Читать книгу Verstehe das Gesetz der Anziehung - Thomas Neumann - Страница 4
ANEKDOTE NUMMER 1
ОглавлениеMeine Tante G. und mein Onkel J. lernten sich in den 1970ern kennen, als beide 17 Jahre alt waren. Wie es damals so üblich war gingen sie eine Weile miteinander aus, und als meine Tante schwanger wurde heirateten sie und zogen in eine kleine Wohnung. Er arbeitete auf einer Zeche, währen sie zuhause blieb und die kleine Tochter umsorgte. Sie führten eine Ehe wie Millionen anderer Paare in dieser Zeit. Einige Zeit später bekamen sie ein zweites Kind, und das Leben ging weiter seinen gewohnten Gang.
Doch sie beide waren nicht glücklich. Und als mein Onkel entlassen wurde begann der wirkliche Ärger: Das Geld wurde immer knapper, bald konnten sie keine Rechnungen mehr bezahlen, und die beiden stritten sich ununterbrochen. Sie waren gefangen im Hamsterrad aus Geldknappheit, Depressionen, Unglück und Verzweiflung, und sie schafften es einfach nicht, dieses Rad zu verlassen, egal, wie sehr sie sich abstrampelten. So verbrachten sie fast 25 Jahre, und sie hatten sich beide damit abgefunden, dass das Leben einfach nichts mehr für sie bereit hielt außer dem immer gleichen Ärger.
Eines Tages, nach einer Nacht voller Streit und Tränen, erwachte meine Tante und entschloss sich dazu, so nicht mehr weiterleben zu wollen. Sie wollte nicht mehr jeden Tag traurig sein, nicht mehr jeden Tag streiten und jeden Abend weinen. Also setzte sie sich an einen Tisch und fing an aufzuschreiben, wie sie ihr Leben leben wollte. Meine Tante war eine einfache Frau, und sie wusste nichts vom Gesetz der Anziehung oder der Kraft des Positiven Denkens. Sie wusste einfach nur, dass sie nicht mehr so leben wollte wie bisher. Sie schrieb auf “Reisen - Lachen - Tanzen” weil das Dinge waren, die sie schon so lange nicht mehr getan hatte.
Sie kümmerte sich weiter um die beiden Kinder bis die alt genug waren und ausgezogen waren, und wenn ihr Mann morgens das Haus verließ, um in der Trinkhalle an der Ecke zu sitzen stellte sie sich vor, wie ihr Leben aussehen würde, wenn sie alles bekäme was sie wollte. Sie stellte sich einfach sich selbst vor, wie sie mit einem Mann tanzte, und sie stellte sich vor, wie sie lachte, und sie stellte sich vor, wie sie die Welt bereiste - alles Dinge, die sie mit meinem Onkel nie getan hatte.
Sie fing an, in der Stadt Kataloge von Reisebüros mitzunehmen und schnitt Bilder von fernen Stränden aus. Sie kaufte sich Schallplatten und CDs, hörte sie und tanzte dabei alleine durch die Küche. Und sie fing an, sich mehr um sich selbst zu kümmern.
Sie ging zum Friseur, sie lernte sich zu schminken, kaufte sich heimlich in einem Second-Hand-Laden ein hübsches Kleid, das sie anzog, wenn sie in der Küche tanzte.
Und eines Tages, als sie aus einem Reisebüro kam, einen Stapel Prospekte unter dem Arm und sich schon darauf freute, wieder schöne Bilder auszuschneiden, da stieß sie auf dem Gehsteig mit jemandem zusammen. Die Prospekte fielen auf den Boden und sie war eine Sekunde lang traurig, denn sie ärgerte sich darüber, dass die Bilder jetzt zerknittert sein würden. Aber als sie aufblickte sah sie in das Gesicht eines Mannes, der sie anlächelte, sie am Arm festhielt und sich nach unten beugte, um ihre Kataloge aufzusammeln. Sie unterhielten sich eine Weile, und es dauerte gerade einmal zwei Wochen, da verließ meine Tante meinen Onkel, um mit dem neuen Mann die Welt zu erkunden.
Zwei Jahre lang segelten sie an den Küsten Südamerikas entlang, gingen mal hier an Land und mal dort, je nachdem, wo sie Lust hatten. Als ich meine Tante nach fast drei Jahren wieder sah war sie wie ausgewechselt: Ihre Haut war braun, ihre Haare ausgebleicht durch das viele Salzwasser und die Sonne, und ihr Gesicht war von Falten durchzogen, vor allem um die Augen. Das kam daher, dass sie soviel lachte und ständig die Sonne schien. Nichts erinnerte mehr an die Frau, die 25 Jahre lang unglücklich war. Sie hatte sich so sehr gewünscht, glücklich zu sein, und es war genauso gekommen, wie sie es sich vorgestellt hatte…