bis heute nicht fassen, daß man so einen Spinner wie mich seit Jahrzehnten frei herumlaufen läßt. Alles wird gut. Eine Rüge für diese Lüge an Tina Rouge. Es ist nicht leicht für mich als Autor, mich hier zu äußern und zu erinnern. Zweifellos habe ich schon jede Menge Schrott fabriziert und es war ohne Frage schade um die Bäume, die für jene Blätter ihre Blätter und ihr Leben lassen mußten, doch mein Geschreibsel ist wenigstens handgemacht und hin und wieder sogar kopfgedacht, auch wenn das schwer vorstellbar erscheint. Genug gejammert. Ich wünsche Dir ein himmlisches Vergnügen mit diesem Buch, eine höllische Reise in das Universum, göttliche Momente und teuflische Intrigen. Du kennst mein Ziel: Ich will Dir Deine Zeit stehlen. Ein paar Stunden lang sollst Du Einblick in meine kranke Geisteswelt erhalten. Noch hast Du die Chance, „Bas Duch“ beiseite zu legen und dem Horror zu entfliehen. Aber gleich ist es damit vorbei. Denn mein Auto ist schon lange tot.“

Also wirklich, so eine einfallslose Überschrift

„Gestatten, Gitta lautet mein Name, ich bin Literaturkritikerin, wobei ich bezweifle, daß man diesen Wortmüll, dieses Tschernobyl der Sprache hier, als Literatur bezeichnen kann. Ich bin empört darüber, daß Leute, wie dieser minderbemittelte Möchtegernschriftsteller, überhaupt Papier verkauft bekommen, auf welches sie dann ihre buchstäblichen Ergüsse ausfließen lassen können. Wir müssen unsere Kinder, zum Glück hab’ ich keine, vor diesen Wortvergewaltigern schützen. Allein schon der Beginn dieses „Duches“ mit dem hirnrissigen Titel „Bas Duch“: Blöder geht es einfach nicht; auch wenn sich die größten Idioten unter den Dummen noch so anstrengen würden, könnten sie das nicht mehr toppen. Wie kann man nur auf die geisteskranke Idee kommen, daß sich die Hauptfiguren zu Beginn des Buches dem Leser oder der Leserin selbst vorstellen sollen? Wie viel Scheiße muß sich da im Kopf dieses Autors befinden? Nur weil dieser Satzprolet unfähig ist, ein Vorwort oder einen Prolog zu schreiben, müssen sich die bemitleidenswerten Männer und Frauen selbst ins gleißende, beißende Rampenlicht stellen und sich dem gierigen Publikum präsentieren. Abartig, hohl, doof. Nun aber ein bißchen was Persönliches von mir: Ich bin gerne Kritikerin und ich liebe meinen Beruf. Schreiben kann jeder Idiot, wie Sie ja an diesem Kretin hier sehen können, aber stilvoll und intelligent kritisieren können nur die Wenigsten. Eine der Großartigsten aus dieser winzigen Minderheit bin ich, denn ich kritisiere mit Leidenschaft. Bereits als Kleinkind habe ich nur herumgenörgelt und war mit nichts und niemandem zufrieden, am wenigsten mit mir selber. Später in der Schule habe ich scharfzüngig den Unterricht aller Lehrer kritisiert und auch die meist miserable Kleidung meiner Schulkameraden habe ich nicht unkommentiert gelassen. Aus der Kirche bin ich öfter rausgeflogen, weil ich die Predigten des Pfarrers kritisiert habe oder mich über schlafende Kirchenbesucher lustig gemacht hatte. Selbstverständlich kritisiere ich auch meine Kritikerkollegen, nur ich selbst bin über jeden Zweifel erhaben. Und wenn ich sogar das beste Buch aller Zeiten vor mir haben würde, so wäre ich die Erste, die daran oder darin mindestens einen Kritikpunkt finden würde und sei es, daß ich das verschwommene Cover bekritteln würde, nachdem ich versehentlich meinen Kaffee über dem Buch ausgeschüttet hätte. Sie merken schon, ich bin ein äußerst liebenswürdiger Mensch und die Männer können gar nicht genug von meinen Kritiken kriegen, diese Masochisten. Ich schreibe am Ende jeder Beziehung meinem dann ehemaligen Lebensabschnittsgefährten eine flammende Kritik, mit der er sich daraufhin bei anderen Frauen bewirbt und meist auch genommen wird, denn die Frauen wissen normalerweise, daß ein Mann, den ich mal erwählt hatte, Einiges an Kritik aushält. So, jetzt bin ich aber doch tatsächlich abgeschwiffen, ein tolles Wort, nicht wahr, das habe ich selbst erfunden und nun wird es Zeit, Sie eindringlich davor zu warnen, dieses „Duch“ zu lesen. Bereits der Start ist gründlichst mißlungen und wer diesen Pseudoautor kennt, weiß, daß es nur noch schlimmer werden kann, denn sein Motto lautet ja bekanntlich: Dümmer und schlimmer geht’s immer. Bitte, holen Sie mich hier raus! Ihre Gitta.“

Die bei Satanlagen kotzen

„Der Ruf, der Ruf, der Ruf ist aus Feuer. Meiner zumindest. Ja, hey erst mal, ich bin der Fürst der Finsternis, heiße Luzifer, Satan, Teufel, Mephistopheles, Diabolus, Beelzebub, Leibhaftiger und so weiter und so fort, ich bin der zarteste Versucher seit es ewiges Leben gibt und mir ist heiß. Ich führe ein erfolgreiches Unternehmen in der Ewigkeit, es nennt sich Hölle, ich habe mich seinerzeit von der Mutterfirma abgespalten und meine eigene Firma gegründet. Wir haben hier bei uns hunderte Millionen von Kunden, die sich mehr oder weniger freiwillig dafür entschieden haben, ihre Ewigkeit in unseren unheiligen Hallen zu verbringen. Um Ihnen kurz unsere Leistungen und unseren Service vorzustellen: Wir braten und rösten, grillen und verheizen, kochen und dünsten, peitschen und federn, rädern und teeren, vierteilen und kreuzigen, verbrennen und ertränken, quälen und foltern, kurz gesagt: Wir machen alles, was den Leuten und uns Spaß macht. Wir sind das Vergnügungscenter der Ewigkeit, hier bei uns dürfen die Leute die Sau rauslassen, die dann umgehend von unseren Experten, den Hells Angels, also den Höllenengeln, zum Dämon ausgebildet wird. Wir sind für das Böse in der Ewigkeit und auf der Erde zuständig, wir unterstützen Diktatoren, Terroristen, Kapitalisten, Räuber, Mörder, Ehebrecher, Vergewaltiger, Rinderschänder und viele andere Bösmenschen. Wir expandieren laufend und können uns vor Neumitgliedern nicht mehr retten. Es ist schier unglaublich, wie böse die Menschheit in den letzten Jahrzehnten geworden ist. Eigentlich müßte ich mich darüber freuen, doch das Gegenteil ist der Fall. Mich widert das an. Jeder Hosenscheißer nennt sich heutzutage böse, alles verschwimmt im Ungefähren und vor lauter Mitläufern im Strom, gegen den niemand schwimmt, erkennt man die wirklich Bösen fast nicht mehr. Ich habe die Schnauze voll. In einer Welt, in der böse sein cool ist, will ich nicht mehr der Führer dieser Bösen sein. Das sind mir viel zu viele Schleimbeutel, Schreihälse und Doofköpfe, das ist nicht mein böses Volk. Mich haben immer schon die Durchtriebenen, die Hinterlistigen, die Trickser und Täuscher interessiert, nicht die Schläger und Brandstifter. Teufel sein ist echt ein geiler Job, Millionen Menschen beneiden mich darum und doch ist es so, daß ich immer öfter sehnsuchtsvoll an die Zeit zurückdenke, als ich noch ein kleiner Engel war, in der Himmlischen Chöre Schar. Klar, damals war ich noch ein absoluter Niemand, aber vielleicht war es gerade deswegen so schön. Na ja, wir werden sehen. Natürlich war und ist die Hölle eine großartige Einrichtung, doch in einer Zeit, in der die Menschen sich selbst die Hölle bereits auf Erden schaffen, verliert meine Firma hier in der Ewigkeit ihren Reiz und ihre Einmaligkeit. Andererseits bin ich hier der Boß, der absolute Alleinherrscher, das hat schon auch was. Na gut, genug herumüberlegt, jetzt heißt es erst mal: Augen zu und durch. Ich habe nämlich eine Wette verloren, die eigentlich unverlierbar gewesen war. Na ja und mein Wetteinsatz war mehr als gewagt, ich war mir leider einfach viel zu sicher gewesen. Bleibt nur zu hoffen, daß niemand etwas von der Sache mitbekommt, denn sonst ist mein Ruf echt voll im Arsch.“

And I proudly present

„Hallöchen, ich bin Gott. Bist Du etwa überrascht, daß ich eine Frau bin? Na sowas. Dabei hättest Du doch nur im Evangelium richtig lesen müssen. Da heißt es nämlich gleich zu Beginn: „Am Anfang war das Wort.“ Klar, daß Gott eine Frau sein muß, wenn am Anfang das Wort war, oder etwa nicht? Auf alle Fälle freue ich mich darüber, Dich auf diese Art und Weise zu erreichen, denn ich habe das Gefühl, daß Ihr Euch nicht mehr sonderlich für mich interessiert. Etwas Schlimmeres gibt es für eine Frau nicht. Bin ich etwa nicht mehr attraktiv genug? Zugegeben, ich bin nicht mehr die Jüngste, aber dafür war ich schon tausend Mal beim Liften. Nur wenn es darum geht, Schuldige zu finden, dann greift Ihr allzu gerne auf mich zurück. Tsunami, 11.September, Auschwitz, Hiroshima, Tschernobyl und so weiter: Warum läßt Gott das zu? So ein Scheißdreck, damit hab’ ich überhaupt nichts zu tun. Ich glaube, Ihr liebt mich nicht mehr, wenn Ihr mich je geliebt habt, was ich auch nicht sicher weiß. Ihr verspottet mich und tut so, als ob Ihr mich nicht brauchen würdet. Das ist in Ordnung, aber ein bißchen Bewunderung und Anbetung braucht doch jeder Gott, insbesondere ich. Ach ja, der Himmel war auch schon mal blauer, die Engel waren braver und die Toten waren lebendiger. Die guten alten Zeiten. Ich werde langsam depressiv und wenn es so weitergeht, bekomme ich bald meine Tage. In der Ewigkeit nichts Neues. Furchtbar langweilig hier oben, während in der Hölle ganz bestimmt der Punk abgeht. Ja, die da unten wissen wie man feiert. Bitte keine Mißverständnisse, es reicht schon, daß ich letztens nach einem milden Gerichtsurteil im Jüngsten Gericht zur Miss Verständnis gewählt worden bin. Ich freue mich über jede Frau und selbstverständlich noch viel mehr über jeden Mann, der freiwillig zu mir und meinen heterosexuellen Engeln in den Himmel kommt. Hier ist es natürlich viel schöner als in der Hölle, glaube ich zumindest, ich habe dort ja leider Hausverbot. Na ja, wenigstens habe ich die letzte Wette gewonnen und das heißt, daß bald mein geliebter Satan hier sein wird, um seine Wettschuld zu begleichen. Da werde ich mir noch schnell etwas Aufreizendes anziehen und mich frischmachen. So einen Besuch hat Frau auch als Gott schließlich nicht alle Tage. Gut, ansonsten möchte ich über die himmlischen Geheimnisse nicht zu viel ausplaudern, Du bekommst eh noch mehr als genug mit, schließlich geht die Geschichte ja erst los. Ich verlange nicht von Dir, daß Du in die Kirche gehst, das würde ich selbst ja auch nicht tun. So was Blödes, keine Priesterinnen erlauben, aber einen Gott anbeten, die eine Frau ist. Katholiken halt. Nein, ich wünsche mir nur, daß Du hin und wieder mal an mich denkst, denn ich werde von Euch mehr und mehr vergessen und das hat nichts mit der steigenden Zahl von Alzheimerpatienten zu tun.“

So, liebe Leserin, lieber Laser, äh, Leser, das war also das Intro. Du kennst nun die Hauptfiguren dieser unglaublichen Geschichte und nachdem sich jene Dir vorgestellt haben, übernehme ich die Regie und entführe Dich in eine Welt, die aus drei Welten zu bestehen scheint und doch nur eine Welt ist.

Wetten und Normen

„Das war himmlisch“, seufzte Gott tief befriedigt und ließ sich auf eine Wolke fallen. „Das war die Hölle“, ächzte der Teufel total fertig. „Ach, Luzi, warum mußt Du denn alles schlecht machen? Dir hat es doch auch gefallen.“ „Du lügst und Du weißt, daß das mein Job ist. Ich bin ruiniert.“ „Hör auf mit dem Gejammer! Schließlich hattest Du unsere Wette verloren.“ „Wie konnte ich denn ahnen, daß Du den Spatzinger zum Papst wählen läßt, nur um mit mir Sex zu haben? Ich hatte gedacht, Dir läge noch was an der katholischen Kirche.“ „Papperlapapp! Was kümmert es mich, wer in meinem Namen irgendwelchen Unsinn verzapft? Hauptsache guter Sex.“ „Hör bitte auf damit! Diese Schmach, diese Schande! Ich als schwuler Teufel bin damit ein für allemal bei meinen homosexuellen Engelsbrüdern diskreditiert. Wie kann ich mich je wieder bei denen blicken oder von ihnen ficken lassen?“ „Pah! Was ein warmer Engel nicht weiß, das macht ihn nicht heiß.“ „Trotzdem. Irgendwie kotzt mich das an. Am Ende halten mich alle noch für einen Bisexuellen. Das wäre Gift für mein Image.“ „Immer langsam reiten, mein höllischer Tiger. Du wirst schon noch Deinen Spaß mit Deinen Engeln haben.“ „Ach, so wichtig ist das mittlerweile auch nicht mehr. Ich habe andere Probleme.“ „Möchtest Du darüber reden?“ „Wie wäre es denn mit einer neuen Wette?“ „Schon wieder? Du überraschst mich. Wie lautet Dein Einsatz?“ „Wenn ich verliere, dann hole ich die Leute, die Du schon lange aus dem Himmel rausschmeißen willst und die ich nie bei mir haben wollte, endlich in die Hölle.“ „Hört sich gut an. Ich kann Schmaus, Nonroe und Papst Innozenz einfach nicht mehr ertragen. Und was ist, wenn Du gewinnst?“ „Dann dürfen meine Jungs und ich wieder zurück in den Himmel, nachdem wir vorher die Hölle zufrieren haben lassen und bekommen ein Drittel der göttlichen Allmacht.“ „Aber Luzi, wir haben das doch immer und immer wieder ausdiskutiert: Du und Deine schwulen Engel im Himmel, das funktioniert einfach nicht. Ihr bringt das ganze Engelsgefüge durcheinander. Außerdem mußten wir Euch damals niederwerfen, nachdem Ihr alle Engel umpolen und mich und die weiblichen Engel zu Lesben machen wolltet.“ „Ach das ist doch Koks von gestern. Die Engel von heute sind auf der Erde und heißen Angelika.“ „Lenk nicht ab! Das Einzige, was die Derkel mit den Engeln in der Ewigkeit gemeinsam hat, ist der Wille zur Macht.“ „Neuwahlen bedeuten Neuqualen. Also, was ist? Nimmst Du mein Wettangebot an?“ „Ich weiß nicht so recht. Ein Drittel meiner göttlichen Allmacht. Was hast Du damit vor?“ „Nichts Besonderes. Ich möchte in den Himmel zurück und ohne Macht kommen meine heißen Brüder nicht mit.“ „Ich verstehe. Und worum wollen wir wetten?“ „Ich wette, daß ich es schaffe, daß Marc, Charlotte, Bert und Thea es schaffen, aus dem Buch des Autors zu entkommen und ihn zu töten.“ „Das ist doch völlig unmöglich. Bei den Vieren handelt es sich um geistige Viren, um Phantasiegestalten. Die können nicht in die Wirklichkeit, in welcher der Autor, der sich diese Leute erdacht hat, lebt.“ „Na ja, wenn Du Dir da so sicher bist, dann kannst Du ja einschlagen.“ „Ja, Dir den Schädel. Du hast bestimmt wieder etwas Teuflisches vor, Luzi. Aber egal. Den Spaß ist es mir wert, dann wird halt der Himmel voller rosa Wolken sein, wenn ich verliere. Das Risiko gehe ich ein, denn die Wiedervereinigung, die wir eben praktiziert haben, ist auch das große Ziel für die Ewigkeit. Und wenn Du verlieren solltest, dann bin ich etliche Nervensägen los. Wieviel Zeit brauchst Du?“ „Gib mir 13 Tage.“ „Abgemacht. So lasset das Spiel beginnen.“ „Oh ja! Jetzt geht es richtig los.“

Logen die Psychologen?

