Читать книгу Wenn die Stille deine Wunden heilt - Thomas Krasicki - Страница 9

Kapitel 2

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An einem sonnigen Vormittag war es soweit. Vollbeladen traten wir die Reise zu unseren Verwandten nach Danzig an. Ich konnte mich nur noch grob an sie erinnern. Meine Eltern dagegen hielten einen regen Kontakt. Sie telefonierten miteinander und schrieben sich Briefe, vor allem an Feiertagen. Darüber hinaus war meine Mutter zwei Jahre zuvor in Danzig zu Besuch gewesen. Sie schwärmte von der Stadt und der Umgebung. Damit machte sie mich natürlich neugierig.

Für mich war es der perfekte Zeitpunkt um hinzufahren. Wo ist es am einfachsten seine Gedanken zu vergessen? Vielleicht dort, wo einem alles fremd und neu vorkommt. Ich hatte dort eine gleichaltrige Cousine. Ich dachte mir, es wäre schön mit ihr um die Häuser zu ziehen, um neue Menschen zu treffen. So etwas sollte mich schon auf andere Gedanken bringen.

Ich war für alles offen, denn ich war es leid zu trauern, so wie ich es über ein Jahr getan hatte und so einen Teil meines Lebens verschwendete. Nein, jetzt hieß es, die Freude im Herzen wieder zu finden und sie nicht mehr zu verlieren. Mit dieser Einstellung trat ich die Reise zur Ostsee an. Bereits zur frühen Morgenstunde starteten wir. Immerhin hatten wir ein ganz schön langes Stück vor uns. Ganze zwölf Stunden dauerte die Fahrt mit dem Auto.

Die Route ging von München über Berlin bis nach Danzig. Da meine Mutter leider nicht so begabt im Straßenkartenlesen ist und Julian noch zu klein für diese Aufgabe war, musste ich während des Fahrens einen guten Orientierungssinn beweisen. Die lange Strecke vom Süden Deutschlands bis hin zum nord-östlichen Teil Deutschlands verlief schnell und simpel. Schließlich musste ich nur auf der A9 fahren, was sich als keine große Herausforderung erwies. In Berlin machten wir eine kurze Pause. Zu diesem Zeitpunkt war ich immerhin schon sechs Stunden am Steuer gesessen. Wir nutzten die Gelegenheit uns dort einige Sehenswürdigkeiten anzuschauen, wie zum Beispiel das Brandenburger Tor. Bis zur Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 verlief dort die Grenze zwischen Ost- und Westberlin.

Da in der Nähe des Brandenburger Tors sich das Reichstagsgebäude befand und jährlich über zwei Millionen Menschen durch seine gläserne Kuppel strömten, beschlossen wir kurzerhand es zu besichtigen. Allerdings blieb uns nicht viel Zeit, denn wir hatten noch eine weite Fahrt vor uns.

Nach etwa zwei Stunden Besichtigung hatten wir einen kleinen Eindruck von der großen Metropole bekommen und machten uns wieder auf den Weg. Es war immerhin noch die Hälfte der Strecke zu fahren. Der erste Teil des Weges verlief wie erwähnt schnell und reibungslos. Doch jetzt kam der schwierigere Teil.

Bereits 50 Kilometer nach der deutsch-polnischen Grenze wurde es unangenehm. Ich hatte gut zwei Drittel des Weges hinter mir. Doch in Polen sind die Autobahnen nicht so gut ausgebaut wie es in Deutschland der Fall ist. Und das ist noch untertrieben ausgedrückt. Auf den Landstraßen war es gefährlich zu überholen, da natürlich auch viel Gegenverkehr herrschte. Somit verbrachte man oft mehrere Minuten hinter einem langsam fahrenden Fahrzeug.

Ich ließ mich dennoch nicht aus der Ruhe bringen und konzentrierte mich auf mein Ziel. Um 0:30 Uhr kamen wir in einem Vorort von Danzig an. Meine Verwandtschaft, bei der wir angekündigt waren, wartete bereits ungeduldig auf uns.

Die letzte Stunde vor Ankunft verbrachte ich damit, die genaue Adresse zu finden. Draußen war es stockfinster. Dadurch wurde es nicht einfacher für mich, das Haus zu finden. Ich fuhr fast im Schritttempo, um nicht die richtige Ausfahrt zu verpassen.

Doch es half nichts. Ich fand das Haus der Verwandten nicht. Es war auch keine Menschenseele weit und breit zu sehen, die uns hätte eventuell den Weg beschreiben können. Nach einer halbstündigen Suche sahen wir eine Person auf der Straße herumschleichen. Es war ein Mann mittleren Alters, der offensichtlich ein bis zwei Bier zu viel getrunken hatte. Um ehrlich zu sein, es waren mindestens fünf Bier zu viel. Dass er sich noch auf den Beinen halten konnte, wunderte mich schon sehr.

