Читать книгу Petra und der Fohlenfrühling - Torbjörg Hagström - Страница 5

Sommerpläne

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„Sturmvogel ist verschwunden!“ sagte Mick und sank auf den freien Platz neben Petra, während der Schulbus wieder losfuhr. Mick war ein Jahr älter als sie, doch da er ein Schuljahr ausgesetzt hatte, besuchten sie jetzt die gleiche Klasse des Gymnasiums. Im vergangenen Herbst hatte Mick ganztags als Pferdepfleger in der Reitschule gearbeitet, doch nach den Weihnachtsferien war er wieder zur Schule gegangen und arbeitete seitdem nur noch nebenbei im Stall.

„Nein! Wieso verschwunden?“ rief Petra entsetzt.

„April, April!“ lachte Mick.

„Mein Gott, hast du mich erschreckt! Spinnst du?“

„Du, der fühlt sich wie ein König, der kleine Kerl! Neugierig ist er auch. Wenn die Leute an der Boxtür stehenbleiben, will er sofort hingehen und sich streicheln lassen. Doch wenn’s jemand ist, den Svala nicht kennt, legt sie die Ohren an und geht dazwischen.“

„Kleine Svala!“ sagte Petra zärtlich. „Sie paßt auf ihr Kind auf.“

Der Bus fuhr an den Straßenrand und blieb wieder stehen. Zwei kleine Jungen und ein dunkelhaariges, älteres Mädchen stiegen ein.

„Hallo, Rose-Marie!“ sagte Petra.

„Guten Morgen“, erwiderte das Mädchen und setzte sich hinter Petra und Mick.

„Hört mal, ich hab’ doch nach Strömsholm geschrieben, damit sie uns die Anmeldeformulare für die Grundkurse im Sommer zuschicken“, sagte Petra. „Heute hab’ ich Antwort bekommen. Die Anmeldefrist ist schon verstrichen. Blöd, hm?“

„Ach, du nimmst uns bloß auf den Arm“, sagte Rose-Marie. „Heute ist doch der erste April!“

„Nein, es stimmt“, erwiderte Petra düster und zog einen Briefumschlag aus der Mappe. „Schau’s dir selbst an, wenn du mir nicht glaubst.“

Rose-Marie las den Brief durch. „Außerdem nehmen sie nur Reiter mit eigenen Pferden, also könnte ich sowieso nicht mitkommen“, sagte sie. „Astrid auch nicht, weil Ponys nicht zugelassen sind.“

„Astrid könnte mit Svala sowieso nicht in irgendein Trainingslager gehen, jetzt, da Svala ihr Fohlen bekommen hat“, meinte Mick. „Außerdem sind die Grundkurse so beliebt, daß nur ungefähr die Hälfte der Bewerber unterkommt. Vielleicht wären wir ohnehin nicht angenommen worden, Petra.“

„Das ist ein schwacher Trost!“

„Aber es gibt ja noch andere Möglichkeiten“, sagte Mick bedeutungsvoll. „Wir sollten uns in der nächsten Zeit mal zusammensetzen und überlegen, was wir statt dessen unternehmen können.“

„Wir könnten uns am Samstag bei mir treffen“, schlug Petra vor. „Dann könnt ihr euch gleich unsere neugeborenen Lämmer ansehen, wenn ihr wollt. Die sind einfach süß!“

Wirklich versammelten sich die Reiterfreunde gleich nach dem Mittagessen um den großen Küchentisch des Granberghofes. Sie waren fünf: Auf der Eckbank saß Mick mit einem dicken Heft in der Hand, neben ihm Rose-Marie, die mit ihren flinken Eichhörnchenaugen neugierig auf das Heft sah. Wie Mick und Petra gehörte sie zu den erfahrensten Reitern des Clubs. Sie ritt oft auf dem Reitschulpferd Ballade. Und obwohl sie kein eigenes Pferd hatte, trainierte sie genauso leidenschaftlich wie die Privatreiter. Sie war vor kurzem sechzehn geworden. Ihr Vetter Arne saß ihr gegenüber. Er war ein blonder Junge mit blaugrauen Augen und hatte die geringste Reiterfahrung von allen, er ritt erst seit knapp einem Jahr.