„Das ist doch nicht zu fassen! Da willst Du den Leuten helfen, eine Arbeit zu finden und was machen die Bullen? Schicken einen zum Psychologen!“ erregte sich Marc. „Donnerwetter, Sie müssen ja ganz schön geistig gestört sein, wenn Sie sich von Tieren hierher schicken lassen“, wunderte sich Charlotte. „Doch nicht die Viecher, Du blöde Kuh! Ich meine natürlich die Polizisten.“ „Na, Sie scheinen es ja mit Tiervergleichen zu haben, Sie fettes Schwein. Ich verstehe. Na ja, wenn ich mir Ihr Vorstrafenregister so anschaue, dann weiß ich schon, warum Sie hier bei mir gelandet sind.“ „Ich habe keinerlei Interesse bei Ihnen zu landen. Ich will doch nur Arbeitsplätze schaffen.“ „Ja genau, das sagen sie alle. Der Trick ist uralt. Betrug, Handtaschendiebstahl, Geldfälschung, Heiratsschwindel. Alle Achtung, ich bin beeindruckt.“ „Das ist mir scheißegal. Ich will hier raus und zwar schnell.“ „Sie sind doch erst seit ein paar Minuten hier. Entspannen Sie sich! Wissen Sie, Menschen wie Sie interessieren mich. Trickser, Tarner und Täuscher, Lügner und Betrüger, solche Leute sind ein gefundenes Fressen für uns Psychologen.“ „Ich hau ab! Jetzt fängt die auch noch mit Kannibalismus an.“ „Hiergeblieben! Ohne ein positives Gutachten von mir dürfen Sie keinen Arbeitsvermittlungsladen aufmachen. Also, erzählen Sie doch mal: Wie war Ihre Kindheit?“ „Sie wollen mich doch nur durchschauen und analy, äh, Sie wissen schon und dann machen Sie bestimmt auch noch Tierversuche mit mir.“ „Quatsch! Das glauben Sie doch wohl selbst nicht. Na los, erzählen Sie schon!“ Und Marc erzählte ein wunderbar rührseliges Märchen, er erfand eine bemitleidenswerte Lebensgeschichte, stellte sich als armes, ausgebeutetes Opfer seiner Eltern dar, berichtete von unzähligen Benachteiligungen in der Schule und an seinen diversen Arbeitsplätzen und endete damit, daß ihn nun sogar der Staat mit allen Mitteln verfolgte. Nach seinem Bericht hatte Charlotte Tränen in den Augen, was Marc zufrieden grinsen ließ. Jedoch waren jene Tränen genauso falsch wie seine Lebensbeichte, so daß die erste Runde mit einem Unentschieden endete. „Sie Ärmster. Was Sie alles mitgemacht haben“, ließ Charlotte mitfühlend verlauten, dachte sich aber: „Immer dasselbe mit Euch verwöhnten Fratzen. Alles hat man Euch abgenommen und Ihr macht Euch vom Täter zum Opfer.“ „Also, werden Sie mir das Gutachten so schreiben, daß es paßt?“ erkundigte sich Marc nach einem Blick auf seine gestohlene Uhr. „Ja, aber nur, wenn wir Beide zusammenziehen“, machte sie deutlich. Marc erschrak. Da war eine Frau, die hinter die Kulissen blicken wollte, die sich für seine wahre Identität interessierte, die ihm seine Schauspielerei nicht abnahm. Einerseits imponierte ihm das, andererseits hatte er Angst davor. Immerhin war sie Psychologin, also ein Profi und er war ihr interessantester Fall. Na ja, sie sah ganz gut aus und schien auch Kohle zu haben, also dachte er nicht lange nach und stimmte zu. Warum nicht? Was hatte er schon zu verlieren außer sein Gesicht? Auch Charlotte war zwiegespalten. Sie wußte, daß mit Menschen wie Marc ein Zusammenleben eigentlich fast nicht möglich war, doch vielleicht war gerade sie diejenige, die ihm helfen konnte. Gemeinsam verließen sie am Abend ihre Praxis und gingen zu ihrer Wohnung, ohne zu ahnen, wohin das alles noch führen sollte.

Ein Pfarrer auf Abwegen

Nicht schlecht staunten die Bordsteinschwalben, als ein schwarz gekleideter Mann mit weißem Kragen an ihnen vorbei flanierte, nicht ohne jede von ihnen anzusprechen und mit ihr über das Wort Gottes zu sprechen, das ihn selbst ja bekanntlich praktisch gar nicht interessierte. „Hey, Du Missionar! Wie wäre es denn mit der dazu passenden Stellung?“ rief ihm Thea, die ein letztes Mal auf den Strich gegangen war, um Abschied zu nehmen, zu. „Aber schöne Frau, Sie wissen doch, daß mir so etwas nicht gestattet ist“, erwiderte Bert leicht erregt. „So so. Wie hoch würden Sie dann die Chance beziffern, daß ich Sie Ihrem Gott mit meinen Methoden viel näher bringe, als Sie es mit Beten jemals schaffen werden?“ „Folgen Sie mir bitte unauffällig!“ verlangte der Pfarrer, bevor er losmarschierte. Etliche Minuten später trafen sie sich in seiner Kirche wieder, wo er sie in den Beichtstuhl drängte und zwar dort hinein, wo eigentlich nur der Pfarrer sitzen sollte. Thea wehrte sich nicht, wunderte sich aber gewaltig, als er ihr nicht folgte, sondern statt dessen in der Sünderkabine Platz nahm. „Heilige Mutter Gottes, ich habe gesündigt“, begann er zu flüstern. „Na das ist ja mal ein interessantes Vorspiel“, dachte sich die „Hure von Barbielohn“ amüsiert, doch nachdem Bert eine halbe Stunde lang seine Sünden gebeichtet hatte, war sie gelangweilt eingeschlafen. Er weckte sie leicht verärgert und zischte: „Also, weißt Du, Mädchen, so habe ich mir das nicht vorgestellt: Ich schütte Dir hier mein Herz aus und Du träumst von Zuhältern und Mafia-Bossen.“ „Locker bleiben, Manna. Die ersten 20 Minuten habe ich ja mitgekriegt. Außerdem ist das echt ein bißchen komisch hier mit Dir. Ich dachte, Du willst ficken.“ „Also hör mal, ich bin ein katholischer Priester. Ich schlafe mit der Postbotin, der Putzfrau und der Frau des Bürgermeisters, aber doch nicht mit einer Professionellen.“ „Soll mir recht sein. Ich wollte das Kondom sowieso an den Nagel hängen.“ „Das trifft sich gut. Ich habe nämlich Ärger mit meinem Bischof, der will mich in ein Kloster strafversetzen lassen, weil ich nicht keusch bin. „Wenn Sie wenigstens kleine Jungen ficken würden“, hat er gesagt. „Aber richtige Frauen, pfui Teufel.“ Na ja und jetzt soll ich in ein Kloster, in dem es nur Männer gibt. Das ist so abartig.“ „Dann kündige halt einfach.“ „Du redest Dich leicht mit Deinen paar Gehirnzellen. Die katholische Kirche ist eine große Sekte. Da kann man als Pfarrer nicht so einfach raus. Was glaubst Du, was manche Kollegen schon alles versucht haben, um entlassen zu werden! Aber keine Chance. Die wurden höchstens strafversetzt oder befördert und gehirngewaschen. Es gibt kein Entkommen.“ „Sekte oder Selters, spielt doch gar keine Rolle. Willst Du damit sagen, daß es für eine Nutte leichter ist, den Strich zu verlassen, als für einen katholischen Priester, aus der Kirche rauszukommen?“ „Ganz bestimmt. Hilfst Du mir bei meiner Flucht?“ „Na ja, ich weiß nicht. Nicht daß Du mich bekehren willst und aus mir eine Wundergläubige machst. Du mußt wissen, ich habe ein schreckliches Männerbild.“ „Ich auch. Als heterosexueller Priester hat Mann es schwer im Seminar. Dort wird sowas als abartig, pervers und krank angesehen.“ „Und warum wechselst Du nicht einfach die Firma? Bei den Evangelischen darfst Du doch poppen.“ „Ja, schon, doch darum geht es gar nicht. Ich glaube nicht an Gott.“ Da erschrak sie fürchterlich.

Da steh’ ich nun, ich armer (Au)-Tor, und bin so doof wie zuvor

Es war eine jener Veranstaltungen, vor denen es ihm immer wieder aufs Neue grauste. Der Autor hatte wieder einmal eine Lesung gehalten, jene mit Anekdoten verziert und danach Autogramme gegeben. Das wurde von ihm erwartet, daran hatte er sich gewöhnt, das fand er in Ordnung. Was ihn jedoch übelst ankotzte, waren die Empfänge danach. Er haßte es im Mittelpunkt zu stehen und noch mehr verabscheute er es, von wildfremden Menschen begafft und betatscht zu werden, welche ihm versicherten, wie toll sie ihn und seine Bücher fänden, doch immer wenn er sich beiläufig nach den Titeln der Lieblingsbücher seiner Bewunderer erkundigte, umhüllte ihn peinlich betretenes Schweigen. Nein, auf solchen Veranstaltungen fühlte er sich völlig fehl am Platz, denn dort tummelten sich meist Leute, mit denen man aus guten Gründen privat überhaupt nichts zu tun haben wollte. Eine davon war natürlich Gitta, die es sich ein weiteres Mal nicht nehmen ließ, ihre giftigen Spitzen abzufeuern: „Ah, da ist ja der große Meister. Was für ein gelungener Abend! Haben Sie meine letzte Kritik gelesen?“ wollte sie wissen. „Warum sollte ich, wenn Sie sich nicht einmal die Mühe machen, die Bücher zu lesen, die Sie verreißen“, konterte er. Damit hatten die Beiden die Aufmerksamkeit aller Umstehenden auf sich gezogen und wurden erwartungsvoll angestarrt. Stille kehrte ein. „Wissen Sie, mein lieber Freund, bei Ihren Büchern reichen mir schon zehn Seiten, um einen Brechreiz zu bekommen“, höhnte Gitta. „Geben Sie bitte nicht mir die Schuld an Ihrer Legasthenie“, erwiderte er. Ein Raunen ging durch die Menge. Mit so etwas hatte man an jenem Abend auf keinen Fall gerechnet gehabt. „Sie müssen den Auftritt unseres hochverehrten Autors schon entschuldigen, liebe Gäste. Wir wissen ja alle, wie schwer ihn der Tod seines Hängebauchschweins getroffen hat und daß er ein klitzekleines Alkoholproblem hat, seit ihn seine Frau verlassen hat, weil sie sein Geschreibe und Geschrei nicht mehr ertragen konnte.“ Jene Worte von Gitta provozierten ihn auf das Heftigste. „Mag sein, daß die allmonatlichen Blutungen meiner geschätzten Dauernörglerin ins Hirn gestiegen sind oder daß sie immer wieder beim Lesen eines Buches ihre schriftstellerische Impotenz schmerzvoll spürt, da sie leider nichts Kreatives erschaffen, sondern nur zerstören kann. Nichtsdestotrotz freuen wir uns alle darüber, daß sie heute Abend die Peitsche beiseite gelegt und den Darkroom verlassen hat, um uns mit ihrer überwältigenden, düsteren Schönheit zu erfreuen.“ Danach trennten sich die Wege der Beiden und es wurde noch ein gemütlicher Abend, wenngleich allen Gästen klar war, daß die ganze Sache noch ein Nachspiel haben würde. Die Würde des Menschen ist unantastbar? Nicht in diesem Genre. Alle wußten, daß der Autor gerade an einem neuen Werk arbeitete, welches Gitta bereits im Vorfeld heftigst kritisiert hatte. Man durfte also gespannt sein.

Ziemlich erschöpft legte sich der Autor in seinem Hotelzimmer auf das Bett und dachte nach. Er hatte seine Kontrahentin bis aufs Blut gereizt. Sie würde ihn garantiert niedermachen, wie schon so oft zuvor. Vielleicht sollte er dieses Mal anders vorgehen und sie in seinen neuen Roman mit einflechten. Krieg heil.

Und sie machten ihm die Hölle heiß ...

Nein, es war keine leichte Rückkehr in die Hölle für den Teufel, denn seine eifersüchtigen Freunde stellten ihn sogleich zur Rede. „Was hast Du so lange bei Gott gemacht, Zifi?“ löcherten sie ihn. „Nichts. Laßt mich in Ruhe!“ befahl Satan, doch damit machte er sie erst recht stutzig. Irgendwann hatten sie ihn soweit, daß er auspackte, nein, nicht was Du schon wieder denkst, Du Ferkel. Der große Mephistopheles verkündete: „Liebe Freunde, verehrte Gäste! Unsere Rückkehr in den Himmel steht bevor. Ich habe mit Gott eine Wette abgeschlossen ...“ Daraufhin erhob sich vielstimmiges Gemurmel. „Er nun wieder“, „Dieser verdammte Zocker“, „Der Spinner wird uns noch in den Untergang führen“, „Frauenflüsterer, vermaledeiter“ und Ähnliches war zu hören, bevor Luzi fort und damit zur Hölle fahren konnte: „Ich werde diese Wette gewinnen.“ Wieder wurde es laut: „Ja genau! Wie oft haben wir den Satz schon gehört?“, „Adolf an die Macht. Dieser Teufel ist eine Zumutung“, „Scheiß Schwuchtel“ und Anderes war vernehmbar. „Jetzt haltet doch mal die Klappe! In weniger als zwei Wochen wird die Hölle zufrieren und wir werden alle in den Himmel kommen“, versprach Zifi, bevor er sich in seine Frittenbude zurückzog. Sofort war er von seinen Lieblingsengeln und Lieblingsbengeln umringt. „Was hast Du gemacht, Feri?“ fragte einer der schwulen Engel. „Das bleibt mein Geheimnis“, entgegnete der Angewärmte. „Ich verstehe das nicht. Gott ist schließlich genauso schwulenfeindlich wie der Kativan. Warum diese Kehrtwende? Wir sind doch damals wegen unserer Andersartigkeit rausgeflogen“, erinnerte sich ein anderes Englein. „Das spielt doch alles keine Rolle mehr. Wir werden unsere Chance nutzen und dann wird alles supertuffig, denn wir bekommen ein Drittel von der göttlichen Allmacht“, bemerkte Satanas. „Wow!“ entfuhr es seinem größten Fan. Danach war es für eine Weile ziemlich ruhig, bis Xerus, Luzifers allerbester Freund, zu bedenken gab: „Und wenn es eine Falle ist? Gott ist durchtrieben und hinterlistig, außerdem ist sie eine Frau. Die will uns bestimmt nur erniedrigen.“ „Lächerlich. Gott langweilt sich da oben und wir sind sehr humorvoll und unterhaltsam. Immer mit der Ruhe, Jungs. Erst muß ich die Wette gewinnen, dann sehen wir weiter“, warf Beelzebubi ein. „Aber willst Du wirklich das alles hier aufgeben? Die Hölle floriert, die Nachfrage ist gigantisch, wir sind total im Kommen. In ein paar Ewigkeiten können wir den Himmel übernehmen. Lassen wir doch den Quatsch und bleiben hier“, bat einer von denen, welche den Himmel für die wahre Hölle hielten. Allerdings widersprach ihm Luzifer: „Du Vollidiot, was weißt Du denn vom Himmel? Ich war schon im Licht, viele Ewigkeiten lang, ich weiß was ich verpasse. Ich habe keine Lust mehr, in diesem Höllenloch herumzuvegetieren. Ich will nach Hause. Ein Drittel der göttlichen Allmacht, das ist gigantisch, das könnt Ihr Euch überhaupt nicht vorstellen. Ich habe eine Entscheidung getroffen und wenn ich diese Wette gewinne, dann können sich die Menschen auf der Erde auf etwas gefaßt machen. Gott unterschätzt mich und ist viel zu notgeil“, entfuhr es Luzi. Da horchten seine Freunde auf und wußten Bescheid.

Männer sind Schweine

Charlotte konnte es nicht fassen. Gerade erst seit zwei Tagen lebte sie mit Marc zusammen und schon schaute ihre bislang blitzbsaubere Wohnung aus wie ein Dreckloch. Überall lagen Unterhosen, Socken und Bierflaschen herum, genauso faul und stinkend wie ihr Gast. Marc ließ sich bedienen und verwöhnen, doch Charlotte hatte einen anstrengenden Tag hinter sich gehabt und war dementsprechend gereizt. „Du Sau! Wie es hier aussieht! Ich fasse es einfach nicht! Verschwinde!“ Verdutzt schaute Marc sie an, doch er hatte Glück. Gerade als sie ihn vor die Tür setzen wollte, klingelte es an jener. Zwei Männer standen davor, behaupteten, sie müßten die Heizung kontrollieren und machten sich sogleich ans Werk. Währenddessen warf Charlotte ihrem Schauspieler wütende Blicke zu und bedeutete ihm, seine paar Sachen zu packen. Zufällig kam sie kurz darauf am Zimmer vorbei, in dem die beiden Kerle arbeiteten und warf einen Blick hinein. Elektrisiert blieb sie stehen. Sie konnte es einfach nicht fassen, aber die Männer brachten tatsächlich Wanzen in ihrer Wohnung an. „Hey! Was soll der Mist? Was seid Ihr denn für komische Vögel?“ schimpfte sie. Den Typen war klar, daß Leugnen zwecklos war, denn man hatte sie auf frischer Tat ertappt. „Wir sind vom Verfassungsschutz und möchten Sie gerne abhören“, gab der mit der Brille zu. „Aber wieso das denn?“ wunderte sich die Psychotante. „Jetzt stellen Sie sich mal nicht dümmer als wir sind. Eine Psychologin und ein mehrfach vorbestrafter Gauner, das ist eine ganz gefährliche Mischung. Da lauert der Terrorismus praktisch schon an der Ecke.“ „Was erlauben Sie sich! Sie sind doch wohl nicht ganz richtig im Kopf!“ „Mit Beleidigungen werden Sie uns nicht täuschen. Wir beobachten Ihren neuen Mitbewohner schon lange. Bisher war er nur ein kleiner Fisch, weil er halt lediglich ein Mann der Praxis ist. Sie aber haben das theoretische Know-how und mit ihm zusammen könnten Sie für unseren Staat leicht eine Bedrohung werden.“ „Die einzige Bedrohung für diesen Staat sind Leute wie Sie, die unbescholtene Mitbürger zu Unrecht verdächtigen. Ich will doch nur in Ruhe und Frieden in diesem Land leben.“ „Wir wollen es hoffen. Jetzt, da Sie wissen, daß wir Sie beobachten, dürften Sie ja so vernünftig sein, keine Dummheiten zu machen.“ „Sagen Sie mal: Für wen arbeiten Sie eigentlich?“ „Für die ganz oben, Sie wissen schon. Schönen Tag noch!“ Daraufhin verließen die beiden Männer Charlottes Wohnung. Sie stand noch eine Weile verdattert da, bevor sie sich hinsetzte und mit Marc über das eben Geschehene reden wollte. Doch der lag schnarchend auf der Couch, mit einem selig verklärten Gesicht. „Bestimmt träumt er gerade davon, wie er ein paar leichtgläubige Leute hereinlegt“, dachte sich die Psychologin, doch sie irrte sich, denn Marc träumte wieder einmal seinen Lieblingstraum: Darin war er König und alle tanzten um ihn herum, warteten auf seine Anweisungen, beteten ihn an, versuchten seine Aufmerksamkeit zu erregen, lächelten ihn verheißungsvoll an, baten um sein Gehör, machten Musik für ihn, präsentierten ein Theaterstück, sein Harem erwartete ihn bereits sehnsüchtig, alles drehte sich nur um ihn. In solchen Momenten glaubte Marc fest daran, daß seine Traumwelt die wirkliche Welt war, während das vermeintlich wirkliche Leben allenfalls eine Illusion darstellte, einen Alptraum sozusagen, der nie enden wollte.