Er war wohl schon geübt darin! Im Schritttempo fuhr ich auf ihn zu, ließ meine Fensterscheibe herunter und fragte nach der besagten Adresse. Trotz seines alkoholisierten Zustands, er hatte bestimmt schon über zwei Promille, konnte er uns eine genaue Wegbeschreibung geben. Kaum zu glauben wie gut das Gedächtnis des Betrunken funktionierte!

Ich bedankte mich und fuhr weiter. Ich musste über diesen Mann schmunzeln. Irgendwie seltsam, da fährt man in den Urlaub um Freude zu finden und dann ist es ein Betrunkener, der einen als erstes zum Lachen bringt. Ich fuhr die beschriebene Strecke weiter, bis wir kurz darauf einen Anruf von meinem Onkel erhielten. Dieser beschrieb uns die letzten Meter bis zum Haus. Dann war es auch kein Problem mehr, das Ziel zu finden. Überglücklich kam meine Tante aus dem Haus und umarmte uns alle mit großer Freude. Von meinem Onkel gab es, wie unter Männern üblich, einen festen Händedruck. Meine Cousinen wohnten in der Stadt. Diese sollten wir in den nächsten Tagen besuchen. Doch zunächst hieß es für mich sich auszuruhen. Ich war hundemüde von der langen Fahrt.

Nach einem erholsamen Schlaf begannen am nächsten Tag lange Gespräche über die vergangenen Jahre. Schließlich hatte man einiges nachzuholen. Wie bereits erwähnt, hatten wir unsere Verwandten ziemlich lange nicht gesehen, insbesondere meine Wenigkeit. Dennoch behandelten sie uns nicht wie Fremde. Die Situation kam mir eher so vor, als ob wir einen von vielen jährlichen Familienbesuchen abstatten würden. Meine Tante war die Beste. Jeden Tag kochte sie die feinsten Delikatessen. Sie war wirklich eine Meisterköchin. Es gab nichts, was mir nicht schmeckte.

Aber auch mein Onkel bereitete mir viel Freude. Er hatte eine besonders gelassene Art, die mich immer wieder zum Lachen brachte. Dieses Ehepaar war ungeachtet dessen absolut einzigartig. Sie stritten sich ab und an, aber auf eine so liebevolle Art und Weise, dass die Diskussionen viel mehr ein „Schatz, ich liebe dich“ ausdrückten.

Es war einfach berührend, wie bezaubernd diese zwei Menschen waren. Auch meine Cousinen hatten uns einige Tage später sehr herzlich aufgenommen. Ich konnte mit ihnen offen reden, obwohl ich so lange keinen Kontakt zu den beiden hatte. Meine Eltern hatten zwar einen regelmäßigen Telefon- und Briefkontakt, aber dazu steuerte ich wenig bei. Umso mehr freute es mich, dass wir bereits am zweiten Tag zusammen um die Häuser zogen. Wir gingen Cocktails trinken und besuchten eine angesagte Diskothek in Sopot. Dort waren bekannte Größen, wie der ehemalige Boxweltmeister Dariusz Michalczewski gerngesehene Gäste.

Es war einfach toll. Die Menschen waren freundlich, die Musik war nach meinem Geschmack, und auch sonst fühlte ich mich sehr heimisch. Natürlich hatte ich den Vorteil, dass ich des Polnischen mächtig war. So war ich in der Lage mitzureden.

Die nächsten Tage verbrachten wir damit, einige Ausflüge zu unternehmen. Meine Verwandten wollten uns so viele Dinge zeigen. Sie führten uns durch die drei dicht einander liegenden Städte Danzig, Sopot und Gdynia. Wir schauten uns ein Schloss in der Stadt Malbourg an und besuchten ein Museum, in dem man sehen konnte, wie die Menschen vor einem Jahrhundert noch lebten. Doch der schönste Ausflug, der mir im Gedächtnis blieb, war auf der Halbinsel Hel.

Diese Halbinsel ist eine 34 Kilometer lange Landzunge, die sich in die Ostsee streckt. An manchen Stellen ist sie gerade einmal 200 Meter breit. Sie entstand aus einer Kette von kleinen Inseln, die sich bis zum 18. Jahrhundert hier befanden. Das wirklich Spektakuläre dabei ist, man fährt einige Kilometer auf dieser Landzunge entlang ohne einen Gedanken daran zu verschwenden, dass um einen herum die Ostsee ist.

