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VORWORT
ОглавлениеAnscheinend ...
Wenn mir jemand vor längerer Zeit innerhalb der Geschichte erzählt hätte, dass ich öffentlich über ein Buch sprechen würde, das ich geschrieben hätte, wäre es mir unwahrscheinlich vorgekommen – und wie etwas, das ich besser vermeiden sollte. Doch kurz nachdem The Open Secret (deutsch: Das offene Geheimnis) veröffentlicht wurde, saß ich in einer Wohnung in einem Londoner Vorort, um mit fünf Menschen, die ich nie zuvor getroffen hatte, über das Buch zu diskutieren. Als das Gespräch begann, tauchte die plötzliche Erkenntnis einer ‚Heimkehr‘ auf. Es schien, als wäre ich in einer Situation gelandet, die eine innere Begeisterung für die Freiheit ausdrückte.
Als Kind hatte ich den Eindruck, dieser Gott, von dem man mir erzählte, könnte kein besonders beeindruckender Gott sein, wenn er nur im Himmel lebte. Sicher müsste er schon in allem sein, dachte ich, auch in mir. Als ich mich später mit dem Christentum und anderen Lehren und Prozessen befasste, fühlte ich mich nie wohl mit dem Glauben, dass ich mich verändern und besser, stiller, offener, fokussierter oder sonst etwas werden müsste. Diese ganze Vorstellung, man müsse sich weiterentwickeln, um einer höheren Ebene würdig zu sein, schien mir am Eigentlichen vorbeizugehen. War irgendetwas falsch an mir, oder gab es eine andere Möglichkeit?
Dass diese Botschaft auf so radikale und kompromisslose Weise erschien, war zunächst überraschend. Doch die Inhalte und die Essenz der Kommunikation wuchsen, und immer tiefere Erkenntnisschichten enthüllten sich. Die meisten Wahrnehmungen, die daraufhin ausgedrückt wurden, wären ursprünglich nicht erwartet worden, aber irgendetwas hatte sich verändert oder aufgelöst, um Raum für diese Dynamik zu schaffen. Was ebenfalls abfiel, war jegliches Gefühl des persönlichen Betroffenseins oder Einflusses. Da gab es weder ein Gefühl des Besitzens noch irgendeinen Wissensschatz, der kultiviert und an ‚jemand anderen‘ weitergegeben werden musste.
Von da an schien ich in einer Art Leere zu den Meetings zu gehen, aus der die Antworten einfach, direkt und spontan auftauchten – ohne Zögern, Berechnung oder Konstruktion. Manchmal schien es keine offensichtliche Antwort auf eine Frage zu geben, doch sobald der Fragende die letzten Worte gesprochen hatte, fand eine Antwort einfach statt.
Es gab dabei allerdings nicht die Vorstellung, es handele sich um eine Art Channeling oder dass die Antworten aus irgendeiner speziellen Quelle stammten. Was dem Ganzen wohl am nächsten kommt, ist die Beschreibung, dass alles aus Leere und Fülle gleichzeitig aufzutauchen schien … ein Paradox!
Die andere Erkenntnis, die auftauchte, war, dass die Reaktionen nicht auf irgendeine Weise direkte Antworten auf eine Frage waren, sondern dass jede Antwort entweder den Mythos der Trennung offenlegte oder auf sein Paradox hinwies. Die Antwort schien aus dem Nichts hervorzugehen und in das Nichts zurückzukehren.
Die Essenz der Kommunikation des offenen Geheimnisses ist dieselbe geblieben. Es gab jedoch einige Wörter oder Ausdrücke, die abgelegt wurden, und die Kommunikation scheint insgesamt tiefer und direkter geworden zu sein.
Weil diese Botschaft nicht aus irgendeiner persönlichen Erfahrung, einem Wissen oder einem Selbst-Bewusstsein hervorgeht, ist sie ohne Ziel oder Motivation, ohne die Absicht, irgendein Bedürfnis zu erfüllen. Das macht ihren Vortrag mühelos ... er ist einfach, was geschieht … anscheinend.