Eng, enger, Engel

„Luzi ist wirklich ein schlaues Kerlchen. Bringt seine Leute gleich zusammen, damit sie dem Autor den Garaus machen können. Zum Glück haben wir rechtzeitig dazwischengefunkt“, faßte Gott zufrieden zusammen. „Aber wir müssen auf der Hut sein. Du immer mit Deinen leichtsinnigen Wetten“, bemängelte Jesus. „Entschuldige mal, das ist allein meine Sache. Ich brauche Abwechslung, sonst langweile ich mich hier zu Tode.“ „Auf diesen versauten Teufel kann ich hier oben gerne verzichten. Der hat mich schon damals im himmlischen Sandkasten befummelt. Und als ich auf der Erde war, hat er mich bis in die Wüste verfolgt und dort angemacht.“ „Tja, der warme Bruder steht halt mal auf Sandkastenspiele, besonders im heißen Wüstensand. Weißt Du, Söhnlein brillant, ich werde alles dafür tun, um diese Wette zu gewinnen, weil ich die drei Störenfriede endlich loswerden will, aber wenn der Luzi tatsächlich besser sein sollte als ich, dann haben sich er und die Seinen die Rückkehr in den Himmel redlich verdient.“ „Mag sein. Schließlich leben wir ja auch in einer anderen Ewigkeit, wenn es sogar auf Erden die Homo-Ehe gibt. Aber das mit dem Drittel der göttlichen Allmacht halte ich für einen schweren Fehler. Hast Du etwa vergessen, daß wir schon zu dritt sind?“ „Für uns Beide ändert sich nichts, Jesus Christ Superstar. Wir bleiben so allmächtig wie immer. Nur der Heilige Geist hat Pech gehabt, denn der wird seine ganze Macht verlieren. Aber uns kann das egal sein, denn der war eh eine totale Fehlbesetzung. Mal hier, mal dort, ein ewiger Wandervogel, überall und nirgends, unzuverlässig, ein Windei sondergleichen. Macht die ganze Zeit fast nur Urlaub, belauscht alle, nervt Engel und Menschen, beschäftigt unzählige Gerichte, sogar das Jüngste hier oben und hat nur Blödsinn im Kopf. Dieser windige Typ ist ein Flop und wäre demzufolge auch kein Verlust.“ „Na ja, wahrscheinlich hast Du Recht, aber als ich auf der Erde war, hat er mir schon sehr geholfen.“ „Mag sein, aber vergiß nicht, wie die Geschichte endete: Am Kreuz. Da hat er sich wieder mal ganz schnell aus dem Staub gemacht.“ „Stimmt. Also gut, wir sind uns einig. Ich geh’ jetzt mit Petrus einen saufen. Ciao, Alte.“

Kaum war Jesus verschwunden, tauchte Engels auf, äh, Quatsch, Erzengel Michael kam angedüst und meldete: „Pfarrer Bert und das Flittchen befinden sich auf der Flucht. Das hat Satan gefickt eingeschädelt. Wir haben sofort ein paar Mitarbeiter des Bischofs hinterher geschickt und die Polizei informiert.“ „Sehr gut, mein Lieber. Dann wird dieses Gummi-Pärchen nicht weit kommen. Diese Mischung ist gefährlich. Bert weiß zuviel über uns, zum Glück glaubt er nicht an mich. Thea kennt die Macht der Sexualität. Wir müssen höllisch aufpassen. Wenn ich nur wüßte, wie Luzi die Vier in die Realität schleusen will“, sinnierte Gott. Da tauchte plötzlich, wie immer aus dem Nichts, der Heilige Geist auf. „Ich habe alles mitgehört. Ihr Schweine habt mich ausgebootet und wollt mir meinen Anteil an der göttlichen Allmacht entreißen. Aber das wird Euch nicht gelingen. Ich fliege jetzt zur Erde und werde dafür sorgen, daß Beelzi seine Wette haushoch verliert“, stellte die Dritte im Bunde klar und machte sich auf den Weg. „Ausgezeichnet. Auf diese Art und Weise haben wir unsere beste Mitarbeiterin so provoziert und motiviert, daß Luzi es verdammt schwer haben wird“, freute sich Gott, die Allmächtige.

Katholisator

„Wohin fahren wir?“ erkundigte sich Thea. „Dorthin, wo es fast keine Katholiken gibt. Nach Ostdeutschland“, lautete Berts Antwort. Doch auf einmal wurden sie von einem Polizeiauto überholt und aufgefordert, rechts ranzufahren und anzuhalten. „Scheiß Marsmännchen!“ ärgerte sich der Geistliche. „Wo?“ fragte Nutti baff. „Ihren Führerschein und den Fahrzeugschein bitte!“ verlangte ein älterer Polizist höflich. Nach einer Weile meinte er dann: „Tut mir leid, Sie dürfen Bayern nicht verlassen, Sie werden von der katholischen Kirche per Schafbefehl gesucht.“ Plötzlich schaute Thea den Polizisten an. „Donnerflittchen!“ entfuhr es ihm, denn er hatte sie sogleich wiedererkannt. Nun befand sich der Grüne in einer unangenehmen Situation: Den Priester sollte er eigentlich festnehmen, was er aber viel lieber mit der Frau gemacht hätte. Doch sie kannte ihn und konnte ihn vor dem Pfarrer noch in peinliche Verlegenheit bringen. „Ach, wissen Sie was: Fahren Sie weiter! Schließlich gehöre ich zum Staat und bin kein Gehaltsempfänger der Kirche“, sagte der Polizist. „Vielen Dank! Ich kann Sie beruhigen: Ich glaube auch nicht an Gott“, gab Bert zu. Da erstarrte der Polizist und zischte: „Gottverdammter Atheistenpfarrer!“ Danach bekreuzigte er sich und wandte sich von ihnen ab. Bert startete den Wagen und fuhr los. Erst nach einer Weile bemerkte er, daß Thea ganz still war, weshalb er kurz zu ihr hinüberblickte. Leichenblaß saß sie auf dem Beifahrersitz. „Was ist denn mit Dir los? War der Bulle so schlecht im Bett damals? Hatte er die Handschellenschlüssel verlegt oder seinen Schlagstock nicht mehr rausgekriegt?“ wollte Bert wissen. „Bist Du der Teufel?“ platzte es aus ihr heraus. Da begann er lauthals zu lachen. „Wie kommst Du denn darauf?“ „Ein Priester, der nicht an Gott glaubt, dem sämtliche Ge- und Verbote scheißegal sind, der bei den ehemaligen Sozialisten und Kommunisten Unterschlupf sucht, der muß doch der Teufel sein.“ „Hmh, Deine Argumente klingen logisch und vernünftig, aber ich muß Dich leider enttäuschen: Ich bin es nicht.“ „Das spielt keine Rolle, was Du dazu sagst. Denn der Teufel ist der Geist, der stets verneint.“ „Na toll.“

Sie waren ihnen auf den Fersen. Zusammen saßen sie in dem teuren Luxus-Mercedes, die beiden hohen Mitarbeiter des Bischofs, Ernie und Roland. „Wir müssen Bert unbedingt kriegen“, bekräftigte Ernie. „Natürlich. Und dann bringen wir ihn zu unserem geliebten hochheiligen Bischof, der ihm den Kopf waschen wird“, fügte Roland hinzu. „Genau. Hoffentlich haben wir noch genügend Anti-Schuppen-Shampoo. Dieser blöde, vertrottelte Polizist. Hat der doch tatsächlich behauptet, hier wäre kein Pfarrer namens Bert vorbeigefahren. Verdammter Lügner. Den habe ich sofort an Ort und Stelle verflucht.“ „Das hättest Du Dir sparen können, der hat schon vorher nur gezittert. Ganz so, als ob er den Leibhaftigen gesehen hätte.“ „Findest Du? Glaubst Du etwa am Ende gar, daß der schwule Teufel wieder hier ist?“ „Gut möglich. Das Böse ist überall, sagt unser Bischof.“ „Das ist wahr und es ergibt durchaus Sinn. Ich befürchte fast, daß Satan in unseren Bert eingedrungen ist, was auch erklärt, warum Berti den warmen, sicheren Schoß von Mutter Kirche verlassen und sich mit einer Hure davongemacht hat.“ „Alles Teufelswerk. So, Vorsicht jetzt. Laß alle Kreuze verschwinden! Wir verlassen gerade den katholischen Sektor.“ „Die Hakenkreuze auch?“ „Nein, die nicht. Die können uns bei unserer Suche noch sehr nützlich sein.“

Oh mein Gott!

Wieder einmal telefonierte Gitta mit ihrer besten Freundin Luise. „Dieser Mann macht mich noch wahnsinnig. Er schreibt Bücher wie ein Kleinkind, hält sich für den Größten und kann mit Kritik nicht umgehen“, klagte Gitta. „Na und? Das ist doch sein Problem. Was kümmert Dich das?“ forschte Luise. „Ich liebe ihn.“ „Wie bitte?“ „Ja, ich liebe ihn.“ „Aber das ist doch völlig unmöglich. Du kritisierst ihn andauernd, läßt kein gutes Haar an seiner Arbeit, verspottest alle seine Werke, legst Dich ständig öffentlich mit ihm an und redest nur schlecht über ihn.“ „Stimmt. Vielleicht liebe ich ihn gerade deshalb.“ „Du bist krank, Gitta.“ „Möglich. Bitte hilf mir! Ich will diesen Mann.“ „Also gut, dann laß uns mal überlegen, wie wir das anstellen können. Eins steht fest: Mit dem Kritisieren muß Schluß sein.“ „Warum das denn? Das ist doch das Einzige, was ich kann.“ „Aber er mag es nicht, sonst hätte er sich schon längst an Dich rangemacht. Vielleicht solltest Du ihn öfter mal loben.“ „Das geht nicht. Er mag keine Speichellecker und ich wüßte auch nicht, was ich an ihm loben sollte.“ „Na hör mal, Du liebst ihn doch.“ „Na und? Ich liebe halt mal die Unvollkommenheit, was wohl auch daran liegen könnte, daß ich vollkommen bin.“ „Ja genau. Auf alle Fälle mußt Du Deine Strategie ändern, sonst kommst Du nie an ihn heran.“ „Du redest Dich leicht. Das würde ihn doch nur durcheinanderbringen. Ich glaube eher, ich sollte ihn noch härter kritisieren.“ „Damit erreichst Du gar nichts. Wenn Du diesen Spinner wirklich liebst, dann mußt Du ihm das auch zeigen.“ „Wie denn?“ „Lade ihn zu Dir nach Hause ein!“ „Das geht nicht.“ „Warum nicht?“ „Weil er sich momentan im Flugzeug befindet.“

Gitta war wie immer bestens informiert. Der Autor saß tatsächlich in einem Flugzeug und dachte über Vieles nach: „Eigentlich könnte ich ja zufrieden sein. Meine Bücher verkaufen sich gut, ich bin sehr berühmt und überall gefragt. Ich verdiene viel Geld und führe ein sorgenfreies Leben. Ideen für neue Bücher habe ich auch wieder und momentan schreibe ich an einer total abgefahrenen Geschichte. Aber irgendwas fehlt mir. Ach ja, genau, mein Kugelschreiber.“ Schnell holte er jenen aus seiner Hosentasche hervor und kritzelte ein Gedicht auf ein kleines Blatt Papier: „Im Regen stehn, ein letzter Kuß, dann weitergehn, weil es sein muß, ich hab’ verstanden, auch wenn es weh tat, daß sich die Beiden fanden, wünsche ihnen eine gute Fahrt. Die grauen Wolken, im Nebelschein, wie Kühe gemolken, soll es das gewesen sein, ich bin nur Gast, und doch auch dabei, habe nichts verpaßt, nur das laute Geschrei. Verletzte Gefühle, vereisen die Sicht, eine drückende Schwüle, verdüstert das Licht, ein letztes Mal, den Stift zerbrochen, das Kopfhaupt kahl, zu viel versprochen.“ Immer wenn der Autor ein kleines bißchen unglücklich war, schrieb er ein kleines Gedicht, um alles rauszulassen. Danach ging es ihm fast jedesmal besser, aber dieses Mal war es anders. Nein, er war nicht einsam, denn er liebte das Alleinsein, jedoch spürte er, daß bald etwas Einschneidendes in seinem Leben passieren würde. Es war nicht so, daß er das bedrohlich fand, ihn störte lediglich der Gedanke, daß das alles mit dem Buch zu tun haben könnte, an dem er gerade schrieb. Es sollte ein besonderes Buch werden. „Bas Duch“ schlechthin, eine Generalabrechnung ohne General. Doch womöglich hatte er die Abrechnung ohne den Wirt gemacht.

Gaywatch

In der Hölle war der Teufel los. Ja, wirklich, Luzifer war plötzlich abgereist, ohne sich zu verabschieden. Sofort fand eine Krisensitzung der verheizten Jungs statt. „Ich sage es Euch: Zifi hat uns hinterlistig hereingelegt. Ich bin fest davon überzeugt, daß dieses bisexuelle Schwein Gott gevögelt hat“, stellte Xerus fest. Empörung machte sich breit. „Von dem lasse ich mich nicht mehr ficken“, machte ein enttäuschter Jüngling deutlich. „Wir müssen ihn aufhalten. Er will unsere geliebte superwarme Hölle aufgeben, nur um wieder bei Gott zu sein“, behauptete Erzbengel Detlef. „Diese Dreckshalbschwuchtel. Verrät alle unsere Ideale. Aber es hilft nichts, er ist der Boß hier, deshalb müssen wir ihn stoppen, sonst ist Schluß mit Poppen“, fürchtete der heiße Knut. „Fürchtet Euch nicht, denn ich verkünde Euch eine frohe Botschaft: Stockholm. War nur ein Gag. Wir werden unser schwules Sado-Maso-Paradies niemals opfern, das verspreche ich Euch. Deswegen werden sich jetzt zwei unserer besten und tuffigsten Männer aufmachen, um Zifi daran zu hindern, unsere Ewigkeit zu opfern“, sprach Xerus. Danach war es eine Weile still, da alle überlegten, wen er damit meinen konnte. Die Wahl fiel auf zwei Engel, die sich in der Hölle gefunden hatten und schon lange ein glückliches Paar waren: Kerosin und Dopamin. Jene Beiden wurden auserwählt, um ihren Vorgesetzten zu behindern, damit die Hölle niemals zufrieren und Luzifer keinen Blödsinn anstellen konnte. Was machte eigentlich der dunkle Herr der Finsternis?

Der war bumsfidel im Roman des Autors angekommen, hatte erst mal ein paar unwichtige Statisten verführt und sich dann an sein teuflisches Werk gemacht. Beelzi begleitete sowohl Bert und Thea, als auch Marc und Charlotte durch ihre Geschichte. Doch damit nicht genug. Außerdem beobachtete er Ernie und Roland, aber ebenso den Heiligen Geist, der mittlerweile auch überall herumspukte. Luzi hatte also alle Hände voll zu tun, aber das Ziel lockte verheißungsvoll und so machte er sich voller Vorfreude ans Werk. Die Zeit drängte und noch wußte er nicht, wie er die Romanfiguren in die Welt des Autors schleusen konnte, aber da würde ihm bestimmt schon noch etwas einfallen. Zunächst galt es, die vier Auserwählten zusammenzubringen, ein an sich harmloses Unterfangen, das trotzdem nicht so leicht zu bewerkstelligen war. Schließlich gab es da noch den Autor, der nicht merken durfte, daß sich seine erdachten Figuren selbständig machten und der nie das Gefühl verlieren durfte, daß er den Lauf seiner Geschichte selbst bestimmte. Satan hatte den Kopf des Autors durcheinandergebracht, er mußte den Schreiberling ablenken, damit er sein großes Ziel erreichen konnte. Doch es wurde alles immer schwerer und mit Erschrecken stellte Mephistopheles fest, daß ihm zwei Engel aus der Hölle gefolgt waren, um sein teuflisches Werk zu zerstören. In solchen Augenblicken bereute es Feri, ganz allein zu sein und fast alle gegen sich zu haben. Es hätte doch alles so schön und gut funktionieren können, aber nein! Nur Feinde um ihn herum, die seine Rückkehr in den Himmel verhindern wollten. Aber es hatte keinen Sinn, sich großartig darüber zu ärgern. Je größer die Herausforderung, desto genialer wurde Luzifer. Er war ein Meister der Täuschung und er wußte und konnte viel mehr als seine Widersacher. Allerdings waren die in der Überzahl.

