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Die Hexe

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(Wenn Täter Opfer werden und umgekehrt)

(Ein Märchen-Gedicht)

Das Volk war arm in diesem Land.

Doch der König lebte prächtig.

Mit unbarmherzig starker Hand

herrschte er vom Schloss aus mächtig.

Als einmal er ritt hoch zu Ross,

er traf ein Weib mit grauem Haar -

nicht weit entfernt von seinem Schloss.

„Herr, ich, die Hexe, spreche wahr:

Dein Schicksal wird sich wenden,

dich zum weisen Mensch bekehren.

Gute Mächte Macht Dir senden,

Wirst mit Händen Arbeit lehren.

Bald ein Kind wird Dir geboren.

Dich wird man als König meiden.

Könige vor Deinen Toren.

Du mein - er dein Schicksal leiden.

Wie einst Dein Volk wird wieder reich.

Dich als Mensch Menschen nicht lieben.

Das Volk zahlt Deiner Gabe gleich,

es wird reich, der Jahre sieben.”

„Hexe, ich schenk' Dir mein Glauben.

Nun fort mit Dir, genug an Lohn.

Die gepriesen Güter rauben.

Ich werde reich auf meinem Thron.

Harte Arbeit werd' befehlen.

Lasse das Volk reichlich schlagen.

Mag doch Zorn des Volkes schwelen,

lange wird kein Aufstand wagen.

Wenn mein Leben werd' verlieren,

wird mein Tod dem Volke schmerzen.

Wird nach mir mein Kind regieren -

königlich, wie ich im Herzen.”

Die Hexe zornig, wutentbrannt,

zerkratzte krallend sein Gesicht,

zerriß, zerfetzte sein Gewand

und raubte ihm sein Augenlicht.

Sie führte fort den König weit,

dabei zog sie ihm an sein Haar.

Das Volk wand sich vor Heiterkeit,

ihm ulkig schien das Bettler-Paar.

Nach einer Nacht und einem Tag

ließ sie ihn los, dass er hinfiel.

Ein breiter Bach vor ihnen lag.

„So, König, hier wir sind am Ziel.

Als Fuhrmann kreuze mit dem Floß.

Reisende hinüber fahren,

dies fortan dein Lebens-Los,

welches lange währt an Jahren.

So das Geheimnis wird verhüllt:

Leute, welche mit Dir fahren,

kannst den Fluch nicht offenbaren -

bis Dein Schicksal sich erfüllt.”

Froh, das Volk war ob der Kunde:

Die Prinzessin ward geboren!

Und weil Nachricht tat die Runde,

dass der König weg, verloren.

Die Tochter war des Königs Kind.

Und er wurde alt und weise.

Schon lang tat er die Arbeit blind.

Kam ein Prinz auf seiner Reise.

Des Prinzen Temp'rament war heiß

Laut lachend den Fuhrmann höhnte:

„Du Narr, fahr schneller, alter Greis!”

Als der bei der Arbeit stöhnte.

„Das Reich ist dieses meiner Wahl.

Will verloben mich noch heute,

reicher Prinzessin zum Gemahl.

Werde König ihrer Leute.

Wissen sollst Du, Fuhrmann, auch,

dass die Prinzessin ist ein Kind,

und dass ich Macht und Reichtum brauch'.”

Geschwind ritt fort er, wie der Wind.

„Ich muss ihr helfen, ich muss fort!

Ich bin als König doch verbannt -

wie komm' ich bloß von diesem Ort?

Es ist viel Zeit im Reich verrannt.”

Laut es dröhnte durch die Stille:

„Jetzt Dein Schicksal sei vollbracht!

Dieses sei Dein letzter Wille:

Gestalt der Hexe Dir bedacht!

Als Hexe kannst Du wieder sehen.

Der König soll der Fuhrmann werden.

Sollst zu Deinem Reiche gehen -

dann zur Hölle, fort von Erden.”

Und was geschah, das glich aufs Haar

der Geschicht' er nunmehr kannte,

dass auch die Hexe König war,

die ihn selbst damals verbannte.

Gedichte und eine wahre Geschichte

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