Doch plötzlich kommen Stellen auf, wo links und rechts nur noch Wasser zu sehen ist. Ich habe mich gefragt, was wohl passieren würde, wenn ein heftiger Sturm ankäme, und große Wellen in diese Richtung tragen würde. Ich habe meinen Onkel darauf angesprochen. Er bestätigte mir, dass es tatsächlich Tage gibt, an denen sich dieses Ereignis tatsächlich abspielt. Doch das kam nur alle paar Jahre vor. Verständlich, dass sich in der unmittelbaren Nähe auch kein Mensch niedergelassen hat.

Nach einer dreiviertelstündigen Fahrt vom Festland kamen wir in Hel an. Zwei Dinge fielen mir hier besonders auf. Zum einen der starke Wind, der mir ständig ins Gesicht blies, zum anderen das klare Wasser. Viele Touristen waren hier unterwegs. Besonders Surfer und Segler fanden an diesem Ort optimale Bedingungen. Mich persönlich erreichte der Seewind nicht nur am Körper, sondern auch im Herzen. Die frische Meeresbrise säuberte meine Gedanken und wehte alles Schlechte aus mir heraus. Wir schlenderten an einigen Ständen vorbei, kauften hier und da kleine Souvenirs und gingen anschließend zum Mittagessen.

Natürlich gab es traditionelle polnische Küche. Ich nahm meine Leibspeise „Ruskie Pierogi“ mit Sahne. Von diesen gefüllten Hefeteigtaschen konnte ich wirklich nicht genug bekommen. Auf dem Weg zum Auto kamen wir an einem weiteren Stand mit Accessoires vorbei. Mir stach sofort eine schlichte Kette mit einer Schildkröte ins Auge.

Es war fast wie Liebe auf den ersten Blick. Auch wenn ich kein Schmuckliebhaber bin, nahm ich die Kette. Meine Tante bestand darauf, die Kette zu bezahlen. Ich wollte eigentlich keine Geschenke mehr von ihr, da sie uns ständig etwas ausgab. Ihr war es dennoch wichtig, dass ich ein Andenken von ihr hatte. Etwas, dass mich sofort an sie erinnern würde. Ich gab ihrer Bitte nach und ließ mich beschenken. Diese Kette sollte mich die nächsten Monate und Jahre begleiten. Tatsächlich dachte ich immer wieder an meine Tante, wenn ich sie trug.

Am Ende der zweiten Woche beschloss ich an einem Abend, spontan das Nachtleben unsicher zu machen. Ab dem Wochenende begann in den drei Städten Gdansk, Gdyna und Sopot ein Festival. Zu meinem Bedauern konnte man nur mit Einladung Diskotheken und Bars besuchen. Somit hatte ich keine Möglichkeit irgendwo hineinzukommen.

Das war wirklich schade, denn ich war voller Feierlaune. Ich musste umdenken. Ohne lange zu überlegen, fuhr ich los, um mich auf dem Land umzuschauen. Nach einiger Zeit erreichte ich eine kleinere Stadt namens Lemborg. Dort steuerte ich eine Tankstelle an.

Mein Tankzeiger zeigte schon fast auf null. Ich tankte und ging hinein, um zu bezahlen. An der Kasse fragte ich die Mitarbeiterin, ob es in der Nähe gute Bars oder Diskotheken gäbe. Sie bejahte meine Frage und verwies mich auf einen Nachtclub, der nicht weit von der Tankstelle entfernt lag. Ich legte mein Geld auf den Tresen, bedankte mich kurz und begab mich sofort auf den Weg. Ich fand das Lokal ohne Mühe.

Es war ein Restaurant mit einer Diskothek im ersten Stock. Diese war allerdings noch geschlossen. Es war ja schließlich erst 20:00 Uhr. Somit entschied ich mich zunächst vom Essen des Hauses zu kosten. Da der Club erst um 21:00 Uhr öffnete, hatte ich genügend Zeit in Ruhe mein Essen zu genießen. Zu meinem Glück ging die Zeit recht schnell vorbei. Um etwa 21:30 Uhr begab ich mich in den ersten Stock.

Bevor ich jedoch in die Diskothek eintreten konnte, wurde ich vor dem Eingang von den Türstehern darauf aufmerksam gemacht, dass ich meine Kappe herunternehmen musste.

Da ich Gel und anderes Haarmittel dabei hatte, war es für mich kein allzu großes Problem. Ich begab mich schnell zum Auto, nahm alles Nötige mit, was ich brauchte und machte mir die Haare auf der Toilette des Restaurants zurecht. Danach begab ich mich frischgestylt wieder zum Eingang.