Betrachtung einer Spezies

Marc wunderte sich, denn Charlotte schien sich nicht mehr sonderlich für ihn zu interessieren, aber wenigstens hatte sie ihn doch noch nicht rausgeschmissen. Sie hatte kurzfristig ihre Praxis geschlossen und saß daheim die ganze Zeit vor dem Computer, in den sie unentwegt per Tastatur Buchstaben hinein hämmerte. „Was machst Du da?“ fragte Marc irgendwann, nachdem er gemerkt hatte, daß er sich als Einziger um sich selbst drehte. „Schreiben“, antwortete die Psychologin knapp. „Und was?“ „Ein Buch.“ „Aha. Toll. Und worum geht’s?“ „Die Psychologie der Könige.“ „Komisch. Das kauft doch niemand. Die Monarchie ist out.“ „Darum geht es auch gar nicht. Es geht um die Leute, die sich für Könige halten und von denen gibt es mehr als genug.“ „Interessant. Da bin ich aber gespannt“, gestand Marc und schnappte sich eines der ausgedruckten Blätter, die da lose herumlagen. Dann begann er zu lesen: „Bei den Königen handelt es sich um Menschen, die als Kind zu sehr verwöhnt worden sind. Dadurch empfanden sie diese Überversorgung als normal, gewöhnten sich daran und glauben, es müßte ihr ganzes Leben lang so weitergehen. Das allerdings ist ein Irrtum. In unserer Zeit haben nur noch wenige Leute Lust darauf, einem selbsternannten König zu dienen. Noch dazu, da es sich meist um schwache Könige handelt. Jene sind von Natur aus mißtrauisch, nachtragend und unzufrieden mit sich selbst. Da sie ihre eigene Unfähigkeit nicht wahrhaben wollen, schieben sie die Schuld immer auf die Anderen und machen jene für ihr eigenes Versagen verantwortlich. Könige brauchen immer Diener um sich herum, welche sie kommandieren und schlecht behandeln können, um ihre eigene Unzufriedenheit an jenen auslassen zu können. Könige sind unfähig, sie können nichts und wollen dafür geliebt werden, daß sie da sind. Ein Zusammenleben mit Königen ist sehr schwierig, vielleicht sogar unmöglich. Könige sind nicht wirklich in der Lage, sich selbst zu versorgen oder auch zu unterhalten und deshalb abhängig. Diese Abhängigkeit wiederum kotzt sie an, weil sie ihnen ihre eigene Schwäche vor Augen führt. Des Weiteren ...“ Nach jenen Worten schlief Marc ein, ohne auf die Idee gekommen zu sein, daß auch er selbst zu jenen Königen zählen könnte, die da beschrieben wurden. Andererseits machte das nichts, da Marc ja nichts weiter als eine Romanfigur war, eine Erfindung, kein Mensch und kein Geist, eine ins Leben gerufene Phantasiegestalt, die nach ein paar hundert Seiten wieder in der Versenkung verschwunden sein würde. Charlotte schrieb noch einige Stunden weiter, bevor sie geistig erschöpft mit ihrer Arbeit aufhörte. Zweifellos würde ihr Buch ein Bestseller werden, denn es gab so viele vermeintliche Könige in jener Welt, daß viele Frauen und Männer in der Beschreibung ihren Partner oder ihre Partnerin wiederfinden würden. Doch eine Frage blieb offen: Wie um alles in der Welt konnte man jenen kranken Königen helfen? Sie waren ja nicht wirklich glücklich mit ihrem Dasein, ganz im Gegenteil. Hätte man ihnen als Kinder bereits Eigenverantwortung und Selbständigkeit beigebracht, würden sie im wahren Leben da draußen nicht ständig auf die Schnauze fallen. Na ja, womöglich konnte Charlotte an Marc erproben, ob jene Königskrankheit heilbar war. Sie konnte zu dem Zeitpunkt noch nicht ahnen, daß in jenem Spiel noch ganz andere, echte Könige mitmischten.

Toi toi Teufel

Nach wie vor beäugte Thea ihren Fahrer, den Pfarrer, mißtrauisch von der Seite. „Was ist los?“ fragte Bert nach einer Weile genervt. „Ich habe Angst vor Dir.“ „Du meine Güte, jetzt geht das schon wieder los. Lange halte ich das nicht mehr aus. Kuck mal, da vorne steht ein Anhalter. Und das mitten an der Autobahn. Sehr merkwürdig.“ „Der sieht gut aus, den nehmen wir mit. Halt an!“ „Du denkst auch nur ans Ficken.“ „Unsinn. Der Typ ist doch schwul.“ „Was Du alles weißt. Aber warum sollen wir ihn dann mitnehmen?“ „Der ist der ideale Mitfahrer. Du willst nichts von ihm und er will nichts von mir.“ „Und was ist, wenn er was von mir will, die Tunte?“ „Dagegen kommst Du schon an. Der merkt das ja, daß Du ein Hetero bist.“ „Unverschämtheit! Wie kannst Du mich als Mitglied eines 1904 abgeschlachteten Stammes bezeichnen?“ „Ich sagte Hetero, nicht Herero, Du abtrünniger Schweinepriester. Und jetzt brems endlich, denn wenn der Homo mitfährt, dann brauche ich keine Angst vor Dir mehr haben.“ „Also gut.“ Bert hielt an und ließ den jungen, schwarz gekleideten Mann, der niemand Anderer als Luzifer höchstpersönlich war, einsteigen. „Hereinspaziert! Ich bin Bert, das ist Thea, sie hält mich für den Teufel“, begrüßte der Pfarrer Beelzebubi. „Sind Sie etwa auch Pfarrer?“ forschte Bert interessiert nach. „Eher weniger“, gab Satan von sich. „Sehr gut. Ich bin nämlich Pfarrer gewesen, aber jetzt habe ich gekündigt, denn ich glaube, daß es keinen Gott gibt.“ „Schön wär’s.“ „Was soll das heißen? Sind Sie etwa ein Abgesandter des Bischofs, der mich zurückbringen soll?“ „Nicht wirklich. Den seine Leute sitzen in einem Bonzenwagen und befinden sich zehn Kilometer hinter uns.“ Thea und Bert erschraken. Was hatten sie da nur für einen komischen Typen aufgegabelt?

Derweil war der Heilige Geist in Form von Energie im Auto von Ernie und Roland aufgetaucht und hatte jene ziemlich durcheinandergebracht. „Mir schwirrt der Kopf. Gedanken kreisen und kreisen, mein Hirn würde am liebsten scheißen“, äußerte sich Roland. „Ich wische die Kacke nicht weg, aber mir geht es ähnlich. Irgendwas stimmt hier nicht“, stimmte ihm Ernie zu. Da wurde es dem Heiligen Geist zu dumm, so daß sie sich in eine Stimme verwandelte, die Folgendes raushaute: „Ich bin der Geist der Wahrheit und ich bin gekommen, um Euch dabei zu helfen, Eure göttliche Mission zu erfüllen.“ „Na toll, jetzt höre ich auch noch Stimmen! Scheiß Psychopharmaka!“ schimpfte Roland. „Warte mal, mir ging es eben genauso. Wir sind auserwählt, Rohling“, freute sich Ernie. „Blödsinn! Ihr seid Vollidioten, aber ich brauche Euch, um diesen durchgeknallten Priester zu holen und zum Bischof zu bringen. Also, Ihr habt einen Rückstand von zehn Kilometern. Drückt mal aufs Gas, Ihr Luschen! Wozu habt Ihr schließlich so ein Protzauto?“ waren die Worte der Stimme. „Die Tante ist aber ganz schön frech“, beschwerte sich Roland. „Die darf das, das ist der Geist der Wahrheit“, beschwichtigte ihn Ernie. Daraufhin beschleunigten sie und kamen ihrem Ziel immer näher. Plötzlich materialisierte sich der Heilige Geist und wurde als weißgekleidete junge Frau sichtbar. „So ein Beschiß. Und ich dachte immer, Du wärst eine Taube“, murmelte Ernie enttäuscht. „Klappe halten. Eigentlich wollte ich ja unsichtbar bleiben, aber Ihr Beiden würdet bestimmt wieder mal alles vermasseln. Außerdem ist der Teufel auch Mensch geworden“, erzählte sie. Da erschraken die beiden Männer.

Ein Unglück kommt selten allein

Wie so oft saß der Autor allein daheim und verbrachte seinen Feierabend in trauter Einsamkeit. Auf einmal klingelte es an seiner Tür. Er haßte jenes seltene Geräusch, denn er wollte so oft wie möglich nichts weiter als seine Ruhe haben. Daraus würde an jenem Abend voraussichtlich nichts werden. Er öffnete die Tür, sah zwei Frauen, nämlich Gitta und Luise, erschrak heftig und knallte die Tür wieder zu. Chaos herrschte in seinem Kopf, denn mit den Beiden hatte er nie und nimmer gerechnet gehabt. Vorsichtig öffnete er noch einmal seine Haustür, allerdings standen die Damen immer noch da. „Guten Abend. Was wollen Sie hier?“ erkundigte sich der Autor ein wenig ungehalten. „Meine Freundin und ich“, dabei deutete Luise auf Gitta, die ihn schüchtern anlächelte, „würden Sie gerne mal besuchen, um zu sehen, wie so ein grandioser Schriftsteller denn so lebt“, bekannte Luise. „Ja, klar, damit diese Kritikhyäne sich in Zukunft auch noch über mein Haus und meinen Lebensstil lustig machen kann“, entgegnete der Autor gereizt. Doch es half alles nichts. Wenige Minuten später saßen die beiden Freundinnen auf seiner Couch und bewunderten seine Einrichtung. Es folgte ein ewig langer Small talk, der sich über zwei Stunden ausdehnte, bis Luise sich plötzlich gähnend erhob, irgendwas von früh aufstehen murmelte und sich verdrückte. Schön langsam wurde ihm die Situation sichtlich unangenehm. „Möchten Sie Ihre Freundin denn nicht nach Hause begleiten?“ wunderte er sich, doch sie erwiderte: „Wozu? Die kennt doch den Weg.“ So setzten die beiden Verbliebenen ihr Gespräch noch eine Weile lang fort, bis Gitta irgendwann mit einem Mal aufsprang, sich die Klamotten vom Leib riß, „Ich will Dich!“ brüllte und sich auf ihn stürzte. Nur mit allergrößter Mühe und unter Aufbietung seiner gesamten Kräfte gelang es ihm, sie sich vom Leib zu halten. „Was soll denn das? Erst machst Du mich jahrelang fertig und jetzt willst Du mich plötzlich vernaschen“, staunte der Autor. „Ich liebe Dich. Du bist so unfähig, ich muß Dich haben“, erklärte sie. „Vielen Dank für die Blumen. Ich habe aber kein Interesse.“ „Bist Du schwul, oder was?“ „Nicht daß ich wüßte.“ „Was ist dann los mit Dir? Sowas habe ich ja noch nie erlebt.“ „Dann wird es aber allerhöchste Zeit.“ „Was soll das? Du warst doch mal verheiratet, da wirst Du wohl bestimmt wissen wie man bumst.“ „Kein Kommentar.“ „Jetzt wird mir alles klar! Du asexuelles Schwein! Du solltest Dich was schämen!“ „Warum?“ „Weil das krank ist. Wenn Du wenigstens schwul wärst, dann wäre das ja noch irgendwie normal. Aber sowas Abartiges!“ „Was soll jetzt diese „schwul ist cool“-Nummer?“ „Idiot. Schwule sind nicht cool, sondern hot. Ich bin entsetzt. Impotenter Hurenbock!“ „Unzutreffender kann eine Metapher überhaupt nicht sein. Ich bin weder impotent, noch verkehre ich mit Prostituierten.“ „Na dann wird es aber allerhöchste Zeit.“ „Das sehe ich anders. Und jetzt ziehen Sie sich bitte wieder an und verlassen Sie mein Haus.“ „Oh ja, mit dem größten Vergnügen. Und eins schwöre ich Dir, Du unfähiger Schreibknecht: Ab heute herrscht Krieg zwischen uns“, giftete Gitta, bevor sie total aufgewühlt das Haus des Autors verließ. Jener zuckte nur mit den Schultern und dachte sich: „Zu schade, daß ich so ein Erlebnis nicht literarisch verwerten kann. Aber warum eigentlich nicht?“

Zwei Engel auf Erden

Kerosin und Dopamin waren nicht irgendwelche Engel. Sie hatten vor einer Ewigkeit zu Gottes treuesten Dienern gehört. Auch zu Beginn der Revolte, die Luzifer dann angezettelt hatte, hatten sie auf der Seite Gottes gestanden, doch auf einmal hatten sie erkannt gehabt, daß sie selbst zu den homosexuellen Engeln gehörten, die sie bis dahin bekämpft hatten und so verliebten sie sich damals ineinander und hatten blitzschnell die Fronten gewechselt. Tja und nun schloß sich der Kreis irgendwie, denn jetzt bekämpften sie wieder den Teufel, so wie ganz zu Beginn.

„Also das hätte ich von Zifi nie gedacht. Daß er mit Gott rummacht, so eine Schweinerei“, stöhnte Kerosin. „Ich bin genauso entsetzt wie Du. Mich würde ja nur interessieren wie sie ihn rumgekriegt hat“, gab Dopamin zu. „Was spielt das schon für eine Rolle? Luzifer war bereits seit dem Aufstand damals ein gefallener Engel und ist jetzt ein zweites Mal gefallen, diesmal sogar umgefallen. Wenn wir nur wüßten wo er sich gerade befindet.“ Kerosin war der Kühlere der beiden warmen Engel. Er ließ seinen Verstand arbeiten, während Dopamin eher emotional reagierte. Sie waren ein perfektes Team, ergänzten sich vorzüglich, stritten sich äußerst selten und waren immer noch ineinander verliebt. „Glaubst Du wirklich, daß Feri bisexuell ist?“ begehrte Dopamin zu wissen. „Ich fürchte ja. Und wenn schon? Von sowas dürfen wir uns nicht beeinflussen lassen. Wir haben einen Auftrag“, erwiderte Kerosin. „Sei mir nicht böse, aber ehrlich gesagt würde ich auch ganz gerne in den Himmel zurückkehren.“ „Spinnst Du, Dopamin? Nur in der Hölle können wir unsere Homosexualität ungestört ausleben. Im Himmel sind wir Outlaws. Du verklärst die Vergangenheit. Im Himmel war es beschissen.“ „Das ist nicht wahr und das weißt Du ganz genau. Im Himmel war es herrlich. So viel Frieden und Liebe, diese Harmonie.“ „Alles nur Schein. Gott ist ein Tyrann. Sie duldet keine Anderen neben sich und keine Andersartigkeit.“ „Das stimmt doch gar nicht. Luzifer war an allem schuld. Er war damals viel zu radikal und unversöhnlich, er wollte alles und bekam nichts.“ „Was redest Du denn da für Blech? Er hat die Hölle gegründet, die tollste Errungenschaft in der Geschichte der Ewigkeit. Dopamin, ich mache mir ernsthafte Sorgen um Dich. Du gefährdest unseren Auftrag.“ „Entschuldige, das wird nicht wieder vorkommen. Ich habe lediglich versucht, mich in Feri hineinzuversetzen.“ „Ferkel! Jetzt ist aber Schluß mit den Schweinereien. Wir müssen Zifi finden.“ Wenig später landeten die beiden Engel in einem Altenheim auf der Pflegestation, wo sie zwar so manchen Zivi entdeckten, allerdings keinen Satan. Durch ihr Erscheinen und ihre großen, mächtigen Flügel sorgten sie jedoch für großes Aufsehen, was dazu führte, daß so mancher Greis bereits glaubte tot zu sein, weil er ja schon echte Engel sah. Relativ schnell erkannten die fliegenden zärtlichen Chaoten, daß sie sich zur falschen Zeit am falschen Ort befanden, so daß sie weiterflogen, bevor die ersten Heimbewohner einen Herzinfarkt bekamen. „Wo, verdammt noch mal, ist dieser verdammte Höllenfürst?“ rief Dopamin verzweifelt. Da hörten sie vom Himmel eine Stimme, die Folgendes verkündete: „Jedenfalls nicht dort wo er hingehört.“ „Hast Du das gehört? Das war Jesus!“ schrie Kerosin entzückt. Was war nur mit den schwulen Engeln los?

Was geht? Was geht? Ich sag’s Dir ganz konkret

„Du widerst mich an. Du machst gar nichts. Liegst nur faul herum und gammelst vor Dich hin. Nicht mal abtrocknen willst Du“, klagte Charlotte. „Warum sollte ich? Das Zeug trocknet von selbst“, konterte Marc. „Du faule Sau. Sowas ist doch gar nicht möglich.“ „Du siehst ja, daß es geht. Außerdem machst Du auch nicht mehr. Schreibst ständig nur an Deinem langweiligen Buch, von dem man gleich einschläft.“ „Das liegt an Dir, weil Du überhaupt nicht belastbar, sondern immer gleich erschöpft bist. Ich mache alles hier. Ich koche, putze, wasche, bügle, wasche ab, wasche mich, wasche Dich und arbeite an einem Buch. Und Du, dreckiges Stück Scheiße, willst mir einreden, daß ich nichts mache?“ „Papperlapapp! So toll schmeckt Dein Essen auch wieder nicht. Ich würde ja auch was machen, aber erstens ist das Deine Wohnung und zweitens kannst Du sowieso alles besser.“ „Toller Trick, doch mich fängst Du damit nicht ein. Mir wäre ja schon geholfen, wenn Du zum Pinkeln aufs Klo gehen würdest, anstatt immer in die Hose zu machen.“ „In die Unterhose wohlgemerkt. Einverstanden, darüber läßt sich reden.“ Ja, es war offensichtlich, daß die Stimmung bei Marc und Charlotte einem neuen Höhepunkt entgegensteuerte. Sie war einmal mehr drauf und dran ihn rauszuwerfen, andererseits faszinierte sie sein aufgeblasenes Selbstbewußtsein. Seit sich Luzifer materialisiert hatte, war er mit Bert und Thea beschäftigt, weshalb die beiden Streithähne ihre Ruhe hatten und sich weiter fetzen konnten. Irgendwann reichte es Charlotte, weshalb sie sich wieder an ihren Computer setzte und an ihrem „Buch der Könige“ weiterschrieb: „Der König nutzt seine Mitmenschen aus, er gibt nicht, sondern nimmt nur, weil er denkt, daß es bereits ausreicht da zu sein. Könige haben keinen Bezug zu anderen Leuten, sie interessieren sich für andere Personen nur, wenn sie von ihnen etwas wollen. Schwache Könige machen ihre Bekannten vor anderen Leuten gerne schlecht, da sie glauben, dadurch selbst besser dazustehen. Meist halten die Könige fast alle ihre Mitmenschen, außer sich selbst, für Idioten und Volltrottel.“ Plötzlich kam Marc in ihr Zimmer gestürzt. „Charlotte, komm schnell! Im Bad ist das Licht auf einmal ausgegangen“, keuchte er. „Na dann wechsle halt die Glühbirne“, lautete ihre Reaktion. „Das kann ich nicht. Du weißt doch, daß ich mich im Dunkeln fürchte.“ Genervt stand die Psychologin auf, wechselte unter seinen bewundernden Blicken selbst die Glühbirne und kehrte danach zu ihrem Schreibtisch zurück. „Viele Könige sind so hilflos und unfähig wie Kleinkinder. Jedoch besteht der entscheidende Unterschied darin, daß sich Kleinkinder im Gegensatz zu Königen weiterentwickeln.“ Nachdem sie das in den Computer getippt hatte, seufzte Charlotte auf. Lange würde sie es mit jenem Typen nicht mehr in einer Wohnung aushalten, das war ihr klar. Aber was dann? Irgendwie hing sie doch an ihm, auch wenn er unglaublich viel schlief und obwohl oder weil er fast nichts machte. Andererseits war sie Psychologin und wußte eigentlich, wie man mit solchen Typen umgehen mußte. Aber Theorie und Praxis waren und blieben halt doch zwei Paar Schuhe. Währenddessen lungerte Marc untätig auf dem Sofa herum und wartete darauf, daß endlich etwas passierte. Er langweilte sich bei ihr. Lange würde er nicht mehr bleiben.

