Читать книгу Die besten Reiterfreunde - Torbjörg Hagström - Страница 6

Glück für die Pferde

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Riegel klapperte über den sauberen Steinboden in seine Box, wo die Strohhalme unter seinen Hufen raschelten. Petra sattelte ab. Wie groß und kräftig ihr Pferd in dem engen Stall aussah! Im Frühsommer, als sie ihn zum erstenmal gesehen hatte, war ihr Riegel richtig zierlich erschienen. War es das Winterfell, daß der Wallach nun kräftiger wirkte? Er begann wirklich zottig wie ein Bär zu werden; aber Petra fand auch, daß er in die Breite gegangen war. Er war ja erst viereinhalb Jahre alt, so daß er durchaus noch wachsen konnte.

Bald wird Riegel fünf, dachte Petra, während sie seine Hufe auskratzte, und ich schaff’ es noch immer nicht, daß er richtig am Zügel steht. Nicht gerade rühmlich für mich.

Sie rief sich alle Fortschritte ins Gedächtnis, die Riegel bisher gemacht hatte. Er war zutraulicher und folgsamer geworden, und sein früheres Mißtrauen war verschwunden. Beim Aufsitzen machte er keine Schwierigkeiten mehr und ließ sich leicht einfangen, wenn er auf der Koppel war. Auch vollführte er bessere und ruhigere Wendungen auf der Vorderhand als früher. Doch solange sie es nicht schaffte, ihn dazu zu bringen, daß er eine gewisse Schnelligkeit entwickelte, würde er nie ein Dressurpferd werden. Aber wollte sie das überhaupt? Natürlich machte es Spaß, mit ihm zu springen, doch auch Springpferde mußten ja Dressur üben. Was sollte sie nur mit ihrem großen, starken Pferd anfangen? Hatte sie ein Tier gekauft, mit dem sie nicht zurechtkam, das ihre reiterlichen Fähigkeiten überstieg? Tief in Gedanken hängte Petra den Hufkratzer an einen Nagel.

„Wenn du dir bloß ein bißchen Mühe geben würdest, du verzottelter Bär“, murmelte sie zärtlich, als sie sich wieder zu Riegel umwandte.

Der Braune stand unbeweglich in der Box und sah Petra an. Seine Ohren waren gespitzt. Die großen, glänzenden Augen beobachteten sie unablässig. Es war dieser dunkle, ein wenig melancholische Blick, in den sich Petra damals schon verliebt hatte …

„Mein Kleiner, du weißt doch, daß ich’s nicht ernst meine, wenn ich auf dich schimpfe!“ sagte sie weich.

Als sie wieder auf den Hofplatz kam, hörte sie ein Geräusch vom Haus her und sah auf. Das Küchenfenster wurde geöffnet; Schnee fiel vom Fenstersims. Petras Mutter streckte den Kopf heraus. „Astrid ist am Telefon!“ rief sie. „Kannst du mal kommen?“

„Ja, sofort!“

Petra stampfte den Schnee von ihren Stiefeln, ging in den Flur, in dem das Telefon auf einem Schreibtisch unter der Treppe stand, nahm den Hörer und setzte sich auf die unterste Treppenstufe.

„Hallo, Petra“, sagte Astrid. „Du weißt doch, daß ich nach einer Pferdepflegerin für Svala suche, nicht?“

„Ja, ich hab’s gehört.“

„Und für mich ist es nicht so einfach, zu beurteilen, wer gut ist und wer nicht. Glaubst du, daß du mir helfen kannst?“

„Klar kann ich das. Hat sich jemand gemeldet?“

„Ja, ein Mädchen, aber sie hat vergessen, mir zu sagen, wie sie heißt. Sie hat so viel geredet, daß ich auch nicht daran gedacht habe, sie nach ihrem Namen zu fragen, bis sie wieder fort war. Aber sie läßt sicher wieder von sich hören. Ich habe gesagt, daß ich mir die Sache überlegen werde.“

„Du mußt sie eben nächstes Mal nach ihrem Namen fragen. Dann kann ich versuchen herauszufinden, ob sie richtig für Svala ist.“

„Du, das wäre prima. Dann bleibt’s also dabei?“

„Ja. Wiedersehen, Astrid, bis dann!“

„Ich habe mich eine Weile mit Petrus unterhalten“, sagte Mick später, als er mit Petra und ihren Eltern am Küchentisch saß, Kaffee trank und Lucia-Plätzchen aß.

„Was hat er gesagt?“

„Er hat mir erzählt, daß man früher die Pferde am zweiten Weihnachtsfeiertag an einem nach Norden fließenden Wasserlauf tränkte. Man glaubte, daß das den Pferden im kommenden Jahr Glück bringen würde.“

„Ja, früher hat man viel von diesen alten Bräuchen gehalten“, bestätigte Petras Mutter.

