Читать книгу Ich will dich jetzt | Erotische Geschichten - Trinity Taylor - Страница 3
ОглавлениеHotundSexy
Mit Schwung zeichnete Lisa ein traumhaftes weinrotes Nachthemd auf das Papier. Die Brüste versteckte sie hinter weinroter Spitze. Einem spielerischem Trieb nachgebend, zeichnete sie Nippel darunter.
»Sehr schön, Miss Harrington.«
Erschrocken blickte sie auf. Ihre Chefin Amanda Fox stand schräg hinter ihr und lächelte gequält. »Zeichnen Sie bitte etwas Richtiges. Wir sind hier nicht bei der Kindermalstunde.«
Sofort zerknüllte Lisa den Zettel und blickte vor sich auf den Tisch, während sie leise sagte: »Tut mir leid, Ma’am.«
»Dafür bezahle ich Sie einfach nicht!« Sie machte eine kurze Pause. »Wir haben einen großen Auftrag für eine Modenschau bekommen und eigentlich wollte ich Sie fragen, Miss Harrington, ob Sie nicht mit ins Rennen gehen.«
Erstaunt drehte Lisa sich zu ihr um. »Sie meinen, ich darf meine Kollektion präsentieren?«
»Immer halblang. Soweit ist es noch lange nicht. Erst würden Sie etwas Neues entwerfen müssen, dann ginge es in eine Vorentscheidung, um dann erst vor den wirklichen Leuten präsentieren zu können. Die wiederum küren die besten zehn Modelle und gehen mit ihnen in eine Modelinie.«
»Wow!«
»Ganz genau! Und unser Haus ›Cute Lady‹ darf daran teilhaben.« Stolz streckte Amanda Fox ihre Brust raus. Doch sogleich erhob sie drohend den Finger. »Also, vermasseln Sie mir diese Chance nicht!«
»Nein, Ma’am.«
»Die Modenschau läuft unter dem Motto: ›Hot & Sexy!‹ Sie und Betty werden die Mode entwerfen. Also, geben Sie sich Mühe!«
Mit klopfendem Herzen nickte Lisa. Das war wirklich eine einmalige Chance, die sie voll und ganz würde nutzen werden.
Amanda Fox drehte sich zum Gehen, besann sich aber und sagte über die Schulter: »Morgen wird es eine Vernissage geben, wo viele große Modeschöpfer erscheinen werden. Ich nehme Sie und Betty mit, damit Sie beide schon mal ein bisschen Modeluft schnuppern können.«
»Das ist super, danke! Ich …«
»Zwanzig Uhr in der ›Lotusblüte‹. Machen Sie sich schick!«
»Ja, danke.«
Rauschend verließ Amanda Fox das Zimmer, sich dauerhaft ihrer ladyhaften Eleganz bewusst.
***
Mit klopfendem Herzen betrat Lisa den prunkvoll ausgestatteten Saal, wo die Mode-Vernissage stattfand. Allein der rote Teppich gab schon eine Menge her. Sie kam sich wie ein Star bei der Oscar-Verleihung vor.
Ihr erster Blick galt einem gigantischen Kronleuchter an der Decke, er hauchte dem Saal Luxus und etwas zeitlos Schönes ein. Dann erst konzentrierte sie sich auf die Leute, die alle schon versammelt waren, sich raunend unterhielten bei gedämpfter klassischer Musik. Doch bevor ihr Blick sich auf die Gesichter der Gäste scharf stellte, musterte Lisa die Kleidung. Es war eine interessante Mischung aus Extravaganz und Klassik. Sie hatte selber ein schlichtes petrolfarbenes Schlauchkleid gewählt, das bodenlang war. Ihr kam in den Sinn, dass sie vielleicht doch nicht ganz so viel zu Abend hätte essen sollen. Sie war sicher, dass jeder ihren kleinen Bauch als erstes bemerken würde. Noch während sie sich darüber Sorgen machte, erkannte sie Valentino – Valentino Clemente Garavani! Ihr Herz schlug schneller. Diesen Modeschöpfer, nein, eher Modepapst, verehrte sie. Er kreierte traumhafte Abendkleider, wunderschöne Schuhe, elegante Röcke, ausgefallene Tops und extravagante Handtaschen. »Mode ist vergänglich – Eleganz ist ewig«, kam ihr sein Standard-Satz in den Sinn, der auf seine Mode nur allzu sehr zutraf. Er war umringt von einigen Männern und zwei Frauen. Er strahle eine unglaubliche Eleganz und Präsenz aus. Der Mann, mit dem er sich unterhielt, brachte ihn zum Lachen und es erfüllte den Raum mit einem warmen Klang. Doch Lisa war sich nicht sicher, ob es ausschließlich am Lachen von Valentino lag oder am Duo mit dem Mann ihm gegenüber. Fasziniert beobachtete sie ihn, wie sein Lachen nach und nach verklang. Sein Blick heftete sich auf Lisa, und während er seinen Mund langsam vom Lachen schloss, starrte sie ihn mit einem offenen an. Völlig unerwartet zwinkerte der Mann, was Lisa wie einen Blitz durch ihren Körper jagte.
Sie zuckte zusammen, als sie angesprochen wurde. »Die sind alle schwul!«
Mit einem Ruck drehte Lisa sich zu Betty um.
Diese grinste. »Verguck dich bloß nicht in einen von denen. Das hat keinen Sinn. Die vögeln sich doch alle untereinander.«
Wütend blickt Lisa sie an. »Ach, Unsinn! Valentino hat nur einen Freund und dem ist er treu. Es ist doch wie bei uns Heteros. Wir legen ja auch nicht jeden Kerl flach, den wir kriegen können.«
»Bist du dir sicher?«
»Meine Damen, darf ich Ihnen eine Champagnerflöte reichen?«, fragte der Kellner und bot sein Tablett dar.
»Klar!« Betty griff zu.
Lisa war sich nicht sicher, ob ihre Chefin das auch so klar fand, dass sie sich hier die Kante gaben. Aber ein Glas sollte wohl erlaubt sein. So nahm sie auch ein Champagner-Glas. »Danke.«
»Sieh mal, dahinten sind sogar Dolce & Gabbana.«
Lisa folgte Bettys Blick. Sie kannte die beiden nur vom Bild her. Doch sie erblickte nur einen von ihnen. Stefano Gabbana. Er zeigte strahlend weiße Zähne und brach gerade in ein helles Lachen aus, während er kurz über seine Glatze strich. Dazu legte er einem größeren Mann die Hand auf die Schulter und lehnte seinen Kopf dagegen.
»Ich finde die so cool!«, stieß Betty schwärmerisch hervor. »Die kreieren so geile Mode. Wusstest du, dass sie auch Madonna, Monica Bellucci, Isabella Rossellini und Kylie Minogue ausgestattet haben?«
Lisa schüttelte den Kopf. »Nein. Ich finde die Jungs etwas zu extravagant, zu provokativ. Ihre Werbung ist nicht schlecht, aber auch sehr gewagt.«
»Ach, du bist einfach noch zu verstaubt. Du musst mal kreativer werden.«
Sauer blickte Lisa Betty an. »Ich bin kreativ! Sonst würde ich wohl kaum ausgewählt worden sein, an der ›Hot & Sexy‹ teilzunehmen. Amanda Fox schätzt mich.«
»Ja, klar. Momentan hat sie einfach keine guten Leute. Da greift sie auf dich zurück.«
»Wie bitte?!«
»Ach komm, Lisa, war nicht so gemeint. Ich bin ja auch dabei. Auf mich trifft meine Aussage ja auch zu. Weißt du, wer von den Newcomern richtig geile Mode entwirft?«
Lisa schüttelte den Kopf. Sie war noch immer sauer und genervt von Betty.
»Der ›Creating Warrior‹. Das ist mal ein richtig cooler Typ. Du kennst den doch, oder?«
»Ja, sicher«, log Lisa, drehte sich ein wenig und ließ den Blick im Saal schweifen, während sie von ihrem Champagner nippte. Immer mehr Leute fanden sich ein, trafen Bekannte, begrüßten sich mit drei Mal Küsschen links, rechts, links. Lisa versuchte, noch mehr Prominente zu entdecken, aber nur die großen, bekannten Modeschöpfer waren ihr von Bildern her bekannt.
»Hey, hörst du mir überhaupt zu?« Bettys purpurrotes Cocktail-Kleid mit einer angedeuteten Schleppe raschelte, als sie einen Schritt zu Lisa herantrat. »Ich sagte, das ist DER Necomer in der Modebranche. Man sagt, er sei ein abgebrühter Hund und er hätte sich nach oben gevögelt.«
»Ach, Betty, nun hör aber auf. Ich möchte das alles gar nicht so genau wissen.«
»Ich glaube schon, du hast nur keine Lust, es dir von mir anzuhören, weil du glaubst, du bist besser als ich.«
Erstaunt blickte Lisa sich zu ihrer Arbeitskollegin um. »Wie kommst du darauf? Ich glaube, du hast ein echtes Problem und leidest unter Verfolgungswahn.«
»Wenn der Warrior erst mal zuschlägt, dann werden wir alle arbeitslos. Denk an meine Worte!« Damit rauschte Betty davon. Sie hatte schon den gleichen Abgang drauf, wie Amanda Fox, fand Lisa, und auch in ihrem wichtigen Gehabe war sie nicht weit von ihrer Chefin entfernt. Hoffentlich würde Lisa nie so werden, dachte sie und suchte nach jemandem, mit dem sie sich unterhalten konnte, denn so ganz allein hier im Raum zu stehen, war nicht ihr Ding.
Verstohlen blickte sie wieder zu Valentino und geriet ins Schwärmen. Der Mann an seiner Seite sah sie erneut an. Schließich löste er sich von Valentinos Seite und kam auf Lisa zu. Je näher er kam, desto besser sah er aus. Sein kantiges Gesicht schien mit dem sanften grauen Anzug zu verschmelzen. Seine kurzen, dunkelbraunen Haare gaben ihm einen klassischen Schick. Als er auf ihrer Höhe war, blickte sie nach oben, um ihn anzusehen. Er hatte stahlblaue Augen. Ihr Herz hämmerte und sie spürte, wie sich ihre Wangen rot färbten.
»Guten Abend«, sagte er höflich und lächelte.
»Hallo.« Lisa beschloss, nicht viel zu sagen, sonst würde man ihr ihre Nervosität bestimmt anmerken.
»Sie haben ein wunderschönes Kleid an. Es betont ihre weibliche, hübsche Figur.«
Noch mehr Komplimente und Lisa würde in Ohnmacht fallen. Aber das haben diese Modegurus einfach drauf. So etwas konnte auch nur ein Homosexueller sagen. Die haben einfach den Blick für alles Schöne dieser Welt.
»Danke«, stieß Lisa hervor. »Sie sind aber auch sehr schick.«
Er lachte und sofort kam sie sich dumm und albern, aber vor allem extrem unkreativ vor. Einfach sein Kompliment zurückzugeben, zeugte von wenig Können. Doch er fand es wohl nett, denn er bedankte sich und fragte, ob er ihr noch ein Glas Champagner bringen könnte. Lisa verneinte und zeigte auf ihr Glas. »Ich habe noch, danke.«
Der Mann zog die Augenbrauen hoch.
Lisa sah, dass sie wohl schon alles ausgetrunken hatte und nickte schnell. Vielleicht war es ganz gut, wenn sie mal wieder allein war. Sie hatte das Gefühl, für ihre Firma immer entbehrlicher zu werden. Wenn sie nun nicht ein wenig modische Konversation trieb, würde sie wohl nie wieder so eine Vernissage besuchen dürfen.