Ein weiterer radikaler Unterschied: Weil nicht vorgegeben wird, es gäbe hier ein separates Individuum, herrscht weder das Bedürfnis noch der Drang, irgendetwas oder irgendjemanden zu verändern. Die Vorstellung, dass der scheinbar Suchende noch stiller, ruhiger, bewusster, offener, ehrlicher, frei von Anhaftungen oder sonst etwas werden müsste, wird als eine weitere Illusion innerhalb der Traumgeschichte des ‚Ich‘ erkannt. Diese Abwesenheit eines persönlichen Plans, einer persönlichen Absicht kann sehr befreiend, aber auch sehr bedrohlich sein. Der scheinbar Fragende könnte alle möglichen Antworten und Richtungen suchen, die er für etwas verwenden könnte, das er als ‚progressive Reise‘ sieht. Jede Antwort, die der Kommunikation des offenen Geheimnisses entspringt, enthüllt einfach nur den Mythos des Suchens, oder versucht zu beschreiben, was nicht gewusst werden kann. So werden die Bedürfnisse des Suchenden ständig ausgehungert, denn die Kommunikation entspricht nicht wirklich der gewünschten ‚Antwort‘ oder Begleitung.
Der Suchende läuft ständig im Kreis herum, und die Botschaft des offenen Geheimnisses kann das immer nur bestätigen und die Art und Weise beleuchten, in der es zu geschehen scheint. In der natürlichen Realität gibt es keinen wirklichen Suchenden, keine wirkliche Antwort und keine wirkliche Zeit. Was jedoch jenseits von Fragen und Antworten scheinbar geschehen kann, ist etwas, das jenseits der Worte liegt. Die gesamte scheinbar kontrahierte Such-Energie scheint sich manchmal zu entwirren, aufzulösen oder zu kollabieren, aber nur scheinbar… und das ist das Paradox. Es gibt keine wirkliche Kontraktion, die sich entwirren oder zusammenbrechen müsste. Es gibt nichts Wirkliches, das geschehen müsste. Es gibt keinen wirklichen Suchenden, keinen wirklichen Pfad, keine wirkliche Befreiung, kein besser oder schlechter, keine höhere Intelligenz, die ein Schicksal webt, und keine wirkliche Wahl auf irgendeiner Ebene. Alles, was zu geschehen scheint, ist nur eine Erscheinung, die formlose Form, das relative Absolute, der non-duale Dualismus. Das Nichts, das nicht zum Alles wird, sondern schon alles ist. Es ist das Wirkliche und Unwirkliche, das, was ist und nicht ist. Und dieses wirkliche und unwirkliche Paradox verwirrt und überfordert das separate Selbst, weil das Selbst nur innerhalb dessen existieren kann, was es als wirklich erlebt.
Weil ich mit dieser Botschaft nichts zu tun habe, kann ich sagen, dass sie eher selten auftaucht und absolut nichts mit einer Form von Kommunikation zu tun hat, die dem Suchenden dabei zu helfen versucht, etwas zu finden, das als Erfüllung bezeichnet wird. Es gibt hier nichts zu kaufen und kein ‚Du‘, das etwas dafür tun oder nicht tun könnte, erleuchtet zu werden. Das wäre eine Vorstellung, die der gesamten Essenz der Kommunikation des offenen Geheimnisses vollkommen widerspricht.
Wenn jemand glaubt, er habe persönliche Erfüllung gefunden, könnte er durchaus versuchen, andere dazu anzuleiten oder zu inspirieren, sie auch zu finden. Daran ist nichts richtig oder falsch … es ist, was scheinbar geschieht. Und es ist auch weder richtig noch falsch, zu beleuchten, was hier als Verstärkung einer Illusion gesehen wird. Das ist ebenfalls, was geschieht … anscheinend! Mit den Augen des offenen Geheimnisses gesehen ist alles Suchen nutzlos, weil es auf einem scheinhaften, aber hypnotischen Traum beruht. Die Beleuchtung dieses dualistischen Traums wird hier als die einzige mitfühlende Handlung betrachtet – während alles, was den Traum unterstützt, als fehlgeleitete Bemühung angesehen wird, die das Gefühl der persönlichen Trennung einfach nur verstärkt.
