Читать книгу Vogelgrippe - Tino Hemmann - Страница 8

4

Оглавление

Kevin ging es schlecht. Er hatte das Gefühl, sich jeden Moment übergeben zu müssen, doch sein Magen war leer. Überall fühlte er Schmerzen, der Körper war innerlich eine einzige große Wunde. Kraftlos kroch der Junge über den Lehmboden. Er fühlte die Nacktheit, die Hilflosigkeit und die Kälte.

»Kann mir niemand helfen?«, fragte seine Stimme, die kaum noch menschlich klang. Einen Meter kroch er, dann erfühlten seine Finger etwas Weiches. – Die Decke!

Kevin zog sie zu sich und wickelte sich ein, so gut es ging. Dann kroch er weiter. Ein Knurren war zu hören, als wäre ein Hund in der Nähe. Es dauerte bis Kevin begriff, dass sein eigener Magen die Töne von sich gab.

Mit dem Kopf stieß er gegen einen Balken. Die Hände fühlten in die Dunkelheit, bis sie die Treppe berührten. Ganz langsam kroch Kevin Stufe um Stufe hinauf, bis der Kopf erneut gegen etwas stieß. Er hob einen Arm, schwer atmend, fühlte Bretter über sich, glaubte einen Schimmer von Licht zu erkennen.

Kevins Faust schlug gegen die Bretter. Erst zaghaft, dann immer stärker. Der Junge versuchte zu schreien, doch die Stimme klang heiser und leise.

»Hilfe! Helfen Sie mir!«

Kurz darauf war nur noch das Wimmern zu hören. Kevin steckte ganz und gar in der Decke, heulte und weinte kraftlos.

Ein derbes Knirschen drang an seine Ohren, blendendes Licht traf den Zwölfjährigen. Kevin fühlte einen Stoß, fiel rückwärts die Treppe hinunter und schrie schmerzerfüllt auf.

»Da hast du Brot und Wasser!«, hörte Kevin die Stimme der Alten krächzen. »Such es dir!« Ein Krachen ertönte.

Dunkelheit. Nur der Atem des Kindes war zu hören. Hektisch und schnell. Kevin griff an seinen Arm, auf den er gefallen war, als er im Sturz nach einem Halt suchte.

Brot? Wasser? Der Gefangene fühlte mit der linken Hand den Boden ab, kroch wie wild über den Beton. Endlich fand er einen harten Kanten Brot, nicht sonderlich groß und daneben ein Plastikflasche. Der Junge nahm beides, kroch zu dem Bett, zog sich hinauf und begann an dem Brot zu knabbern. Es schmeckte alt und scheußlich. – Egal! Nur essen! Kevin erfühlte, dass die Flasche einen Schraubverschluss hatte, wahrscheinlich eine große Colaflasche war. Das Wasser roch alt und abgestanden. Außerdem gab es einen bitteren, medizinischen Beigeschmack. Trotzdem trank er hastig und mit großen Zügen. Kevin klaubte die letzten Brotkrümel vom Bett und ließ sie im Mund verschwinden. Er stellte die Flasche ans Kopfende auf den Boden und legte sich hin, immer darauf bedacht, dass nichts von ihm unter der Decke hervorschaute.

Kevin Franke zitterte. Seine Gedanken durchdrangen die Wände. War draußen Tag oder Nacht? Warum hielt man ihn hier gefangen? Suchte jemand nach ihm? Wer war die hässlich dicke Frau? Warum tat ihm alles so weh? Das Gehirn des Jungen arbeitete, ohne Antworten zu erhalten. Immer wieder ließ ihm ein stechender Schmerz im rechten Unterarm die Tränen in die Augen schießen.

Kevin glaubte, die Umrisse der hinaufführenden Treppe in der Dunkelheit zu erkennen.

Wieder wurde ihm schlecht und schwindlig. Schwerfällig waren seine Bewegungen, bis Kevin erneut in eine Ohnmacht fiel.

Kevin und Matti trugen Badehosen. Es war unglaublich schwül.

»Wenn ihr Gewitterwolken seht«, sagte Mattis Mutter, »dann kommt ihr so schnell es nur geht nach Hause!«

»Ja, Mutti«, antwortete Matti.

Und Kevin grinste. »Klar, Frau Semmer. Oder wir verstecken uns unter einer riesengroßen Eiche, damit wir nicht nass werden, wenn wir aus dem Wasser kommen.«

Mattis Mutter zog Kevin zum Spaß am Ohr. »Du bist ein richtiger Frechdachs, Kevin.«

Sie rannten bis zum See, in der Erwartung des kühlen Wassers. Kevin trug den Lederfußball, mit dem sie am Strand Fußball spielen wollten. Auf dem Feldweg, der zu jenem unbekannten Strand führte, an dem selten Fremde zu sehen waren, stand ein Auto.

»Mist, es ist schon jemand hier«, raunte Matti und schlich um den Kombi. »Hoffentlich sind das nicht die blöden Typen aus Stadtklaven. Dann gibt es wieder sinnlos Zoff.«

»Nee, Matti. Die wären nicht mit dem Auto da.«

Die Jungen liefen zum Wasser. Plötzlich erschraken sie. Ein Mann kam ihnen entgegen. Sein bis zum Bauch geöffnetes Hemd war voller Schweiß. Er trug einen Spaten.

»Tach«, sagten die Kinder, weil sich im Dorf schließlich alle grüßten.

Der Mann sprach kein Wort. Er blieb für einen Moment stehen, beobachtete die Kinder und stützte sich auf den Spatenstiel.

Eilig liefen die Jungen an ihm vorbei. Kurz darauf hörten sie den Motor des Autos aufheulen. Umständlich wendete der Kombi auf dem Feldweg und brauste davon, sodass eine große Staubwolke über den See schwebte.

»Was war das denn für ein Typ?«, fragte Matti und tauchte einen Fuß in das klare Wasser. »Man, ist das kalt.«

»Vielleicht ein Angler der Regenwürmer ausgegraben hat?« Kevin warf den Ball ins Wasser.

»Ohne Eimer und ohne Angel?« Matti tippte mit seinem Finger gegen die Stirn. Dann rannte er in den See, dass das Wasser aufspritzte. »Wer zuerst den Ball hat!« Kevin stürzte hinterher.

Vogelgrippe

Подняться наверх