Lisa kam nicht dazu, sich ein paar Fragen auszudenken. Ihr wurde mit einem leichten Kopfnicken ein gefülltes Champagnerglas hingehalten.
»Madame …«
»Vielen Dank, Mr ... äh ...«
»Oh, entschuldigen Sie, mein Name ist Tom. Tom Monroe. Wie Marylin. Und wie heißen Sie?«
»Lisa Harrington.«
»Sie arbeiten bei ›Cute Lady‹, richtig?«
»Genau. Woher wissen Sie das?«
Er lächelte. »Ich kenne Betty.«
»Oh.«
Jetzt lachte er. »Nicht, wie Sie denken. Sie wurde mir vorgestellt. Da arbeitete sie noch woanders. Anscheinend wechselt sie öfter.«
»Das kann sein, ich kenne sie noch nicht sehr lange und es wird wohl auch nicht intensiver werden, denke ich«, gab Lisa zu.
Er lächelte, zeigte dabei eine Reihe weißer Zähne. Dann trank er einen Schluck Champagner.
»Wie lange arbeiten Sie schon im Modebusiness? Äh, Sie arbeiten doch in der Modebranche, oder?«, fragte Lisa.
Er nickte. »Ja, sicher.« Er überlegte. »Lustig, dass Sie mir diese Frage stellen. Das hat mich bisher noch niemand gefragt, obwohl es auf der Hand liegt, so etwas wissen zu wollen. Also, ich habe meine ersten Modezeichnungen mit acht gemacht. Am liebsten habe ich Frauen gemalt, in Kleidern. Das hat mich als Junge fasziniert.«
»Dass Frauen Kleider tragen?«
»Ja, Jungen und Männer, Mädchen und Frauen ... alle tragen Hosen, aber nur die Frauen tragen auch Röcke und Kleider. Als Kind habe ich mich dauerhaft gefragt, warum das so ist, auch von meiner Mutter habe ich das wissen wollen. Doch keiner konnte mir eine Antwort darauf geben. Das hat mich fasziniert. Daraufhin habe ich mir die schönsten Kleider und Röcke für sie ausgedacht und gezeichnet. Viele, dicke Zeichen-Mappen sind daraus entstanden.«
Lisa lächelte. »Das ist wirklich ... toll.« Sie konnte ihren Blick einfach nicht von diesem Mann losreißen, wollte ihn immerzu sprechen hören. Im Stillen hegte sie den Wunsch, dauerhaft mit ihm befreundet zu sein. Sie hatte noch nie einen Schwulen kennengelernt und wusste nur vom Hörensagen, dass sie wunderbare Kumpel sein konnten.
»Aber, bitte, bevor ich über mich den ganzen Abend rede, erzählen Sie doch etwas von sich. Wie sind Sie zur Modedesignerin geworden. Sie sind doch Modedesignerin?«
»Ja.« Lisa lachte. »Ja, das bin ich.« Sie erzählte ihm, dass sie nach der Schule Kurse im Modezeichnen belegt hatte, um zu sehen, ob es ihr wirklich gefiele und auch läge. Dann erst machte sie eine Ausbildung zur Modedesignerin. Danach arbeitete sie für drei Jahre in einem sehr kleinen Atelier. Doch sie bemerkte, dass sie so nicht weiterkam und wechselte zu der Modeikone Amanda Fox. Lisa hatte gehört, dass im Hause »Cute Lady« elegante Mode entworfen wurde, was ganz ihr Ding war. So arbeitete sie nun seit zwei Jahren bei ihr.
»Seit zwei Jahren? Ich habe Sie bisher noch nicht gesehen, glaube ich zumindest. Auf welchen Vernissagen waren Sie bisher?«
»Auf keiner. Das ist meine erste.«
Er nickte. »Ich glaube, Amanda ist eine harte, aber gute Schule. Sie hat wirklich Talent.«
»Ich werde bei der ›Hot & Sexy‹ Modenschau mitmachen. Amanda gibt mir also eine Chance. Ich hoffe, ich kann sie nutzen.«
»Wow, das klingt super. Warum, haben Sie Zweifel?«
»Na ja … Ich … das kann ich jetzt nicht sagen.«
»Warum? Ist es so schlimm?«
Lisa hatte das Gefühl, dass Tom Monroe noch ein Stück näher gerückt war. Sein Duft war atemberaubend und seine Ausstrahlung unglaublich. Sie konnte unter seinem leger zugeknöpften Hemd, wobei drei Knöpfe offenstanden, den Ansatz seiner Brusthaare sehen. Plötzlich überkam sie das unbändige Verlangen, darüber streichen zu müssen.
»Na, was denken Sie, Lisa?«, sagte er leise mit tiefer Stimme.
Ertappt blickte sie hoch in seine blauen Augen. Sie konnte nicht mehr sprechen. Unvermittelt nahm er ihre Hand und legte sie sich auf die Brust. Sie spürte die Wärme und seinen Herzschlag. Erschrocken zog sie die Luft ein, und wollte die Hand wegziehen, doch er hielt sie fest. »Wollten Sie das?«
Ihr Atem ging stoßweise und sie nickte leicht. Tom Monroe lächelte warmherzig und schloss, ganz zu Lisas Verblüffung die Augen. Diese Chance nutzte sie, um ihre Finger kurz zu schließen und zu öffnen. Seine Brusthaare waren seidig weich. Noch nie hatte sie einen Freund gehabt, der Brusthaare besaß.
»Miss Harrington! Was tun sie da?«, zerriss die Frage wie ein Blitz den schönen Augenblick. Amanda Fox hatte sich neben ihr aufgebaut. Auch zu ihr musste Lisa hochsehen. Sofort riss sie ihre Hand zurück, als hätte sie sich verbrannt, und wich einen Schritt von Tom Monroe zurück. Dieser blieb gelassen und sagte mit einer leichten Verbeugung. »Guten Abend, Mrs Fox, es ist mir eine Freude, Sie hier heute Abend anzutreffen. Wir tauschten uns gerade verbal und nonverbal mit Stoffen aus. Visslocren. So heißt ein neues Garn, das mit Baumwolle gemischt wird und ein angenehm weiches Gefühl auf der Haut bietet.«
»Mr Monroe, ich war mir sicher, Sie heute Abend hier anzutreffen, aber noch sicherer war ich mir, dass Sie nicht um eine Ausrede verlegen sein würden.«
»Danke für das Kompliment, Ma’am.« Tom Monroe lächelte, doch sein Lächeln erreichte nicht seine Augen.
»Wie ich sehe, haben Sie sich einander schon vorgestellt. Wunderbar. Allerdings kann ich Ihnen nur raten, Mr Monroe, die Finger von meiner Mitarbeiterin zu lassen. Sie ist wunderbar dort aufgehoben, wo sie jetzt ist.«
Einen kurzen Augenblick sahen sich die beiden in die Augen, bis Tom Monroe den Blick abwandte und zu mir guckte. Dann verneigte er sich höflich und sagte: »Da sind noch ein paar Freunde, die ich gern begrüßen würde. Wenn Sie mich entschuldigen würden, Miss Harrington, Mrs Fox ...« Damit zog Tom Monroe sich elegant zurück und überließ Lisa ihrem Schicksal mit ihrer Chefin.
»Miss Harrington, was sollte das eben?! Sind Sie verrückt geworden? Sie stellen mich und mein Imperium bloß. Ich bitte Sie, dass Sie sich nun verabschieden.«
»Aber es wird doch noch eine Ansprache und eine kleine Präsentation geben«, wandte Lisa ein.
»Haben Sie eben gehört, was ich gesagt habe?!«
»Ja, Ma’am. Gute Nacht, Ma’am.«
»Bis morgen. Ach, Miss Harrington …«
Lisa hatte sich schon abgewendet und drehte sich nochmals um.
»Wenn Sie schlau sind, dann lassen Sie Mr Monroe in Ruhe!«
Lisa nickte und drehte sich um. Während sie die Vernissage verließ, stellte sie ihr Glas auf eins der Stehtische und kämpfte mit den Tränen. Am Ausgang blickte sie sich noch mal um und sah, dass Tom Monroe zu Valentino zurückgekehrt war. Beide und ein dritter Mann blickten in ihre Richtung. Schnell verließ sie den Saal.
***
Lisa hatte mit den Tränen gekämpft und gewonnen. Sie wollte nicht schon wieder welche wegen dieser Schlange von Frau verlieren. Auf dem ganzen Weg nach Hause dachte sie an Tom. Seine Augen, sein Mund, sein Lächeln, sein Duft ...
Es war klar, dass Lisa diese Nacht kein Auge zubekam. Sie dachte immerzu an Tom. Irgendwann stand sie auf, ging in die Küche und füllte ein Glas mit Wasser. Langsam ging sie hinüber in ihr Arbeitszimmer. Dort lagen sämtliche Zettel mit Entwürfen, Kleidern, Stoffproben, Pailletten, Federn und jede Menge bunte Stifte. Langsam ließ Lisa sich auf ihrem Stuhl nieder und griff zum Stift. Mit schnellen Strichen zeichnete sie einen Umriss von einem Mann, dann wurde sie deutlicher und zeichnete das Gesicht detaillierter. Sie erschrak, wie gut sie Tom getroffen hatte. An diesen Mann würde sie nie rankommen, und trotzdem faszinierte er sie. Wie konnte er nur ihre Hand nehmen und sie sich auf die Brust legen? Lisa schloss die Augen und stellte sich vor, wie es gewesen wäre, wenn sie ihm dort sein Hemd ausgezogen hätte. Zwar hätte er gestutzt, es sich aber gefallen lassen, es genossen, ihr seinen schönen Körper präsentiert. Sie hätte über seine harten Brustwarzen geleckt. Und es war ihr in diesem Augenblick so, als konnte sie ihn stöhnen hören.
»Oh ja, Süße, mach weiter«, flüsterte er.
»Du wirst um Gnade winseln, wenn ich deinen Schwanz erst mal im Griff habe und du nach und nach meinen Körper entdeckst«, hauchte Lisa zurück.
Sie hatte das Gefühl, ihn stöhnen zu hören. Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht und sofort schloss sich das seine an, das sie so sehr mochte. Doch augenblicklich verzog sich sein Mund, als sie ihre Hand tiefer gleiten ließ, in seine Designer-Anzughose. Hart wölbte sich ihr sein Glied entgegen. Ungeduldig öffnete sie seinen Reißverschluss und zog die Hose runter. Sein Schwanz sprang ihr entgegen. Er trug keinen Slip. Wie sie das mochte! Sofort schlossen sich ihre Lippen um sein hartes Stück und er stöhnte auf. »Bisher haben das nur Männer gemacht, aber du kannst das auch richtig gut.«
Genau das wollte sie. Ihn heiß machen, ihn vorbereiten. Er sollte noch vögeln. Ja, ein Mann, der normalerweise nicht auf Frauen stand, würde sie, Lisa, mit kräftigen Stößen nehmen. Und es würde ihm gefallen.
Lisas Hand glitt auf ihrem Negligé entlang, zog es hoch und fuhr zwischen ihre Beine. Augenblicklich drang sie in ihre eigene Feuchtigkeit ein und seufzte. Kurz öffnete sie die Augen und blickte auf die eben angefertigte Zeichnung. Blaue Augen strahlten ihr entgegen. Zwar war es nur die Farbe aus ihrem Stift, aber für ihre erotische Vorstellung reichte es. Sofort schloss sie wieder ihre Augen und träumte weiter, bevor Tom verschwand. Sie hatte seinen Schwanz aus ihrem Mund entlassen und er zuckte ihr erwartungsvoll entgegen.