Astrid saß neben ihm. Ohne sich umzudrehen, ließ sie die Hand sinken und lockte leise: „Komm her, Nalle!“

Die Krallen von Hundepfoten scharrten einen Augenblick auf dem Holzboden zwischen den Flickenteppichen. Dann schob sich eine kalte Nase in Astrids Handfläche. Sie ließ die Finger über den Hundekopf gleiten und begann Nalle hinter den Ohren zu kraulen. Der schwarze Labrador setzte sich, und sein Schwanz klopfte zufrieden auf den Boden.

„Ja“, sagte Petra, „aus Strömsholm wird also leider nichts.“ Sie saß am Tischende. Ihre ungebändigten, blonden Haare standen wirr um den Kopf, ihre graugrünen Augen blitzten.

„Wenn wir alle fünf gemeinsam irgendwohin fahren wollen“, sagte Mick, „dann müßte es ein Ort sein, wo man sein eigenes Pferd nicht mitzubringen braucht.“

„Ja, wir wollen schließlich auch mitfahren“, sagte Astrid.

„Das Reitlager ist jedenfalls am teuersten“, behauptete Mick. „Nicht die Reise,“ Er legte einen Prospekt auf den Tisch. Where to ride stand auf dem Umschlag.

„Was ist denn das?“ fragte Arne.

„Ein Verzeichnis der Reitschulen in England, die von der British Horse Society anerkannt sind“, erklärte Mick. „Mit Adressen, Angaben über die Anzahl der Pferde und der Reitlehrer, die Art des Unterrichts und so weiter.“

„Was sind das für Reitschulen?“ fragte Rose-Marie.

„Alle Sorten, von Anfänger-Reitlagern bis Waterstock.“

„Waterstock?“ Petra starrte ihn verblüfft an. „Dort trainieren doch die großen Reiter vor der Weltmeisterschaft!“

„Dann wird’s ja Zeit, daß wir Waterstock mit unserem Besuch beehren“, sagte Rose-Marie trocken.

„Ja, kann man wohl sagen“, stimmte Mick zu. „Ehrlich gesagt, ich hab’ schon ein paar Möglichkeiten herausgesucht, die für uns passen könnten. Ich habe an vier Veranstalter geschrieben und um nähere Auskunft gebeten.“

„Wir müssen auch herausfinden, was die Reise kostet“, warf Petra ein.

„Falls wir überhaupt nach England fahren“, sagte Mick. „Das war nur so ein Vorschlag von mir.“

„Ich könnte ja mal im Reisebüro fragen, was die Fähren kosten und wann sie fahren“, bot Rose-Marie an.

„England, das wäre schön!“ sagte Petra, die noch nie im Ausland gewesen war. „Aber können wir uns das alle leisten?“

„Ich könnte an den Samstagen und nach der Schule im Laden meiner Eltern arbeiten“, meinte Rose-Marie. „Das mache ich öfter, wenn ich Geld brauche.“

„Wenn es nicht zu teuer wird, kriege ich das Geld sicher von meinen Eltern“, sagte Astrid.

„Ich hab’ ein bißchen was gespart“, erklärte Arne.

„Wenn wir nach England fahren, kann ich meine Eltern davon überzeugen, daß es ein nützlicher Sprachurlaub für mich ist“, sagte Mick. „Dann zahlen sie mir die Reise bestimmt. Mein Vater wollte mich ja schon letztes Jahr in Sprachferien schicken.“

„Ich müßte versuchen, mein Taschengeld für den Herbst im voraus zu kriegen“, überlegte Petra, „denn das, was ich zusammengespart habe, reicht nicht.“

Alle fünf waren sich einig, daß es Spaß machen würde, nach England zu fahren. Sie beschlossen, sich wieder zusammenzusetzen, wenn Mick Antwort auf seine Anfragen erhalten hatte. Dann wandte sich das Gespräch den Serienwettkämpfen im Reitclub zu, an denen alle außer Arne teilnahmen.

„Wollten wir uns nicht die Lämmer ansehen?“ fragte Astrid plötzlich.

