Читать книгу Ein Traumpferd für Petra - Torbjörg Hagström - Страница 6
Ein Traumpferd für Petra?
Оглавление„Ankauf und Verkauf von Pferden“ stand auf einem verwitterten Schild neben einem schmalen Zufahrtsweg. Petras Vater bog mit dem Wagen in die kleine Straße ein.
Der Pferdehändler hatte am Telefon gesagt, daß er einige gute Reitpferde hätte, die nicht zu teuer wären, und Petra hoffte, daß es stimmte.
Herr Granberg parkte sein Auto neben einem Gelände, das vermutlich der Stall war, und Petra und Rosemarie stiegen aus. Jenseits des Stallhofs befand sich eine Koppel, auf der einige Hindernisse aufgebaut waren. Direkt neben dem Zaun saß ein Reiter auf einem großen, braunen Pferd. Er unterhielt sich mit einem hochgewachsenen, mageren Mann. Herr Granberg und die Mädchen gingen auf die beiden zu.
„Sie scheinen zu streiten“, sagte Petra leise.
„… und soll das wirklich der ,tolle Hengst‘ sein, den Sie mir am Telefon versprochen haben? Außerdem sagten Sie doch, es wäre ein Schimmel!“
„Nein, das ist leider ein anderes Pferd“, erwiderte der große Mann, der offenbar der Pferdehändler war. „Vor Ihnen war noch ein anderer Herr hier, der den Schimmel haben wollte, aber Bedenkzeit verlangte. Anfangs schien er nicht übermäßig interessiert zu sein; deshalb dachte ich, ich könnte Ihnen den Hengst verkaufen. Aber dann wollte ihn der Herr doch haben. Tut mir wirklich leid!“
„Es tut Ihnen leid – was nützt mir das schon!“ sagte der Reiter mürrisch und stieg vom Pferd.
Petras Hoffnung sank. Das fing ja nicht gerade gut an! In diesem Augenblick wurde der Pferdehändler auf sie aufmerksam.
„Oh, guten Tag!“ sagte er mit einer Herzlichkeit, die im scharfen Kontrast zu dem Ton stand, den er seinem vorherigen Kunden gegenüber angewandt hatte. Dann begrüßte er der Reihe nach Herrn Granberg, Petra und Rosemarie.
„Und welche von den jungen Damen möchte nun ein Pferd kaufen?“
„Kann mir jemand vielleicht dieses Kamel hier abnehmen?“ fuhr der unzufriedene Kunde dazwischen.
Rosemarie nahm den braunen Hengst am Zügel, und der Mann ging auf seinen Wagen zu. Sogar von hinten wirkte er wütend.
„Die Pferde sind dort im großen Stall“, sagte der Händler und führte Herrn Granberg und die Mädchen zu dem Gebäude, vor dem sie geparkt hatten.
In der Stalltür kam ihnen ein kleiner, stämmiger Pferdeknecht entgegen, der den Hengst entgegennahm.
„Sind die Pferde gesattelt?“ fragte der Händler.
„Ja – bis auf Katinka“, erwiderte der Stallknecht.
„Und warum ist sie noch nicht soweit?“ Die Worte kamen wie ein Peitschenhieb.
Der Stallknecht befeuchtete die Lippen mit der Zungenspitze. „Sollen die Mädels wirklich auf ihr reiten?“
„Ja, natürlich! Das habe ich doch schon gesagt! Also, sattle sie schnell, während wir uns den Wallach ansehen. – Hier haben wir ein ausgesprochen braves und zuverlässiges Pferd“, fuhr der Händler fort und deutete auf die nächste Box zur Linken der Stallgasse.
Petra bemerkte ein braunes Pferd mit einem Sattel auf dem Rücken, das vor sich hindöste. Eine Blesse zog sich wie ein breites, weißes Band von der Stirn bis zum Maul, und die Augen waren schmal und hellbraun. Der Hals war kurz und grob, und das Pferd war ziemlich x-beinig. Aber es schien gutmütig zu sein, und das war schon ein Vorzug. Während Petra und Rosemarie mit dem Wallach Bekanntschaft schlossen, hatte der Stallknecht Katinka gesattelt.
„Eines von meinen polnischen Importen, eine ungewöhnlich edle Stute“, prahlte der Pferdehändler.
Die Mädchen führten die beiden Pferde ins Freie, um einen Proberitt zu machen. Katinka war dunkelbraun und geschmeidig wie eine Katze. Mit zurückgelegten Ohren tänzelte sie hin und her, und der Pferdehändler mußte sie festhalten, damit Petra aufsitzen konnte.
„Du mußt sie am leichten Zügel gehen lassen!“ riet der Händler, ehe er die Stute losließ.
Inzwischen hatte sich auch Rosemarie in den Sattel geschwungen, und Petra beobachtete den Wallach von der Seite. Da entdeckte sie, daß er auch einen Blähhals hatte.
Vorsichtig nahm sie die Zügel auf, und Katinka galoppierte sofort los.
„Nur ruhig, Mädel! Ja, so ist es richtig, im Schritt sollst du gehen! Gut, jetzt darfst du traben.“
Die Stute machte kurze, rasche Schritte. Auf der anderen Seite der Koppel faßte Rosemarie auf dem Wallach Galopp. Katinka sah es – und stürmte ebenfalls wie der Blitz davon.
Petra zog heftig an den Zügeln. Katinka verlagerte ihr Gewicht auf die Hinterbeine und hob die Vorderhufe.
„Na, na, Katinka!“ sagte Petra beruhigend und beugte sich vor, so daß die Stute wieder alle vier Hufe auf den Boden setzen mußte.