„Von diesem Brauch habe ich jedenfalls nie etwas gehört“, fuhr Mick fort. „Meinst du, daß wir so einen Ritt am zweiten Weihnachtsfeiertag mit der Reitschule abhalten könnten? Ob die Mädchen wohl Spaß daran hätten?“

„Klar! Aber haben wir denn einen Bach oder einen Fluß, der nach Norden fließt, an dem wir sie tränken können?“

„Die Mädchen tränken?“ fragte Petras Vater lachend.

„Die Pferde natürlich!“

„Petra, wie wär’s mit dem Bach, der zum Kärrsee fließt? Macht der nicht eine kleine Krümmung nach Norden?“

Petra überlegte. „Das stimmt! Ja, das müßte gehen! Falls der Bach nicht schon zugefroren ist.“

„Das Risiko müssen wir eben eingehen“, meinte Mick.

Ein paar Tage später befestigte er einen Aufruf zum Stefans-Ritt am Schwarzen Brett der Reitschule.

„Eine gute Idee“, hatte Karin gesagt. „Aber du mußt dich selbst darum kümmern, weil ich nicht vor Neujahr zurückkomme.“

Der Stefans-Ritt war rasch ausgebucht. Da Mick gesagt hatte, daß es ein ruhiger Ausritt werden würde, beschloß auch Astrid, mit Svala teilzunehmen.

„Aber anschließend werde ich dich nicht mehr reiten, bis du dein Fohlen bekommen hast“, murmelte sie, während sie in der Box ihres Ponys stand und Svalas Schweif bürstete.

„Hallo“, sagte plötzlich eine Stimme von der Stallgasse her.

„Hallo, wer ist da?“ fragte Astrid.

„Sirkka Hynninen. Hast du schon eine Pflegerin für Svala gefunden?“

„Nein, noch nicht …“

Das war nicht das gleiche Mädchen, das vor kurzem bei ihr angefragt hatte. Plötzlich begriff Astrid, daß sie auf jeden Fall eines der beiden Mädchen enttäuschen mußte, welches sie auch nehmen würde.

„Ich bin fast ein Jahr lang geritten, und ich hab’ kein Pferd zu versorgen. Könnte ich dir mit Svala helfen?“

„Es haben sich schon mehrere erkundigt. Ich muß es mir noch überlegen“, erwiderte Astrid zögernd.

„Ich verstehe. Du, Jeppe hat doch eine blaue Schabracke und einen blauen Stirnriemen“, sagte das Mädchen eifrig. „Vielleicht könnte Svala alles in Rot haben, wenn ich mich um sie kümmern darf?“

„Svalas Farbe ist gelb“, erwiderte Astrid. „Sie hat doch eine gelbe Schabracke!“

„Ja, aber ich könnte eine neue nähen. Für dich spielt das doch keine Rolle!“

Astrid fuhr fort, Svalas Schweif zu bürsten. Es stimmte, daß sie nicht sehen konnte, ob Svalas Sachen gelb oder rot waren, aber es gefiel ihr nicht, daß das finnische Mädchen schon über Svala bestimmen wollte, bevor sie angefangen hatte, im Stall zu arbeiten. Es war wohl schwieriger, als sie geglaubt hatte, eine Pferdepflegerin zu haben. Doch jetzt waren endlich Weihnachtsferien, und vorerst konnte sie selbst jeden Tag bei Svala sein.

Am Tag vor Heiligabend sollte Mick nach Hause fahren. Karin hatte versprochen, ihn zum Bahnhof zu bringen, ehe sie selbst zu ihren Eltern nach Jönköping fuhr.

Petra ging rasch durch den Wald, um Mick noch zu treffen, ehe er abfuhr. In eine ihrer Jackentaschen hatte sie ein Päckchen gezwängt, das Mick von ihr als Geschenk zu Weihnachten bekommen sollte. Jetzt überlegte sie, was sie machen würde, wenn er nichts für sie hatte. Ob er es peinlich finden würde, wenn sie ihm etwas schenkte?

Mick hatte gerade seine Reisetasche auf die Stallgasse gebracht.

„Hallo, Petra!“ sagte er strahlend, als er sie sah.

„Hallo! Ich wollte dir schöne Weihnachten wünschen, ehe du fährst.“

„Danke. Ich wünsche dir auch schöne Weihnachtstage!“ Sie hörten das Geräusch eines Wagens, der auf den Stallhof fuhr. Das mußte Karin sein.

„Du, ich hab’ ein Weihnachtsgeschenk für dich“, sagte Petra. Sie zerrte hastig das Päckchen aus der Tasche und reichte es Mick.

„Vielen Dank! Mein Geschenk für dich ist schon bei deinen Eltern auf dem Hof!“

Mick umarmte sie rasch und drückte sie fest an sich. Dann hängte er seine Reisetasche über die Schulter und ging schnell zur Stalltür, hinaus zum wartenden Wagen.

„Mach’s gut bis zum zweiten Weihnachtsfeiertag!“

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