Gott vs. Johannes Paul II.

„Was willst Du denn hier, Karol?“ fragte Gott leicht verdattert, als der ehemalige Papst bei ihr auftauchte. „Für Dich immer noch Johannes Paul“, beharrte „Lolek“. „Hey, Alter, jetzt mach bloß keinen Streß, ich hab’ genug andere Probleme.“ „Du bist das Problem, Gott. Schlimm genug, daß Du eine Frau bist und daß Du den Spatzi Papst werden hast lassen, womit der arme Tropf völlig überfordert ist. Nein, Du verkaufst den Himmel auch noch an den schwulen, kommunistischen Teufel.“ „Na sowas. Seit wann ist denn der Luzi ein Kommunist?“ „Das spielt doch überhaupt keine Rolle. Ich kenne mich aus mit Kommunisten, ich habe sie schließlich besiegt. Auf alle Fälle haben schwule Engel und ein schwuler Teufel hier nichts zu suchen.“ „Und was ist mit den ganzen schwulen katholischen Priestern, wenn sie sterben?“ „Das ist wieder ganz was Anderes. Bei denen handelt es sich um arme Irregeleitete, denen man helfen kann. Homosexualität ist eine Krankheit, die heilbar ist.“ „Was bei Deiner Gehirnerweichung wohl leider nicht der Fall zu sein scheint. Wer rennt denn immer in Frauenkleidern rum wie Transvestiten? Das seid doch Ihr mit Euren komischen Riten.“ „Das sind Meßgewänder, Du Ignorantin. Ich wurde auf der Erde verehrt, was man von Dir nicht behaupten kann.“ „Pah, das war doch nur Mitleid mit einem alten Tatter- und Sabbergreis, Dich und Deine überholten Moralvorstellungen hat doch niemand mehr ernst genommen.“ „Jetzt reicht es mir aber“, entfuhr es Karol und er machte sich auf den Weg zu Jesus.

„Na, Jopa, alles roger?“ erkundigte sich Jesus jovial. „Ich wundere mich, wie Du mit Deiner Mutter klarkommst. Diese Frau ist einfach nicht auszuhalten“, urteilte der Ex-Papst. „Du weißt ja: Seine Eltern kann man sich nicht aussuchen. Glückwunsch zu Deiner ewigen Amtszeit. Dein Wirken hat mir deutlich gezeigt, daß das mit der Kirche ein großer Fehler war.“ „Wie meinst Du das?“ „So wie ich es sage. Ihr Päpste, der Zölibat, der Kampf gegen Kondome, Pille, Abtreibung, Sterbehilfe, Vernunft, Verstand und Logik, seid der größte Irrtum der Menschheit. Die Verbrechen, die Ihr mit Eurer scheinheiligen Pseudomoral auf Erden verübt habt, haben hunderte Millionen von Menschen innerlich zerstört. Ihr wart und seid Psychoterroristen.“ „Das halte ich jetzt aber für das Jüngste Gerücht. Wir haben doch nur Deine Gebote befolgt.“ „Das ist ja lächerlich. Du sollst Deinen Nächsten lieben wie Dich selbst. Ihr habt Eure Nächsten so gehaßt, wie Ihr Euch selbst gehaßt habt. Nur weil Ihr Euch verboten habt zu ficken, sollten auch alle anderen Leute enthaltsam sein. Aids habt Ihr als die Strafe und Geißel Gottes für die Schwulen angesehen und Ihr habt Regeln für ein Spiel aufgestellt, für das Ihr Euch selbst gesperrt hattet. Ihr seid Schizos, Du und Dein ganzer Verein. Ihr habt mit Gott nicht das Geringste zu tun und das wißt Ihr ganz genau. Jetzt verschwinde auf Deine Wolke! Deinesgleichen hat mich lange genug zur Weißglut getrieben.“ War das etwa heiliger Zorn? Schockiert flog Karol zu seiner Wolke zurück. Was war denn um Himmels Willen in jenem Himmel los? War er versehentlich in der Hölle gelandet? Na ja, abwarten und Nektar trinken. Vielleicht hatte Gott einfach nur ihre Tage und ihre schlechte Laune an Jesus ausgelassen. Hoffentlich war es so.

Du hast doch’n Rad ab

Thea fühlte sich noch unwohler als zuvor, denn der Anhalter entpuppte sich als ebenfalls merkwürdiger Typ, der mit Bert scheinbar auf einer Wellenlänge lag. Der Mann nannte sich Natan und bezeichnete sich als überzeugten Teufelsanbeter. Davon war Bert schwer beeindruckt, er schwärmte von den Satanisten in seiner ehemaligen Pfarrgemeinde, die viele tolle Feste auf dem örtlichen Friedhof veranstaltet hatten. Kurz und gut, Bert und „Natan“ unterhielten sich prächtig, bis sich Thea auf einmal lautstark artikulierte: „Scheiße! Ich glaube wir werden verfolgt.“ „Wie schön. Eine gläubige Frau“, spottete Bert, bevor er in den Rückspiegel blickte. „Verdammt, das sind Ernie und Roland. Aber wer zum Teufel ist die weißgekleidete Frau auf dem Rücksitz?“ forschte er. „Das ist der Heilige Geist. Vor der müßt Ihr Euch in Acht nehmen, die lügt wie gedruckt“, warnte sie Natan. „Wen Du alles kennst“, wunderte sich Thea, doch Sekunden später ging es schon zur Sache. Die Verfolger fuhren auf die Überholspur und versuchten, Berts Wagen auf die Standspur zu drängen. „Verrückte Katholikenschweine!“ brüllte Bert, lenkte gegen und schaffte es, auf der Fahrbahn zu bleiben. Jedoch gaben die drei Anderen nicht nach und so kam es, daß Minuten später eines von Berts Rädern an ihnen vorbeirollte. „Na toll“, murmelte Natan enttäuscht. Ihm war klar, daß die ganze Sache nun richtig kompliziert werden würde, so daß er beschloß, sich zu verdrücken. Im selben Moment verschwand auch der Heilige Geist aus dem anderen Auto und so standen sich, nachdem die beiden Wagen angehalten hatten, die vier Zurückgebliebenen gegenüber. „Aha! Das ist also der Grund für Deine flüchtige Kündigung“, stellte Ernie schnippisch fest, als er sich Thea genauer angeschaut hatte. „Ernie, jetzt mach’ Bert hier keine Szene“, beschwor ihn Roland, bevor er hinzufügte: „Er ist halt mal anders als Du und ich.“ „Was wollt Ihr von mir?“ fragte Bert wütend. „Ernie und Bert. Es hätte alles so romantisch sein können“, jammerte Ernie und verbarg sein Gesicht hinter einem überdimensionalen Taschentuch. „Ist er schwul?“ wollte Thea wissen. „Nein, nur zu viel Sesamstraße“, klärte Roland sie auf. Danach stiegen alle Vier in den protzigen Wagen, den natürlich die Katholiken per Kirchensteuer finanziert hatten und fuhren zurück in Richtung Bayern. Interessiert beobachtete Thea die drei Männer, die so unterschiedlich und sich doch so ähnlich waren. Sie konnte die sexuelle Verklemmtheit der beiden Bischofsdiener förmlich riechen und auch Bert kam ihr in deren Gesellschaft spießiger und angepaßter vor. War das derselbe Mann, der sich vor einer halben Stunde noch köstlich mit einem Satanisten über die Kirche amüsiert hatte? Irgendeine unheilvolle Aura umgab jene Menschen und das lag nicht an dem Bonzenwagen, in dem sie herumkutschierten. „Na das kann ja noch heiter werden“, dachte sich Thea und ertappte sich manchmal dabei, wie sie sich sehnsüchtig auf den Strich zurückwünschte, wo sie sich sicher und zuhause fühlte. Andererseits war das hier fast so etwas wie ein Abenteuer und sie war gespannt, wie sich der frauenfreundliche Bert vor dem Bischof verhalten würde, der ja doch irgendwie immer noch sein Boß war. Bert selbst fühlte sich sehr unwohl in seiner Haut. Er kam sich vor wie ein Ausreißer, den man wieder eingefangen hatte und der nun seiner Bestrafung entgegenfuhr. Himmel, Arsch und Wolkenbruch!

I will au ma a Trauma

Der Autor dachte nach. Er war 53 Jahre alt und in seinem Herzen ziemlich kalt. Früher hatte er nie gewußt, welchen Beruf er mal ergreifen sollte, bis es zu spät gewesen war. So war ihm nichts Anderes übriggeblieben, als blind sinnlose Bewerbungen zu schreiben, die natürlich alle zurückgeschickt worden waren. Na ja und da er inzwischen Übung im Schreiben bekommen hatte, machte er einfach weiter und begann, Bücher zu schreiben. Seitdem waren viele Jahre vergangen und so wie damals der Zufall in seinem Leben Regie geführt hatte, war es auch geblieben. Ohne es selbst wirklich zu wollen war er in eine Beziehung hineingeraten und ehe er sich recht versah, stand er damals ganz schnell vor dem Traualtar. Es war keine glückliche Ehe gewesen, die er geführt hatte, was wohl in erster Linie seine Schuld gewesen war. Schließlich hatte er sich strikt geweigert mit ihr zu schlafen. „Kein Sex vor der Ehe“, wurde in jener Zeit lobend akzeptiert, für „kein Sex in der Ehe“ hatten die Wenigsten Verständnis. Seine Frau hatte das alles nicht lang ausgehalten und ihn zu einem Psychologen geschickt, der ihn sofort an eine Kollegin namens Charlotte weiterverwiesen hatte. Jene hatte sich seine Lebensgeschichte staunend angehört und danach eine Psychoanalyse mit Traumdeutung bei ihm durchgeführt. Herausgekommen war dabei Folgendes: Der Autor litt an einem schrecklichen, abartigen, höchst seltenen Kindheitstrauma. Er hatte vier Geschwister, alle älter als er, zwei Brüder und zwei Schwestern. Die Brüder waren prüder als die Schwestern, doch das half ihnen auch nicht weiter. Jedenfalls wurden alle vier Geschwister des Autors in ihrer Kindheit von irgendwelchen Verwandten sexuell mißbraucht, nur der Autor nicht. Das sorgte dafür, daß der Ärmste schreckliche Minderwertigkeitskomplexe bekam, die er nie mehr los wurde. Während seine Geschwister von ihren Schändern jede Menge Geschenke und Geld als Wiedergutmachung bekamen, ging der kleine Wicht immer leer aus und wurde auf Familienfesten gerne geflissentlich übersehen.

Nachdem er sich an die ollen Kamellen erinnert hatte, ging der Autor in die Küche, wo noch immer der Abschiedsbrief seiner Frau hing, die ihn recht bald verlassen hatte. Er trank ein Glas Wodka und kehrte zurück in die Wirklichkeit, doch auch dort gefiel es ihm nicht sonderlich. „Vielleicht sollte ich meine Allmacht als Autor nicht länger mißbrauchen und mich statt dessen mehr um meine Romanfiguren kümmern“, überlegte er sich. Er spürte, daß irgend etwas dieses Mal nicht stimmte, früher wäre ihm so etwas nicht passiert.

Gitta war derweil am Boden zerstört. Sie hatte die Liebe ihres Lebens verloren und sprühte nur so vor Haß auf jenes Arschloch von einem Autor, der nicht einmal im Traum daran dachte, ihre Gefühle zu erwidern. Ihre ganze Welt war mit einem Mal zusammengebrochen und erst jetzt merkte sie, wie lange sie schon in jenen Sitzpinkler verliebt gewesen war. Aber dafür sollte er büßen, für all die verschenkten Jahre, für all die ausgefallenen Haare, für all die falschen Hoffnungen und für all die zerbrochenen Träume. War das jetzt etwa Schleichwerbung für Alldie? Liedl nicht, sonst gibt’s Ärger Plous x. Gitta war bereit für die absolute Rache. Denn jeder Mann, der sie verschmähte, hatte ihrer Ansicht nach kein Recht zu leben.

Durch Marc und Bein

Da sie es zuhause nicht mehr ausgehalten hatten, hatten sie sich in einen Zug gesetzt und waren losgereist. Es war eine weise Entscheidung gewesen, denn als Belohnung erlebte Charlotte einen verwandelten Marc, den sie überhaupt nicht wiedererkannte. Auf einmal war er charmant, witzig und angenehm erträglich, es war nicht zu fassen. Erst nach einer Weile schnallte die Psychologin, daß das vor allem daran lag, daß andere Leute mit ihnen im Zugabteil saßen. Während Marc alle Umsitzenden bestens unterhielt, tippte sie in ihren Laptop: „Könige sind Schauspieler und Blender. Sie täuschen die Öffentlichkeit und geben vor, ganz tolle Leute zu sein. Etliche Menschen fallen darauf herein und würden einem nicht glauben wollen, wenn man ihnen die Wahrheit sagte. Doch diese Schauspielerei strengt die Könige ungemein an, weshalb sie auch immer so schnell erschöpft sind. Der Schein bestimmt das Bewußtsein und Könige hassen es, durchschaut zu werden.“ „Ja, so ist meine Freundin. Sogar im Urlaub arbeitet sie“, bedauerte Marc lauthals und hatte damit die Lacher und das Mitleid der Zuhörenden auf seiner Seite. „Wirklich geschickt, wie er die Leute manipuliert und verarscht. Wenn die sein wahres Ich kennen würden“, dachte sich Charlotte irgendwie angewidert, aber auch beeindruckt. Marc war ein Meister des oberflächlichen Gesprächs. Er schaffte es innerhalb von wenigen Minuten, sein Gegenüber für sich einzunehmen und so dauerte es nicht lange, bis er sich mit einem neugeborenen Bewunderer in den Speisewagen verzog, um dort ein Essen spendiert zu bekommen. Derweil meinte eine der Frauen im Abteil zu Charlotte: „Was haben Sie nur für ein Glück! So einen Mann findet man wirklich nicht alle Tage.“ „Zum Glück. Einer von der Sorte reicht. Sie müßten den mal bei mir daheim erleben“, begann Charlotte. „Wie meinen Sie das?“ „Da liegt er nur faul herum und läßt sich bedienen.“ „Na ja, aber das ist doch kein Wunder nach einem anstrengenden Zehn-Stunden-Tag.“ „Daß ich nicht lache. Zehn Stunden Schlaf am Tag. Der Penner arbeitet doch überhaupt nicht.“ „Aber er hat doch eben erzählt, daß er Geschäftsführer ...“ „Ja, Märchen erzählen kann er gut, das ist wahr. Und er findet immer wieder Leute, die ihm seine Lügengeschichten auch noch glauben.“ „Ich bin entsetzt. Aber warum um alles in der Welt tun Sie sich dann diesen Kerl an?“ „Weil er das beste Forschungsobjekt ist, das ich jemals hatte.“ „Ich verstehe.“

„Ach, hör mir auf mit den Weibern! In einer Tour mäkeln sie nur an einem herum. Immer dasselbe“, gab Marc von sich. „Das kann ich mir bei so einem tollen Typen wie Dir überhaupt nicht vorstellen“, gestand sein Bewunderer. „Es ist der pure Neid. Sie gönnen einem den Erfolg nicht, sie sind eifersüchtig, weil so viele Frauen scharf auf einen sind, sie sehen ihre eigene Unfähigkeit in meiner großartigen Nähe. Aber ich bin halt mal genial, wieso sollte ich mich verstellen?“ „Eben. Dafür gibt es überhaupt keinen Grund. Aber wie machst Du das nur?“ „Ich bin halt ein Gewinnertyp. Ich weiß wie der Hase läuft und habe einfach mehr drauf als die Anderen. Ich bin gut, das ist mein Erfolgsgeheimnis.“ „Wahnsinn! Was für eine Ehre für mich, einen so phantastischen Menschen wie Dich kennengelernt zu haben.“ Solche Worte waren Balsam auf Marcs gelangweilter Seele. Er liebte es bewundert zu werden und er wußte, daß er sich bald von Charlotte trennen mußte, da sie sein wirkliches Gesicht kannte und seinen Mythos zerstören konnte.

