Читать книгу Vampiralarm - Thurid Neumann - Страница 7
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Ausritt in der Dämmerung
„Du lieber Himmel! Ein Vampir!“, rief Sibylle erschrocken, als sie die Haustür öffnete, und schlug sich beide Hände vor den Mund.
„Das ist nur Igor, der Schreckliche“, stellte Lara nüchtern fest und grinste ihre kleine Schwester an. „Er ist ganz harmlos. Vor ihm brauchst du dich nicht zu fürchten.“
„Aha“, sagte Sibylle und grinste nun ebenfalls. Dann drückte sie den kleinen Vampir und Lara an sich.
„Herzlich willkommen in Konstanz, ihr beiden. Und du bist dir sicher, dass der Vampir nicht beißt?“, wandte sie sich flüsternd an Lara.
Lara nickte. „Keine Sorge. Der Vampir hier isst nur Blutbonbons.“
Sibylle stupste Flo auf die Nase. „Blutbonbons. So, so“, wiederholte sie und nickte.
„Wenn ich Süßigkeiten bekomme, beiße ich niemanden. Versprochen!“, quäkte Flo und begann damit, sich die neuen schwarzen Stiefel auszuziehen.
„Schön, dass ihr da seid“, begrüßte Sibylle schmunzelnd auch Laras und Flos Eltern. „Kommt herein. Es ist so kalt hier draußen. Wie ich mich freue, dass es so kurzfristig geklappt hat!“ Dann beugte sie sich zu den Freunden vor. „Ihr glaubt gar nicht, wie groß das Jubelgeschrei war, als Max und Tim gehört haben, dass die Mädchen kommen.“ Sie lachte. „Kommt, ich habe uns Tee im Wintergarten gemacht. Markus müsste auch jeden Moment zu Hause sein.“
Da kamen auch schon Max und Tim die Treppe hinuntergestürmt. „Lara! Flo!“
„Huaaahhh!“, begrüßte sie Flo und bleckte ihre spitzen Zähne. Max und Tim stoppten auf der Stelle und starrten den kleinen Vampir an, aus dessen Mundwinkeln Blut tropfte.
„Echt cool“, staunte Tim. „Wie machst du das?“
Flo kniff ihre Augen zusammen und knurrte: „Wenn ich wieder hungrig bin, werde ich es dir zeigen.“ Tim stolperte zwei Stufen zurück. Doch da zog Flo zwei Bonbons aus ihrer Tasche und hielt sie Tim und Max hin. „Hier, die schmecken echt lecker und die Füllung sieht aus wie Blut. Probiert mal“, meinte sie. Dann gab sie auch Lara eines der Bonbons und kurz darauf sahen alle vier aus wie blutrünstige Vampire.
In dem Moment öffnete sich die Haustür und Markus kam herein. „Aber ... was ist denn mit euch passiert?“, fragte er erschrocken. „Aha, ich sehe schon“, fuhr er nach einer kurzen Schrecksekunde fort, „wir haben Vampirbesuch.“ Dann lachte er. „Hallo Lara, hallo Flo! Schön, euch wiederzusehen.“
„Kerstin und Thomas sind schon im Wintergarten beim Teetrinken“, sagte Max.
„Okay, verstanden. Ich gehe ja schon“, grinste Markus.
Dann setzte sich Max auf eine Treppenstufe und raunte den anderen zu: „Tea-Time. Mensch, ihr könnt euch gar nicht vorstellen, wie froh wir waren, als wir gestern erfahren haben, dass der Ferienenglischkurs mangels Teilnehmerzahl nicht stattfindet und ihr dafür kommt.“
Lara schmunzelte. „So? Ihr habt euch also auf uns gefreut und seid gar nicht traurig, dass ihr jetzt in den Ferien nicht Englisch lernen könnt?“
„Nun ja“, meinte Tim und zuckte die Schultern, während er sich auf die Stufe unter Max setzte, „wenn es sein muss, können wir unsere Freizeit auch mit Reiten und Abenteuern verbringen.“
„Ich glaube, mit Abenteuern wird es dieses Mal nichts“, gab Max zu bedenken.
Lara legte den Kopf schief und trat zum Fenster. „Wer weiß? Vielleicht begegnen wir da draußen ja noch einem echten Vampir?“
Flo machte einen Satz nach hinten und plumpste neben Tim auf die Treppenstufe.
