Читать книгу Eigene Dummheit stoppen - Torsten Adamski - Страница 9

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Wie wir unsere eigene Dummheit stoppen können

Sobald man den Begriff DUMMHEIT verwendet, begibt man sich auf dünnes Eis, weil sich immer noch sehr viele Menschen* (*gemeint ist immer: männlich/weiblich/divers) sofort von oben belehrt, angegriffen oder herabgesetzt fühlen.

Aber ist dies gerechtfertigt?

„Ist es wirklich intelligent, ein Buch so anzufangen? Warum kommt nicht erst einmal ein kluger Witz, über einen Dummen, der seinen Schlüssel nur im Licht der Straßenlaterne sucht?“

Der österreichische Intellektuelle ROBERT MUSIL formulierte 1937 das Paradox, „dass jeder, der über Dummheit spricht, voraussetzt, über den Dingen zu stehen, also klug zu sein, obwohl genau diese Anmaßung als Zeichen für Dummheit gilt.“

Mit anderen Worten: wer über Dummheit spricht, beweist damit seine eigene Dummheit. Dieser weit verbreitete Tabuisierungsversuch, der natürlich auch auf Musil selbst zutreffen würde, beweist jedoch lediglich, dass intellektuelle Bildung sehr nützlich zur Identifikation von Widersprüchen sein kann, aber nicht unbedingt mit praktischer Intelligenz gleichzusetzen ist.

Die Annahme, dass es überhaupt eine OBJEKTIV FESTSTEHENDE DUMMHEIT geben kann, ist meines Erachtens nicht besonders intelligent. Dummheit braucht immer einen Zusammenhang und ein Ziel, um erkennbar zu werden. Sogar SelbstmörderInnen sind nicht logischerweise der Dummheit zu bezichtigen, denn niemand kann wirklich beurteilen, welchen Qualen sie mit der Tat ein Ende gesetzt haben. Möglicherweise haben sie einen FEHLER gemacht, weil sie aufgehört haben zu kämpfen, zu hoffen und den Sinn ihres Lebens wiederzufinden. Zugegeben, einen unwiderruflichen Fehler.

„Hey, was isst du da?“, fragt der eine Pferdezüchter den anderen. „Zauber-Hafer.“ antwortet der andere geheimnisvoll. „Und was kann der?“ „Die Wissenschaft sagt, der macht dich schlau – willst du auch? Nur 2 Goldstücke für eine Handvoll.“ Warum eigentlich nicht, denkt sich der andere, zahlt und beginnt den Hafer zu kauen. Auf einmal dämmert es ihm: „Du dreckiger Betrüger! 2 Goldstücke für ein Händchen voll Hafer!“ „Wieso? Merkst du es nicht?“, entgegnet der andere ruhig, „der Hafer fängt doch schon an zu wirken.“

Aber ist jeder Fehler eine Dummheit? Dazu eine kleine Geschichte:

Einem alten Pferdezüchter lief sein wertvollster Hengst davon, weil sein Sohn das Gatter nicht ordentlich geschlossen hatte. Der Sohn entschuldigte sich für seine Dummheit, doch der Vater fragte nur: “Woher weißt du, dass dies ein Fehler war?"

Am nächsten Tag kam der Hengst begleitet von einigen Wildpferden zurück, und der Sohn jubelte erleichtert, doch der Vater fragte nur: "Woher weißt du, dass dies ein Glücksfall ist?"

Am übernächsten Tag wurde der Sohn bei dem Versuch, eines der wilden Pferde zu reiten, abgeworfen und brach sich ein Bein. Wieder wollte er sich für seine Dummheit entschuldigen, aber sein Vater fragte nur: "Woher weißt du, dass dies ein Fehler war?"

Kurz darauf kam es zu kriegerischen Auseinandersetzungen, doch da der Sohn verletzt war, wurde er nicht als Soldat eingezogen und überlebte den Krieg.