»Jetzt werde ich dir ganz neue Möglichkeiten aufzeigen, du großer, kräftiger Mann ...«, stieß Lisa hervor und öffnete ihre Beine. Ihre Hand wurde zu seiner Hand, ihre Finger zu seinen Fingern. Tief drangen sie in Lisa ein und sie stöhnte auf. Mit schwerem Atem und klopfendem Herzen zog sie ihre Finger wieder heraus und glitt auf ihren Schamlippen auf und ab, wühlte sich dazwischen und kreiste auf ihrer Klitoris.
»Ja, das gefällt dir, was?«, fragte er. »Warte ab, bis du meinen Schwanz in dir fühlst.«
Lisa wollte nicht mehr länger warten und schob sich drei Finger in ihre Möse.
»Oh ja, das magst du, wenn ich meinen Schwanz, der nur für Männer bestimmt ist, bei dir reinschiebe.«
»Ja, ja, das mag ich …«, seufzte und rief Lisa gleichzeitig. »Oh Tom. Du bist so geil … dein Schwanz ist so geil … du bist …«
Heftig stieß Lisa sich ihre Finger rein und keuchte. Wie gern hätte sie seine Oberarme angefasst, sich daran festgehalten. Wie gern hätte sie seinen schweren Körper auf ihrem gespürt und wie gern seinen richtigen Schwanz in sich gehabt. Doch auch allein diese Vorstellung ließ ihre Nippel hart hervorstehen, ihren Atem stoßweise gehen, ihre Möse nass sein und sie zu einem wilden Höhepunkt kommen. Lichtblitze schossen auf sie zu und explodierten in ihr. »Ja, ja, ja ... oh TOM!!!«, schrie Lisa.
Noch während sie mit ihren Gefühlen rang, sah sie, wie sich seine blauen Augen zu Schlitzen zusammenpressten und sein Mund sich keuchend öffnete und sein Körper immer wieder auf ihren traf, um sich dann endlich in ihr zu verströmen. Lisa zuckte noch unter ihrem eigenen Orgasmus und rieb ihre Finger jetzt hart über ihre Klitoris, um den letzten Rest an Gefühlen auszukosten. Nach und nach klang der Höhepunkt ab und verebbte sanft.
Langsam öffnete Lisa ihre Augen. Der Mann auf dem Papier blickte sie noch immer an. Seine blauen Augen strahlten. Hatten sie auf einmal mehr Glanz als vorher?
***
»Mir gefallen Ihre Entwürfe nicht, Miss Harrington, zeigen Sie mir noch etwas anderes. So wird es nicht klappen. Dann nehme ich doch lieber Silvia«. Mit einer laxen Handbewegung winkte Amanda Fox Lisa weg.
Dieser Satz saß. Silvia war eine Aushilfe. Sie half beim Papierkram, kochte Kaffee und machte Botengänge.
Gerade wollte Lisa sich umdrehen und gehen, da rief ihre Chefin sie mit den Worten herbei: »Denken Sie an die Konkurrenz! Wenn der ›Creation Warrior‹ seine Kollektion präsentiert, sind wir nur noch ein Häufchen Asche. Wir müssen da unbedingt mithalten! Ich möchte meinen Ruf nicht verlieren! Also, geben Sie sich verdammt noch mal Mühe, Miss Harrington!«
Lisa nickte und wandte sich zum Gehen.
»Außerdem«, rief Amanda durch den Raum, »Sie wissen ja, was am Ende winkt: Ihre Kollektion könnte nächstes Jahr auf der ›Haute-Couture-Modeschau‹ in Paris vorgeführt werden. Aber gut, Sie wollen sich anscheinend keine Mühe geben. Wenn ich noch mal so miserable Zeichnungen vorgelegt bekomme, dann hol ich mir eine gute Modedesignerin von außen. Das war’s.«
Lisa kochte vor Wut. Wie konnte Amanda ihre Zeichnungen als miserabel abtun! Und zu blöd, dass Amanda ihr auch nicht sagte, was ihr daran nicht gefiel. Doch Lisa wusste, zurückzugehen und zu fragen, machte keinen Sinn. Amanda war diesbezüglich verschlossen und nicht hilfsbereit.
Lisa versuchte, neue Sachen zu entwerfen, aber ihr fehlte der richtige Schwung und auch ihre Ideen blieben aus. Sie ärgerte sich so sehr, dass sie fast verzweifelte. Kaum war ihre Arbeitszeit beendet, beeilte sie sich nach Hause zu kommen.
Sie nahm ein Wannenbad und versuchte, sich zu entspannen, oft kamen ihr da schöne Ideen, doch die wollten heute einfach nicht zu ihr finden.
Auch in den nächsten Tagen stellten sich keine Ideen ein. Zwar entwarf Lisa das eine oder andere Negligé, aber es erschien ihr nicht gut genug, das heißt, es erschien ihr nicht gut genug für Amanda. Warum konnte Amanda ihr nicht helfen! Lisa brauchte lediglich einen kleinen Input, jemanden, der ihr auf die Sprünge half. Da fiel ihr plötzlich jemand ein, der diese Aufgabe wunderbar übernehmen konnte: Betty.
Schnell wählte sie ihre Nummer und fing sich eine gehörige Absage ein. Betty war sauer, wie Lisa denn die Frechheit besitzen könnte, ausgerechnet auf ihre Konkurrentin zukommen zu können. Lisa sagte, sie habe Betty niemals als ihre Konkurrentin betrachtet, eher als Mitstreiterin. Und was sollte da bitte der Unterschied sein!
Angestrengt blickte Lisa auf ein leeres Blatt Papier. Dann fing sie an zu zeichnen. Schwungvoll. Es wurde eine hübsche Zeichnung: ein weinrot wallendes Abendkleid mit Federn bestückt. Aber dies war nicht verlangt. »Hot & Sexy« sollte es sein. Das war einfach nicht Lisas Ding.
»Hot & Sexy«, sagte sie immer wieder leise vor sich hin. »Hot & Sexy …«
Sie ging ins Internet und surfte auf Nachtwäsche-, Unterwäsche- und auch auf Erotik-Seiten. Doch ihr kam kein passendes Outfit in den Kopf. Alles war schon irgendwie dagewesen und es war nichts, wozu Lisa in der Lage war, es umzusetzen. Sie spürte, wie ihr immer klarer wurde, dass sie diesen Job nicht bekommen würde. Keiner würde ihre Kollektion als herausragend bezeichnen. Ihr kamen die Tränen. Es gab eine Chance und Lisa konnte sie nicht nutzen. Obwohl ... es gab noch eine winzige Möglichkeit ...
***
»Hallo, Betty, hier ist Lisa. Ich habe eine große Bitte «, sprach Lisa mit Unwohlsein in ihren Telefonhörer.
»Na, was kommt denn jetzt schon wieder?!«
Das fing ja gut an. Aber Lisa musste es wagen, es ging um ihre Zukunft. »Ich brauche …«
»... mich zum Zeichnen?« Betty brach in Gelächter aus. Es klang hämisch. Als hätte sie sich das immer schon gewünscht.
»Nein. Ich brauche ... die Nummer von Tom Monroe.«
Stille. Damit hatte Betty wohl nicht gerechnet.
»Woher willst du wissen, dass ich diese Nummer habe«, giftete Betty.
»Ich weiß es. Los, rück sie raus!«
»Hey, hey, hey, immer mit der Ruhe. Du vergisst, dass du etwas von mir willst. Das kostet dich eine Kleinigkeit.«
Lisa stutzte. Schnell rechnete sie im Kopf nach, wie viel sie bereit war, Betty dafür zu zahlen.
»Kein Geld! Sondern ich möchte eine Zeichnung von dir haben, die ich mir aussuchen werde.«
»Wie bitte? Bist du von allen guten Geistern verlassen?! Für eine Telefonnummer?!«
»Sie scheint dir wichtig zu sein«, mutmaßte Betty.
So konnte das jetzt eine Stunde weitergehen, ohne dass Lisa die Nummer bekam.
»Okay!«, nickte Lisa ins Telefon.
»Was?! Echt?!« Betty lachte laut los. »Der Typ ist doch schwul wie sonst was, da ist nicht viel zu holen ... Na, von mir aus! Aber dann schick mir erst eine Mail, in der du mir bestätigst, eine Zeichnung meiner Wahl von dir zu erhalten. Erst dann bekommst du die Nummer.«
Miststück! Lisa tat, was Betty verlangte und bekam per Mail eine Bestätigung von Betty, und Toms Handynummer.
Das war geschafft.
***
»… Genau, und dann schickt ihr das gleich raus. Sofort! Ja, hallo?!«
»Hallo Mr Monroe, hier ist ... oh, ich glaube, ich habe mich verwählt.« Lisa legte wieder auf. Ihr Herz klopfte zum Zerspringen. Es war jetzt zwei Wochen her, seit sie Tom auf der Vernissage begegnet war und sich danach mit seinem Gesicht vor Augen selbst befriedigt hatte.
Das Telefon klingelte. Lisa ging ran. »Hallo?«
»Hallo Miss Harrington. Aber ich glaube, wir waren schon fast beim Du, oder?«
»Äh ... Mr Monroe ... Was verschafft mir die Ehre?«
»Ihr eigener Anruf.«
»Oh, klar, Sie konnten meine Nummer auf Ihrem Display lesen. Wie ungeschickt von mir.«
»Stimmt. Warum haben Sie wieder aufgelegt?«
»Ich dachte ... Sie wären zu ... beschäftigt.«
Er lachte warm. »Ich werde Sie nicht weiter quälen. Nun stelle ich Ihnen die Frage: Was verschafft mir die Ehre Ihres Anrufs?«
Lisa überlegte krampfhaft. Konnte sie ihn wirklich fragen. Jetzt, wo sie ihn am Telefon hatte, war es ihr nicht möglich, die Wahrheit zu sagen. Er war einfach so präsent und wirkte so stark.
»Ich … brauche Sie …«
»Aha!«
Lisa schoss die Röte ins Gesicht, als ihr bewusst wurde, was sie da gesagt hatte. »Nein, äh, nicht so, also ... ich brauche Sie für eine bestimmte Sache.«
Wieder lachte er. »Aha. Geht es vielleicht noch etwas genauer?«
»Leider nicht. Erst, wenn Sie hier sind.«
»Oh, zu Ihnen nach Hause?«
»Genau.« Lisas Herz klopfte wild. Würde er das tun?
»Ich soll mit Ihnen schlafen?«
»WAS? Oh, nein, das … das meine ich nicht!« Sie erschrak, dass sie ihn mit ihrer Geheimniskrämerei auf die falsche Fährte gelockt hatte. »Es geht um etwas ganz anderes. Bitte … verstehen Sie mich nicht falsch …«
Er lachte wieder warm. »Nein, das tue ich nicht, wollte Sie lediglich ein bisschen foppen.«
Sie konnte durch den Telefonhörer sein Lächeln sehen.
»Na schön, wann denn?«
***
Es waren schon fünf Minuten über vereinbarter Zeit. »Er kommt nicht mehr«, murmelte Lisa. »Er hat es sich anders überlegt. Was sollte er auch bei ihr! Für einen Homosexuellen war sie für ihn wenig reizvoll. Allerdings überwog bei diesen Menschen die ungeheure Freundlichkeit und Sensibilität. Von daher könnte sie eine Chance haben. Aber er kam einfach nicht. Lisa nahm noch einen Schluck Prosecco.
