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EINFÜHRUNG

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Anscheinend ...

Vor langer Zeit wurde allgemein angenommen, die Erde sei das Zentrum des Universums. Heute wird allgemein angenommen, das Selbst sei das Zentrum des Menschen.

Diese Wahrnehmungen sind Teil der sogenannten Evolution, die in der Geschichte für real gehalten wird. Doch aus dieser Sichtweise heraus werden sie als eine weitere Erscheinung des Nichts wahrgenommen. Das Folgende ist somit einfach nur eine weitere Geschichte, die – wie alle Manifestationen – gleichzeitig real und irreal ist. Es ist allerdings auch eine interessante Metapher, die beleuchtet, auf welche Weise das ‚Ich‘, das ‚Selbst‘ oder das ‚Ego‘ begonnen haben, als unabhängige Wesenheit akzeptiert zu werden, die einen sehr realen Einfluss auf das hat, was allgemein als die ‚reale Weltgeschichte‘ betrachtet wird.

Scheinbar gab es vor langer Zeit keine Menschen auf der Erde. Es gab einfach nur Erde, Felsen und Wasser, die Sonne schien und es regnete. Mit der scheinbaren Evolution des Lebens tauchten Tiere, Fische und Pflanzen auf. Tiere fraßen andere Tiere und Pflanzen. Fische fraßen andere Fische und Pflanzen. Pflanzen wuchsen einfach und wurden gefressen oder starben, und die Erde und die Felsen waren einfach Erde und Felsen.

Die Dinge schienen einfach zu geschehen, ohne speziellen Grund … wer oder was immer ein Gehirn besaß, hatte ein sehr schlichtes, rudimentäres Gehirn … es gab Schmerz und Freude und Antwort und Reaktion.

Es gab kein Gefühl von Dualität, Richtig oder Falsch, Sinn oder Absicht.

Doch in der Geschichte der Erde erschien ein weiteres Tier und entwickelte ein komplexeres und raffinierteres Gehirn. Neue wissenschaftliche Entdeckungen scheinen zu belegen, dass sich das menschliche Gehirn auf eine Art entwickelte, bei der ein Teil von ihm annahm, die Welt außerhalb des Körpers sei eine separate Subjekt-Objekt-Realität. Dementsprechend konstruierte das Gehirn ein Zentrum oder eine selbstbewusste Identität zur zusätzlichen Absicherung seines Überlebens und um auf diese vermutete separate Realität Einfluss zu haben. Das konstruierte Selbst oder ‚Ich‘ existierte und funktionierte nur innerhalb dieser dualistischen Subjekt-Objekt-Realität.

Alles, was von diesem ‚Selbst‘, diesem ‚Ich‘ erlebt wurde – Gedanken, Gefühle, konditionierte Reaktionen und so weiter – wurde scheinbar vom Gehirn produziert und orchestriert, und das machte das hinzugefügte, künstliche Selbst letztlich zu einer Marionette des Gehirns.

Doch in der scheinbaren Geschichte begann das Individuum auch zu glauben, es sei autonom und selbstbestimmt und könne das, was es als sehr reale Geschichte in einer sehr realen Welt wahrnahm, selbst beeinflussen. Die Partnerschaft zwischen Gehirn und Selbst begann diese Welt zu dominieren, oder scheinbar zu dominieren. Doch selbst wenn das nicht so gesehen wurde – das ‚Selbst‘ oder ‚Ich‘ konnte in dieser getrennten Realität anscheinend nie vollständig und anhaltend glücklich sein, wie sehr es sich auch bemühte, seine Geschichte zu verbessern. Ganz gleich, wie viel Wohlstand oder Macht es erwarb, nichts davon schien je genug zu sein.

Der Hunger des getrennten Selbst kann nie gestillt werden, weil es scheint, dass ständig irgendetwas fehlt. Selbst Zufriedenheit oder die Erfüllung eines Wunsches bleiben stets vergängliche Erfahrungen. Es scheint, als sei die evolutionäre Ehe zwischen dem Gehirn und dem Selbst erfolgreich gewesen, weil sie dem Gehirn die Dominanz bescherte. Doch in Bezug auf die Selbsterfüllung war sie ein Fiasko. Die Evolution blickt anscheinend nicht voraus.

Zeitlich gesehen gibt es die Individualität auf der Erde erst kurz, doch ihre Fähigkeit zu erschaffen und zu zerstören ist außerordentlich – in letzter Zeit auch ihre scheinbare Fähigkeit, sich selbst zu zerstören.

Als wir vor einigen Jahren unser Haus kauften, stand im Garten ein alter Pflaumenbaum, der im ersten Jahr, in dem wir dort lebten, erstaunlich viele Früchte trug. Es war schlicht unglaublich, wie er vor herrlichen Pflaumen zu explodieren schien. Dann – nachdem er seine Feier beendet hatte – ging er plötzlich ein. In der Geschichte der Erde haben die letzten 100 Jahre anscheinend eine unglaubliche Vielfalt an Kreativität in den Künsten, der Wissenschaft, der Psychologie und der Technologie hervorgebracht. Außerdem scheint in letzter Zeit ein fieberhaftes Kreisen um das eigene Selbst zu herrschen. Berühmtheit ist alles, und individueller Erfolg oder Versagen stehen im Vordergrund, zusammen mit dem Bedürfnis, auf irgendeine Weise besonders zu sein.

Individuelle Revolten, Wut gegen Autoritäten und die Forderung nach mehr Freiheit breiten sich aus. Was im Nahen Osten und andernorts zu geschehen scheint, drückt sehr gut die Wut und den Groll aus, die anscheinend so machtvoll auftauchen, wenn es dem separaten Individuum trotz seiner gewaltigen und oft extremen Bemühungen nicht zu gelingen scheint, irgendeine Art bleibender Erfüllung zu erlangen.

Das Bedürfnis, ständig mehr Informationen und größeres Wissen anzusammeln, führt zu immer hektischeren Aktivitäten. Die Online-Präsenz auf Facebook, Twitter und anderen Kommunikationsmedien scheint den Menschen eine Art Zugehörigkeit auf Abstand und ohne Intimität zu ermöglichen.

Prozesse wie Selbsterforschung, Meditation und so weiter haben die Suche nach persönlicher Erfüllung scheinbar verstärkt und mehr nach innen gerichtet. Das Auftauchen der Psychologie und die jüngere ‚New Age‘-Bewegung mit ihrem Fokus auf persönlichen Prozessen haben das Bedürfnis des Individuums, Bedeutung und Eigenmacht zu erlangen, noch mehr in den Mittelpunkt gerückt. Und alle diese persönlichen Aktivitäten scheinen immer schneller auf eine Art selbstbezogenen Höhepunkt zuzusteuern.

Doch die Frage, die sich hier stellt, bezieht sich nicht so sehr auf die scheinbare Eigenschaft des Selbst, immer mehr zu wollen und sich möglicherweise selbst zu zerstören, sondern eher auf sein scheinbar grenzenloses Bedürfnis, sich selbst etwas vorzumachen und damit genau das zu vermeiden, nach dem es sich am meisten sehnt.


Diese Freiheit

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