Der Abschied

Vergeblich hatten sie ihren Chef gesucht, doch nun waren sie ernüchtert, denn es war nicht leicht, ihn in der Phantasiewelt des Autors zu finden. Noch dazu, da die Geschichte sich immer noch in ihrer Entstehung befand. Allerdings wurde langsam die Zeit knapp und so sprach Kerosin den Satz aus, vor dem er und Dopamin sich mehr gefürchtet hatten als vor Hans Peter Schmaus: „Wir müssen uns trennen.“ Traurig schauten sie sich in die Augen und irgendwie wußten sie bereits, daß jener Abschied kein Alptraum, sondern Realität war. „Ich gehe in die Welt des Autors, also in seine wirkliche. Du bleibst hier in der von ihm geschaffenen. Einer von uns wird Zifi schon finden“, glaubte Kerosin. „Und was soll ich machen, wenn ich ihn gefunden hab’?“ wollte Dopamin wissen. „Erst eine Weile beobachten und dann mich benachrichtigen. Wir schnappen ihn uns dann gemeinsam und bringen ihn in die wunderbare Hölle zurück.“ „Alles klar. Ich kann es immer noch nicht fassen, daß Jesus zu uns gesprochen hat.“ „Ja, das war schon ein absolutes Highlight. Aber egal. Wir dürfen uns jetzt nicht ablenken lassen.“ Es folgte ein inniger Abschiedskuß und danach trennten sich die Wege der sich liebenden Gefährten.

Dopamin war am Boden zerstört. Zum ersten Mal seit Ewigkeiten war er ganz allein und dann noch dazu in der verrückten Gedankenwelt eines zweifellos geistig gestörten Autors. Was sollte er nur tun? Sich als Schutzengel verdingen? Aber für wen? Für den Bischof? Das konnte es ja wohl auch nicht sein. Dopamin wußte natürlich wer auf wessen Seite stand in jenem Wettkampf und doch befand er sich zwischen den Stühlen. Egal, es galt Feri zu finden und falls der nicht in jener Welt sein Unwesen trieb, so mußte er halt alles daran setzen, zu verhindern, daß die vier auserwählten Mörder zusammenkamen. Schon jetzt fehlte ihm Kerosin sehr.

Jenem ging es auch nicht viel besser. Zwar verdrängte er seine Gefühle und trotzdem spürte er den Abschiedsschmerz. „Man merkt erst, was man gehabt hat, wenn man es nicht mehr hat“, dachte sich Kerosin traurig. Doch schon nach kurzer Zeit war das alles vergessen, denn der Engel tauchte ein in eine Welt, die für ihn absolutes Neuland war. Eine Welt voller Terroristen, Armut, Hunger und Krieg, aber auch voller Reichtum, Wohlstand und Luxus. Es handelte sich um eine Welt der Gegensätze. Der ewige Kampf Gut gegen Böse, Supermacht USA, eine abgelehnte EU-Verfassung in Frankreich und den Niederlanden, Neuwahlen in Deutschland, wütende Muslime, die sich über Koranschändungen aufregten, eine neue Neider-Partei in Österreich, Rekordarbeitslosigkeit in Deutschland, staatlicher Terror in Usbekistan, eine Frau als Kanzlerkandidatin der Konservativen, noch dazu eine geschiedene aus dem Osten und so weiter und so fort. Dagegen war die Hölle ja ein Zuckerschlecken und sogar der Himmel einigermaßen erträglich. Überall Gestörte und genau von jenem Umfeld war der Autor umgeben, den der Teufel von den eigenen Romanfiguren umbringen lassen wollte. Kerosin war überwältigt von dieser Welt. Seine erste Amtshandlung bestand in einem Kasinobesuch in Las Vegas, danach machte er eine Segeltour, besuchte einen Jahrmarkt, befreite ein paar Entführte und stattete dem Präsidenten im Weißen Haus, der ihn für einen Abgesandten des Kativan hielt und aus dem Oval Office schmiß, einen Besuch ab. Schöne neue Welt!

Der gute Hirte(njunge)

„Da ist ja unser schwarzes Schaf“, begrüßte der Bischof Bert freundlich, als jener sein heiliges Büro betrat. Danach fiel sein Blick auf die äußerst attraktive Thea, die in seinen glänzenden Augen für den Bruchteil einer Sekunde Verlangen aufblitzen sah. „Ficken?“ bohrte sie nach. „Jetzt nicht. Ich hatte eben erst einen Ministranten und eine Ministrantin“, wehrte er ab. „Donnerwetter! Gleich zwei Geschlechter auf einmal.“ „Aber selbstverständlich. Schließlich bin ich ja der Bi-schof.“ Bert räusperte sich, denn ihm war jene Unterhaltung ziemlich peinlich. „Ach ja, wir sind ja aus einem anderen Grund hier. Bringt die Frau weg und sorgt dafür, daß wir hier nicht gestört werden“, ordnete der Bischof an, woraufhin Ernie und Roland Thea hinaus geleiteten. Bert war auf das Schlimmste vorbereitet. Er erwartete ein Donnerwetter und rechnete mit übelsten Drohungen und Beschimpfungen. Doch nichts dergleichen geschah. „Wie geht es Dir?“ forschte der Bischof. „Ich habe Angst“, gab Bert zu. „Wovor?“ „Vor Ihnen.“ „Aber wieso das denn? Was ist los mit Dir, Bert?“ „Ich glaube nicht an Gott.“ „Wo ist das Problem? Wer von uns tut das schon? Das ist doch kein Grund zu kündigen.“ „Ich habe mit einigen Frauen geschlafen.“ „War es schön?“ „Befriedigend.“ „Na und? Wir sind auch nur Menschen, wir dürfen alle Fehler machen.“ „Dürfen wir alle Fehler machen oder dürfen wir alle Fehler machen?“ „Du hast mich schon ganz richtig verstanden, Bert. Aber das ist doch alles kein Grund, die Kirche zu verlassen.“ „Ich kann nicht mehr, ich bin am Ende.“ „Keine Sorge, wir päppeln Dich schon wieder auf.“ „Aber ich will nicht in so ein schwules Männerkloster.“ „Was hast Du gegen den Orden der warmherzigen Brüder, Bert? Das sind alles gottesfürchtige Männer, die mit Dir nur das tun, was Du wirklich willst.“ „Ich will aber nicht beten und arbeiten. Verdammt noch mal! Ich glaube nicht an Gott!“ brüllte Bert. „Beruhige Dich! In unserer Gemeinschaft der Scheinheiligen ist auch Platz für Dich. Wen interessiert schon, ob Du an Gott glaubst? Hauptsache, Du hast einen sicheren Arbeitsplatz, nicht wahr? Wir können Dir helfen, Bert. Da draußen bist Du doch ganz allein und völlig aufgeschmissen, hilflos und überfordert. Ernie hat mir erzählt, daß sogar Dein Auto ein Rad ab hat. Also, mein Freund, überlege Dir Deine Entscheidung gut“, ermahnte ihn der Bischof, bevor er den Raum verließ. Plötzlich öffnete sich die andere Tür und eine bildhübsche Frau, des Bischofs Sekretärin, betrat das Zimmer. Sie warf Bert verführerische Blicke zu und lief aufreizend hin und her. „Was soll das denn jetzt?“ wunderte sich Bert. „Ich bin Mutter Kirche und in meinen Schoß sollst Du zurückkehren“, flötete sie. Auf einmal packte Bert das Verlangen, er stürzte sich auf die Sekretärin und vollzog mit ihr unter den wachsamen Augen des Bischofs den Geschlechtsakt. „Sehr schön. Wir haben alles auf Video“, bemerkte jener, nachdem sich die beiden Sexsportler total verausgabt hatten. Nun wußte Bert, daß er das Spiel verloren hatte. Er war nicht nur symbolisch, sondern tatsächlich in den Schoß von Mutter Kirche zurückgekehrt, was bedeutete, daß er sich fortan wieder ihren Anweisungen fügen mußte. Fuck!

Währenddessen irrte Thea orientierungslos durch die Altstadt von Regensburg und wußte nicht, was sie treiben sollte. Bert war hoffnungslos verloren, das war ihr klar, denn die große Sekte hatte zurückgeschlagen. Nun galt es, das neue Leben alleine fortzusetzen. Oder sollte sie doch wieder zu ihren Wurzeln zurückkehren?

Das Duell der Giganten

Gitta war offen für jede erdenkliche Boshaftigkeit und da der Teufel ein Gespür für sowas hatte, war er in die tatsächliche Welt des Autors geflogen, um sich dort eine Verbündete zu suchen. Die Kritikerin hatte Gefallen an dem gutaussehenden, schwarz gekleideten Mann gefunden, der da plötzlich an ihrer Haustür geklingelt hatte und nun in ihrer Küche saß. „Hier, trinken Sie das! Bed Rull verleiht Flügel“, versicherte sie ihm. „Das brauche ich nicht, die habe ich schon“, ließ er verlauten. „Sie haben wirklich einen köstlichen Humor. Aber ich habe immer noch nicht so richtig verstanden, was Sie eigentlich hier wollen.“ „Es geht um diesen Autor.“ „Was ist mit ihm?“ „Ich habe in Ihren Gedanken gelesen, daß Sie ihn, nachdem er Ihre Liebe nicht erwidert hat, gerne umbringen möchten.“ „Das ist wahr. Ich hasse diesen Kerl.“ „Wunderbar. Gute Frau, wir Beide haben dasselbe Ziel.“ „Wirklich? Was hat er Ihnen denn angetan?“ „Ich mußte alle seine Bücher lesen. Ein Gericht hatte mich dazu verurteilt.“ „Wie furchtbar! Sie Ärmster! Ja, diese Bücher sind eine wahre Zumutung. Zum Glück bin ich Kritikerin.“ „Es geht um Folgendes: Ich kenne da vier Leute, die noch eine Rechnung mit dem Autor offen haben und die ihn killen würden. Das Problem ist, daß sie von sehr weit her kommen und einen Unterschlupf brauchen. Könnten die Vier für ein paar Tage bei Ihnen wohnen?“ „Aber selbstverständlich. Nur, warum macht das nicht einer für alle? Warum alle vier?“ „Weil er sie gleichermaßen erniedrigt und ausgebeutet hat. Sie müssen das Werk gemeinsam vollbringen, da nur so der Gerechtigkeit zu ihrem Recht verholfen wird.“ „Alles klar. Na da freue ich mich ja schon auf meine Gäste. Auf diese Art und Weise brauche ich mir die Hände nicht selbst schmutzig machen.“ „Also dann, in ein paar Tagen bin ich mit den Leuten zurück. Wir sehen uns, Gitta.“ „Ciao, Süßer!“

Doch die Konkurrenz schlief nicht. Auch der Autor hatte Besuch bekommen und zwar von einer weißgekleideten jungen Frau, dem Heiligen Geist. „Ich muß Dich warnen. Dein Leben ist in Gefahr“, machte sie deutlich. „Das ist normal, daran habe ich mich gewöhnt“, entgegnete er gelassen. „Du Vollidiot! Es geht doch hier um viel mehr als um Dein nichtsnutziges, beschissenes, sinnloses kleines Leben. Es geht hier um alles oder nichts.“ „Moment mal! Das verstehe ich jetzt nicht.“ Und so erzählte sie ihm alles und noch mehr. Er erfuhr von der teuflischen Wette, von ihrer Ausbootung, von den schwulen Engeln, von seiner Todfeindin Gitta, die mit dem Teufel kollaborierte, sowie den neuesten Tratsch und Klatsch aus der Ewigkeit. „Also das hätte ich wirklich nicht für möglich gehalten, daß Elvis Presley und Lady Di ein Paar sind“, äußerte sich der Autor überrascht. „Das ist doch völlig unwichtig, Du Dummsülzer. Es geht hier um Dein Leben und um meine Allmacht“, wiederholte der Heilige Geist gereizt. „Und was soll ich jetzt tun? Mit meinem Buch aufhören oder die Hauptfiguren sterben lassen?“ „Bloß nicht. Du mußt immer weiterschreiben und darfst Deine Figuren nie aus den Augen lassen. Wenn der 13.Tag vorbei ist und Du noch lebst, dann haben wir es geschafft.“ „Aber was habe ich davon?“ „Du lebst weiter.“ „Vielleicht will ich das ja gar nicht.“ „Schön langsam gehst Du mir auf den Geist. Was willst Du?“ „Ich will wissen was Liebe ist. Ich bin so gefühlsarm, es ist furchtbar“, beklagte sich der Autor. Und sie zeigte es ihm.

Vom Himmel hoch, da schieß’ ich quer

„Unglaublich, was die alles macht, um ihre Macht zu behalten“, erwähnte Gott kopfschüttelnd. Nichtsdestotrotz war die Allmächtige mit sich und der Welt sowie mit der Ewigkeit zufrieden, was sie jedoch nicht daran hinderte, wie üblich ihren Psychiater aufzusuchen. „Ihre Versichertenkarte bitte“, verlangte ein bärtiger alter Herr. „Aber Doktor Freud, ich bin es doch, Gott“, meldete sie sich zu Wort. „Ich verstehe. Sie sind natürlich privat versichert. Was kann ich heute für Sie tun?“ „Ich möchte meine Kindheitstraumata aufarbeiten.“ „Meinetwegen. Dann sprechen wir halt in Gottes Namen über den Urknall.“ „Wissen Sie, Doktor Freud, das war alles ein fürchterliches Mißgeschick: Ich war ganz allein und ich war noch ein Kind. Ich hatte keine Eltern, die mir alles Mögliche hätten verbieten können. Also habe ich ein bißchen mit meinen Exkrementen herumgespielt und mit Sprengstoff herumexperimentiert. Na ja und dann hörte ich auf einmal diesen Knall.“ „Schon gut, das genügt. Ich weiß Bescheid. Sie hatten damals die orale Phase einigermaßen unbeschadet überstanden und steckten mitten in der analen Phase. Ihnen machte das Anfassen von und das Spielen mit Ihren Ausscheidungen viel Spaß und so entstand versehentlich die Welt, die ja wahrhaftig nichts weiter als ein gigantischer Scheißehaufen ist.“ „Aber immerhin ein Haufen voll göttlicher Scheiße. Vielen Dank, Doktor Freud. Jetzt möchte ich aber gerne über meine momentane Lage sprechen: Ich erhalte auf Erden zu wenig Aufmerksamkeit. Was kann ich dagegen tun?“ „Wie wär’s mit Apocalypse now?“ „Ach, ich weiß nicht so recht. Die hat so was Endgültiges und ist nicht mehr rückgängig zu machen. Nicht daß ich das dann irgendwann bereue.“ „Wie wäre es denn mit einem Gottesstaat?“ „Nein danke. Ein Kativan ist genug. Schlimm genug, daß den noch kein Terrorist in die Luft gejagt hat.“ „Also wirklich, lieber Gott, mäßigen Sie sich bitte!“ „Ich bin halt mal nicht mittelmäßig. Zum Glück tut sich wieder was auf Erden, seit ich diese Wette abgeschlossen habe.“ „Einer Ihrer verhängnisvollsten Fehler, Verehrteste. Das hat dazu geführt, daß Hans Peter Schmaus, Marihin Nonroe und Papst Innozenz hoffen, daß der Teufel die Wette gewinnt, damit sie im Himmel bleiben können.“ „Mir doch egal. Hauptsache es ist mal wieder was los.“ „Sie langweilen sich häufig, nicht wahr? Das alte Problem der Könige. Doch bei Ihnen liegt die Ursache dafür tiefer. Sie haben zu wenig Sex, Gnädigste.“ „Wem sagen Sie das? Diese andauernde Notgeilheit macht mich noch ganz krank. Und das Schlimmste daran ist, daß mich nur der Teufel richtig befriedigen kann. Aber der ist leider schwul.“ „Ja, das Leben in der Ewigkeit ist hart. Leider kann ich Ihnen da auch nicht weiterhelfen.“ „Wirklich nicht? Der frisch verstorbene Papst behauptet, Homosexualität wäre eine heilbare Krankheit. Könnten Sie Luzi nicht umpolen?“ „Homosexualität ist keine Krankheit, sondern eine Veranlagung. Machen Sie sich da mal lieber keine Hoffnungen! Vielleicht haben Sie ja Glück und Satan entpuppt sich als bisexuell.“ „Aber ich will Luzi ganz für mich allein.“ „Der göttliche Allmachtsanspruch. Das ist mal wieder typisch. Ich muß weg. Eva Braun und Adolf Hitler erwarten mich schon zur Paartherapie. Wieso sind die eigentlich nicht in der Hölle?“ „Weil sie nicht homosexuell veranlagt sind und weil ich dem Teufel ein Schnippchen schlagen wollte. Ich hatte damals gehofft, er würde mich vögeln, um Adolf zu kriegen.“