Diese Geschichte lässt sich endlos weiterführen und wir können wahrscheinlich alle unsere eigenen Varianten erzählen. Selbst ein vermeintlich objektives Scheitern wie in der Schule sitzenzubleiben, kann sehr positive Ergebnisse nach sich ziehen, wie zum Beispiel in der neuen Klasse die Liebe des Lebens zu finden.

„Verlass dich nicht auf andere – mache deine eigenen Fehler!“

Manfred Hinrich

Wenn es nur darum gehen würde, wie wir die Dinge zum richtigen Zeitpunkt einordnen, müssten wir nicht weiter über unsere eigene Dummheit nachdenken. Wir brauchen lediglich einen möglicherweise buddhistisch anmutenden Gleichmut und können dem Leben vertrauen. Gelassen, reif, märchenhaft.

Der Alltag der meisten Menschen hat mit dieser Märchenwelt jedoch nichts zu tun. Wir machen Fehler und ärgern uns, manchmal so sehr, dass wir im Zorn sofort den nächsten begehen. Wir tun uns sehr schwer, aus diesen Mustern auszubrechen. Selbst wenn wir nicht einmal sicher sind, dass unsere Taten tatsächlich falsch waren, eilen uns unsere ärgerlichen Gedanken oftmals so kraftvoll voraus, dass wir fast magnetisch in die nächste Katastrophe stolpern.

Auszug aus Wikipedia

Ein Fehler ist die Abweichung eines Zustands, Vorgangs oder Ergebnisses von Standards, Regeln oder Zielen, die festgelegt, üblicherweise vorausgesetzt oder verpflichtend sind.

Dummheit bezeichnet die mangelhafte Fähigkeit, aus Wahrnehmungen angemessene Schlüsse zu ziehen beziehungsweise zu lernen. Dieser Mangel kann auf Unkenntnis von Tatsachen, auf mangelhaftem Auffassungs- oder Urteilsvermögen durch Trägheit oder Begrenztheit bei der Kombination der zur Verfügung stehenden Fakten, auf emotionalen Widerstand gegen Einsichten aufgrund der Abhängigkeit von Meinungsbildnern, Weltanschauungen, Parteien oder Religionen beruhen.

Fehler sind also Ergebnisse unserer Entscheidungen und Handlungen, die nach „allgemeingültigen“ Gütekriterien als unzureichend oder falsch bewertet werden. Doch Fehler lassen sich nicht vermeiden. Aber Dummheit entsteht aus unserer mangelhaften Fähigkeit, auf unsere Verhaltens-, Denk- und Bewertungsgewohnheiten intelligent zu reagieren. Das bedeutet, WIR sind einzig und allein selbst verantwortlich, ob wir aus unseren Fehlern lernen oder weiter in unserer Dummheit verharren. Und weil wir das irgendwie schon immer geahnt haben, reagieren wir so allergisch auf den Begriff DUMMHEIT.

Der Lehrer sagt: "Alle die glauben ein Idiot zu sein, stehen jetzt bitte auf!"

Keiner steht auf. Nach einer Weile steht dann der Klassenbeste auf. Fragt der Lehrer: "Was machst denn du da?" Sagt der Schüler: "Es tut mir leid, Sie hier als Einzigen stehen zu sehen."

Auszug aus Wikipedia

Muster, auch Prototyp genannt, bezeichnet allgemein eine statische Struktur, die durch ihr erneutes identisches Auftreten erkannt wurde. Es ist eine zur gleichförmigen Wiederholung (Reproduktion) bestimmte Denk-, Gestaltungs- oder Verhaltensweise bzw. ein entsprechender Handlungsablauf.

