Читать книгу Valegazien: Der Brief des Onkels - Tim Steiger - Страница 8
Kapitel 3
ОглавлениеToivo’s müde Beine haben Hironus Kreuzung passiert und stehen nun vor den Toren der berühmt-berüchtigten Hafenstadt Trazhor. Ihr Anblick ist überwältigend! Eine wahrlich florierende Stadt und Angelpunkt des Handels. Wie soll ich denn hier bloss nur Onkel Leevi finden? , denkt sich Toivo.
Toivo begibt sich in das Innere der Stadt. Die Müdigkeit geht ganz vergessen bei all den neuen Eindrücken. Die Strassen sind gefüllt mit Menschenströmen. Es wird laut geredet, gelacht, geflucht und gefeilscht. Vor dieser Reizüberflutung weiss er nicht so recht, wo hinzuschauen. Doch wie von unsichtbarer Hand gelenkt, führt ihn sein Blick auf ein Schild mit der Aufschrift Librarium der Helden Valegazien‘s .
Die Buchhandlung ist gespickt von alten Sagen vergangener Jahrhunderte, wenn nicht sogar von Jahrtausenden, der Geschichte von Valegazien. Toivo durchstöbert neugierig und gebannt die Regale nach wohlklingenden Buchtiteln sowie bekannter Heldennamen. Die Zähmung der Bestie von Nortunda. Die verlorene Tochter der Daeira. Rydaw, der Wellenreiter des Elyrischen Ozeans .
„Suchst du nach was Bestimmtem?“, erkundigt sich der Buchhändler. „Oh“, antwortet Toivo rasch, welcher sich schon gedanklich in die Geschichten hineinbegeben hat. „Schau mich nur mal um“, sagt er weiter. „Du stammst nicht aus der Hafenstadt, richtig?“, errät der Buchhändler. „Das ist richtig“, bestätigt ihm Toivo. „Na dann wirst du wohl bestimmt auf deinem Weg hierhin, Hironus Kreuzung passiert haben“, sagt der Buchhändler selbstsicher. „Ja“, antwortet Toivo knapp. Mit einem kurzen Blick und einem gekonnten Handgriff, zieht der Buchhändler ein dickes Buch aus dem Regal hervor. „ Hironus Heldensaga “, sagt der Buchhändler sichtlich stolz. „Eine wahrlich sagenhafte Geschichte über den Helden Hironus.“ Toivo hatte sich schon immer gewundert, wie der Kreuzung ihren Namen verliehen wurde. Nach einer kurzen Begutachtung des Buches und weitere lobende Worte des Buchhändlers zu den vollbrachten Taten von Hironus, beschliesst Toivo, das Buch zu einem ansprechenden Preis von 10 Dublonen zu kaufen.
Mit dem zusätzlichen, spürbaren Gewicht im Gepäck zieht Toivo los, um eine Taverne aufzusuchen. Dort könnte womöglich jemand seinen Onkel kennen und ihn zu dessen Aufenthaltsort führen. Hauptsächlich drängt ihn aber der Durst zur Taverne, um dort seinen Wasserbeutel aufzufüllen.
Bei der Gastwirtin bestellt sich Toivo eine Erfrischung und eine zusätzliche kleine Mahlzeit für unterwegs. „Kennst du jemanden mit dem Namen Leevi? Er ist mein Onkel und ich suche nach ihm. Weisst du möglicherweise wo in Trazhor sein Haus steht?“, fragt Toivo die Gastwirtin. „Ha, Leevi! Der alte Trinker!“, meint die Gastwirtin. „Du bist also sein Neffe, was?“, fragt die Gastwirtin hämisch lachend. „Ja“, erwidert Toivo. „Könntest du mir sagen, wo ich ihn finde?“. „Soweit ich weiss, treibt sich Leevi häufig am Fischmarkt herum. Vielleicht wohnt er ja auch da“, spottet die Gastwirtin. Toivo bedankt sich bei der Gastwirtin für die Information und ignoriert ihr sichtlich amüsiertes Grinsen.