Es klingelte. »Oh Gott, er kommt doch!« Noch einen Schluck aus dem Glas und dann lief Lisa in den Flur.
Als sie Tom Monroe die Tür öffnete, verschlug es ihr die Sprache. Er war größer, als sie ihn in Erinnerung gehabt hatte, und sein Lächeln war atemberaubend. Schon beugte er sich zu ihr hinab und gab ihr einen leichten Kuss auf die Wange. Sein Duft betörte sie und ein leichter Schwindel stellte sich bei ihr ein. Wieso konnte er sie so verzaubern?
»Hallo, Lisa.«
»Hallo.«
Da sie sich nicht regte, fragte er: »Darf ich reinkommen?«
»Äh, ja. Natürlich. Kommen Sie.«
Er schloss die Tür und sie fragte: »Soll ich Ihren Mantel abnehmen?«
Er drehte sich zu ihr um und lächelte warm. »Nein, danke, das ist nicht nötig.«
»Okay.«
»Das mache ich schon selbst.« Mit einem Zwinkern hängte er seinen langen dunkelbraunen Mantel an einen Haken. Lisa hätte schwören können, er nähme sich einen Bügel.
»Hier entlang«, sagte sie und hörte, wie er ihr folgte. Als sie ihr Atelier betrat, staunte er und blickte sich mit einem Lächeln auf den Lippen um. Lisa spürte sofort, dass es auch seine Welt war.
Bald glitt sein Blick zum Schreibtisch und er betrachtete die achtlos darauf verteilten Zeichnungen. Ein paar davon drehte er zu sich heran und besah sie sich von oben bis unten, wobei sie genau erkennen konnte, dass er detailorientiert dabei vorging.
»Wow, sehr schön. Sind das Ihre Lieblingsmodelle?«
Lisa schüttelte den Kopf. »Nein, die habe ich gestern einfach nur zur Übung entworfen.«
»Die sind wunderschön. Abendkleider sind Ihre Favoriten, nicht wahr?«
Lisa blickte ihn erstaunt an. Auf dem Tisch lagen vielleicht drei Abendkleiderskizzen unter vielen anderen Modellen. »Woher wissen Sie das?«
Er blickte ihr gerade in die Augen. »Das sieht man.«
»Man? Sie sehen das wohl. Denn das hat noch keiner zu mir gesagt.«
»Wirklich? Das ist nicht zu übersehen, da liegt eindeutig Ihr Talent.« Er stöberte weiter, besah sich eine Auszeichnung an der Wand, wo Lisa stolz neben einem Model stand, das sie um einen Kopf überragte und Lisas ochsenblutfarbenes Abendkleid trug.
Während er eingehend das Bild betrachtete, fragte er: »Warum bin ich hier?«
Etwas überrumpelt, dass er so schnell fragte, sagte Lisa: »Ich brauche Ihre Hilfe.«
»Aha.« Tom drehte sich um. »Und wobei?«
Als seine stahlblauen Augen sie fixierten, schlug ihr Herz schneller. »Die Modenschau …«
Er nahm sich einen Stuhl und setzte sich, verschränkte die Arme vor der Brust. »Welche?«
»Es gibt in drei Wochen eine Modenschau hier in Los Angeles, die unter dem Motto ›Hot & Sexy‹ läuft.«
»Ist mir bekannt.«
»Und nun wollte ich ... also, meine Chefin findet meine Vorschläge ...«
»… nicht gut.«
»Richtig. Aber ich brauche diesen Auftrag. Er würde mein Sprungbrett für die Zukunft bedeuten.«
»Ach, verstehe. Sie haben einen Auftrag bekommen, dort mitzuwirken mit Ihren Modellen?«, mutmaßte er.
»Genau. Doch meine Chefin ist sehr wählerisch. Keine meiner Entwürfe ist ihr gut genug. Ich habe so viele Stücke kreiert, wie noch nie in meinem Leben. Wenn ich ihr morgen, meine letzte Chance, noch eins präsentiere, was nicht ihren Anforderungen entspricht, wobei ich überhaupt nicht weiß, was in ihrem Sinne ist, so wird sie mich von dem Auftrag zurückziehen.«
»Niemand kann im Sinne eines anderen Kleider und Wäschestücke entwerfen. Das ist so gut wie unmöglich! Jeder Geschmack ist anders. Ich kann nur sagen: ›Mode ist vergänglich – Eleganz ist ewig‹ …«
»Den Ausspruch kenne ich. Er ist von Ihrem Freund Valentino.« Lisa lächelte. »Wollen Sie mir sagen, dass ich etwas Elegantes entwerfen soll?«
»Nein, das würde ich Ihnen niemals vorschreiben, Lisa. Jeder ist in seinem Tun frei.«
»Ich brauche aber Ihren Rat. Darum sind Sie hier.«
Toms Gesicht wurde ernst. »Rat? Wofür?«
Lisa atmete tief durch. »Ich bitte Sie, mir etwas zu zeichnen, was sexy ist, was hot ist. Was anders ist, als ich es sehe …«
Seine Miene wurde sehr ernst. »Ich soll Ihnen etwas zeichnen?«
»Ja!«, sagte Lisa erleichtert. »Sie sind aus der Branche, kennen sich aus, haben viel gesehen. Ihr Freund ist ein Modepapst.«
Tom schüttelte den Kopf. »Unmöglich.« Er stand auf.
Lisa zog scharf die Luft ein. »Halt, warten Sie. Wollen Sie jetzt gehen?«
»Ja.«
»Nein, Mr Monroe. Bitte! Ich brauche Ihre Hilfe.«
»Tut mir leid, Lisa. Aber das kann ich nicht tun.«
»Warum nicht?! Es ist doch nur eine Zeichnung.«
»Es würde gegen die Regeln verstoßen.« Ernst blickte er sie von oben herab an.
»Niemand würde etwas erfahren«, versuchte Lisa es.
Er schüttelte den Kopf und wandte sich mit zwei Schritten zur Tür. Lisa überkam Panik. Er war der einzige, der ihr noch helfen konnte, denn sie war mit ihrem Latein am Ende. Er wäre der einzige, der ihr die Leiter zur Zukunft halten könnte. In Panik lief sie zu ihm und hielt ihn am Arm zurück. »Nein, bitte, gehen Sie nicht! Sie sind meine einzige Chance! Ich hatte so auf Sie gehofft. Bitte!«
Sie sah, wie er mit sich rang. Etwas in ihm kämpfte einen unerbittlichen Kampf. Aber warum nur?
»Bitte«, hauchte sie.
Sein Mund öffnete sich leicht, doch es kam kein Ton raus.
Lisa verstand ihn einfach nicht. »Mr Monroe ...« Sie verlor ihr letztes Bisschen an Würde, als sie flüsterte: »Ich würde mich auch Ihnen hingeben ...«
Seine Zähne bissen mehrmals aufeinander. »Tun Sie das nicht, Lisa! Das ist kein guter Weg!«
»Andere haben es auch schon getan.«
»Ach, wirklich? Die sind aber nicht aus unserer Branche.«
»Doch, der ›Creation Warrior‹ zum Beispiel. Er hat sich hochgeschlafen. Deshalb ist seine Kollektion so beliebt.«
»So, hat er das?« Seine Augen formten sich zu Schlitzen.
»Es wird halt erzählt.«
Tom lachte leise. »Seine Mode ist beliebt, weil er mit einer Frau oder einem Mann geschlafen hat? Glauben Sie das wirklich? Also, ich kann es mir nicht vorstellen.«
»Ich weiß es nicht.«
»Ich glaube, dieser Mann kann es einfach. Er trifft den Nerv der Zeit und hat Talent.«
»Kennen Sie ihn?«
Er lächelte. »Ja, ich saß bei einer Modenschau neben ihm. Er ist strange und amüsant. Nur mit Frauen kann er nicht umgehen.«
»Er ist mir eigentlich auch egal. Im Moment zählt für mich nur, dass ich dort teilnehmen kann.«
»Und dafür würden Sie mit mir ins Bett gehen.«
Langsam nickte sie.
Mit einem Schritt war er dicht bei ihr, legte seine Hand auf ihre Wange und presste seine Lippen auf ihre. Sie waren weich und warm. Etwas anderes mischte sich in seinen Kuss, der ihr Herzrasen verursachte. Sie wusste nicht, was es war. Dann ließ er von ihr ab. Das war zu früh. Sein Kuss war unglaublich, und sie wollte, dass er länger angedauert hätte. Ohne Nachzudenken, nur ihrem Trieb nachgebend, küsste Lisa nun ihn. Erst war er überrascht, fing sich aber schnell und erwiderte den Kuss. Als seine Zunge in ihren Mund drang, wusste sie, was das Gefühl bedeutete, dass er ihr neben dem Kuss vermittelte: Verlangen. Auch sie war verlangend. Der Kuss war so intensiv, dass sie glaubte, in ihm zu ertrinken. Diesen Mann wollte sie nie wieder loslassen, wollte sich noch dichter an ihn pressen, obwohl sie schon seine Hitze durch sein Hemd spürte. Hart drängten ihre Nippel gegen ihn. Plötzlich stieß er sie zurück.
Erschrocken holte Lisa Luft, aber auch, weil sie glaubte, die letzte Minute nicht mehr geatmet zu haben. Keuchend standen sich beide gegenüber. Ihr kam wieder in den Sinn, wie sie schon im Geiste mit ihm geschlafen hatte, und sofort überkam sie ein unbändiges Sehnen, sich jetzt und hier hinzugeben. Doch etwas in seinem Blick hielt sie zurück, sich ihm ein weiteres Mal an den Hals zu werfen.
»Ich liebe Männer.«
Es war wie eine Ohrfeige für sie. Das konnte nicht sein! »Sie sind nicht Valentinos Freund. Er heißt anders.«
»Richtig. Ich bin ein guter Freund von ihm.«
»Haben Sie mit ihm geschlafen?«
»Das geht Sie nichts an.« Er drehte sich zur Tür.
»Nein, Tom! Bitte, warten Sie. Ich ... es tut mir leid, dass ich das gesagt habe. Aber ich hatte eben einfach nicht das Gefühl, dass sie auf Männer stehen.«
»So kann man sich täuschen«, sagte er bitter. »Kann ich jetzt gehen?«
»Verdammt! Sie haben mich geküsst! Und nun spielen Sie die beleidigte Leberwurst?«
Mit einem Ruck drehte er sich um, packte ihre beiden Oberarme und drängte sie in unglaublicher Geschwindigkeit gegen eine freie Wand. Lisa knallte dagegen. »Au!« Angst und Lust schnürten ihr die Kehle zu und ließen sie keuchen.
»Hör mal gut zu, mein Mädchen«, stieß er zwischen den Zähnen hervor. »Keiner wagt es, so mit mir zu sprechen! Ist das klar?«
Lisa nickte schwer atmend. Plötzlich spürte sie etwas, das sie nicht hätte spüren dürfen. Sein Schwanz presste sich gegen ihren Bauch. Er schien es auch zu bemerken und sagte trocken: »Die natürliche Reaktion auf Stärke und Schwäche.« Er ließ sie los und ging.
Lisa lief ihm hinterher. »Sie können nicht einfach gehen. Wenn Sie es tun, haben Sie die Zukunft einer Frau ruiniert, die Sie geküsst haben.«
Er lachte auf. »Es wäre nicht das erste Mal.« Dabei nahm er seinen Mantel vom Haken.
