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Sonntag, 25. August: Anreise

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Diesmal ging es schon um 04:45 Uhr an der üblichen Stelle bei der Sparda-Bank am Hauptbahnhof los, so dass ich auf ein Taxi angewiesen gewesen war, da ich mein Auto nicht sechs Tage lang auf den wenigen kostenlosen Parkplätzen am Beatusbad oder am Friedhof stehen lassen mag. Der Taxifahrer muss mich irgendwie beschissen haben, denn trotz derselben Fahrstrecke lag der Fahrpreis merklich über dem bisher Gewohnten.

Auch diese Reise begann gleich mit zwei Überraschungen. Zum einen stieg eine große Gruppe von fast 20 Personen in den noch fast leeren aus Trier kommenden Bus ein. Es gab wieder keine feste Platzzuteilung (was oft ärgerlich ist, wenn man als Einzelreisender seinen Platz wieder räumen muss, damit ein später zugestiegenes Paar beisammensitzen kann) und ich konnte mir einen guten Platz sichern, den ich die ganze Reise über behalten habe.

Die zweite Überraschung bestand darin, dass der Bus nicht wie erwartet über Bonn, Köln und das Ruhrgebiet weiterfuhr, wo ich den Zustieg eines mir von der Österreichreise bekannten Paares erwartete, sondern über das Dernbacher Dreieck und die „lange Meile“ direkt gen Osten fuhr und dabei nur noch an einer Raststätte an der A5 eine weitere große Gruppe aufnahm. Wie sich später herausstellte, war das Interesse an dieser neuen Reise so groß, dass man für das Postleitzahlengebiet 5 zwei Busse einsetzen konnte. Der aus dem Nordteil begegnete uns während der Reise laufend (das Programm war dasselbe, die Hotels jedoch nicht), und ich habe das erwähnte Paar dann auch tatsächlich getroffen.

Der Bus und der diesmal nur eine (schon 71 Jahre alte!) Fahrer kamen von einem mir bis dato unbekannten Unternehmen LUST aus Höchst. Eine Lustreise war es allerdings nicht wirklich. Der bis auf den letzten Platz gefüllte Bus war eher ein Überland- als ein Reisebus, und der Gepäckraum war so eng bemessen, dass durch längeres Hin-und-Her-Packen um jeden Kubikzentimeter gekämpft werden musste!

Mit Zwischenstopps (u.a. an der größten mir bisher begegneten Raststätte „Dresdener Tor“; da sieht man mal, wo unsere Solidaritätszuschläge verballert worden sind!) ging es an vielen bekannten Städten vorbei geradewegs nach Osten: Friedrichroda (wo ich kurz nach der Wende ein Bundeswehr-Seminar hatte), Eisenach (mit Blick auf die Wartburg), Bad Langensalza (Deutschlands Hochburg des Frauenhandballs), Erfurt, Weimar (mit Blick auf die Gedenkstätte Buchenwald), Jena (wo ich ja schon in Sachen Fußball war), Chemnitz, Dresden, Bautzen, dort über die noch mickrige Elbe und die Spree, schließlich bei Görlitz über die Neiße und damit die deutsch-polnische Grenze.

Auf dem ersten Rastplatz hielten wir zum Geldwechseln an. Das wollte ich eigentlich schon in Koblenz machen, aber es stellte sich heraus, dass die Gebühren so teuer sind, dass sich erst das Wechseln mehrerer hundert Euro gelohnt hätte. Es ist auch gar nicht nötig, denn an den Autobahnen und in den Städten gibt es überall Wechselstuben, auch an vielen Hotelrezeptionen kann man Geld wechseln. Der Kurs lässt sich leicht merken und rechnen, denn für einen Euro bekommt man gut vier Złoty. Ich habe nur 40 Euro in etwas mehr als 160 Złoty getauscht. Und die bin ich trotz einer großen Spende an den Reiseführer kaum losgeworden. Ich bin sehr erstaunt, dass auf den Geldscheinen der Republik überall ihre bedeutendsten Könige abgebildet sind, aber keine Dichter oder Wissenschaftler. Das wäre bei uns zu D-Mark-Zeiten undenkbar gewesen, obwohl unsere Geschichte wahrlich genug Kandidaten dafür anzubieten hätte!

An dieser Stelle erlaube ich mir einen Einschub über die polnische Sprache. Seit Jahren ärgert es mich, dass alle die polnische Währung „Zloti“ aussprechen. Dabei enthält der zweite Buchstabe einen schrägen Querstrich und ist kein L, sondern ein eigenständiger Buchstabe, der etwa wie ein englisches W oder wie ein deutsches U in „auch“ ausgesprochen wird. Die polnische Währung spricht sich also „Zuoti“ aus! Und das zu üben schauen mir uns nun den bürgerlichen Namen des auf der Reise allgegenwärtigen Papstes Johannes Paul II. an: Karol Józef Wojtyła. Der Name wird nicht „Weutila“ ausgesprochen, sondern „Weutiua“. Und der Name des früheren Gewerkschaftsführers und Präsidenten Lech Wałęsa, der hierzulande zu „Walengsa“ verunstaltet wurde, spricht sich korrekt etwa „Wa-uessa“ aus. Die drittgrößte Stadt Polens, Łódź, trägt diesen Buchstaben sogar ganz vorne, so dass Vicky Leandros eigentlich hätte singen müssen „Theoooo, wir fahr’n nach Uotsch“!

Über eine der wenigen Autobahnen Polens ging es vorbei an Liegnitz, wo einst ein deutsch-polnisches Ritterheer von den Mongolen fast völlig vernichtet wurde, zu unserem ersten Ziel, nämlich der seit vielen Jahrhunderten Hauptstadt Niederschlesiens: Breslau. Ich werde übrigens meistens die deutschen Namen verwenden, nicht aus Nationalismus, sondern weil sie uns halt geläufiger sind und man sich mit den polnischen die Finger und die Zunge bricht.

Das Hotel „Campanile“ und die Zimmer darin waren nicht zu beanstanden, die Hotelkette war mir bereits aus Chaville bei Paris bekannt. Das Abendessen nach der 12-stündigen Busfahrt war allerdings eine Katastrophe in qualitativer und in organisatorischer Hinsicht. In der Stadt fanden nämlich die Weltmeisterschaften im Bogenschießen statt, und es wimmelte überall vor deren Teilnehmern. Wir wurden deshalb in den viel zu kleinen Speisesaal eines Nachbarhotels geschickt, wo einige von uns wie bei Burger King mit Blick aus dem Fenster saßen, während andere zunächst gar keinen Platz fanden. Das Essen war schlecht und viel zu wenig, und man konnte nicht einmal Getränke dazu bestellen. So musste ich mich an meinen Notvorrat an Keksen und Schwipp Schwapp halten, was mir gar nicht gefallen hat. Da ich im Urlaub bin, habe ich das Beschweren aber den üblichen Mecker-Rentnern überlassen bzw. eher Mecker-Rentnerinnen, denn deren Männer sind ja oft schon längst futsch.

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