Die Muster unserer Denkgewohnheiten zu erkennen, fällt uns extrem schwer, weil wir sie für richtig und wichtig für unsere Identität als Mensch halten. Und obwohl wir schon so oft erfahren haben, dass eigene Dummheiten durch Rückmeldungen von anderen erkannt werden können, hören wir den anderen trotzdem meistens nicht zu. Wir verteidigen lieber – oftmals selbst wider besseres Wissen - unsere alten Muster, die uns ja immerhin bis hierhin gebracht haben. „So bin ich eben und ich lasse mir von niemandem das Recht nehmen, zu sein wie ich bin. No way! Und im Übrigen – Musil lässt grüßen - sind die Klugscheißer doch noch viel schlimmer als ich und sollten sich um ihre eigenen Dummheiten kümmern.“ Im Wettbewerb der EGOs die Nase zumindest gefühlt ein ganz kleines bisschen vorn haben zu wollen, ist ein weit verbreiteter Reflex, der allerdings unsere eigene Dummheit immer weiter zementiert.

Doch selbst wenn wir unseren Mitmenschen wirklich zuhören würden, stünde uns die Riesenherausforderung erst bevor. Denn um unsere eigene Dummheit zu stoppen, genügt es nicht, dass wir sie erkennen.

Wahre Intelligenz ist die Brücke, die unsere klugen Erkenntnisse (des über den Dingen Stehens) mit unserer gefühlten Betroffenheit (des voll im Leben Stehens) verbindet. Intelligenz wird erst lebendig, wenn wir aus unseren Erkenntnissen Konsequenzen ziehen und Entscheidungen treffen, die etwas Neues in unserem Leben etablieren.

„Hey Junge, was machst du da am Aquarium?"

„Schau mal Papa, wenn ich mit dem Finger an der Scheibe hoch- und runterrutsche, folgen die Fische meinem Finger. Weil eben Organismen mit höherer Intelligenz den Organismen mit niederer Intelligenz ihren Willen aufzwingen können."

Als der Junge kurze Zeit später wieder zum Aquarium schaut, sieht er seinen Vater starr vor der Scheibe stehen, seinen Mund zu einem Oval geformt, einen Moment verharrend, den Mund schließend und wieder von neuem beginnend.

Gönnen wir uns eine weitere kurze Geschichte. Ein sehr zurückhaltendes Mädchen, das offensichtlich lieber auf Nummer sicher geht, hört von ihrer Lehrerin, dass wir alle Fehler brauchen, sonst könnten wir nur das lernen, was beim ersten Mal klappt und wären schon lange ausgestorben. Als sich das Mädchen daraufhin ein Herz fasst und unsicher nachfragt, warum denn fehlerfreie Arbeiten am besten benotet werden, erahnt die Lehrerin plötzlich die Wucht des Widerspruchs. Das Mädchen sieht der Lehrerin ihre Irritation an und fragt leise: „Habe ich jetzt einen Fehler gemacht?“

„Wer die Freiheit aufgibt, um Sicherheit zu gewinnen, wird am Ende beides verlieren.“

Benjamin Franklin

Wenn sogar irgendetwas ausprobieren schon ein Fehler sein könnte – nur mal kurz hinschauen, den Mund aufmachen, nur mal einen kleinen Schluck probieren, nur mal einen Schritt in eine andere Richtung machen - bleibt die Frage, ob es überhaupt möglich ist, andere Menschen dazu zu bewegen, ihre eigenen Dummheiten TATSÄCHLICH zu verändern. Oder ist diese Ambition schlichtweg ein weiterer Ausdruck meiner persönlichen Dummheit?

Chuck Norris liest keine Bücher: er starrt sie so lange an, bis sie ihm freiwillig sagen, was er wissen will.

„Wenn du die Welt verändern willst, lass dich von mir aus von der teuersten Marketing-Agentur der Welt beraten, aber mach dann genau das Gegenteil!“

vielleicht Dieter Bohlen

Ich habe dieses schmale Buch für all diejenigen geschrieben, die von sich selbst sagen können, dass sie in ihrem Leben (wenigstens teilweise) Wahlfreiheit genießen. Wer hingegen (dummerweise) glaubt, in seinem Leben komplett von Zwängen, Normen oder Traditionen getrieben zu sein oder dem determinierten Schicksal einer höheren Macht folgen zu müssen, dem wird es wahrscheinlich sehr schwer fallen, die nötige Energie und den Mut aufzubringen, um neue Gedanken an sich heran zu lassen und sich für neue Handlungen zu entscheiden.