„Hey, sollen wir ausreiten? Es dämmert bald. Das wäre schön gruselig“, schlug Max vor und seine Augen leuchteten vor Aufregung.
„Au ja!“, rief Lara. „Ich wollte sowieso gleich noch nach den Ponys sehen. Wie geht es ihnen denn?“
„Jerry, Louis, Romeo und Sissi geht es bestens“, erklärte Tim. „Ich frag mal kurz unsere Eltern, ob sie etwas gegen einen Ausritt in der Dämmerung einzuwenden haben.“
Eine halbe Stunde später trabten die Kinder auf den Ponys über gelbe Stoppelfelder und ließen sich den frischen Bodenseewind um die Nase wehen. Die bunten Herbstblätter auf den Bäumen erstrahlten im letzten Tageslicht der untergehenden Sonne in leuchtenden Rot- und Gelbtönen und über dem Wasser bildeten sich erste Nebelstreifen. Kurz vor dem Wald parierten die Kinder die Ponys durch und blickten in das schwarze Dickicht, das bereits alles Licht verschluckt hatte.
„Ganz schön unheimlich“, meinte Max. „Ich glaube, wir drehen jetzt besser um.“ Die Sonne blitzte noch einmal über dem Horizont auf, dann war sie hinter den Bäumen verschwunden.
„Zum Glück gibt es Vampire nicht wirklich“, sagte Lara, die merkte, wie stumm Flo auf einmal war.
„Hey, du willst doch nicht etwa sagen, dass unsere Flo hier nicht echt ist?“, versuchte Tim zu witzeln, dem es auf einmal auch nicht mehr so geheuer war, seit die Sonne weg war. Es herrschte eine gespenstische Stille.
„Also, worauf warten wir noch!“, rief Max betont munter, dem die Lautlosigkeit auch etwas zu unheimlich wurde. „Kommt!“ Gemeinsam trabten sie über den Feldweg zurück, dessen helle Steine zum Glück noch im Dunkeln zu sehen waren.
„Mensch, das ging aber fix. Als hätte jemand auf einmal das Licht ausgeknipst“, meinte Tim und sah auf Flos flatternden Vampirumhang, den sie über ihre Jacke gezogen hatte. „Wie eine riesige Fledermaus“, dachte er. Auch der Nebel wurde immer dichter und die Kinder atmeten erleichtert auf, als sie endlich den Hof erreichten.
„Ich wollte an Halloween die weiße Frau aus dem Nebel spielen“, berichtete Lara, als sie die Ponys in den Stall gebracht hatten. Das warme Licht der Lampen und der Duft nach Heu und Stroh hatten etwas Beruhigendes und das mulmige Gefühl, das sie eben noch begleitet hatte, war verschwunden. „Und vorhin hatte ich ständig Angst, die weiße Frau aus dem Nebel könnte tatsächlich plötzlich erscheinen“, räumte Lara ein, nachdem sie sich auf einen Strohballen gesetzt hatte.
„Ich hatte ehrlich gesagt auch etwas Angst“, beichtete Max und klopfte Romeo auf den Hals, der seinen Kopf aus seiner Box steckte, als wolle er sich am Gespräch beteiligen. „Und du Tim? Jetzt mal ganz ehrlich ...“
Tim lehnte sich gegen die Stalltür und lächelte verlegen. „Ich habe die ganze Zeit über gehofft, dass uns kein echter Vampir anfallen wird, weil Flo ja selbst wie einer aussieht. Vampire werden ja wohl keine anderen Vampire anfallen.“ Flo schaute Tim mit großen Augen an. Dann setzte sie sich neben Lara und drückte sich an sie.
„Mensch, kaum zu glauben, was für Angsthasen wir auf einmal sind. Waren wir nicht diejenigen, die das Geheimnis um Schloss Krähenstein gelöst und mit einer Flaschenpost ein Mädchen aus den Fängen von gemeinen Entführern befreit haben?“ Max nahm sich ebenfalls einen Strohballen und schwang sein Bein rittlings darüber, während Tim gegen die Stalltür gelehnt blieb. „Kein Wunder, dass zu dieser Jahreszeit Halloween gefeiert wird“, meinte er.
„Wieso?“, wollte Lara wissen. Sie hatte sich einen Strohhalm genommen und kaute darauf herum.