Diesmal ließen mich die Türsteher ohne zu meckern hinein. Ich ging die Treppen hinauf und schaute mich zunächst einmal um. Es war noch nicht wirklich voll. Da ich keine Menschenseele kannte, begab ich mich zunächst an die Theke und bestellte mir etwas zum Trinken. Ich versuchte, mir etwas Blickkontakt zu verschaffen. Nach einer Stunde sitzen und drei Flaschen Cola begann sich die Tanzfläche allmählich zu füllen.

Auch ich wagte mich auf das Tanzparkett und sprach dabei sogar einige Leute an. Ich erzählte ihnen, ohne schüchtern zu wirken, dass ich in München wohnte und dass ich zu Besuch bei meinen Verwandten war. Keiner war unfreundlich oder schlecht zu mir, nur weil ich kein Einheimischer war. Nein, sie machten sogar Späße darüber, dass einer von drüben, von der anderen Seite der Grenze zu ihnen aufs Land fuhr um Party zu machen.

Der Abend war wirklich amüsant. Das lag durchaus auch an den hübschen Mädels, die darüber hinaus auch noch sehr intelligent und freundlich wirkten. Leider hatte sich für mich nicht die Möglichkeit ergeben, mit jemandem Telefonnummern auszutauschen. Einem Mädchen jedoch habe ich meine Emailadresse gegeben. Später habe ich allerdings bemerkt, dass ich ihr eine falsche Adresse aufgeschrieben hatte. Dumm gelaufen! Trotzdem hatte ich etwas gewonnen. Vielleicht war es keine Telefonnummer oder Emailadresse, aber dafür ein schöner Abend mit einigen freundlichen Menschen.

Die ersten zwei Wochen sind für mich wie im Flug vergangen. Dabei wurde kein Tag vergeudet. Ob es nun Ausflüge, Restaurantbesuche oder das nächtliche Weggehen war, mein Aufenthalt blieb stets kurzweilig.

Mitte der dritten Woche beschloss ich, ein kleines Fotoshooting zu machen.

Ich wollte einige Schwarz-Weiß-Fotos haben, die mich an die schöne Zeit in Danzig erinnern sollten. Schwarz-Weiß wählte ich deshalb, da diese Farben meiner Meinung nach eine besondere optische Wirkung haben. Da ich mich zu dem Zeitpunkt wieder bei meiner Tante und meinem Onkel auf dem Land befand, musste ich in die nächste größere Ortschaft fahren. Ihr ein kleines Dorf hatte nämlich nicht mehr als ein Lebensmittelgeschäft und einen Kiosk zu bieten. Mühelos fand ich einen Ort in dem ich meine Fotos machen konnte.

Auf den ersten Blick glich dieses Fotostudio jedoch einem Büro. Während ich meine Wünsche äußerte, legte sich meine Skepsis schnell. Der Verkäufer erzählte, dass sich das richtige Fotostudio in einem naheliegenden Gebäude befand. Nachdem alle Fragen beantwortet waren und auch ein Preis ausgemacht wurde, begab ich mich mit dem Fotografen in das Fotostudio.

Dieses war tatsächlich nur zwei Gehminuten von dem Fotogeschäft entfernt. Der Fotograf machte zunächst einige Lichtaufnahmen und begann danach mit Probeschüssen. Für mich war es ein völlig neues Gefühl vor der Kamera. Doch nach anfänglicher Zurückhaltung fand ich Gefallen daran. Der Fotograf war sehr hilfsbereit und gab mir zudem noch einige nützliche Tipps. Nach etwa 45 Minuten waren die Aufnahmen im Kasten. Ich hatte nun professionelle Fotos von mir, konnte sie allerdings noch nicht in Händen halten.

Die nächste Stunde verbrachte ich damit, mir die besten Bilder auszusuchen, um sie danach zum Druck freizugeben. Nach zwei weiteren Stunden hatte ich meine Bilder in der Hand.

Sie waren einfach genial. Man hätte denken können, dass ich auf diesen Fotos Werbung für irgendeinen Markenhersteller machen würde. Ich war sehr zufrieden mit dem Ergebnis.

Ich wählte elf Aufnahmen in drei verschiedenen Formaten. Eine von den großen DIN A 4 Aufnahmen schenkte ich meiner Tante und meinem Onkel. Preislich gesehen war das Shooting fast geschenkt. In Deutschland hätte ich bestimmt den doppelten oder dreifachen Preis hingeblättert. Doch in Polen zahlte ich für den Fotografen und den Druck der Fotos einen Schnäppchenpreis. Dieser belief sich auf knapp 200 Zloty, umgerechnet 50 Euro.