Der Begriff non-dual wird ständig missbraucht und ist in letzter Zeit zu einem Etikett für vielerlei Lehren oder Praktiken geworden. Wenn ich die Menschen frage, was sie unter einem non-dualen Prozess verstehen, scheinen ihn einige für eine persönliche Praxis zu halten, die zu einer erfüllenderen persönlichen Erfahrung führt. Wie kann das etwas anderes sein als Dualismus, wenn es jemanden gibt, der wählen kann, sich irgendwo anders hinzubewegen? Sind das nicht schon zwei Dinge, die scheinbar geschehen? Das offene Geheimnis entlarvt, was als dualistische Lehre betrachtet wird.
Menschen fragen, ob diese Kommunikation auch anderswo stattfindet, und innerhalb der Geschichte des Suchens tut sie das natürlich und hat es immer getan. Sie erhält sehr wenig Anerkennung, weil sie für den Träumer innerhalb des Traumes nicht akzeptabel ist. In der Kommunikation der meisten großen religiösen Lehren verbirgt sich auch ein Hinweis auf die Essenz dessen, was hier vermittelt wird. Aber es bedroht die üblichen Lehren von einem Weg, einem Prozess oder einer Disziplin, die das Bedürfnis des Suchenden befriedigen, sich anzustrengen, um würdig zu werden.
Es gibt eine einfache und sehr direkte Möglichkeit, den grundlegenden Unterschied zwischen diesen beiden Wahrnehmungen zu erkennen: Die Lehren des Werdens versuchen dem Suchenden zu helfen, das offene Geheimnis tut das nicht.
Ein weiterer Unterschied ist, dass diese Kommunikation niemandem gehört und nicht auf der Basis irgendeines persönlichen Wissens oder Einflusses oder einer persönlichen Energie vermittelt wird. Es gibt nichts, was irgendein Jemand einem anderen Jemand weitergeben könnte, weil niemand da ist.
Es wird manchmal behauptet, die Botschaft des offenen Geheimnisses sei zu kompromisslos. Es ist jedoch unvermeidlich, dass eine Botschaft, welche die Trennung als scheinhaften Traumzustand betrachtet, absolut nichts bieten kann, um diesen Schein zu unterstützen. Es gibt massenweise Botschaften oder Lehren, die den Traum des Suchenden eine Zeitlang befriedigen, aber wie kann es einen Kompromiss mit einer Illusion geben, der nicht eine weitere Illusion wäre?
Claire und ich haben voller Staunen beobachtet, wie sich diese Botschaft entfaltet und einer ständig wachsenden Zuhörerschaft offenbart hat.
Wir beide waren viele Jahre lang befreundet, bevor eine viel tiefere Beziehung zwischen uns begann. Wir führten gemeinsam einen Verlag und später wurde das Buch Das offene Geheimnis geschrieben. Es war in dieser Phase, dass sich jegliches Gefühl eines separaten Selbst von uns beiden abzulösen schien.
Wir mussten den Verlag, den wir leiteten, verkaufen, als das offene Geheimnis all unsere Zeit und Energie zu fordern schien. Seitdem haben wir gemeinsam daran gearbeitet, die Kommunikation dieser Botschaft zu organisieren, und haben zugeschaut, wie sie zu dem heranwuchs, was sie heute ist.
Es gibt so viele Dinge, die ich an Claire liebe, und das scheint vielen anderen Menschen genauso zu gehen. Da ist vor allem eine einladende, sanfte Wärme und eine Offenheit, die jeden einzuhüllen scheint, der ihr begegnet. Außerdem strahlt sie eine starke Integrität aus, die es anderen erlaubt, sehr offen und vertrauensvoll ihr gegenüber zu sein. Sie hat eine natürliche Sensibilität in Bezug auf Dinge, die ihr mitgeteilt werden, und erkennt intuitiv, was wirklich los ist bzw. was überdeckt oder verborgen wird. Sie hat einen herrlichen Sinn für Humor. Ihre entspannte Klarheit und ihre Bereitschaft, alle Menschen in ihrem Umfeld willkommen zu heißen, sind eine große Freude. Wenn ich ihr dabei zuschaue, wie sie sich bei den Meetings – aber auch draußen in der Welt – mit Menschen unterhält, hat sie eine Art, die sofort Freundschaften ermöglicht und dazu einlädt, sich auszutauschen und viel zu lachen. Sie hat viele enge Freunde, die es schätzen, einfach nur mit ihr zusammen zu sein. Da gibt es eine Qualität, die anderen vermittelt, dass sie über alles sprechen können, und dass alles freundlich und wohlwollend aufgenommen wird.