»Tom, bitte! Helfen Sie mir!«
Er blickte ihr in die Augen, streichelte ihre Wange und sagte: »Jeder ist für sich selbst verantwortlich, meine Kleine.« Mit einem Kuss auf die Stirn verließ er ihre Wohnung.
Minutenlang starrte Lisa die geschlossene Wohnungstür an, und hörte, wie ihre Tränen dauerhaft auf den Parkettboden tropften.
***
Die nächsten beiden Tage bis zum Wochenende hatte Lisa frei. Sie war totunglücklich, nutzte aber die Zeit, um weitere erotische Modelle zu entwerfen, die ihr selber überhaupt nicht gefielen. Stattdessen, um sich wenigstens ein bisschen aufzumuntern, zeichnete sie Abendkleider in den verschiedensten Formen und Farben mit vielen Accessoires und Liebe zum Detail. Das Wochenende nutzte Lisa, um sich von ihrem Traum, der Teilnahme an der Modenschau, zu verabschieden. Dauerhaft spukte Tom Monroes Satz: »Jeder ist für sich selbst verantwortlich« in ihrem Kopf herum. Über ihn wollte sie nicht mehr nachdenken. Sie zwang sich dazu.
So kam Lisa am Montagmorgen entschlossen und alle Gefühle in die hinterste Schublade ihres Seins verdrängend, in die Firma und bat ihre Chefin, sofort als sie das Büro betrat, um einen Besprechungstermin.
***
Lisa klopfte und trat sofort ein. Sie hatte wohl zu viel Kaffee getrunken, denn ihr Adrenalin schoss durch ihre Adern.
»Guten Morgen, Ma’am.«
Amanda Fox erhob sich. »Guten Morgen, Lisa.«
Lisa wunderte sich kurz über das Erheben ihrer Chefin, das hatte sie bisher noch nie an ihr beobachtet, legte aber sofort mit ihrer Rede los, bevor sie der Mut verließ. »Ich möchte gleich zum Punkt kommen. Ich möchte mit meinen Modellen, die nicht ausreichend für die Modenschau sind, zurücktreten.«
Amanda nickte anerkennend. »Gut. Ich hatte so sehr gehofft, dass Sie das sagen würden, Miss Harrington.«
Lisa wusste, dass es diese Schlange von Frau freuen würde. So versuchte Lisa die Freudentänze ihrer Chefin nicht an sich heranzulassen und so schnell wie möglich dieses verhasste Zimmer zu verlassen.
»Von daher sage ich nun: Herzlichen Glückwunsch!«
Lisa gefror alles im Gesicht, und ärgerte sich, dass sie diese Gemeinheiten nun doch an sich heranließ. »Sie beglückwünschen mich zu meinem Rückzug?«, spie Lisa verächtlich aus.
»Aber, aber, meine Liebe. Nicht doch! Ihre Werke waren ganz scheußlich. Aber die, die Sie mir am Freitag auf den Tisch gelegt haben, sind einfach wunderbar, fantastisch, einmalig! Damit werden Sie alle Modeschöpfer vor Neid erblassen lassen.«
Lisa schluckte. Was ging hier vor?
»Warum sehen Sie mich an wie das siebte Weltwunder? Hatten Sie nicht erwartet, dass ich so einen Geschmack besitze. Ja, ich weiß, ihre Robe ist provokativ, sehr provokativ, aber ich werde sie anfertigen lassen und dann geht’s ab zur Modenschau. Wir haben nicht mehr viel Zeit. Ich habe sie am Freitag bereits zur Produktion angewiesen. Nun ist es an Ihnen, sich Ihre Models zu suchen. Sie brauchen drei. Sie wissen ja: Jedes Model kann zwei Mal laufen.«
Lisa nickte. Sie war wie paralysiert.
»Nun, ab! Beeilen Sie sich, wir haben nicht mehr viel Zeit. In zwei Wochen sind die Roben da.«
***
An Models, an gute Models, heranzukommen, war verdammt schwer. Lisa legte entnervt den Hörer auf. Das war nun die fünfte Agentur, die ihr absagte. Zwar hatte sie sich über das Internet diverse Frauen schicken lassen, aber die Videobänder, die ihr den Catwalk zeigten, waren nur mäßig gut. Und die Models, die sie wunderbar fand, waren entweder nicht zu bezahlen oder schon gebucht.
Lisa strich sich durch ihre Haare und dachte wieder an die Zeichnungen, die sie noch immer nicht zu Gesicht bekommen hatte. Wie auch! Sie konnte wohl schlecht hingehen und sagen: »Darf ich die Entwürfe noch mal sehen, ich hab ganz vergessen, wie sie aussehen.« Und wer hatte sie Amanda auf den Schreibtisch gelegt? Kamen sie von Tom? Aber er konnte unmöglich ins Gebäude. Oder hatte er sie per Post geschickt? Doch dann hätte der Umschlag mit auf Amandas Tisch gelegen und sie hätte Lisa mit Sicherheit zur Rede gestellt. Oder kamen die Zeichnungen etwa von Betty? Aber fragen konnte sie sie nicht, weil, sollte Betty es nicht gewesen sein, herausgekommen wäre, dass es nicht Lisas Entwürfe waren.
»So ein Mist!«, fluchte Lisa und fuhr sich erneut mit beiden Händen durch die Haare. Wo bekam sie bloß ihr letztes Model her? Mit sechs Outfits bei einer Modenschau ins Rennen zu gehen, war schon nicht viel, aber dann nur zwei Models zu haben, um vier Roben zu präsentieren, war noch weniger. Lisa ging wieder ins Internet.
***
»Die Outfits sind da, Miss Harrington«, flötete Amanda Fox ins Telefon. »Sie müssen versuchen, dringend herzukommen, sonst müssen wir sie ohne Sie anprobieren und anpassen.«
»Ich weiß, Mrs Fox, aber ich kann heute einfach nicht kommen. Ich saß zwei Stunden beim Arzt und fühle mich noch kranker als vorher. Ich habe hohes Fieber«, krächzte Lisa ins Telefon und ließ sich erschöpft aufs Kissen sinken. Sie schloss die Augen und hielt die Tränen zurück. Wieso wurde sie ausgerechnet heute krank! In zwei Tagen war der Catwalk bei der »Hot & Sexy«. Eigentlich konnte sie nicht hin. Doch das käme nicht in Frage, sie musste wenigstens live und in Farbe die Modelle sehen, die ihr heimlicher Helfer oder heimliche Helferin ihr hatte zukommen lassen.
»Versuchen Sie, alles möglich zu machen, Miss Harrington. Denken Sie an Ihre Zukunft!«
Lisa drängte die wieder aufsteigen wollenden Tränen zurück. Sie dachte in all den Wochen an nichts anderes. Auch kam ihr immer wieder das Gesicht und die Statur von Tom in den Sinn. Er ließ sie nicht los. Sein drängender Kuss, sein harter Schwanz, den er nicht hatte verbergen können ...
»Sind Sie noch dran, Miss Harrington?«
Lisa kämpfte mit einem Hustenanfall und ächzte: »Ja, Ma’am.«
»Na, dann gute Besserung.« Ohne eine Antwort abzuwarten, legte Amanda auf.
***
Der große Tag war da. Mit zittrigen Händen stand Lisa vor ihrem großen Spiegel, der in die Tür ihres Schlafzimmerschrankes eingelassen war, und zog sich ein lilafarbenes Schlaukleid an, das im Schulterbereich schräg geschnitten war. Eine Schulter hielt einen Träger, die andere war nackt und der obere Rand führte über ihrer Brust unter dem Arm durch. Der Rand war mit helllila Federn besetzt, die sich auch am Saum wiederfanden. Dazu trug Lisa mittelhohe lila Pumps. Die hohen Schwarzen sahen zwar um Welten besser aus, aber sie fühlte sich schon so wackelig genug auf den Beinen. Ihr Hals wurde von einem dezenten, dünnen Goldkettchen mit einem Strassanhänger verziert mit passenden Ohrringen und Armband.
Als sie das Taxi hupen hörte, nahm sie ihren roten Mantel vom Haken und dachte sofort an den braunen Mantel, der noch vor drei Wochen hier gehangen hatte. Schnell wischte sie die Erinnerung fort und lief auf wackeligen Beinen zum Taxi. Sie wusste, dass sie noch Fieber hatte, aber den heutigen Abend konnte sie nicht verpassen. Unmöglich! Es war einer der wichtigsten Abende ihres Lebens. Hoffentlich würden die Modelle gut aussehen und hoffentlich würden die Models den Walk gut machen und hoffentlich ...
»Wir sind da, Ma’am«, riss der Taxi-Fahrer sie aus ihren Gedanken. Sie bezahlte ihn und stieg mit klopfendem Herzen aus. Viele Leute hatten sich schon eingefunden, obwohl es lange noch nicht soweit war. Mit ihrem Veranstalterausweis kam sie sofort ins edle Gebäude und suchte sich den Weg hinter die Kulissen.
Schnell fand sie Amanda, die sie in die Arme schloss und mit Küsschen rechts und Küsschen links begrüßte. Lisa traute ihren Augen kaum. Was war in ihre Chefin gefahren? Dann glitt ihr Blick zu einer hübschen, brünetten, großgewachsenen Frau, die ihr die Hand reichte. »Hi, ich bin Jennifer, Ihr Model.«
»Hi, Jennifer ...« Ein paar nette Worte blieben Lisa im Hals stecken, als ihr Blick über das Outfit glitt, oder besser gesagt, über das Wenige an Stoff. Lisa erblasste. »Oh, mein Gott«, stieß sie hervor.
Das Mädchen griff sofort beherzt zu und stützte Lisa. »Ist Ihnen nicht gut?«
»Doch ... ich bin nur noch etwas krank. Habe noch Fieber. Entschuldigen Sie. Das Kleid, ich meine, das Negligé steht Ihnen einfach hervorragend!«
»Es nennt sich Nachthängerchen«, korrigierte das Model freundlich.
»Ja, richtig, ich weiß, ich habe es entworfen.« Wie magnetisch angezogen blickte Lisa auf die nackten, hübschen und sehr sichtbaren Brüste des Models, die damit nicht das geringste Problem zu haben schien. Ein knapper Tanga bedeckte gerade und eben ihre Scham. Das Hängerchen besaß einen sanften Apricot-Ton und wurde mit eine leichte Schleppe geziert, die nur bis zum ersten Drittel des Oberschenkels reichte, so lang, wie auch das Hängerchen war. Das Modell war ein Knaller.
»Ich muss Ihnen leider sagen, dass meine Kollegin krank ist. Und meine andere Kollegin musste heute nach Italien zu einer Beerdigung. Aber es springen zwei andere Models ein. Ah, da kommt Veronica.«
Nur nach und nach drangen die Informationen zu Lisa durch. Noch ehe sie etwas sagen konnte, stand eine Frau in den Fünfzigern vor ihr.
»Hi, ich bin Veronica. Ich springe für Sunsy ein. Ich hoffe, ich bin nicht zu alt. Für mein Alter habe ich noch einen wunderbaren Körper.«
Lisa klappte der Mund auf. »Hi«, presste sie hervor.
»Meine Kollegin kann leider nicht kommen. Sie war schon verbucht. Aber wir sind ja zu zweit, da können wir ja schon vier Modelle präsentieren. Besser vier als keine, oder?!«
Automatisch schüttelte Lisa den Kopf, sie konnte nichts sagen, starrte nur von einem Model zum anderen. Sie hatte das Gefühl, in Ohnmacht fallen zu müssen. Weg, nur weg von hier, schoss es ihr durch den Kopf. »Bin gleich zurück«, presste Lisa hervor und spürte, wie sie ein Schwindel erfasste. Sie taumelte durch die Gänge und versuchte, die Toiletten zu finden. Sie entdeckte Schilder und zwang sich, nicht zu stürzen. Sie spürte, wie ihre Atmung sich beschleunigte, und befürchtete zu stürzen und nichts von der Modenschau mitzubekommen, ihre Chance für die Zukunft in ohnmächtigem Schwarz zu verbringen.