Marc irrte durch und markierte sein Revier

Er hatte es mit der Psychoschnalle einfach nicht mehr ausgehalten, war umgestiegen und in eine andere Richtung gefahren. In Frankfurt hatte er sich ein Auto „geliehen“ und damit fuhr er durch die Straßen, um junge Hasen aufzureißen. Allerdings waren die Hasen scheinbar alle im Wald, denn es kamen nur Frauen zu ihm, die ihm alle sehr professionell vorkamen, weshalb er es vorzog, sich zu verziehen. Marc setzte sich in eine Kneipe, unterhielt dort ein paar Stammtischbrüder mit ein paar frauenfeindlichen Zoten, spielte ein wenig Karten und begab sich dann in die Fußgängerzone, um Leute anzuquatschen. Relativ schnell landete er bei Mormonen, Zeugen Jehovas und ähnlichem Fußvolk, so daß er die Flucht ergriff, nachdem ein Scientologe festgestellt hatte, daß Marc nur 0,025 Prozent seines Gehirns benutzte, ein unterirdischer Wert, der beide Männer gleichermaßen geschockt hatte. In einer Spielhölle beschäftigte sich der zweiarmige Gauner Marc dann stundenlang mit einem einarmigen Banditen, bevor er sich an eine hübsche Frau ranmachte, die wenig später die Rückbank seines „Leihwagens“ kennenlernen durfte. Tief befriedigt verließ Marc ohne Polo, aber mit BMW, die Kapitalistenstadt, als plötzlich, wie aus dem Nichts, ein schwarz gekleideter junger Mann auf dem Beifahrersitz auftauchte. „Toller Trick. Ich schätze, Dir gehört wohl der Wagen“, mutmaßte Marc. „Schwachsinn! Du hättest Charlotte nicht verlassen dürfen“, moralisierte Mephistopheles. „Es war vorbei. Diese Frau hatte mich durchschaut. Mit so einer kann ich nicht zusammenleben.“ „Sie hat Dich doch so akzeptiert wie Du pißt.“ „Hat sie eben nicht. Bei ihr mußte ich immer zum Pinkeln aufs Klo.“ „Also wirklich, das ist ja unerhört. Aber darum geht es gar nicht. Ihr gehört zusammen und das weißt Du auch.“ Jene Worte beeindruckten Marc sehr. Er konnte Andere leicht verletzen, doch er selbst war noch viel verletzlicher, vielleicht sogar hypersensibel. Die Schwuchtel in der schwarzen Lederjacke hatte vielleicht gar nicht mal so Unrecht. Bei Charlotte hatte er nie arbeiten müssen, auch wenn sie manchmal deswegen rumgemosert hatte. „Und was jetzt?“ begehrte Marc zu wissen. „Du mußt nach Rom fahren.“ „Und wieso?“ „Weil Du sie dort wiedersehen wirst.“ „Geht das nicht etwas einfacher?“ „Nein.“ „Na gut. Und wie komme ich da hin?“ „Alle Wegen führen nach Rom.“ „Depp. Alle Wege führen überall hin.“ „Herr, schmeiß Hirn vom Himmel. Also, Du fährst durch Bayern, aber laß Dich nicht in Deinem gestohlenen Auto von der bayerischen Polizei erwischen, die hat eine Aufklärungsquote von über 60 Prozent und auch nicht von der CSU, die hat auch über 60 Prozent geschafft. Dann fährst Du durch Österreich, vergiß aber nicht, die beschissene Maut zu bezahlen, ach ja, über den heißen Brenner darfst Du auch fahren und in Italien mußt Du nur aufpassen, daß Du nicht in eine Demo oder einen Massenstreik gerätst. Alles klar?“ „Ich denke schon. Aber warum hilfst Du mir? Was bringt Dir das?“ „Jeden Tag eine gute Tat, Du weißt schon. Ich will doch später mal in den Himmel kommen.“ „Armer Irrer. Der einzige Gott hier bin ich“, versicherte Marc. Sekunden später war der Diabolische bereits verschwunden und unser Kleingauner machte sich frohen Mutes auf den Weg nach Italien. Für Luzifer dagegen ging der Streß erst richtig los. Schließlich war Marc nur einer von Vielen, besser geschrieben einer von Vieren. Also hatte Sadi noch drei Personen auf den rechten Weg nach Rom zu führen.

Wenn Du nicht schreien kannst, dann schreib’

„Hat mich dieses Schwein doch tatsächlich sitzenlassen“, echauffierte sich Charlotte in Gedanken, bevor ihre Verdrängungsmechanismen einsetzten und sie an ihrem Buch weiterschrieb: „Könige sind ungerecht. Sie gestehen sich alle Rechte und Freiheiten zu, Andere dagegen müssen ständig nach ihrer Pfeife tanzen. Sie verletzen unentwegt die Gefühle ihrer Mitmenschen, machen Witze auf deren Kosten, ertragen es aber nicht, wenn man es ihnen mit gleicher Münze heimzahlt. Schwache Könige wittern überall Verrat, sie möchten alles kontrollieren, bestimmen und planen. Treten unerwartete Situationen ein, so sind sie völlig überfordert. Wenn Könige ein Problem haben oder verletzt sind, dann ziehen sie sich in ihre Höhle zurück. Dort schmollen sie vor sich hin und wundern sich darüber, daß niemand zu ihnen kommt, obwohl sie es waren, die einen Stein vor ihre Höhle gerollt haben. Könige sind sehr vergeßlich; sobald ihnen ein Diener nichts mehr nützt, schmeißen sie ihn aus ihrem Leben.“ Bei jenem Satz schluckte Charlotte. War auch sie nur eine Dienerin gewesen, die nun ausgetauscht worden war? Gleich darauf tippte sie weiter: „Könige verursachen die meisten Probleme durch ihr Verhalten selbst, sehen das jedoch niemals ein. Sie schaden sich und suchen doch die Schuld immer bei den Anderen.“ Plötzlich fiel Charlotte auf, daß sich ein junger Mann zu ihr ins Abteil gesetzt hatte und sie beobachtete. „Is was?“ erkundigte sie sich. „Hab ich schon“, entgegnete er. Da mußte sie lachen und legte den Laptop beiseite. „Wohin soll die Reise gehen?“ interessierte sich Beelzebubi. „Nach Nirgendwo.“ „Toll. Das kann ich nur empfehlen. Es ist großartig dort.“ „Das freut mich. Und wohin fahren Sie?“ „Nach Rom.“ „Aha. Und was machen Sie dort?“ „Jemanden besuchen.“ „Interessant. Kann ich mitkommen?“ „Natürlich. Aber jetzt bitte ich Sie, mich zu entschuldigen. Ich habe noch ein paar wichtige Dinge zu erledigen. Wir sehen uns in Rom. In München das Umsteigen nicht vergessen“, verabschiedete sich Satan auf einmal und verschwand. Charlotte war überrascht und überlegte eine Weile. Als das zu nichts führte, machte sie sich wieder an ihre Arbeit: „Könige sind arme Schweine. Sie möchten geliebt werden, aber sie lieben sich selbst nicht. Sie behandeln immer die Menschen, die um sie herum sind, am schlechtesten. Könige kann man fast nicht therapieren. Man müßte sehr viel Geduld haben, ihnen behutsam ganz kleine Aufgaben zuteilen, sie ständig loben, ihr mickriges Selbstwertgefühl aufbauen, ihr Versagen akzeptieren und die eigenen Bedürfnisse hinten anstellen. Könige ziehen wahnsinnig viel Energie von ihren Mitmenschen ab und können unheimlich anstrengend sein. Aber im Grunde sind sie nur in der Kindheit zu sehr verwöhnte Fratzen, bemitleidenswerte Wesen, die darauf warten, daß ihnen geholfen wird, obwohl sie niemals sich selbst, sondern immer die Anderen für krank halten. Der rote Teppich verblaßt, der Schein trügt nicht länger. Die Fassade hat aufgehört zu glänzen und die Maske wurde heruntergerissen. Lieben Sie Ihren König mit all seinen Schwächen und Fehlern und er wird es Ihnen trotzdem nie danken, sondern Sie dafür verachten.“ Das reichte. Charlotte hatte sich abreagiert und beschlossen, nach Rom zu fahren. Vielleicht würde sich etwas mit dem jungen Mann ergeben, jedoch hatte sie den unangenehmen Verdacht, daß der keinen Sex wollte.

Mönch ärgere Dich nicht!

„Scheiß Berufsberater damals! „Machen Sie sich doch selbständig, Herr Luzifer! Als Engel sind Sie doch verschenkt und haben keine große Zukunft. Werden Sie lieber zu einer Ich-AG und gründen Sie Ihr eigenes Unternehmen! Sie haben das Zeug dazu! Machen Sie was draus!“ Und ich Idiot höre auf diesen Verrückten, lege mich mit dem ganzen Himmel an und was hab’ ich jetzt davon? Streß ohne Ende, kein Privatleben und ständig die Verfolger am Hals. Mich kotzt das sowas von an. Alles muß man selber machen. Bin ich etwa der Täuber, oder was? Mir reicht’s. Aber es kommt ja noch besser. Jetzt darf ich auch noch ins Kloster“, höhnte Luzifer. Dort fühlte sich Bert ziemlich unwohl. Ernie hatte ihn zum Abschied fest umarmt und ihm Mut zugesprochen, doch das war ihm egal gewesen. „Das hier ist der reinste Knast. Alle tragen die Kutte als Häftlingsuniform, das Essen kannst Du vergiften und nicht mal dann schmeckt es und nicht mal Poster mit nackten Weibern drauf hängen hier in den Zellen. Statt dessen überall nur Kreuze und diese fürchterlichen Choräle. Es ist zum Kotzen. Am liebsten würde ich mich umbringen, aber ich trau denen nicht. Die haben mich beim Abendessen alle so freundlich angeschaut, die würden mich am Ende nach meinem Tod noch schänden und dann aufessen, diese nekrophilen Kannibalen. Wäre ich doch nie Pfarrer geworden! Alle hatten mich davor gewarnt, aber ich habe natürlich wieder alles besser wissen müssen. Man kann hier nicht mal seine Räucherbude absperren. Das werden ganz schreckliche Nächte“, befürchtete Bert, bevor er versuchte einzuschlafen. Seine düsteren Vorahnungen schienen sich zu bestätigen, als mitten in der Nacht tatsächlich die Tür zu seinem Schlafgemach geöffnet wurde. Bert schreckte auf. „Nein, ich will keinen Sex“, stotterte er. „Na gut, dann halt nicht“, murmelte der Teufel enttäuscht. „Natan, Du bist es! Was machst Du denn hier?“ flüsterte Bert erfreut. „Ich hole Dich raus. Das ist doch kein Leben für jemanden wie Dich.“ Dankbar umarmte Bert seinen Retter und dann machten sie sich auf den Weg in die Freiheit. Jedoch wurden sie von zwei besoffenen Mönchen verfolgt, die nach dem Bierbrauen sogleich mit dem Zechen begonnen hatten und dementsprechend alkoholisiert waren. „Halt! Stehenbleiben, Ihr vier Hübschen! Sonst rufe ich den Ober!“ lallte der Eine. „Was willst Du denn mit einem Ober, Du Suffkopf?“ fragte der Andere baff. „Na bei den Nonnen heißt es doch Oberin, also muß es bei uns demnach Ober heißen.“ „Du bist doch hackedicht, Du Wicht. Verdammt, jetzt sind sie uns entwischt.“ Bert und Luzi hatten das Kloster bereits verlassen, als der Alarm ausgelöst wurde. Man benachrichtigte umgehend den Bischof und legte sich wieder schlafen. Der gab Ernie und Roland Bescheid, fügte jedoch hinzu, daß sie Bert nicht mehr suchen und zurückbringen brauchten, da er den Fall an den Bischof von Rom weitergeben wollte. „Soll sich der Papst um diesen Abtrünnigen kümmern“, ließ der gelangweilte Mann verlauten und schaltete seinen Computer aus. Unterdessen hatte Satan Bert zum Flughafen nach München gebracht, von wo aus jener nach Rom fliegen sollte. „Ich will aber nicht dort hin. Dort gibt es viel zu viele Pfaffen und der Obermacker wohnt auch dort“, kam es dem Priester in den Sinn. „Thea wird dort sein“, versicherte Zifi. Mit einem Mal war Bert einverstanden.

Nich’ mit Thea

Thea war am Boden zerstört. Was war das nur für ein hartes Leben für ein leichtes Mädchen wie sie. Allein in Regensburg, ausgesetzt in jener Touristenstadt, den sabbernden Mäulern und gaffenden Blicken älterer Männer ausgeliefert. War das das Ende ihrer Reise? Sollte sie nicht lieber wieder mit irgendwelchen Männern für Geld ins Bettchen hüpfen? Thea lief immer noch ziellos durch die Straßen der Stadt, merkte jedoch, daß sie verfolgt wurde. Irgendwann klopfte ihr jemand auf die Schulter und radebrechte: „Hey Du, krasse Frau, gehst voll ab, komm mit zu Achmed und lach net.“ Sie ignorierte den schwanzgesteuerten Typen einfach und ging weiter. Zehn Minuten später hatte sie eine ganze türkische Clique am Hals. „Ich nix Deutsch“, versuchte sie sich rauszureden, doch das half nichts. „Guter Trick. Machen wir auch immer, wenn uns die Bullen nerven“, erzählte einer von ihnen. „Das ist ja kein Wunder, daß Euch die Bullen nerven, wenn Ihr aus ihnen Döner macht.“ „Hey, Puppe, wir machen keine Döner aus Menschenfleisch, sondern aus Kalbfleisch.“ „Und warum wird der Koran so oft falsch interpretiert?“ hakte Thea nach. „Was weiß ich? Keine Ahnung, warum niemand meinen Halbbruder Koran richtig versteht. Vielleicht redet er zu undeutlich“, vermutete einer der coolen Jungs. Plötzlich tauchte Satan in ihrer Mitte auf. „Hey, den kenn ich doch! Das ist der kraß schwule Typ aus dem Fernsehen!“ rief ein Halbwüchsiger begeistert. „Quatsch, das ist Natan, der Teufelsanbeter“, korrigierte ihn Thea und machte sich mit dem schwarz gekleideten, gutaussehenden jungen Mann davon. „Wo warst Du so lange?“ fragte sie ihn vorwurfsvoll. „Du bist lustig. Hast Du eine Ahnung was ich alles managen muß! Ich komme fast nicht zur Ruhe. Ich will, daß Du sofort nach Rom fährst.“ „Warum?“ „Weil Bert dort auf Dich wartet.“ „Und was ist mit Dir?“ „Ich komme später nach.“ „Nein, ich will, daß Du mich begleitetest.“ „Aber das geht nicht. Ich habe noch viel zu tun.“ „Ach was! Mit mir kannst Du das nicht machen. Du tauchst plötzlich auf, verschwindest einfach wieder, bist auf einmal da und willst schon wieder fort. So nicht, Freundchen!“ „Thea, jetzt mach’ mir hier bitte keine Szene“, flehte der Teufel. „Das ist allein Deine Schuld, Natan. Du kannst doch nicht eine so attraktive Frau wie mich allein mit der Bahn fahren lassen. Wenn mich die Anschaffner sehen ...“ „Stell’ Dich nicht so an!“ „Und wenn ich im Zug einen Zug kriege?“ „Du machst mich noch wahnsinnig. Es ist doch immer dasselbe mit Euch Romanfiguren.“ „Was hast Du da eben gesagt?“ „Nichts von Bedeutung.“ „Dann ist es ja gut. Sonst hätte ich es fast bereut, Dir nicht zugehört zu haben. Ich verlange einen Begleiter.“ „Also gut“, gab Feri nach und beeinflußte Marcs Gedanken so, daß jener Hunger bekam, in Regensburg die Autobahn verließ, in die Innenstadt fuhr und sich dort etwas zu essen holte. „Siehst Du den Typen da vorne, der gerade wie ein Schwein frißt?“ fragte Mephisto. „Ja, der ist geil. Was ist mit dem?“ „Der wird Dich nach Rom bringen.“ „Echt?“ „Na klar.“ Daraufhin verschwand der Herrscher des Reichs des Bösen und Thea ging auf Marc zu. „Schmeckt’s?“ wollte sie wissen. Er knurrte sie an und begrub den Teller unter sich, denn er fürchtete, sie wolle etwas abhaben. „Keine Angst, ich nehme Dir nichts weg“, beruhigte sie ihn. Da strahlte er sie völlig überwältigt an.

Was nützt die Liebe in Gedanken - Verrat mir doch mal

Der Autor war überglücklich. Dank des Heiligen Geistes wußte er nun endlich, was Liebe ist, es war überwältigend gewesen. Doch zugleich überfiel ihn eine tiefe Depression. Er hatte den Höhepunkt erreicht, den glücklichsten Moment seines Lebens genossen, alles was danach kommen würde, würde im Vergleich dazu schlechter sein. „Was nützt die Liebe in Gedanken? Man sollte gehen, wenn es am schönsten ist“, überlegte sich der unglückliche Glückspilz und setzte sich in seine Badewanne voller Selbstmitleid. Danke Fön? Doch bevor sich der Autor mit Hilfe eines plazierten Elektrogerätewurfs ins Jenseits befördern konnte, wo der dann siegreiche Heilige Geist bereits freudestrahlend auf ihn gewartet hätte, tauchte auf einmal Luzi Satansbraten auf der Bildfläche auf und zog den Stecker raus. Life must go on.

Zurück in den Himmel. Dort traf Jesus auf Judas. „Hallo, geliebter Verräter“, begrüßte Gottes Sohn den guten alten Bekannten. „Hai, Jé“, meinte Judas freundschaftlich, bevor er nachfragte: „Bist Du mir eigentlich noch böse wegen damals?“ „Ach was. Zuerst hatte ich ja mächtig Schiß, weil ich gedacht hatte, daß Du schwul wärst, nachdem Du mich geküßt hattest, aber als ich dann gemerkt hatte, daß Du mich nur verraten hattest, war ich richtig erleichtert.“ „Da bin ich aber beruhigt. Na ja, Du weißt ja wie das damals war: Ich hatte geglaubt, daß Du die Römer aus Israel hinausschmeißt und war natürlich mächtig enttäuscht, als ich gemerkt hatte, daß Du so ein Pazifisten-Lump warst.“ „Alles lange vorbei. Aber Satan überrascht mich. Wie sich der ins Zeug legt, um zurück in den Himmel zu kommen, alle Achtung.“ „Der würde uns hier gerade noch fehlen. Mir reicht es immer noch, wie er mich damals manipuliert hat, damit ich zu den Hohenpriestern laufe und Dich verpetze.“ „Lange her. Luzifer hat sich positiv weiterentwickelt. Er hatte Ewigkeiten lang Zeit, um in der Hölle nachzudenken und ist viel reifer geworden.“ „Mir egal, ich will ihn hier trotzdem nicht sehen. Nicht daß er mich wieder rumkriegt. So, ich muß los zu den Frauen und ihnen ein paar Geheimnisse verraten.“

Nach jenen Worten verschwand Judas und ließ einen nachdenklichen Jesus zurück: „Vielleicht könnten wir ja die göttliche Allmacht vierteilen, mit den zum Tode Verurteilten hat das doch früher auch geklappt. Ist halt schon blöd für den Heiligen Geist, wenn sie ihr Drittel verliert, andererseits hat diese Anarchistin damit eh nichts Vernünftiges anfangen können. Bin mal gespannt wie das weitergeht, obwohl ich es schon weiß. Aber ich verrate nichts und sage nichts ohne meinen Anwalt. Wieso hatte ich eigentlich damals keinen? Der hätte gegen das Todesurteil bestimmt Revision eingelegt. Na ja, was soll’s? Jetzt ist es dafür eh zu spät.“ Nach jenen Gedanken drehte Jesus ein paar Runden durch den Himmel, plauschte ein wenig mit ein paar Aposteln und anderen Bekannten, philosophierte mit Kant, Schopenhauer sowie Hegel und wartete darauf, daß sich in den anderen Welten wieder etwas tat. Derweil hielt Gott wie üblich ihren Schönheitsschlaf und freute sich über ihre tolle Wette mit dem Teufel. Jener dagegen war mit den Nerven ziemlich am Ende. Gerade noch hatte er seine Niederlage verhindern können, Gott sei Dank, oder auch nicht.