Auf der Suche nach dem Fischmarkt begleitet ihn eine angenehm kühle Brise. Auf einmal bleibt Toivo stehen. Er blickt voller Hochachtung und Erstaunen auf den gewaltigen offenen Elyrischen Ozean. Gigantische Schiffe fahren im grossen Hafen von Trazhor ein. Nichts im Vergleich zu den paar mickrigen kleinen Booten auf dem Pyhaevesi See. An der Küste in der Nähe des Hafens steht eine wahrlich prächtige Statue von Rydaw. Toivo atmet die frische Meeresluft tief ein und ergötzt sich dem sich bietenden Panoramablick.
„Frischer Fisch! Frischer Fisch! Soeben an Land gezogen! Holt euch jetzt den heiss begehrten, frischen und unvergleichlich köstlichen Fisch!“, ruft es aus der Richtung des Hafens. Ach ja, der Fischmarkt , erinnert sich Toivo, welcher eben noch vor sich hin träumte. Toivo rappelt sich auf und sieht sich auf dem Fischmarkt um. Von rohem Fisch, frischem Fisch, geräuchertem Fisch und eingelegtem Fisch, fehlt es an nichts. Auch etliche Meeresfrüchte sowie Krabben sind auf den Verkaufsständen in Genüge vorzufinden. Nur von Onkel Leevi fehlt jede Spur.
Wie soll ich den auch bei all den Leuten, meinen Onkel ausfindig machen? , sorgt sich Toivo. Wie von einem Geistesblitz getroffen, erinnert er sich, dass ihn sein Vater Taavi von einem Schild mit einer grossen Muschel erzählt hat. Das Familienwappen seiner Tante Apoya. Apoya ist in der Hafenstadt aufgewachsen und ihre Familie war bekannt für den Handel mit Perlen. Toivo blickt auf und betrachtet die umliegenden Häuser in der Nähe. Tatsächlich! Toivo erspäht bei einem der Häuser ein Schild in Form einer Raute mit der erlösenden Abbildung einer grossen Muschel. Das Haus seines Onkels.
Toivo klopft an die Türe. Ein älterer Mann öffnet ihm die Tür. „Ja?“. „Leevi!“, sagt Toivo freudig. „Ich bin es. Dein Neffe Toivo. Vater schickt mich aufgrund deines Briefes.“ „Ah, Toivo!“, erinnert sich sein Onkel Leevi. „Wie schön, dass du da bist! Entschuldige, dass ich dich nicht gleich erkannt habe. Ist schon zu lange her, dass ich dich gesehen habe. Bei Daeira, bist du gewachsen!“. Leevi drückt Toivo herzlich an seine Brust und lässt ihn eintreten.
„Setz dich, setz dich“, bietet Leevi gastfreundlich an. „Du musst ja eine lange Reise hinter dir haben! Wirst bestimmt etwas müde sein.“ „Ja, das bin ich“, bestätigt Toivo sichtlich erschöpft. „Trazhor ist ja so beeindruckend“, strahlt Toivo. „Die Stadt mit dem köstlichsten Fisch in ganz Valegazien“, scherzt Leevi. Sein Onkel betrachtet seine Stirnwunde. „Hast du dir den Kopf gestossen, mein Junge?“, fragt Leevi besorgt. Toivo, welcher den Vorfall mit der Begegnung von Maditha‘s Klauen bereits fast wieder vergessen hatte, antwortet, „Ich bin beim Pflügen der Felder ausgeglitten und mit der Stirn auf einen Stein aufgeprallt. Alles halb so schlimm.“ Um das Thema zu wechseln, erwähnt Toivo nochmals den Brief seines Onkels an seinen Vater Taavi. Den Grund seines Besuches.
„Leevi, dein Brief an meinen Vater.“ „Lass uns geschäftliches morgen bereden, ja?“, unterbricht ihn Leevi. „Ruh dich doch erstmals aus. Kannst gerne das Gästezimmer beziehen. Und morgen bei frischem Kopf und Fisch, unterhalten wir uns über den Brief.“ Toivo nimmt das Angebot seines Onkels dankend an und fällt wie ein Stein auf das sehr willkommene, weiche Bett.