Eine Hand packte sie und zog sie hoch. Sie fühlte sich gestützt und zu den Toiletten gezogen. Noch bevor sie ihn ansehen konnte, nahm sie ihn am Duft wahr. Als sie am Waschbecken der Damentoilette standen, zog er sein weißes Hemd aus der Hose und hielt eins der unteren beiden Enden neben der Knopfleiste unter Wasser. Schnell öffnete er sein Sakko, um mit dem nassen Hemdende an Lisas Stirn zu kommen. Die Kühle tat ihr gut. Lisa schloss die Augen.
»Versuch, ruhiger zu atmen«, sagte Tom leise. Als er sein Hemd noch mal mit kühlerem Nass tränkte, öffnete Lisa kurz die Augen, um ihn anzublicken. Eine besorgte Falte hatte sich auf seiner Stirn gebildet, die sie im Spiegel sehen konnte. Er sah im Spiegel zu ihr und das Blau seiner Augen strahlte zu ihr. Noch intensiver war es, als er sich zu ihr drehte und sie anblickte. Die Kühle traf ihre Stirn. Nach einer Weile lehnte sie sich einfach gegen ihn und seine Arme umfingen sie wie selbstverständlich.
Als sich nach einer Weile die Tür der Damentoilette öffnete, versuchte Lisa, sich aus seiner Umarmung zu befreien. Doch er hielt sie weiterhin fest. Lisa hörte Getuschel und Gekicher von zwei Frauen, die in den Toiletten verschwanden. Nachdem die Frauen sich schweigend die Hände gewaschen und getrocknet hatten, verließen sie beide die Toilette und Lisa hörte sie tuscheln: »Hast du gesehen, das war der Monroe! Aber die Frau kenn ich nicht.«
»Bestimmt seine Freundin.«
»Nein, der ist schwul.«
Lisa lauschte noch eine Weile Toms Herzschlag und drückte sich dann langsam von ihm weg. Ihr ging es wesentlich besser. »Danke. Du warst zur rechten Zeit am rechten Ort.«
Ein Lächeln umfing seine Lippen und seine Hand streichelte über Lisas Wange. »Gern geschehen, Hauptsache, dir geht es besser.«
Lisa nickte.
»Was war denn?«
»Meine Models sind nicht gekommen.«
»Was?« Geschockt blickte Tom sie an.
»Ja, so etwas kann auch nur mir passieren. Eine ist da. Eine als Ersatz ist auch gekommen. Sie ist an die achtzig, gefühlte hundertfünf.«
Tom lachte laut los, und Lisa fiel mit ein, weil sein Lachen einfach ansteckend wirkte.
Dann fing Lisa sich wieder und flüsterte: »Ich bin verloren.«
»Nein, bist du nicht. Du hast wunderschöne Kreationen. Ein Model ist da, sie könnte drei tragen, also drei Mal laufen und dann gibt es noch dich.«
»Ich?«
»Ja, du könntest deine Sachen tragen.«
»Niemals, sie sind … Woher wissen Sie …«
»Wir sind schon beim Du, Lisa.«
»Also schön. Aber woher weißt du, wie meine Modelle aussehen?«
Tom grinste.
»Oh, mein Gott, dann warst du …«
»Vielleicht. Aber vielleicht auch nicht.«
»Warum hast du das getan?«
»Das ist eine lange Geschichte, und diese Zeit haben wir jetzt nicht. Du musst zurück.«
»Kommst du mit?«, rutschte Lisa heraus. Noch bevor sie es zu Ende gefragt hatte, übermannte sie ein schlechtes Gewissen, das sich nur noch mehr festigte, als sie seinen gequälten Gesichtsausdruck sah. »Du musst nicht. Ich dachte nur ...«
»Ich komme nachher mal rum und sehe mir das an. Versprochen.«
»Wo finde ich dich?«
»Im Publikum. Ich sitze neben Valentino.«
»Oh Gott, er ist auch da?« Das Blut wich ihr aus den Wangen.
»Hey, jetzt nicht wieder umkippen«, schmunzelte Tom, während er sich das nasse Hemd in die Hose stopfte und eine Grimasse dazu zog. Er bot ihr den Arm und beide gingen hinaus. Im Gang trennten sich ihre Wege.
Mit neuer Kraft trat Lisa zu ihren beiden Models. Das ältere Model hatte sich in eine Robe gezwängt, die ihr zu klein war und ihr auch in größerer Form nicht gestanden hätte.
»Bitte ziehen Sie das wieder aus, Veronica. Es tut mir leid, das sagen zu müssen, aber Sie bekommen den Job heute nicht. Und Sie, Jennifer, versuchen, eine dritte Runde zu laufen. Wir werden uns einfach noch hinten mit dranhängen. Alles klar?«
Jennifer nickte.
Veronica stieß einen Schrei aus, der durch die Halle tönte. Sofort waren Lisa und Jennifer bei ihr.
»Es tut mir so leid. Das habe ich nicht gewollt. Es ist einfach so passiert. Ich habe wirklich aufgepasst!« Veronica hielt ein Hauch von Nicht in den Händen mit einem riesigen Riss.
»Oh Gott ...« Lisa fühlte, wie ihr wieder schwindelig wurde. Doch sie zwang sich, Herrin der Lage zu bleiben und presste die Lippen aufeinander. »Legen Sie das Negligé hierhin und dann können Sie gehen.«
Veronica tat wir ihr geheißen und war im Nu verschwunden.
Erst jetzt kam Lisa dazu, sich die Modelle, die Tom ihr entworfen hatte, zu betrachten. Ihr Herz stand still, als sie das letzte der sechs Stücke betrachtete. Es war mit dem, was sie trug, identisch nur nicht in lila, sondern in einem knalligen orange. »Das ist ja mein Entwurf ...«
»Es sind doch alles Ihre Entwürfe, das sieht man sofort. Auch an dem hübschen Kleid, das Sie tragen.« Jennifer blickte Lisa bewundernd an.
Lisa war sehr überrascht, wie ausgeklügelt und elegant diese Sachen waren. Auch wenn man viel Haut darunter sehen konnte, so waren es ausgefallen schöne, weibliche Modelle. Beinahe hätte man meinen können, sie trügen die Handschrift von Valentino.
»Lisa …«
Lisa schreckte hoch. Jennifer stand neben ihr und hatte sie leicht am Arm gerüttelt. Erst jetzt hatte Lisa bemerkt, dass sie anscheinend eine Ewigkeit auf die wunderschönen Sachen geblickt und die Zeit vergessen hatte. »Wie machen wir das jetzt mit den anderen zwei Outfits?«
»Ich werde sie tragen.«
»Aber … ist das denn erlaubt?«
»Es wird niemand merken, dass ich kein Model bin. Ich bin zwar nicht so groß, aber das ist heutzutage auch nicht mehr so ausschlaggebend.«
Jennifer lächelte und sagte sofort: »Ich werde Ihnen helfen.«
»Das ist sehr lieb von dir. Bitte sag doch du zu mir.«
Jennifer nickte euphorisch.
Schneller als erwartet, war Lisa umgezogen. Nur ungern präsentierte sie ihre nackten Brüste unter dem weiblich eleganten Negligé. Es war zartrosa und besaß eine aufwendige Stickerei am Ausschnitt und an den Trägern, die etwa fünfzehn Zentimeter breit waren. Die Stickerei wirkte wie ein breites V, das an den Ärmeln begann. Der Rest bestand aus einem hauchdünnen Stoff, der leicht um ihre Beine floss und ihre Knöchel umspielte. Zwar passten die lila Pumps nicht hundertprozentig, aber das war jetzt zweitrangig. Hauptsache, die Modelle wurden präsentiert.
***
Inzwischen hatte das Stimmengewirr zugenommen, Musik spielte, das Licht variierte und eine leicht nervöse Stimmung war hinter dem Catwalk entstanden. Blitzlichter zuckten, lautes Lachen erklang dann und wann.
Lisa saß auf einem harten Stuhl in der Maske, hatte sich einen Bademantel umgeschlungen, weil sie so fror, und kämpfte mit der Atmung. Ab und an bekam sie einen Hustenanfall, von dem sie hoffte, er würde sie nicht mitten auf dem Catwalk überkommen. Sie dankte im Stillen ihrer Mutter, die von ihr immer angenommen hatte, Lisa werde Model und deshalb als Lisa noch ein kleines Kind war, immerzu das Laufen auf dem Catwalk geübt hatte. Nun war das etwas, was sie aus dem Effeff konnte. Doch ihr Kopf glühte und ihr Körper war matt und von Gänsehaut überzogen.
Jemand kniete sich vor sie. Als sie ihren Blick erhob, sah sie in die besorgten blauen Augen Toms. Sofort erhellte sich ihr Gesicht. »Tom.«
Er lächelte nicht.
»Was ist denn?«
Sein Blick streifte über ihren Körper, schien jedes Detail in Sekundenschnelle in sich aufzunehmen. Einen Augenblick zu lange verharrte er an der Stelle, wo ihr Bademantel in der Mitte etwas aufklaffte und den Blick auf ihre Brüste freigab, die nur von dem hauchdünnen Stoff bedeckt waren.
»Tom?« Sie berührte seine Hand.
Sofort hielt er sie fest. »So kannst du da nicht raus!«
»Wieso?« Augenblicklich ging ihr Blick zum Spiegel. Die Maske hatte gute Arbeit geleistet. Lisa fand sich schön. Kurz sah sie zur Friseurin, die ihr die Haare machte und nahm ein schwärmerisches Lächeln von ihr wahr, während diese Tom im Spiegel betrachtete. Er schien mehr Frauen zu faszinieren, als ihr lieb war.
»Du bist krank, Lisa!«
»Ich weiß. Aber man sieht es mir nicht an.«
»Doch.«
Erbost blickte sie zu ihm und die Friseurin verlor die Strähne, die sie gerade an Lisas Hochsteckfrisur befestigen wollte. »Danke, du darfst gern gehen!« Schnell entzog sie ihm ihre Hand und raffte den Bademantel enger um sich. Nur mit Mühe unterdrückte sie ein Zusammenschlagen ihrer Zähne.
»Lisa, ich meine es nur gut. Es nützt niemandem, wenn du da draußen zusammenbrichst. Du gehörst ins Bett. Es gibt zig Modenschauen, an denen du noch teilnehmen kannst.«
»Keine Angst, ich werde es schon schaffen.«
»Darum geht es nicht. Warum denkst du nicht an dich?«
»Das tue ich, mein Lieber. Es ist meine Zukunft, die auf dem Spiel steht. Wenn ich nicht da hinaus gehe, dann kann ich höchstens drei der Modelle präsentieren. Wenn überhaupt ...«
»Manchmal ergeben sich andere Wege im Leben.«
»Was meinst du damit?«
Tom horchte auf, sah in den Spiegel und sagte: »Es ist deine Entscheidung. Ich sehe dich dann später. Viel Glück!« Und schon war er weg. Lisa verstand sein schnelles Verlassen nicht. Kurz darauf lief ein Mann durch die Models und rief Toms Namen.