Hinter Gitta

Kerosin hatte seinerzeit mitbekommen, was sein teuflischer Vorgesetzter mit Gitta ausgemacht hatte, weshalb er eines Abends bei ihr auftauchte, um sie zu verwirren. „Ja da schau her! Schon wieder so ein gutaussehender, modisch gekleideter junger Mann!“ freute sich Gitta. „Guten Abend! Mein Freund, der letztens bei Ihnen gewesen war, schickt mich. Er muß die Sache leider absagen und bittet Sie, den Autor selbst umzubringen“, faßte sich Kerosin kurz. „Sowas aber auch. Eigentlich wollte ich mir ja die Hände nicht selber schmutzig machen. Dabei hatte ich mich schon so auf meine mörderischen Gäste gefreut. Was ist denn da passiert?“ „Das Übliche. Wie das mit Berufskillern halt häufig so ist: Erst reißen sie die Klappe auf und dann kneifen sie, wenn es ernst wird.“ „Und warum ist Ihr hübscher Freund nicht selbst vorbeigekommen, um mir das mitzuteilen?“ „Er hat sehr viel zu tun und deshalb hat er mich gebeten, Sie zu informieren. Also, wie sieht es aus? Fühlen Sie sich dazu in der Lage, den Autor umzubringen?“ Gitta schluckte. Schon so oft hatte sie sich in ihren Phantasien ausgemalt, wie sie jenen ignoranten Flachwichser um die Ecke bringen würde, doch in dem Moment, in dem Kerosin jene Frage gestellt hatte, spürte sie eine große Verunsicherung. Das hatte alles so etwas Endgültiges. Wen sollte sie kritisieren, wenn der Autor nicht mehr existierte? Klar, es gab noch unendlich viele schlechte Autoren und Autorinnen, aber niemand war so unfähig wie er. Andererseits hatte er sie so arg gedemütigt, daß er seinen Tod verdient hatte. Jedoch war es ein großer Unterschied, ob man jemanden in Gedanken oder tatsächlich umbrachte. Kerosin spürte, daß sie hin- und hergerissen war. „Sorry, aber wir haben nicht viel Zeit“, drängte er und irgendwie gelang es ihm, Gitta zum Mordwerkzeug zu machen. So schlichen sie wenig später zum Haus des Autors und begaben sich im Schutz der Dunkelheit und mit Hilfe von Kerosins technischen Fähigkeiten in das Haus hinein, ohne daß irgendwelche Alarmanlagen sich zu Wort meldeten. Da stand sie nun mit einem Messer bewaffnet vor seinem Bett, in dem er seelenruhig schlief und starrte ihn an. „Worauf wartest Du noch?“ zischte der warme Engel genervt, doch sie stand nur da und schaute. In ihrem Kopf fand gerade eine Filmvorführung statt, sie erinnerte sich an ihre erste Begegnung mit ihm, an sein erstes Buch, das sie gnadenlos verrissen hatte und dachte an die schönsten Augenblicke, die sie mit ihm erlebt hatte. Demzufolge war die Filmvorführung schnell beendet und sie hatte nun eine Entscheidung zu treffen. Plötzlich wachte der Autor auf und sah seine Kritikerin mit einem Messer in der Hand an seinem Bett stehen. „Scheiß Alpträume!“ murmelte er verschlafen und drehte sich zur Seite, um weiterzuschlafen. Gitta war empört. Der Typ war doch das Allerletzte. Sie holte aus und wollte zustechen, aber auf einmal hielt sie inne und erschrak. Er hatte ja Recht! Sie stand im Schlafzimmer des Mannes, den sie immer geliebt hatte und nach wie vor liebte und war drauf und dran, ihn mit einem Messer zu erstechen. Auf einmal war sie putzmunter, deckte ihn richtig zu und verließ schleichend das Haus. Kerosin und der Heilige Geist beobachteten das ganze Spektakel mit ungläubigem Kopfschütteln. „Was soll man dazu sagen? Menschen halt. Einfach unberechenbar!“ schimpfte Kerosin. „Schön langsam habe ich die Schnauze voll. Jetzt müssen wir unsere Kräfte bündeln. Wir sollten einen Pakt schließen“, schlug der Heilige Geist vor. Kerosin nickte. Es lief einfach beschissen.

Sind die Roma?

Sie hatten es tatsächlich alle Vier geschafft, Rom lebend zu erreichen und wurden dort, nachdem sie sich zufällig in der Stadt getroffen hatten, von einem total relaxten Luzifer empfangen. „Schön, daß Ihr da seid. Ich freue mich, daß dieses Treffen möglich geworden ist“, begrüßte er sie. Bert und Charlotte blickten ein wenig bedröppelt drein, denn Marc und Thea standen Händchen haltend da und ihre Blicke zeigten deutlich, daß sich da zwei gefunden hatten. Marc war überglücklich, denn er hatte sich einen Lebenstraum erfüllt: Er war nun mit einer Hure zusammen, die er für den Sex nicht bezahlen mußte. Auch Thea war begeistert. Sie stand auf solche Typen wie Marc und es würde Jahre dauern, bis sie ihn durchschaut hätte, falls es je dazu kommen würde. Satan war zwar nicht gerade von jener neuen Beziehungskonstellation angetan, anderseits konnte die auch sehr nützlich sein, denn Liebe sorgte oft für Blindheit, was bei einem geplanten Mord ja auch nicht zu verachten war. „Kommt mit!“ verlangte der Fürst der Finsternis, woraufhin sie ihm folgten. „Wohin gehen wir?“ wollte Charlotte wissen. „In den Kativan. Wir haben dort gleich eine Audienz beim Papst“, verkündete Satan. Da flippte Bert völlig aus. „Du Schweinehund! Ich weiß genau was Du vorhast! Von wegen Teufelsanbeter! Du bist doch auch so einer von diesen Faschistenchristen! Ihr wollt mich brechen, aber das wird Euch nicht gelingen“, schwor der Pfarrer. „Wow, was bist denn Du für ein emotionaler Mann! Faszinierend“, bekannte Charlotte und streichelte ihn, um ihn zu beruhigen. „Vertraut mir. Das hat alles seinen Sinn“, versicherte Mephistopheles, der über die Reaktion der Psychologin froh war, da Bert ansonsten wohl völlig ausgerastet wäre. Wenige Minuten später standen alle Fünf vor dem Papst. „Oh, Sie sprechen Deutsch. Das freut mich. Ich finde es schön, wenn Landsleute mich besuchen“, gestand Papst Sehnezickt II. „Ob Sehnezickt wohl auch gerne fickt?“ flüsterte Thea Marc zu, woraufhin er ihr grinsend einen Klaps auf den Po gab. „Schön, Sie endlich kennenzulernen“, meinte Charlotte unverbindlich. Auf einmal ergriff der Teufel das Wort: „Lieber Papst, wir haben eine Bitte an Sie: Wir möchten gerne in die andere Welt und hoffen auf Ihre Hilfe.“ „Tut mir leid, ich verstehe nicht ganz“, gab Sehnezickt II. zu. „Reden wir nicht lange drum rum. Ich weiß, daß Sie uns helfen können, diese Welt der Ideen und Gedanken zu verlassen und darum bitten wir Sie.“ Die vier Romanfiguren schauten sich verwundert an. Was redete jener Typ eigentlich für einen hirnlosen Mist? „Aber warum sollte ich Sie umbringen lassen?“ forschte der Papst verzweifelt. „Davon redet doch niemand. Wir wollen nicht in die Ewigkeit, sondern in die Zwischenwelt, in der das alles hier entsteht. Sie wissen ja wie man dort hinkommt.“ „Nein das weiß ich nicht. Sie verwirren mich. Es gibt nur das Diesseits und das Jenseits. Wir leben im Diesseits und wenn wir sterben, was Gott verhüten möge, aber leider nicht tut, dann kommen wir ins Jenseits.“ Jene Worte des alten Mannes animierten Marc zu folgendem schlüpfrigen Spruch, den er Thea ins Ohr flüsterte: „Also, ich komme lieber im Diesseits.“ Daraufhin bekam sie fast einen Ohrgasmus. „Hören wir doch auf mit der Spielerei. Wir haben keine Zeit zu verlieren“, stellte Beelzebub klar. „Dann möchte ich Sie bitten, diesen Raum zu verlassen“, beendete Sehne das Gespräch. Auf einmal trat Luzifer ganz dicht vor den Papst hin, schaute ihm tief in die Augen und sagte: „Depp, ich bin Dein Vater.“

Auf diese Schweine können Sie bauen - Schäbige Hallen

Für einen Moment herrschte Totenstille. Der Papst bedeutete den vier Anderen, den Raum zu verlassen und wandte sich dann mit Tränen in den Augen an Satan: „Papa, bist Du es wirklich?“ „Ja, ich bin es. Papa Spatzi. Ich habe Dich damals mit Deiner Mutter gezeugt und ich bin stolz auf Dich, mein Sohn“, sprach Luzifer. „Ach, Papa, ich bin so froh, daß Du da bist. Ich habe Dich ja so vermißt.“ „Sehr schön. Paß auf, Deppl, ich habe wenig Zeit, aber Du sollst wissen, worum es geht: Wir sind drauf und dran, in den Himmel zurückzukehren und ein Drittel von der göttlichen Allmächtigkeit zu bekommen. Aber jetzt brauche ich Deine Hilfe, mein Sohn. Ich muß diese vier Romanfiguren in die Welt des Autors schleusen, damit sie ihn umbringen und ich meine Wette gewinne. Und dazu brauchen wir Eure Luxusbeammaschine.“ „Alles klar. Bekomme ich dann auch was von der göttlichen Allmacht ab?“ „Aber selbstverständlich, mein Kleiner. So, und jetzt hilf mir bitte, mit meinen Killern diese Welt zu verlassen.“ „Darf ich mitkommen, Papi?“ „Jetzt noch nicht. Du hast hier noch Einiges zu erledigen. Zeig Deinem Vater, was für ein diabolischer Papst der Sohn des Teufels ist.“ „Au ja, das mach’ ich. Ich bin ja so glücklich. Papa Spatzi ist da und sieht mich auf dem Stuhl des Petrus schwitzen.“ Danach ging alles ganz schnell: Die vier Romanfiguren wurden wieder hereingebeten und stiegen mit Satan in die Luxusbeammaschine. Luzifer gab das Ziel „Realität“ ein, drückte den Startknopf und sie verließen ihre bisherige Welt. Wenig später landeten sie in Gittas Haus. Dort instruierte Beelzebubi seine Mitreisenden: „Also, paßt auf! Es gibt hier einen Mann, der wohnt in dieser Stadt, der für Euer ganzes Elend und Leid verantwortlich ist. Dieser Mann hat dafür gesorgt, daß Du, Bert, so viel Streß mit der Kirche hattest. Außerdem ist er dafür verantwortlich, daß Du, Charlotte, so wenig Männer abbekommen hast und daß Marc jetzt Thea bumst. Marc, aus Dir hat er einen Taugenichts gemacht, der nichts auf die Reihe kriegt und Du, Thea, bist für ihn nur eine menschliche Gummipuppe ohne Gehirn. Leute, dieser Typ haßt Euch und beutet Euch nur aus. Er benutzt Euch und wenn er Euch ausgepreßt hat wie eine Zitrone, wird er Euch wegwerfen. Ihr seid für ihn nur Knetmasse, er erschafft Euch und bringt Euch um. Ihr müßt diesen Mann töten, bevor er Euch tötet“, propagierte der schwarze Mann. „Tolle Rede, Süßer, aber was macht Ihr hier? Da war letztens so ein Typ bei mir, der hat mir erzählt, daß Ihr doch nicht kommt und daß ich den Autor umbringen soll“, berichtete Gitta. „Verdammt! Das war bestimmt Kerosin, nur der ist so durchtrieben. Gut, daß Du nicht auf ihn gehört hast, der arbeitet gegen mich.“ „Moment mal! Wovon redet Ihr? Wer ist der Autor?“ begehrte Bert zu wissen. „Das ist der, der das ganze Stück hier geschrieben hat. Also gut, ich bin zwar der Meister der Lüge, aber meinetwegen könnt Ihr die Wahrheit ruhig erfahren: Ihr seid keine Menschen. Ihr seid nur Romanfiguren, der Autor hat Euch erfunden und ins Leben gerufen, Ihr existiert gar nicht wirklich. Ich weiß, das ist jetzt sehr hart für Euch, aber die Wahrheit tut halt mal weh“, bemerkte der Teufel. Alle Vier schluckten. Mit so etwas hatten sie nie und nimmer gerechnet. Plötzlich rief Marc: „Jetzt wird mir alles klar! Jetzt weiß ich, warum ich immer wieder versage und scheitere. Dieser Autor ist an allem schuld! Kommt, laßt uns ihn töten, bevor er uns krepieren läßt!“ Die Würfel waren gefallen und die Gruppendynamik tat das ihre dazu.

Ding dong, das Schwein ist tot

Nicht schlecht staunte der Autor, als seine Romanfiguren vor ihm standen. Satan schaute sich das Spektakel als unsichtbarer Gast an, genauso wie Kerosin, Dopamin, der Heilige Geist und viele andere Gaffer, die jene absurde Situation miterleben wollten. „Kommen Sie bitte herein! Darf ich Ihnen etwas zu trinken anbieten?“ fragte der Autor in die Runde, doch die ernsten Gesichter der von ihm selbst geschaffenen Kreaturen sprachen für sich. „Wir kommen um uns zu beschweren“, ließen sie gemeinsam verlauten. Danach begann die Fragestunde: „Warum bin ich so doof?“ forschte Thea. „Warum bin ich so ungläubig?“ erkundigte sich Bert. „Warum durchschaue ich alle Anderen, aber mich selbst nicht?“ wunderte sich Charlotte. „Warum fresse ich wie ein Tier?“ hakte Marc nach. Solche und viele weitere Fragen stellten sie ihrem Erschaffer, womit der offensichtlich völlig überfordert war. Eine Weile lang druckste er herum, bis er zum großen Befreiungsschlag ausholte, da er es nicht mehr aushielt. Der Autor erzählte aus seinem Leben, von seinen Problemen und Ängsten, er bat um Verzeihung und Mitgefühl und doch wurde deutlich, daß er nichts von dem bereute, was er getan, geschrieben und angerichtet hatte. „Dein Selbstmitleid kotzt mich an. Was kann ich dafür, daß Du Potenzprobleme und Angst vor dem Tod hast?“ warf Bert wütend in den Raum und die anderen Drei nickten zustimmend. „Aber irgendwie muß ich doch die ganzen Sachen verarbeiten“, verteidigte sich der Autor. Seine Figuren zogen sich daraufhin zur Beratung zurück. Derweil unterhielten sich der Heilige Geist und Luzifer: „Ein jämmerliches Schauspiel. Ich verachte diesen Schmierfinken“, offenbarte sie sich. „Na sowas aber auch. Was ist denn in Dich gefahren?“ staunte Luzi. „Ich habe einem Riesenrindvieh geholfen. Dieser Nichtsnutz von einem Affenarsch kann meinetwegen ruhig draufgehen, um den ist es nicht schade. Ich scheiße auf die göttliche Allmacht, die kannst Du gerne haben, Sati.“ „Du enttäuschst mich. Kampflos wollte ich nicht gewinnen, nachdem ich mich so anstrengen habe müssen.“ „Keine Sorge, Du Bi-, Ba-, Butzemann. Du kannst Deinen Kampf gerne haben!“ rief Kerosin und stürzte sich im Verbund mit Dopamin auf den Teufel. Dabei vergaßen sie jedoch, daß sich das Entscheidende in der sichtbaren Welt ereignete, so daß sie ohnmächtig mit ansehen mußten, wie Marc „Wir haben beschlossen, Dich zu töten, da Du uns unserer Würde beraubt und Dich auf unsere Kosten therapiert hast“ verkündete, woraufhin alle Vier zeitgleich auf den Autor schossen. Sekunden später war er tot und landete im Himmel, da es keine andere Möglichkeit mehr gab. Der Himmel war gerammelt voll, überall sah er weiße und rosa Wolken, er sah heterosexuelle und homosexuelle Engelpärchen, er spürte, daß alles gut war und wußte auch, daß er seinen Teil dazu beigetragen hatte. Kurz nach seinem Tod hatte sich auch Gitta erschossen und so kam es, daß ein glücklicher Teufel mit einem noch glücklicheren Gott schlief. Der Heilige Geist fühlte sich so frei wie nie zuvor, hatte die Ewigkeit verlassen und trieb auf der Erde sein göttliches Unwesen. Ente gut, alles gut? Na, aber sicher doch. Gott war liberal geworden und las ihrem Lover jeden Wunsch von den Augen ab, Jesus war total locker und entspannt und selbst Johannes Paul II. hatte kapiert, daß der Himmel nicht so sein konnte, wie er ihn sich vorgestellt hatte. Hoch lebe die Einsicht!

Bas Duch

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