Sie gingen in den Flur hinaus. Aus dem oberen Stockwerk hörte man das Brummen des Staubsaugers. Petra wandte sich aus alter Gewohnheit nach Astrid um, als sie auf den Hofplatz traten; doch dann zögerte sie und streichelte statt dessen den Hund. Sonst half sie ihrer blinden Freundin immer, damit sie sich zurechtfand, aber heute wollte sie das lieber Arne überlassen. Ja, sie hatte recht gehabt! Arm in Arm gingen Astrid und Arne mit zur Schafweide.

„Bei Fuß, Nalle!“ befahl Arne, und der schwarze Labrador ging folgsam neben ihm her.

„Ich glaube, es ist besser, wir nehmen Nalle nicht mit auf die Weide“, sagte Petra, ehe sie das Gatter öffnete. „Sonst kriegen die Schafe Angst.“

„Klar“, erwiderte Arne. „Platz, Nalle, bleib schön hier sitzen! Wir kommen gleich wieder.“

Der Hund blieb außerhalb des Zauns zurück, während die fünf jungen Leute auf die kleine Herde mit schwarzen, weißen und grauen Schafen zugingen.

„Komm, Däumling!“ lockte Petra und kauerte sich nieder.

Ein graues Mutterschaf mit dunklem Kopf und dunklen Beinen kam zu ihr, und ein kleines schwarzes Lamm lief auf unsicheren Beinen hinterdrein. Petra hob das Lamm hoch und trug es zu Astrid.

„Das ist unser Jüngstes“, sagte sie. „Es ist gestern geboren worden und ganz schwarz, mit Ausnahme eines weißen Fleckchens auf der Nase.“

Astrid ließ die Hände über das dichte, krause Fell gleiten, über den runden Kopf und die langen, weichen Ohren.

„Es ist schön!“ sagte sie andächtig.

Sie befühlte auch die dünnen Beine und die kleinen, harten Klauen.

„Erinnerst du dich noch an Däumling, die ich vor zwei Jahren mit der Flasche aufgezogen habe?“ fragte Petra. „Das ist ihr Junges.“

Als Petra das Lamm vorsichtig wieder auf den Boden setzte, sah sie zum Schafstall hinüber. „Wir sollten vielleicht mal in den Stall gehen“, schlug sie vor. „Es haben noch nicht alle Schafe geworfen.“

Im Schafstall war es still. Vorerst schien kein neues Lamm unterwegs zu sein. Als Petra und ihre Freunde wieder ins Freie traten und zum Gatter kamen, erhob sich Nalle und wedelte mit dem Schwanz.

„Bleib sitzen!“ ermahnte ihn Arne.

Sein Hund setzte sich wieder und wartete, bis sie alle die Weide verlassen hatten. Kurz darauf kam Frau Olsson, um Astrid abzuholen, und alle fünf zwängten sich ins Auto und fuhren das kurze Stück zur Reitschule mit. Dort kamen ihnen Lena und Hilkka entgegen.

„Da seid ihr ja endlich!“ rief Lena. „Sollen wir Svala jetzt ins Freie bringen?“

Die Ponystute und ihr Fohlen waren frisch gestriegelt. Die Reitschulpferde wurden gerade in den Stall zurückgeführt, und die Reitbahn war leer. Noch vor einer Woche war die Bahn ein hoffnungsloser Matsch aus Eis und Schnee gewesen, doch jetzt war der Boden wieder in besserem Zustand. Der Sand war zwar noch immer schwer und feucht, aber nun war die Bahn wenigstens nicht mehr so glatt.

Heute sollte Sturmvogel zum erstenmal den Stall verlassen. Er war eine Woche alt und wußte noch nichts von der Welt außerhalb seiner vier Boxwände. Lena durfte Svala führen. Das Fohlen folgte seiner Mutter dicht auf den Fersen.

Mick und Petra gingen mit, um aufzupassen, daß Sturmvogel nicht auf Abwege geriet. Sie verschlossen den Eingang zur Reitbahn hinter den beiden Ponys mit Balken. Lena löste das Halfter und ließ Svala frei.