Was meine Freude allerdings etwas trübte, war ein Strafzettel, den ich nach dem Fotoshooting an der Fensterscheibe meines Autos bemerkte. Die Strafe betrug etwas mehr als 50 Euro.

Angeblich war ich im Halteverbot gestanden. Meiner Meinung nach war das allerdings sehr fragwürdig, da ich weit und breit kein Schild sah und auch weitere Fahrzeuge dort standen. Der einzige Grund, der aus meiner Sicht vielleicht auf den Strafzettel zurückführen konnte, war, dass ich neben einer Geschäftseinfahrt parkte. Dennoch hatte ich genügend Platz frei gelassen, um das Ein- und Ausfahren nicht zu behindern.

Letztendlich nahm ich es hin und bezahlte die Strafe. Mich störte dabei nur, dass es in den letzten Tagen meines Aufenthalts passieren musste. Durch so eine dumme Geschichte wurde mir die schöne Zeit an der Ostsee ein wenig vermiest, zumal mir das in der Vergangenheit schon zweimal im Urlaub passiert war.

Das erste Mal bekam ich einen Strafzettel, als ich bei meinem besten Kumpel zu Besuch war. Dort hatte mein Parkschein die Zeit um fünf Minuten überschritten. Natürlich war sofort eine Politesse zur Stelle. Was für ein Zufall, von Pech will ich gar nicht reden!

Das andere Mal war ich zu Besuch bei meinen Großeltern. Als ich nach Hause fuhr, wurde ich von der Polizei geblitzt und zur Sofortkasse gebeten. Leider hatte ich damals mein letztes ausländisches Geld an der Tankstelle ausgeben und Euro wollten die Polizisten nicht annehmen. Obwohl ich durchaus bereit war mehr zu zahlen. Es half alles Reden nichts. Ich musste schauen, dass ich morgens um halb acht eine Wechselstube fand. In einem Einkaufszentrum wurde ich schließlich fündig.

Abgesehen von diesem Malheur hatte ich eine wundervolle Zeit bei meinen Verwandten. Zum Abschied bekam ich von meiner Tante noch ein tolles Geschenk. Als ob die vielen Essenseinladungen während des Aufenthalts und die Schildkrötenkette nicht genug gewesen wären. So drückte sie mir noch kurz vor der Abfahrt ein ziemlich teures Parfüm in die Hand. Sie hoffte, dass ich mich über dieses Geschenk freuen würde und diesmal nicht eine so lange Zeit bis zu unserem nächsten Wiedersehen verstreichen würde.

Ich war natürlich überwältigt von diesem Geschenk, wusste gar nicht wie mir geschah und umarmte sie zum Dank. Ich musste während des ganzen Aufenthalts kaum Geld ausgeben. Mir wurde fast alles bezahlt! Das ist eine Gastfreundschaft, die seinesgleichen sucht.

Aber nicht nur die Geschenke zeigten mir, was wir ihnen bedeuteten. Es waren vor allem die vielen Gesten, die ich nicht beschreiben, sondern nur fühlen konnte.

All die schlechten Erinnerungen von zu Hause habe ich hier ausblenden können. Ich wollte mich auch nicht wieder in die traurigen Momente vergangener Tage hineinsteigern. Am letzten Abend, als ich einschlief und träumte, sah ich diese schönen Bilder vor mir.

Es war, als ob sie mir etwas sagen wollten. Und ich verstand sie auch zu deuten. Zu diesem Zeitpunkt fühlte ich mich glücklich.

Doch ich war nur für eine kurze Zeit in der Fremde. Schon bald sollte ich wieder zu Hause sein. Mir war klar, dass ich meine Freude im Herzen zu Hause nur wiederfinden würde, wenn ich verzeihen und nicht mehr den Hass und die Trauer in mir tragen würde. Ich musste versuchen, Dingen wie meiner Ex-Freundin oder dem Fußballspielen nicht mehr nachzuweinen.

Es war an der Zeit, in die Zukunft zu schauen und in der Gegenwart zurechtzukommen. Ich habe lange dazu gebraucht, um das zu verstehen. Doch besser spät als nie! Deshalb bin ich sehr froh darüber, dass ich die Reise zu meinen Verwandten nach Danzig gemacht habe. Diese Menschen haben mir ziemlich viel auf den Weg mitgegeben. Dinge, die man nicht für Geld bekommen kann, die unbezahlbar sind. Ich weiß schon jetzt, dass ich meine Verwandten bald wieder besuchen werde, denn hier habe ich mich sehr wohl gefühlt.

Wenn die Stille deine Wunden heilt

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