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|7|I. Definitionen und Begriffsbestimmungen des „Kriminalromans“ 1. Schwierigkeiten der Definition

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„Verbrechen“ als Kriterium?

„Was zum Teufel ist ein Kriminalroman?“ (Schmidt 2009, 27). So beginnt eine über elfhundert Seiten lange Übersicht zum Thema. Es werden dann verschiedene einschlägige Definitionsversuche betrachtet (Wilpert, Alewyn, Bloch, Heißenbüttel, Nusser, Gerber) und allesamt als ungenügend verworfen. Diese Antwort ist wenig ermutigend und spiegelt wider, worüber Kritiker und Literaturwissenschaftler mit schöner Regelmäßigkeit lamentieren: Der Kriminalroman sei ein zu vielfältiges, schillerndes, chamälionartiges Phänomen, ein zu weites Feld, als dass er sich einer Defintion zugänglich erweisen würde, oder kurz und knapp: „Einen konsensfähigen Begriff des Kriminalromans gibt es nicht“ (Wörtche 2007, 343). Ginge man bloß davon aus, in wie vielen Romanen der Weltliteratur Verbrechen der einen oder anderen Art vorkommen, wäre man fast versucht zu fragen: Was zum Teufel ist eigentlich kein Kriminalroman? Das bloße Vorkommen eines Verbrechens (lat. crimen = Anklage, Beschuldigung, auch: Schuld, Verbrechen) reicht offenbar nicht aus, um aus einem Roman einen „Kriminalroman“ zu machen. Wäre das der Fall, dann gehörte fast die ganze epische Weltliteratur zu dieser Untergattung des Romans, von den antiken Abenteuer- und Liebesromanen (für die Entführungen und Raubüberfälle obligatorisch sind) über die im 18. Jahrhundert populären Räuberromane (Rinaldo Rinaldini) bis zu modernen Texten, bei denen kaum jemand auf den Gedanken käme, sie als Kriminalromane zu bezeichnen, wie Thomas Manns Buddenbrooks (wo zahlreiche Fälle von Betrug, Fälschung, Veruntreuung und andere Wirtschaftsverbrechen vorkommen) oder Günter Grass’ Die Blechtrommel, wo die Spannweite der kriminellen Betätigungen von der Brandstiftung bis zum Massenmord reicht. Es ergibt sich also scheinbar „die Schwierigkeit […], daß der Kriminalroman sich überhaupt nicht abgrenzen läßt. Denn welches epische Werk der Weltliteratur bis an die Schwelle der modernen Zeit käme ohne heldische oder schurkische Bluttat aus?“ (Alewyn 1998 [1968], 52).

Intuitives Wissen darüber, was ein Kriminalroman ist

Nun gibt es aber zweifellos ein intuitives oder vorwissenschaftliches Wissen darüber, ob ein Roman als Kriminalroman einzuordnen ist oder nicht. Die meisten Leser und Leserinnen verfügen über „eine vollständige Gattungskompetenz“ (Suerbaum 2009, 438). Zahllose Entscheidungen über den Kauf und die tatsächliche Lektüre von Romanen basieren auf dieser Art von Wissen. Es mag dabei manche Überraschungen geben, aber im Allgemeinen funktioniert diese Art von Einordnung, nicht zuletzt dadurch, dass sich die Vermarktung und der Verkauf dieser Art von Literatur durch Kategorien wie „Spannung“, „Krimi“ oder „Thriller“ an ein Lesepublikum richtet, das weiß, was mit solchen Bezeichnungen gemeint ist. Unterteilungen wie „Historischer Krimi“ oder „Stadt-Krimi“ sowie die Informationen auf Klappentexten |8|und Umschlagseiten dienen der weiteren Orientierung, die nötig ist, weil der Kriminalroman heute eine überaus differenzierte literarische Gattung ist, die sich in zahlreiche Untergattungen aufgespalten hat. Solche an der Werbung und der Animierung zum Kauf orientierten Benennungen und ein solches an der erhofften Unterhaltung interessiertes Wissen haben ihre Berechtigung und ihre Funktion. Ein auf wissenschaftlichen Kriterien aufbauendes Literaturverständnis muss freilich darüber hinausgehen und versuchen, trotz der angesprochenen Schwierigkeiten eine solchen Kriterien angemessene Begrifflichkeit zu entwickeln.

Einführung in den Kriminalroman

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