Читать книгу Glücklich der Mensch - Titus Müller - Страница 8

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Das Panzerhemd ließ ihm kaum Luft zum Atmen. Tausende kleiner Eisenringe zogen ihn nach unten wie Bleigewichte. Warum hatte Vater ein Panzerhemd kaufen müssen, das bis zu den Knien herabhing? Hätte es fürs Erste nicht eines der hüftlangen getan? Er machte ein paar Schritte. Versuchte, sich rasch umzuwenden und gegen einen Feind das Schwert zu ziehen. Die Eisenringe klirrten. Seine Bewegung war zäh, als hänge er in klebrigem Honig. Bis sie Jerusalem erreichten, würde er noch viel üben müssen.

Zum Glück konnte ihn hier im Herbergszimmer in Spoleto niemand beobachten. Die anderen Männer, die sich das Kreuz auf den Mantel gezeichnet hatten, waren muskulöser und jahrelang geschult im Umgang mit Rüstung und Schwert, sie taten seit der Jugend nichts anderes, als sich auf solche Feldzüge vorzubereiten. „Immerhin“, hatte Vater gesagt, „sie nehmen dich mit, obwohl du der Sohn eines Tuchhändlers bist. Dir bleiben ja noch etliche Wochen. Wenn du hart arbeitest und dich jeden Tag mit der Waffe übst, wirst du ein fähiger Krieger sein, bevor ihr im Heiligen Land eintrefft. Mach uns Ehre!“

Als Händler, der auf Reisen seine Waren schützen musste, profitierte Franziskus von einer besonderen Erlaubnis des Königs. Er durfte zwar kein Schwert am Gürtel tragen wie die Ritter, aber wenn es am Sattel hing oder im Wagen lag, durfte er ein Schwert besitzen und es auch führen.

Matteo, der sich ebenfalls am Kreuzzug beteiligte, behandelte ihn wie einen seiner adligen Freunde. Im Gegenzug hatte Franziskus versprochen, ihm im Heiligen Land auf dem Schlachtfeld als Waffengefährte zur Seite zu stehen.

Franziskus kniete sich auf den Boden und beugte sich nach vorn. Er streifte das erstickende Panzerhemd ab. Rückwärts kroch er heraus, während Kettenreihe um Kettenreihe klirrend auf den Boden rutschte. Er ließ das Panzerhemd an Ort und Stelle liegen. Mochte der Diener es später wegräumen, wenn er aus der Schankstube zurückgekehrt war.

Als er aufstand, hatte er das Gefühl zu fliegen, so leicht fühlte er sich. Immerhin, er reiste nach Apulien, dort würden sie sich dem Heer des Walter von Brienne anschließen und dann über das Meer fahren und Jerusalem sehen! Wenn er sich nur im Kampf bewährte ... Vielleicht wurde aus seiner Tuchhändlerfamilie doch eines Tages ein Rittergeschlecht? Stattlichen Landbesitz hatten sie bereits, und seine Freunde stammten aus namhaften Familien, sie konnten bei den Fürsten ein gutes Wort für ihn einlegen.

Franziskus legte sich aufs Bett und sah zur Decke. Die Welt steht mir offen, dachte er. Ich stehe vor einem großen Abenteuer und ich werde mir einen schönen Flecken dieser Erde erobern. Er war fünfundzwanzig, genau im richtigen Alter. Noch war er unverheiratet, es gab nichts, das ihn an einen Ort band.

Mit diesen Gedanken schlief er ein.

Im Traum sah er sich einen Weg entlanggehen, mit Bäumen rechts und links in schönstem Grün. Vögel zwitscherten. Zwischen den ausgedörrten Karrenspuren des Weges wuchs ein breiter Streifen fettes Gras mit Butterblumen. Er ging barfuß über das Gras, seine Sohlen spürten die weichen Halme, und die Butterblumen streichelten ihm die Fußknöchel.

Plötzlich sagte eine Stimme: „Wer kann dir mehr geben: der Herr oder der Knecht?“

„Der Herr natürlich“, antwortete er und spazierte weiter.

„Warum verlässt du dann den Herrn und folgst dem Knecht?“

Er blieb stehen. Wem folgte er denn? War Matteo der Knecht? Aber wer war dann der Herr? Und woher rührte diese Stimme? Er wollte sich umdrehen und nach dem Mann sehen, der zu ihm gesprochen hatte, aber eine unbeschreibliche Scheu hielt ihn davon ab. Er fing an zu zittern. „Bist du Gott?“, fragte er leise. „Was soll ich tun?“

„Geh zurück nach Hause“, sagte die Stimme.

Franziskus wachte auf. Es war dunkel in der Kammer. Das Panzerhemd war aufgeräumt und er hörte die regelmäßigen Atemzüge seines Dieners. Ich habe nur geträumt, dachte er. Aber ihm war, als hätte er die Stimme immer noch im Ohr. Der Traum war merkwürdig real gewesen.

Gott hat mit mir gesprochen, dachte er, und sein Herz begann zu rasen. Er hatte das Gefühl, als sei noch jemand im Zimmer, ein Engel vielleicht? Oder Gott höchstpersönlich? „Ich werde gehorchen“, flüsterte er. „Ich gehe zurück nach Hause.“

Glücklich der Mensch

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