***
Schließlich war es soweit. Die Models reihten sich hintereinander ein. Lisa dachte an Betty, die sie von Weitem zweimal gesehen hatte, aber sie hatte das Gefühl, Betty hätte absichtlich weggesehen. Nun stand eins ihrer Models genau vor ihr. Eine Ansage erfolgte durch zwei Sprecher, die hinter dem Catwalk schwer zu verstehen waren. Doch zwei Worte bekam sie sehr gut mit: »Creation Warrior.«
»Der ›Creation Warrior‹ ist auch hier?«, stieß Lisa hervor.
Das Mädchen hinter ihr bejahte mit: »Er ist mein Chef«, und ihr Gesicht strahlte.
»Na, toll.« Lisa verließ der Mut. Zwar hätte sie sich denken können, dass der Modeschöpfer hier war, aber bisher hatte sie so stark an ihre eigene Kollektion gedacht, dass sie den Gedanken an ihn einfach verdrängt hatte.
Die Frauen setzten sich in Bewegung, sobald die Musik aufgedreht wurde. Lisas Herz klopfte, als sie den Bademantel über einen Stuhl legte. Das Adrenalin jagte durch ihre Adern. Ihre Nippel stellten sich auf und pressten sich gegen den Stoff. Nun wurde ihr ihre Nacktheit noch bewusster. Trotz des Adrenalinstoßes fror sie und die Hitze wallte in ihrem Gesicht. Noch drei Models, dann war sie dran. Noch zwei ... Noch eine ... Lisa ging los. Ihr Atem pulste schnell und ein Hustenanfall kündigte sich an. Bitte nicht, betete sie im Stillen. Ihre Füße arbeiteten sich sicher vor und nahmen auch die zwei gemeinen Stufen, die hier bestimmt jedes Model verfluchte. Die Musik machte es ihr leicht, die Schritte über den Catwalk zu finden. Köpfe waren ihr zugewandt, betrachteten sie. Lisa spürte, wie ihre Brüste unter dem rosa Hauch von Stoff auf und ab wippten. Sie war am Ende angekommen, stellte sich kurz mit einer ausladenden Bewegung auf das andere Bein, stützte eine Hand in die Hüfte und blickte lasziv in die Menge. Blitzlichter zuckten über den Laufsteg, und schon hatte sie sich wieder umgedreht. Auf der rechten Seite sah sie Valentino. Neben ihm Tom mit ernstem Gesicht. Ihr Herz raste, als sie erkannte, dass er ihre Brüste musterte und sein Blick weiter an ihr hinunterglitt. Dahinter saß Amanda, in die jetzt Bewegung kam und sich sofort zu ihrer Nachbarin beugte: Betty. Mehr konnte sie nicht erkennen, konzentrierte sie sich doch auf die Schritte. Plötzlich, völlig unerwartet, überkam sie der Husten. Eine Weile versuchte Lisa ihn zu unterdrücken. Ihr Gesicht färbte sich rot und dann prustet sie los, noch während sie lief. Es nützte nichts, sie musste sich dem beugen. Zum Glück hatte sie das Ende erreicht und taumelte hinter die Kulissen, wo sie versuchte, schnell zu ihrer Garderobe zu kommen. Ihr Husten hatte sie voll im Griff. Fast musste sie sich übergeben. Keuchend rang sie nach Luft. Ihr Kopf glühte und ein stechender Kopfschmerz überfiel sie.
»Lisa, bist du sicher, dass du da noch mal rauskannst?«, fragte Jennifer besorgt und legte ihr fürsorglich eine Hand auf den Rücken.
Lisa nickte und presste hervor: »Ich muss. Das orangefarbene Kleid muss ich einfach noch präsentieren ... aber bitte, sorge dich nicht um mich, du musst dich schnell umziehen und noch mal raus. Denk dran, dich einfach hinten noch ein drittes Mal einzureihen, damit ...« Ein Hustenanfall erstickte ihre Stimme.
»Mist, ich brauche unbedingt Hilfe mit diesem Negligé, es wird mit zwei Häkchen auf dem Rücken geschlossen, da komme ich jetzt nicht ran«, rief Jennifer.
Lisa hatte sich nach Luft ringend auf einen Stuhl fallen lassen. Sie drückte sich hoch und versuchte, die Häkchen ineinander zu bringen, doch ihre Finger zitterten so.
»Lass mich mal«, sagte Tom und hakte die Häkchen ein. »Setz dich wieder, Lisa. Du bleibst hier. Es ist unverantwortlich, dass du noch einmal den Walk mitmachst.«
»Ich kann für mich selbst entscheiden und brauche keinen Bestimmer.« Lisa griff nach dem Schlauchkleid.
Tom drehte sich zu ihr. Das Blau seiner Augen stach in ihre Augen förmlich hinein.
»Du kannst mich nicht zurückhalten. Ich werde noch mein Kleid präsentieren. Alles hängt jetzt daran und ich habe das Gefühl, dass es wichtig ist, es den Leuten noch zu zeigen.«
»Okay, wenn das so ist, dann werde ich ein anderes Model besorgen, was für dich läuft. Aber du gehst da nicht mehr raus!«
Wie kam er nur dazu, sie so zu behandeln?!
***
Lisa war mehr als erleichtert, nicht mehr laufen zu müssen, das wollte sie allerdings nicht zugeben. Doch sie stellte sich immer wieder die Frage, wieso Tom die Möglichkeit hatte, einfach so ein Model zu »borgen«. Waren seine Beziehungen so groß? Anscheinend.
Applaus brandete auf. Es war vorbei. Nun wurde es noch mal spannend, wer aus dieser Vorentscheidung hinausging und seine eigene Kollektion in einer größeren Modelinie auf einer großen Modenschau präsentieren durfte, und automatisch damit auf der »Haute-Couture« in Paris vertreten war.
Der Preisrichter erschien hinter den Kulissen und blickte sich suchend um. Lisa hatte sich ihr lila Kleid wieder übergezogen und auf den Stuhl gesetzt. Nun erhob sie sich, einer Eingebung folgend. Sein Blick richtete sich auf sie und er kam in ihre Richtung. Ihr Herz klopfte zum Zerspringen. Hinter ihm kam Tom angelaufen.
»Miss Harrington?«, fragte der Preisrichter.
Lisa nickte, unfähig zu sprechen. Ihr Herz klopfte in freudiger Erwartung. Sie wusste, dass es wichtig gewesen war, diesen Lauf zu machen. Es hatte sie ihrem Traum näher gebracht. Sie hatte heute alle ausgestochen mit den wunderschönen Modellen. Sie, die solche Strapazen hatte auf sich nehmen müssen, wurde nun belohnt.
»Ich wollte Ihnen, bevor es offiziell angekündigt wird, vorher etwas mitteilen. Viele verkraften das nicht, wenn sie vor dem Publikum stehen.«
Lisa nickte schnell und freudig.
»Sie sind … disqualifiziert.«
Lisa lächelte noch, doch nach und nach kamen die Worte bei ihr an und veränderten ihren Gesichtsausdruck. Die Zeit schien stillzustehen. Das Blut rauschte durch ihre Ohren. In ihrem Gesicht zuckte es. »Wie bitte?«, brachte sie mühsam hervor.
»Tut mir leid, Ma’am. Es ist nicht erlaubt, als Modeschöpfer auf dem Catwalk zu laufen. Das ist ausschließlich den Models gestattet. Damit sind Sie mit Ihren Kreationen raus. Tut mir leid.«
Lisa nickte langsam. Tränen drückte sich unbarmherzig nach oben, doch Lisa wollte ihnen nicht gestatten, ihr letztes Bisschen Würde zu zerstören.
Der Preisrichter drehte sich um und sagte: »Oh, Mr Warrior, gut, dass ich Sie treffe. Herzlichen Glückwunsch! Sie sind mit dabei.«
Lisa blickte hoch in Toms Gesicht. Es wirkte gequält. Toms Hand wurde vom Preisrichter geschüttelt. Dann brach Lisa zusammen. Um sie herum wurde alles schwarz.
***
Lisas Blick fiel auf den aprikotfarbenen Blumenstrauß. Es war der einzige, den sie aus dem Krankenhaus mitgenommen hatte. Ihre Mutter hatte darauf bestanden, als sie Lisa abholte, um sie nach Hause zu fahren. Die ganze Autofahrt über hatte sie von Tom Monroe geschwärmt, der ja so gut aussah und sich so rührend um Lisa gekümmert hätte. Er war oft zu ihr gekommen und hätte lange an ihrem Bett gesessen, während Lisa im Fieberwahn lag.
Stimmt, Lisa hatte ihn nicht mitbekommen. Höchstens zwei Mal hatte sie ihn gesehen. Doch sie wollte nicht mit ihm reden, deshalb hatte sie jedes Mal ihre Augen geschlossen, bevor sie sich mit Tränen füllen konnten.
Nun war sie seit einer Woche aus dem Krankenhaus entlassen. Arbeiten durfte sie noch nicht, was Lisa aber nicht davon abhielt, in ihrem Atelier Abendkleider zu zeichnen. Trotz der Niederlage glaubte sie nach wie vor an sich. Das Entwerfen von Kleidern war ihr Leben. Sie stellte sich ruhige Musik an und sang leise mit. Ab und zu blickte sie zu dem wunderschönen Blumenstrauß auf. Auch wenn sie wusste, dass er von Tom war, wollte sie den Strauß trotzdem genießen.
Es klingelte. Lisa erhob sich und ging zur Haustür. Durch die Gegensprechanlage fragte sie, wer da sei.
»Hallo Lisa. Ich bin’s, Tom.«
Ihr Herz machte einen Satz. Ihr Körper hatte anders reagiert, als ihr Verstand reagierte. »Ich will dich nicht sehen«, sagte sie in die Sprechanlage.
Es klingelte erneut.
Lisa stand vor der verschlossenen Haustür und starrte sie an. Dann hörte sie Schritte im Treppenhaus, als wenn jemand zwei Stufen auf einmal nahm. Das Hämmern an ihrer Haustür ließ sie zusammenschrecken. »Lisa, bitte, öffne die Tür. Ich möchte nur mit dir reden.«
»Ich aber nicht mit dir.«
»Nur zwei Sätze, bitte. Die haben wir uns doch verdient, oder? Dann gehe ich auch, versprochen.«
Wieso Lisa nach diesen Worten die Tür öffnete, wusste sie nicht mehr, aber sie tat es. Als seine Statur in ihr Blickfeld kam, sein kantiges Gesicht mit den stahlblauen Augen, da kamen all die Erinnerungen zurück: Ihr vergeblicher Kampf auf der Modenschau, sein Rat, die Kollektion selber zu präsentieren, sein Sieg, und er, der »Creation Warrior« ...
»Du hast mich belogen!«, schoss es aus Lisa heraus.
Leise schloss Tom die Tür. »Nein. Ich habe dir nur nicht gesagt, dass ich ›Warrior‹ bin. Das allerdings sage ich niemandem.«
»Du hast mir geraten, auf den Catwalk zu gehen, wo du anscheinend genau wusstest, dass ich damit disqualifiziert werden würde.«
»Ich wusste es nicht!«
»Lügner. Ich war eine Konkurrenz weniger für dich!«
Sein Gesicht verzog sich ärgerlich. »Glaubst du das wirklich?! Hätte ich deiner Chefin sonst meine Entwürfe geschickt? Ich habe es für dich getan. Immer wieder habe ich mich in die Höhle des Löwen gewagt, nur, um fünf Minuten mit dir sprechen zu können. Ich habe mir große Sorgen um dich gemacht. Immer wieder habe ich dir abgeraten, nicht auf diesen verdammten Catwalk zu gehen, weil ...« Er hatte sich in Rage geredet und stoppte nun abrupt. Mit einem Schritt war er bei Lisa und wischte eine Träne aus ihrem Gesicht.