„Nun, ich habe vor Kurzem mal gelesen, dass das Fest auf die Kelten zurückgeht. Damit haben sie das Ende des Sommers und den Einzug der Tiere in die Ställe gefeiert. Die Kelten glaubten wohl, mit Verkleidungen die bösen Geister vertreiben zu können“, erklärte Max. Er stupste Flo auf die Nase, die sich zu ihm umgedreht hatte.
„Siehst du, Flo, es war also gut, dass du deinen Vampirumhang anhattest.“
Flo nickte.
„Hey, das ist doch überhaupt die Idee!“, rief Tim und Sissi erschien neugierig mit ihrem Kopf neben Tims.
„Was für eine Idee?“, wollte Lara wissen.
„Ihr wolltet doch in Freiburg Halloween feiern. Warum feiern wir nicht hier und vertreiben damit die bösen Geister?“, überlegte Tim. Laras Augen begannen zu blitzen, und sie dachte sofort an ihr weißes Spitzenkleid, das sich ganz unten in ihrem Koffer befand, als hätte sie schon geahnt, dass sie es noch brauchen würde.
„Aber natürlich! Warum bin ich denn nicht selbst auf diese Idee gekommen? Ich hatte mir schon so viel mit Marie ausgedacht. Wir wollten einen großen Kürbisgeist schnitzen, Gespenster- und Fledermausgirlanden basteln und eklige Dinge wie Gummimäuse und Gummiwürmer zum Essen kaufen!“
„Hey, das können wir doch auch alles hier machen! Super! Ich bin dabei!“, jauchzte Max. Doch im nächsten Moment machte er ein nachdenkliches Gesicht.
„Was ist?“, wollte Lara wissen. „Stimmt etwas nicht?“
„Wir können leider nicht auf dem Dachboden feiern. Ein paar Dachziegel müssen ausgetauscht werden, da es nach dem letzten Herbststurm reingeregnet hat. Solange dürfen wir da jetzt nicht hoch.“ Er verzog seinen Mund. „So ein Mist. Dabei wäre es mit all den Spinnweben und dunklen Ecken überall auf dem Dachboden ideal gewesen.“
Lara überlegte. Der Dachboden mit all seinem alten Gerümpel war seit den letzten Sommerferien ihr Geheimversteck. Dort hatten sie die Pläne geschmiedet, wie sie das Geheimnis um Schloss Krähenstein lüften oder das entführte Mädchen befreien könnten.
„Moment mal ...“, warf Lara plötzlich ein und sah sich um. „Dunkle Ecken und Spinnweben? Die gibt es doch auch hier! Wieso feiern wir nicht einfach hier im Stall?“ Ihre Augen blitzten.
„Du bist genial, Lara! Aber natürlich! Wir machen eine Halloweenparty im Stall!“, stimmte Max begeistert zu.
„Flo! Was sagst du dazu? Unsere Halloweenparty findet nun doch statt!“, wandte sich Lara an ihre Schwester. „Wir basteln Gespenster- und Fledermausgirlanden ...“
„... schnitzen Kürbisgeister ...“, fuhr Tim fort.
„... und machen ein superekliges Gruselbuffet“, fügte Max hinzu.
Flos Augen begannen zu strahlen. „Mit grünen Gummiwürmern?“, fragte sie.
Max nickte. „Und mit Schokoladenschaumköpfen?“
„Ja, mit Schokoladenschaumköpfen“, bestätigte Tim.
„Und mit weißen Gummimäusen und roten Vampirbonbons!“, rief Lara, während sie sich schon als Nebelfrau durch den Stall tanzen sah. „Au ja!“, rief Flo und klatschte freudig in die Hände. Dann zählte sie nochmals an ihren Fingern ab, wie lange es bis dahin noch dauern würde.
„Noch sechs Tage!“, rief sie, als sie mit dem Zählen fertig war. „Dann feiern wir Halloween!“
„Hey, Freunde! Das wird die tollste Halloweenparty, die es jemals gegeben hat!“, verkündete Max jauchzend und sprang von seinem Strohballen auf. In dem Moment wieherten Romeo und Jerry und Louis und Sissi stimmten mit ein.
„Ihr dürft natürlich mitfeiern!“, sagte Lara lachend zu den Ponys, die nun alle vier neugierig aus ihren Boxen schauten und mit ihren Köpfen nickten.