Wir haben mehrere enge Freunde außerhalb dieser Arbeit, doch auch die Kommunikation dieser Botschaft hat zu vielen Freundschaften geführt. Die Unterstützung und Begeisterung für das, was geschieht, sind gewaltig. Die Freude und die Freiheit beim Teilen dieser Botschaft haben uns beide sehr tief berührt und wir staunen immer wieder über die Einfachheit und Direktheit dieser Kommunikation und darüber, wie sie entstanden ist.
Wenn es keine Hierarchie gibt, kein Gefühl, dass irgendjemand etwas Besonderes ist und etwas hat, das die anderen nicht haben, dann führt diese Offenheit zu natürlicher Freiheit und Freude.
All die alten, abgetragenen Ideen, Überzeugungen, Einschränkungen und Ansprüche in Bezug auf persönliche Veränderungen und Verbesserungen brechen in diesem grenzenlosen Loslassen einfach in sich zusammen.
Eine weitere Qualität, die dieser Art zu teilen innewohnt, ist ein organischer Humor, der aus der Erkenntnis erwächst, wie liebenswert und verletzlich das Menschsein ist. Der Mythos der scheinbaren Wichtigkeit ‚meiner Geschichte‘, der Bedeutung von richtig und falsch und der Rechtfertigung moralischer und ethischer Verhaltensweisen löst sich ganz einfach auf.
In der Geschichte dieser Erde gibt es das Gefühl einer energetischen Veränderung, die scheinbar in der Psyche der Menschen geschieht und etwas mit einer Rebellion gegen die alte patriarchalische Ordnung der etablierten Autoritäten zu tun hat.
Es ist offenkundig, dass politische Autoritäten und Diktatoren ihren scheinbaren Einfluss und ihre Kontrolle verlieren. Dasselbe gilt für traditionelle Religionen. Es scheint eine Bereitschaft zu geben, sich über traditionelle Einschränkungen hinwegzusetzen und sich auf etwas einzulassen, das befreiender ist.
In Bezug auf die scheinbare Geschichte der spirituellen Suche scheinen in letzter Zeit auch östliche und westliche Einflüsse zusammenzufließen. Die flüchtige und mystische Energie des Ostens hat sich mit dem bestimmenden, zerebralen und kontrollierenden Einfluss des Westens vermischt. Entsprechend scheint es Zeichen zu geben, dass das Bedürfnis nach einem Guru oder einem speziellen Jemand, der etwas Besonderes besitzt – eine höhere Führung, die auf eine höhere Ebene führt oder so ähnlich – nicht länger besteht. Der Glaube, der Suchende sei unwürdig und müsse offener oder stiller sein, oder sich stärker einem hierarchischen Prozess überantworten, scheint an Faszination zu verlieren.
Interessanterweise führen die neuesten Erkenntnisse in der Neurowissenschaft und der Physik anscheinend zu ähnlichen Schlüssen, wie sie manche Mystiker in scheinbar tausenden von Jahren der Suche gewannen. Diese wissenschaftlichen Erkenntnisse beruhen natürlich auf individuellen Beobachtungen, und somit zwangsläufig auf Geschichten. Doch die von den Wissenschaftlern gesuchte vereinheitlichte Theorie (unified theory) kann anscheinend nur einer vereinheitlichten Wahrnehmung entspringen.
Viele Menschen, die zu den Meetings des offenen Geheimnisses kommen, beschäftigen sich schon lange mit irgendeiner Suche. Wenn sie einer Kommunikation begegnen, die die Bedürfnisse des Suchenden nicht erfüllt und ihm weder einen Weg noch einen Fortschritt bietet, könnte es sein, dass sie zu dem zurückkehren, von dem sie träumen, es wissen, tun und besitzen zu können. Doch es scheint auch eine Resonanz jenseits der Selbst-Suche und eine wachsende Reaktion auf das nicht-zu-kennende, grenzenlose Mysterium des Einfach-nur-Seins zu geben.