Читать книгу Wer anderen eine E-Mail schreibt - Thomas Strässle - Страница 6
ОглавлениеWas wollen Sie eigentlich?
L’idée vient en parlant«: Wer mit einem Problem nicht weiterkommt, soll nicht einsam darüber brüten, sondern dem Nächstbesten davon erzählen – indem er auf gut Glück einen Anfang macht und darauf hofft, dass die Lösung sich einstelle, während die Rede voranschreitet. Das Gegenüber muss weder etwas vom Problem verstehen noch besonders klug sein. Es genügt, dass es durch seine Anwesenheit und Aufmerksamkeit, durch seine Blicke und Regungen den Sprechenden dazu zwingt, seine Gedanken zu entwickeln. So behauptet es Heinrich von Kleist in seinem berühmten Aufsatz Über die allmähliche Verfertigung der Gedanken beim Reden, in Anlehnung an das Bonmot »L’appétit vient en mangeant«.
Eine allmähliche Verfertigung der Gedanken beim Mailen hingegen ist keine gute Idee. Die Mail ist nicht der Ort, um mit seinen Problemen zurechtzukommen und sich einer Lösung anzunähern. Man muss schon im Vornherein genau wissen und sich im Klaren darüber sein, worum es in einer Nachricht gehen soll und worauf sie hinausläuft, will man es dem Empfänger nicht unnötig schwer machen.
Ein guter Betreff ist ein erster Schritt. »Dies und das« oder »Verschiedenes« sind keine guten Betreffzeilen. »Frage« oder »Kleine Bitte« sind schon besser, da sie deutlich machen, worum es im Kern geht. Am besten wird man gleich so konkret wie möglich: »Texte für neue Website« oder »Anfrage Inputreferat strategische Raumplanung am 12. Februar« oder so ähnlich. Dann ist allen Beteiligten – Sender wie Empfänger – von Beginn an klar, was Sache ist. Und idealerweise gilt: neues Thema, neuer Betreff. Betreffzeilen veralten schnell und stiften nur Verwirrung, wenn sie über längere Zeit mitgeschleppt oder nach längerer Zeit plötzlich wieder hervorgeholt werden.
Ist mit einem aussagekräftigen Betreff ein Anfang gemacht, wird sich der Rest leicht fügen: Der Rahmen ist gesetzt, das Feld abgesteckt, man muss es nur noch zielstrebig durchqueren, um zügig ans Ende zu kommen. Umwege braucht es nicht, sie halten bloß auf und lenken ab. Die Mail ist der Ort, wo man umstandslos zur Sache kommen kann.