Читать книгу Ein Bayerischer Hallodri und seine Affären Bd. 3 - Toni Wilder - Страница 7
Liebe am Bahndamm
ОглавлениеAuch Conny, war eines der Mädchen, mit der ich beim Praktikanten-Treffen Kontakt aufnahm. Der Ort in dem wir gearbeitet haben, lag nahe der Bahnlinie Solothurn – Bern. Im Bahnhofrestaurant haben Gustl und ich ein Bierchen getrunken.
Schon im Vorfeld hab’ ich mir in der Nähe des Bahnhofs ein lauschiges, weiches Plätzchen gesucht. Und dann – so war’s vereinbart, jeden Sonntag abends mit dem 9 Uhr-Zug Richtung Bern, kam die Conny. Eine Stunde lang haben wir zusammen schön relaxt und dann ist sie mit dem 10 Uhr Zug völlig entspannt wieder heimgefahren. Und ich hab’ mich wieder zum Gustl und zum Bier gesetzt.
Bethli, meine Liebe aller Lieben
In diese Zeit fällt auch meine Beziehung zu Bethli. In meinem Leben habe ich eine ganze Reihe von „großen Lieben“ erlebt. Weil ich ein ausgesprochener Ästhet war, war es nach wie vor so, je hübscher die Frau war, desto größer war meine Sympathie zu ihr. Aber gleichzeitig auch meine Angst, etwas falsch zu machen. Das Bethli nimmt bei diesen „großen Lieben“ eine absolute Sonderstellung ein. Sie war sicher das schönste Mädchen, das ich je in meinen Armen halten durfte.
An einem Sonntag im Sommer war im Ort ein riesiges Fest mit großem Umzug und vielen Musikkapellen. Im Mittelpunkt der Veranstaltung stand die Wahl der Miss Emmental. Wer sonst, außer meinem Bethli sollte da gekürt werden? Der Höhepunkt des Abends war die Bekanntgabe der Miss Emmental und ihr Ehrentanz.
Und sie, im langen weißen Kleid mit der Krone auf ihren langen schwarzen Haaren, sie hat mich in der Menge gesucht und gefunden und auf die Tanzfläche gezogen, um mit mir – dem „Lederhosen-Tiroler“ den Kaiserwalzer zu tanzen und mich danach vor tausenden von Leuten auf den Mund zu küssen.
Ich wusste allen Ernstes nicht, was da um mich herum vorging. Sie hat zu mir gestanden. Sie hat mich wirklich gern gehabt. Und sie, das einfache Bauernmädel - so hat es anderntags die „Berner Zeitung“ formuliert, „hat mit ihrem Kuss ein völkerverbindendes Zeichen gesetzt“. Natürlich mit Bild - auf der dritten Seite. Danke, Bethli, an dieser Stelle für deine so wunderbare Liebe!
Am anderen Morgen, als der Bauer von der Käserei heimkam, in der man immer früh und abends die frisch gemolkene Milch ablieferte, hat davon das ganze Dorf gesprochen und mein Chef war unglaublich stolz auf mich. Nicht nur dass die Miss Emmental aus unserem Dorf ist, sondern er erzählte allen Leuten „Mein bayerischer Praktikant ist der Freund von der Miss Emmental.“
Von dem Moment an hatte er ein völlig anderes Verhältnis zu mir. Und wenn morgens das Bethli auf dem Weg zum Futter holen bei uns am Stall vorbeifuhr und angehalten hat, um mir ein Müntschi – einen Guten Morgen-Kuss – zu geben, hat er wohlwollend genickt.
Die Story ist noch nicht ganz zu Ende.
Ich hatte im Sommer 1950 mehrere Bayrische Praktikantentreffen – teilweise auch mit dem Schweizer Bauernverband gemeinsam organisiert. Ein kleines Treffen mit nur 25 Leuten – alle in bayrischer Tracht - führte mich auf den Bürgenstock ob dem Vierwaldstätter See, wo der deutsche Bundeskanzler Dr. Adenauer mit seiner Tochter urlaubte. Nach schwierigen Verhandlungen mit seinem Bonner Kanzleramt hat er uns empfangen. Zu diesem Besuch habe ich mein Bethli in Emmentaler Tracht mitgenommen. Als ich ihn dann begrüßt und – natürlich in Lederhose - unsere Praktikanten vorgestellt habe, hat er sofort gefragt, wer denn das Schweizer „Meitschi“ ist.
„Die gehört zu mir“
„Na da gratuliere ich Ihnen“ – so der Bundeskanzler. „Wenn das mal was Ernstes wird, dürfen sie mich gerne fragen – ich bin dann gerne Trauzeuge“.
Zurück zum Alltag. Wann immer wir uns getroffen haben, haben wir es genossen uns in die Augen zu schauen und zu küssen. Nicht im Entferntesten wäre mir je der Gedanke gekommen, diese wunderschöne Frau unsittlich zu berühren. Obwohl ich einen diesbezüglichen, praxisnahen Kursus bei Finny am Tegernsee mit bestem Erfolg absolviert habe, habe ich mich nicht getraut beim Bethli diese Erkenntnisse umzusetzen. Viel zu groß war die Furcht, dieses himmlische Wesen zu verlieren. Aber auch Engel haben offensichtlich irgendwann dann doch eine gewisse Erwartungshaltung an ihren Freund. Wir haben die Beziehung nie abgebrochen, sie ist einfach eingeschlafen.
Die mir wertvollste Frau meiner Jugendzeit habe ich verloren, weil ich nicht imstande war Liebe und Sexualität zu einer Einheit zu verknüpfen.