Ach, hier ist es wohl auch nicht besser als anderswo, dachte Petra mißmutig. Es gibt eben keine billigen Traumpferde!
Vielleicht sprang die Stute gut. Sie trieb zum Galopp an, doch Katinka trabte noch eine ganze Weile über die Bahn, ehe sie endlich in Galopp fiel. Eine Runde lang gab Petra kräftig Zügel- und Schenkelhilfen, um das Pferd besser unter Kontrolle zu bekommen. Dann hob sie sich in den Steigbügeln und steuerte auf das niedrigste Hindernis zu.
Katinka streckte die Nase in die Luft und brauste wie eine Lokomotive davon. Mit einem langen, flachen Sprung segelte sie über das Hindernis hinweg.
„Na, ganz ruhig, Mädel!“ mahnte Petra, doch Katinka stellte sich taub. Sie vollführte nach dem Absprung ein paar wilde Sätze und raste weiter auf den Zaun zu. Petra schaffte es, sie nach links abschwenken zu lassen, doch mitten in der Bewegung blieb die Stute plötzlich stehen. Im nächsten Augenblick spürte Petra, wie das Pferd unter ihr stieg. Sofort warf sie sich nach vorn und drückte Katinka zu Boden. Doch die Stute hob die Vorderbeine und stellte sich erneut auf die Hinterhufe! Höher und höher stieg sie, bis sie fast kerzengerade dastand.
Petra drückte sich verzweifelt gegen den Widerrist und verlängerte die Zügel. Doch Katinka stand nach wie vor hoch aufgerichtet da. Es war das erstemal, daß Petra an ein Pferd geriet, das sich aufbäumte. Wollte diese verrückte Stute denn nie mehr alle vier Hufe auf die Erde setzen? Wenn sie nun hintenüberfiel?
„Hinunter mit dir, du Ekel! Hinunter!“
Petra fühlte sich völlig hilflos, und die Stute ruderte wild mit den Vorderhufen, um das Gleichgewicht zu halten. Plötzlich schwankte sie, als würde sie gleich umfallen, rettete sich jedoch mit ein paar raschen, unsicheren Seitenschritten.
Dann aber konnte Katinka nicht länger auf zwei Beinen stehen und ging endlich wieder zu Boden. Petra ließ sie sofort traben. Katinka legte die Ohren an, und plötzlich schlug sie wütend aus. Vorsichtig zügelte Petra sie und ließ sie vor ihrem Vater und dem Pferdehändler anhalten.
„Du mußt sofort absitzen, Petra!“ sagte Herr Granberg beherrscht, doch merklich erschüttert. „Dieses Pferd ist ja verrückt!“
„Aber es ist nicht gut für die Stute, wenn man ihr so etwas durchgehen läßt, ohne es noch einmal zu versuchen“, wandte Petra ein.
„Du sollst aber nicht dein Leben riskieren, um anderer Leute Pferde zu erziehen. Komm sofort herunter!“
„Das sah gefährlich aus!“ rief Rosemarie. „Ich dachte schon, Katinka würde umfallen!“
Petra schwang sich aus dem Sattel. Im Grunde war sie erleichtert, daß sie nicht länger auf der Stute zu reiten brauchte.
„Wenn Sie keine besseren Pferde haben, können wir’s dabei belassen“, sagte Herr Granberg schroff zu dem Pferdehändler.
„O doch, ich habe schon ein besseres Pferd, das ich Ihnen vielleicht etwas billiger überlassen könnte als ich ursprünglich dachte“, war die Antwort. „Tut mir leid, daß Katinka sich so schlecht benommen hat. Ich glaubte wirklich, sie hätte sich diese Allüren abgewöhnt.“
Gemeinsam gingen sie zum Stall zurück, und Petra erinnerte sich plötzlich daran, was der Stallknecht vorher gesagt hatte: „Sollen die Mädels wirklich auf Katinka reiten?“ Nun verstand sie die Bemerkung erst richtig. Sie betrachtete den Wallach, den Rosemarie mit sich führte. Ein Pferd, wie sie es sich wünschte, gab es offenbar nicht in der Preislage, die sie sich leisten konnte.
Doch dieser Wallach würde neben Svala und den Pferden der Reitschule einen ausgesprochen traurigen Eindruck machen. Und sie konnte sich vorstellen, was Agneta und Charlotte, die selbst zwei schöne Vollblutstuten hatten, über ihn sagen würden!
Gleich darauf verwarf Petra diesen Gedanken. Das Urteil der beiden spielte ja keine Rolle. Doch sie wollte schon gern ein Pferd haben, auf das sie stolz sein konnte. Dieser Wallach würde ihr schwarzes Pony nie ersetzen können. Gegen Svala war er die reinste Jammergestalt!
Der Stallknecht übernahm Katinka, und Rosemarie führte den Wallach in seine Box zurück, um ihn abzusatteln.
„Hier haben wir das Pferd, von dem ich gerade sprach“, sagte der Händler und führte seine Kunden die Stallgasse entlang.
Petra sah neugierig in die geräumige Box zur Rechten, und ihr Herz machte plötzlich ein paar rasche Schläge. Eine goldglänzende Stute mit einem Schweif wie weiße Seide erwiderte ihren Blick mit großen braunen Augen und gespitzten Ohren. Als der Pferdehändler die Tür öffnete, zog sich die Stute ängstlich in die Ecke zurück. Doch Petra konnte ihre geschmeidigen Bewegungen und die elegante Linie von der Stirn bis zum Schweif bewundern.
„Lassen Sie mich das machen!“ bat sie atemlos und streckte die Hand nach der Trense aus.
Dann ging sie in die Box.