Wahlfreiheit beweist uns, dass wir persönlich eine Rolle in dieser Welt spielen. Sei es in den kleinen alltäglichen Momenten, in denen wir entscheiden, ob wir ins Kino oder auf eine Demo gehen, Tofu oder Fleisch essen oder über Fernreisen oder ein neues Fahrrad nachdenken. Oder in den großen, seltenen Momenten, in denen wir uns ernsthaft fragen, wie wir in Zukunft auf diesem wunderbaren Planeten zusammenleben sollten und welche Rolle wir persönlich dabei spielen wollen.

Selbstattestierte Wahlfreiheit mag ein Indiz für einen freien Willen sein, aber erst unser freiwilliges Verstehen und Verändern ist der Beweis für ein intelligentes Leben.

„Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.“

George Orwell

Aber wie steht es mit dem Verhältnis von Freiheit und Intelligenz? Ich habe irgendwie schon zu oft gehört, dass Freiheit bedeutet, eigene Entscheidungen so zu treffen wie man es will, dass man Nein sagen kann, dass man hartnäckig weitermacht und sich selbst treu bleibt – egal, ob das intelligent ist oder nicht. Auf dieser Ebene wird Freiheit zu einem dieser unangreifbaren Monsterbegriffe, die sich jedem intelligenten Diskurs kategorisch entziehen. Doch ein realitätsnaher Freiheitsbegriff, der sich nicht von der Intelligenz bevormunden lassen muss, ist schnell gefunden, denn Freiheit wird laut Wikipedia in der Regel als die Möglichkeit verstanden, ohne Zwang zwischen unterschiedlichen Möglichkeiten auszuwählen und entscheiden zu können. Mit anderen Worten: es geht um nichts anderes als Wahlfreiheit!

Wenn wir unsere Wahlfreiheit dadurch ausleben, dass wir an unseren Dummheiten festhalten, dass wir Schaden erleben und erzeugen, dass wir unsere Umwelt und uns selbst zerstören, brauchen wir uns nicht zu wundern, wenn über kurz oder lang andere entscheiden, uns unsere Entscheidungsfreiheit wegzunehmen.

Ähnliches wird passieren, wenn wir an unseren alten Entscheidungen festhalten, um bloß nichts Neues auszuprobieren, denn unsere Umwelt verändert sich permanent in zunehmender Geschwindigkeit und es gibt keinen Zaubertrick, mit dem wir die Zeit anhalten oder zurückdrehen können.

Unsere frühen Vorfahren entwickelten ihre Intelligenz, um zu überleben. Aber ist dies in unserer Welt wirklich noch eine verlockende Aufgabenbeschreibung?

Heutzutage scheint es uns Privilegierten nicht mehr ums Überleben, sondern nur noch um unser GUTES Leben zu gehen, also maximale Spannung, Bequemlichkeit und Luxus bei minimalem Aufwand und geringsten Verpflichtungen. Aber ist das Leben wirklich gut, wenn es nur noch um meine eigenen Interessen geht? Wenn MEINE Wahl zum Zwang wird, weil niemand anderes in diesem einsamen Spiel dabei ist? Besitzen wir unsere Intelligenz nicht in erster Linie, um sinnvolle Entscheidungen in der Kunst des Zusammenlebens zu treffen? Brauchen wir nicht eine Gemeinschaft, um unserer persönlichen Wahlfreiheit einen Sinn zu geben?

Die Ehefrau:„Hey, sieh mal der Betrunkene da!“

Der Ehemann:„Kennst du den etwa?“

Die Ehefrau:„Ja, mit dem war ich vor 5 Jahren zusammen. Er hat um meine Hand gebeten und ich habe abgelehnt!“

Der Ehemann: „Unglaublich – und er feiert immer noch!“

Wer also weiter darauf wartet, dass ihn die Umstände und Dynamiken endlich dazu zwingen, sich verändern zu müssen, verspielt die Chance, seiner eigenen Dummheit einen Schritt voraus zu sein.

Eigene Dummheit stoppen

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