»Weil …?«, wollte Lisa leise wissen.
»Weil du mir etwas bedeutest.«
Lisa wollte ihn nie wieder so nahe an sich heranlassen. Sie hatte sich vorgenommen, sollte er sich je wieder in ihrem Leben blicken lassen, ihm eine gigantische Szene zu machen, doch seine Worte ließen ihren Zorn versickern. Sie wollte diesen Mann. Aber er war einfach nur ein guter Freund, würde nie mehr sein. Sie würde ihm verzeihen. Es war wichtig, einen guten Freund zu haben und er wirkte nach außen einfach nicht, wie ein Schwuler.
Lisa rang sich ein Lächeln ab und ging einen Schritt auf ihn zu. Sofort schloss er sie in seine langen Arme. Ihr Ohr an seine Brust gepresst, hörte sie, dass sein Herzschlag schnell ging. Wieso schlug es nicht langsam und regelmäßig? Und sie spürte, wie sich etwas Hartes an ihren Bauch drückte. Sofort wich sie einen Schritt zurück und sah ihn an.
Er erwiderte gerade heraus ihren Blick ohne zu Lächeln.
»Das verstehe ich nicht …«, setzte Lisa an.
»Was?«
»Na ja, du reagierst auf mich …«
Da lachte er wieder sein warmes Lachen. »Na, was sollte ich wohl sonst tun! Ich bin ein Mann!«
»Aber einer, der nicht auf Frauen steht.«
»Ach, wirklich?«
»Du hast das gesagt!«
»Schon möglich. Aber du hattest mich auch ganz schön unter Druck gesetzt.« Er lachte leise. »Manchmal bekommt man dadurch einen Abstand, den man für die Situation gerade braucht.«
Sie traute seinen Worten nicht.
»Eins kann ich dir mit Sicherheit sagen: Wenn ich auf etwas nicht stehe, dann auf Männer!«
Lisas Herz fing an zu hämmern. Noch ehe sie reagieren konnte, lagen seine Lippen auf ihren. Seine Hände auf ihrem Rücken drückten ihren Körper an seinen. Sie merkte, wie sehr sie sein Küssen vermisst hatte, und als seine Zunge in ihren Mund drang, war es wie ein Befreiungsschlag für Lisa. All ihre angestauten und zurückgehaltenen Gefühle für ihn schossen hervor und überspülten sie. Ihr Körper sehnte sich nach ihm, war verrückt nach ihm. Er dirigierte sie rückwärts ins Wohnzimmer, wo er seinen braunen Mantel fallen ließ, ohne sich von ihrem Mund zu lösen. Zärtlich streifte er die Träger ihres Tops nach unten, in ihrer Wohnung allein trug sie nie mehr, und legte ihre Brüste frei. Sein Mund machte sich darüber her und schloss sich erst um den einen harten Nippel, dann um den anderen. Seine Zunge leckte immer wieder darüber, während Lisa seufzend die Augen schloss. Sanft drückte Tom sie auf das Sofa und kniete sich zu ihr. Seine Arme umschlangen ihren Oberkörper, und er schien nicht genug von ihren Brüsten bekommen zu können.
»Die haben mich bei der Modenschau so sehr gereizt, dass ich aufpassen musste, nicht für alle sichtbar das Ergebnis mit mir herumzutragen.«
Lisa lachte leise und streichelte über seine kurzen, dunkelbraunen Haare. Sie waren weich und voll. »Sieh’ mich bitte noch mal an, damit ich nicht träume«, bat Lisa ihn.
Sofort richteten sich seine stahlblauen Augen auf ihre. Ihre Blicke verschmolzen. Dann senkten sich seine Lippen wieder auf ihre, während er seinen Körper ganz langsam auf ihren legte. Die Schwere nahm ihr die Luft, und ihn als ganzen Mann auf sich zu spüren, den Atem. Die Lust wurde in ihrem Unterleib entfacht, wie ein Funke, der auf trockene Sträucher überspringt. Der Kuss wurde stürmischer, wilder. Die Leidenschaft war mit dazugekommen und bestimmte die Spielregeln. Seine Hand wanderte nach unten und umfasste eine ihrer Brüste, drückte sie und presste die Nippel zusammen. Lisa seufzte auf. Schließlich schob er sich ein Stück nach unten und nahm den Nippel wieder in den Mund. Lisa bewegte ihren Körper unter seinem und seufzte: »Ich will mehr!«
Mit einem Blick auf ihr Gesicht stand Tom auf und zog sich aus. Langsam und gewissenhaft. Als er seine Boxershorts nach unten zog, ragte ein großer Schwanz hervor, der begierig zuckte.
Lisa schob ihren weichen Stoff-Rock, den sie nur zu Hause trug, über ihre Füße und streifte den Slip gleich mit ab.
Sofort strich seine Hand über ihre rasierte Scham. Lisa erschauderte, und eine leichte Gänsehaut legte sich an diese Stelle, was Tom mit einem Lächeln bemerkte. Seine Hände glitten über ihren Bauch, fuhren um den Bauchnabel und streiften wieder ihren weiblichen Hügel. Als er mit der Längsseite seines Zeigefingers durch ihre Spalte glitt, seufzte Lisa auf. Das wiederholte er zwei, drei Mal, bis sich Lisas Körper unter seiner Hand aufbäumte.
Dann drehte sie sich zur Seite und griff, führ ihn wahrscheinlich völlig unvermittelt, nach seinem Schwanz. Allein ihre Berührung ließ ihn aufseufzen. Langsam und gleichmäßig begann sie ihn zu reiben und schob ihn durch ihre fest zugehaltene Faust. Er schloss die Augen und legte den Kopf leicht in den Nacken. Ihre Hand wurde schneller. Dann wurde sie von seiner gepackt. »Hey, nicht so schnell, Kleines.« Behutsam zog er sie von seinem Schwanz weg, der zu glühen schien.
Lisa blickte in seine Augen und öffnete ihre Beine – für ihn. Seine leicht behaarte Brust hob und senkte sich schnell, als er sich zwischen ihren Beinen niederließ. Langsam drang er in sie ein. Lisa stöhnte auf und hielt sich an seinen muskulösen Oberarmen fest. »Stopp, nicht so schnell. Da war sehr lange keiner mehr drin.«
Sie merkte, wie er versuchte, sich zurückzuhalten, denn sie sah, dass es ihn einige Anstrengung kostete, langsam in sie vorzudringen. Schließlich drückte er das Stückchen in sie hinein und verharrte einen Augenblick. Lisas Gesicht hatte sich mit einer intensiven Röte überzogen, sie spürte es. Dann hob er sein Becken langsam an und zog seinen Schwanz aus ihr. Lisa keuchte. Mit einem einzigen Stoß schob er sich wieder zurück. Lisa schrie auf und krallte sich an ihn. Der Duft, der seiner Brust entstieg, umnebelte sie. Es war wie ein Aphrodisiakum. Sie ergriff den Moment, um mit ihren Fingern durch seine Brusthaare zu fahren. Erneut entzog er sich ihr, um seinen Schwanz tief in sie hineinzustoßen. Schwer atmend nahm sie seine Stöße in sich auf. Er zog das Tempo an, seine Lust schien sich nicht mehr zügeln zu lassen. Stark stieß er nun wieder und wieder in sie und ihre Beine schlangen sich um seinen Po, um ihn möglichst noch tiefer in sich zu spüren. Er traf immer einen Punkt in ihr, der sie so sehr reizte, dass es jetzt nicht mehr lange dauerte, und sie zum Kommen brachte. Endlich war es keine Vorstellung mehr, sondern real. Tom war auf ihr, sie fasste ihn an, er stieß in sie und kam mit einem langanhaltenden Aufseufzen.
Lisas Orgasmusblitze nahmen ihr die Sicht auf ihn. Sie musste die Augen schließen und genoss das Gefühl des Ausgefülltseins, des Überschwappens ihres Körpers, der tiefen inneren Lust. Und sie genoss auch den Ausklang, der langsam vor sich ging und Lisa mit einer wohligen Zufriedenheit zurückließ.
Tom hatte seinen Kopf an ihrem Kopf abgelegt, und sie hielt ihn noch umfangen, wollte, dass er sich nie aus ihr lösen würde. Noch immer konnte sie nicht glauben, dass sie mit Tom Monroe Sex gehabt hatte. Der, von dem sie immer angenommen hatte, so wie alle anderen, dass er schwul war. Und nun war er in ihr mit Genuss gekommen.
***
Als Lisa erwachte, befand sie sich in ihrem eigenen großen Bett. Sie lag in der Mitte, die rechte Betthälfte war zerwühlt, aber leer. Sofort richtete sie sich auf. »Tom?«
»Ich bin hier, Süße«, sagte eine sanfte, tiefe Stimme hinter ihr.
Sie drehte sich zu ihm um. Er hatte sich auf einen Ellenbogen gestützt und blickte sie mit seinen wunderschönen blauen Augen an. Er streichelte ihre Hüfte, während seine Decke nur seinen Unterleib bedeckte und seine breite männliche Brust sehen ließ.
Erleichtert sagte sie: »Ich dachte, du wärst gegangen.«
Er lächelte. »Ich gehe nie, ohne mich vorher zu verabschieden. Aber heute, muss ich gestehen, möchte ich einfach nicht gehen.«
Lisa lachte. »Das ist auch gut so.« Damit schlang sie die Arme um seinen Oberkörper und gab ihm einen Kuss. Er erwiderte ihn sofort und zärtlich. Dann löste er sich von ihr und sagte: »Ich habe eine kleine Überraschung für dich. Ich hoffe, dass es eine ist «
»Ja, ich will!«, stieß Lisa hervor. Als ihr bewusst wurde, was sie angedeutet hatte, wurde sie feuerrot.
Tom blickte sie einen Augenblick an, dann lachte er laut los und Lisa fiel erleichtert mit ein.
»Nein, Süße, diese Frage wollte ich jetzt noch nicht stellen. Es geht um etwas anderes. Ähm ... was würdest du sagen, wenn ich dir anbiete, mit mir zusammen zu arbeiten. Ich brauche noch jemanden, der mir so wunderschöne, elegante und schöne Abendkleider entwirft, wie du.«
Lisas Mund klappte auf. Ihr Herz beschleunigte sich. »Oh mein Gott … Du meinst, in deiner Firma, mit dir zusammen … beim ›Warrior‹?«
Tom nickte. »Genau, warum nicht. Und das Schönste: Dein entworfenes orangefarbenes Schlauchkleid, das ich einfach in die Zeichnungen mit reingemogelt habe, kann dann auch an der großen Modenschau teilnehmen. Schließlich gehörst du ab heute zu meinem Unternehmen.«
»Oh, Tom ... ich weiß gar nicht, was ich sagen soll! Das ist ... das ist ... fantastisch!« Sie gab ihm einen stürmischen Kuss, sodass er fast aus dem Bett fiel.
»Ich sagte doch: manchmal gibt es andere Wege!«
Lisa sah ihn ernst an. »So lange hast du schon mit dem Gedanken gespielt?«
»Als ich das erste Mal dein Atelier betrat und deine Zeichnungen gesehen habe, ab da wollte ich dich schon zu meiner Partnerin machen. Und auch da wusste ich schon: im doppeldeutigen Sinne …«
Lisa schmiegte sich an ihn, während er sie in den Arm nahm und mit seiner Wärme umhüllte.