Читать книгу Bung I - Vampire, Vampire! - Tuja Tiira - Страница 5
– Kapitel 0 'Unter Beobachtung' –
ОглавлениеLisa hockte im halbdunklen Schatten der Bäume hinter der großen alten Villa, mit ihren Erkern, Giebeln und Türmchen, in der sie zusammen mit ihrem Vater lebte. Sie sprach zu einem kleinen, leicht pelzigen, blassgrünen Tier, das sie vorsichtig streichelte.
Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht. Das kleine Tier war ihr Geheimnis.
Das Weiß der Villa war im Lauf der Zeit nachgedunkelt, an einigen Stellen blätterte die Farbe ab und der Untergrund aus Putz und Holz wurde sichtbar. Doch jetzt im Spiel der Sonnenstrahlen, die das Dach und die Türmchen erleuchteten und die Fenster in Spiegel verwandelten, welche die grünen Wipfel der Bäume und den blauen Himmel mit weißen Wolken zeigten, sah sie wie ein verwunschener Ort aus.
Lisa beobachtete einen Moment lang das Flimmern der Luft und den Tanz der Bilder in den Scheiben.
Aus dem Schatten der Bäume wehte der Geruch nach feuchtem Laub herüber. Ein Windstoß bewegte die Äste über ihr und das Rauschen und Ächzen des Holzes übertönte einen Moment lang die Insekten.
Sie atmete tief ein.
Sie bemerkte, dass von dem kleinen Tier ein leichter Fäulnisgeruch ausging. Lisa war begeistert, das Kleine war einfach zu niedlich.
Lisa war für ihr Alter, sie war 13 Jahre alt, nicht sehr groß und sie trug ein Kleid, das aus einer anderen, längst vergangenen Zeit zu stammen schien und ihr viel zu weit war. Ihre Brille hatte ein altmodisches schwarzes Gestell.
Das kleine blassgrüne Tier sonderte einen schwarzgrünlichen Schleim ab. Es schien nicht hierher zu gehören, nicht zu dieser Tageszeit. Es mied das Sonnenlicht und versteckte sich im dunklen Schatten zwischen den Wurzeln am Fuß eines Baumes.
Doch dieses Tier war nicht das einzige Schattenwesen, das an diesem Spätnachmittag im Frühling am falschen Ort zu sein schien. Unsichtbar unter einem gewaltigen alten Weißdornbusch saß noch etwas anderes, grausameres und größeres. Auf den ersten Blick hätten Menschen es, falls sie es zu Gesicht bekommen hätten, wohl für einen sehr großen Hund gehalten, schwärzer als die Nacht. Doch dies war kein Hund, zumindest kein normaler Hund. Das Tier hatte sich lautlos angeschlichen und lauerte nun tief versteckt im Gebüsch auf seine Chance. Hier war es finster wie im tiefsten Verlies. Kein Blick von außen konnte das Untier wahrnehmen. Nur ein kalter Hauch ging von dem Gebüsch aus und streckte seine nackten Finger in Richtung des kleinen, blassgrünen Tieres aus.
Lisa bemerkte die Augen nicht, die jeder ihrer Bewegungen folgten, und die Kälte des Schattens wurde von der Sonne vertrieben.
Die Witterung des kleinen grünen Tieres schien diesen Hund, der kein Hund war, zu erregen. Das schwarze Untier fletschte die Zähne und Speichel tropfte auf den Boden. Und in der Tiefe des Gebüsches wurden nun die Eckzähne dieses Tieres sichtbar, die hervortraten. Sie waren mehr als doppelt so lang wie der Rest der Zähne und liefen spitz zu. An ihren Enden waren dunkelrote Flecken zu sehen, Flecken von Blut.
Lisa war immer noch ganz vertieft darin, sich um das kleine grüne Tier zu kümmern, als ihr Name gerufen wurde: "Lisa, Lisa!"
Das war ihr Vater.
Sie zog leicht unwillig die Schultern hoch und sah zum Haus. Dann nahm sie das kleine grüne Wesen hoch und versteckte es in einer ihrer Taschen, sorgsam darauf achtend, dass kein Sonnenstrahl das kleine Tier erreichte.
Das kleine Tier fiepte ängstlich, beruhigte sich dann aber schnell wieder.
Sie wischte den schwarzgrünen Schleim, den das Tier auf ihren Händen hinterlassen hatte, an ihrem Kleid ab und biss noch einmal in einen Apfel, der neben ihr im Gras gelegen hatte. Den unansehnlichen Rest warf sie ins Gebüsch.
Sie bemerkte auch in diesem Moment das leise, dumpf rollende Knurren nicht, das aus dem Dunkel kam, als der Apfelrest tief im Gebüsch den Kopf des schwarzen Untiers traf. Sie übersah auch jetzt die rot funkelnden Augen, die ihr drohend nachstarrten, als sie zur Villa lief.
Sie war mit anderen Dingen beschäftigt.
Als ihr Blick zufällig auf den großen alten Kirschbaum auf dem Nachbargrundstück fiel, fiel ihr wieder ein, dass sie morgen unbedingt die Parasiten pflücken musste und sie seufzte. Sie kletterte einfach ungern auf Bäume.