Petra stand neben Astrid und beschrieb ihr, was auf der Reitbahn vorging. Sie berichtete, wie überrascht Sturmvogel wirkte, als Svala sich im Sand wälzte, wie er sich langsam immer weiter von seiner Mutter fortwagte und schließlich das ganze Gelände erforschte.

„Herrje, jetzt düst er aber los!“ sagte Rose-Marie plötzlich.

„Er hat offenbar entdeckt, daß es so etwas wie Galopp gibt“, warf Petra ein. „Er zischt wie eine Rakete quer über die Bahn, macht kehrt und rast zu Svala zurück. Ein richtiger kleiner Blitz! Er ist so schön, daß es fast weh tut, ihn anzusehen.“

Das fand Hilkka auch. Sie verschlang das kleine Pferd förmlich mit den Blicken.

„Glaubst du, daß ich anfangen könnte, Svala wieder zu reiten?“ fragte Astrid nach einer Weile.

„Ja, sicher“, erwiderte Petra. „Meinst du, jetzt sofort? Dann hole ich Sattel und Trense …“

Endlich! Astrid genoß die geschmeidigen, vertrauten Bewegungen ihres Ponys. Es war so ein sicheres, schönes Gefühl, auf Svalas Rücken zu sitzen, verglichen mit der großen, nervösen Saga! Langsam ritten sie am Zaun entlang. Petra stand auf der Reitbahn und gab Anweisungen. Das Fohlen ging mit, als hätte es Angst, seine Mutter könnte plötzlich verschwinden.

„Du kannst auch ein bißchen traben, aber das reicht dann“, meinte Petra. „Svala ist noch ziemlich untrainiert, und wir dürfen das Fohlen nicht überanstrengen.“

Auf einen Schenkeldruck Astrids fiel Svala in Trab. Jetzt war kein Eis mehr auf der Bahn, und kein Schnee dämpfte das Geräusch des Hufschlags. Endlich konnte Astrid mit Hilfe des Hufschlaggeräusches wieder erahnen, wo der Zaun war, und sie war glücklich, daß der Winter vorüber war. Anschließend führte sie ihr Pony selbst in den Stall, und die anderen gaben acht, daß das Fohlen mitkam.

„Ich kann das Gebiß waschen“, bot Hilkka sich an, sobald Astrid die Trense abgenommen hatte.

„Möchtest du auch noch eine Runde auf Saga reiten?“ schlug Mick vor, als Hilkka in Richtung Wasserhahn verschwunden war.

Eine Woche war seit dem ersten Wettkampf vergangen, und Astrid hatte seitdem nicht mehr auf Saga gesessen.

„Es war wirklich nett von dir, daß du mir Saga gegeben hast“, erwiderte Astrid zögernd. „Aber jetzt, wo ich wieder auf Svala reiten kann, möchte ich bei den zwei letzten Teilwettkämpfen lieber mit ihr antreten.“

„Aber du kannst noch nicht richtig mit ihr trainieren“, wandte Mick ein. „Ihre Höchstform wird sie bestimmt nicht erreichen. Sie muß einfach noch geschont werden!“

„Sie braucht nicht hart trainiert zu werden, um durchs leichte C-Programm zu kommen.“

„Vielleicht nicht“, sagte Mick. „Aber willst du’s wirklich nicht noch mal mit Saga versuchen?“

„Nicht, wenn ich statt dessen Svala habe.“

„Du könntest auf beiden reiten“, schlug Petra vor.

„Dann muß ich ja mit beiden trainieren, und das schaffe ich nicht“, wandte Astrid ein.

„Das stimmt allerdings“, gab Petra zu.

„Aber wenn einer von euch mal Zeit hat, wär’s schön, wenn ihr Hilkka helfen würdet, mit Svala ein bißchen im Schritt zu reiten.“

„Das müßte sich machen lassen“, versprach Mick.

Hilkka war gerade mit der Trense zurückgekommen. „Wann?“ fragte sie sofort begeistert.

„Kannst du morgen hier sein, ehe die Reitstunden anfangen?“ fragte Mick.

„Klar, ich komme ganz früh!“ versicherte Hilkka.

Petra ging zu Fuß nach Hause. Es war nicht weit, wenn man die Abkürzung durch den Wald nahm. Noch lagen Schneereste im Schatten zwischen den Bäumen. Graue und braune Winterfarbtöne mischten sich noch immer unter das tiefe Dunkelgrün der Tannen und Fichten, doch der Frühling lag in der Luft.

Petra dachte an die Englandreise. Nur wenige ihrer Freunde waren so selten verreist wie sie. Ihre Eltern waren an den Hof gebunden, weil die Tiere versorgt werden mußten. Petra erinnerte sich nur an eine einzige Reise, die sie zusammen mit ihren Eltern für ein paar Tage unternommen hatte, während die Nachbarn Anna und Petrus sich um die Tiere gekümmert hatten. Trotzdem hatte Petra ihre Freunde nie richtig beneidet. Was bedeuteten schon die Badestrände auf den Kanarischen Inseln im Vergleich zu einem eigenen Pferd? Doch sich in England im Reiten weiterzubilden, das war etwas anderes! Und ihr größter Wunsch war, daß aus dieser Reise wirklich etwas werden würde.

Vielleicht konnte sie an den Samstagen irgendeinen Job finden, um das Geld zusammenzubringen? Dann hatte sie natürlich weniger Zeit, um mit Riegel zu trainieren. Aber nun wurden die Abende wieder länger, also mußte es trotzdem gehen.

Voller Stolz dachte sie an Riegel. Der fast fünfjährige Wallach schien sowohl für die Dressur als auch fürs Springen begabt zu sein, doch er hatte noch viel zu lernen. Im ersten Teilwettbewerb hatten sie einen mittleren Platz belegt, und Petra war fest entschlossen, beim nächstenmal besser abzuschneiden. Sie nahm jetzt bei Karin Unterricht in Dressur und merkte, daß Riegel Fortschritte machte. Manchmal ging er einfach wunderbar, mit schwungvollem Schritt und nachgiebigem Hals, dann wieder spannte er sich einfach nur an und stürmte davon. Wenn sie ihn nur dazu bringen konnte, in gleichbleibend guter Form zu sein, dann würde er ein gutes Turnierpferd werden.

Ein richtiger Freund war er geworden. Riegels Zuneigung war nicht so leicht zu gewinnen, aber Petra ritt ihn seit dem vergangenen Sommer, und sie fand, daß sie einander jetzt vertrauten. Sie liebte den großen, braunen Wallach.

Bald endete der Wald, und der Pfad mündete in einen Traktorweg, der zum Granberghof führte, Petras Zuhause. Sie blieb stehen und spähte zum Schafstall hinüber. Dort stand ihr Vater über etwas gebeugt, das am Boden lag, während die Schafe sich ein wenig abseits hielten. Was war passiert?

Petra verließ den Weg, ging links am Waldrand entlang zur Schafweide und kletterte über den Zaun. Rasch lief sie über die Wiese zu ihrem Vater und sah, wie er sich aufrichtete. Er hielt ein schwarzes Lamm in den Armen. War es krank?

„Papa, was ist denn los?“

Er wandte sich zu Petra um. Die dünnen schwarzen Beinchen des Lamms hingen schlaff herab – zu schlaff. Der kleine, wollige Kopf hing über seinen Arm, die Kehle war blutig und zerfetzt. Auf der Nase war ein winziger, weißer Fleck. Däumlings Lamm war nur zwölf Stunden alt geworden …

„War’s der Fuchs?“ stieß Petra hervor.

Sie stand unbeweglich da und starrte auf das kleine Wesen. Petra hatte schon früher tote Lämmer gesehen, solche, die bei der Geburt gestorben oder zu schwach gewesen waren, um zu leben, doch nie eines, das so schlimm zugerichtet war.

„Nein, der Fuchs war es nicht!“ sagte ihr Vater, und seine grauen Augen waren hart. „Sieh dir die Spuren dort drüben im Schlamm an. So große Pfoten hat ein Fuchs nicht. Das war ein Hund!“

Petra und der Fohlenfrühling

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