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Februar: Meine beiden „Malocher“ // Naturbeobachtungen:

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Man nennt es bei uns „Sudelwetter“, denn mal ist die Temperatur wenig unter der 0° C-Grenze, dann mal wieder leicht darüber. Wind, Regen, leichtes Glatteis und angefrorene Autoscheiben an jedem Morgen. Meine Mitbewohner Martina und Manfred gehen ihrem liebsten Vergnügen, „der verdammten, menschenverachtenden und ausbeuterischen Arbeit“ nach, von der sie so gerne selbst am Abend noch erzählen. Wie ich anderen Gesprächen entnehmen konnte, wurden sie von vielen Nachbarn angesprochen, ob sie mich denn nicht verkaufen wollten – unversehrt – versteht sich! Seitdem sind die beiden doch etwas eintönig in dieser Beziehung geworden, denn besonders angenehm scheint es nicht zu sein beim Bäcker oder beim Metzger direkt, vor anderer Kundschaft, auf dieses Thema angesprochen zu werden. Erschwerend kommt noch hinzu, daß sie von Bediensteten einer Anwaltskanzlei angeschrieben wurden, die den erlegten, unfähigen Tierarzt als Klient haben. Von seinem gegenwärtigen Aufenthaltsort aus, dem Krankenhaus, scheint es sich besonders gut prozessieren zu lassen. In einer ruhigen, unbeobachteten Minute habe ich mir mal die Anschuldigungen durchgelesen. Da wird auf ein absolutes Hausverbot für Manfred und Martina Wert gelegt, sowie auf eine Zwangsgeldandrohung bei Nichtbefolgung der Verfügung. Zudem wird auf einige Anspruchsforderungen von Schmerzensgeld an einer anderen Briefstelle hingewiesen. Was haltet Ihr von diesem Tierarzt? Meine Meinung über ihn: Er ist eine „Memme“ (Coon: Weinerliches, ängstliches Menschlein).

Na so sind die Menschen und natürlich die Juristen im Besonderen: Wenn an lebenden Tieren herumexperimentiert oder sogar herumgeschnippelt wird, dann handelt es sich um eine Sache, doch der Mensch, besonders der Akademiker, noch dazu in Gestalt des Herrn Doktor, das ist natürlich eine ganz andere Geschichte, auch wenn er an der Ausübung seines schändlichen Wollens, von mir nur gehindert wurde. Übrigens hatte ich keinerlei Bewilligung für eine Operation gegeben und habe noch nicht einmal eine „Vorab Information“ für den geplanten, schweren Eingriff erhalten und dann wundert sich die juristische Fakultät, daß man sich nach Kräften wehrt und seine angeborenen Rechte verteidigt? Wie sind denn diese Paragraphenreiter drauf? Wollen Dr. Mengele spielen und haben noch nicht einmal die Kindergarten-Doktornummer im Programm. Von Fähigkeiten ganz zu schweigen – und dann nach dem Richter rufen, damit der dem bösen Kater ein Biss- und Kratzverbot verhängt und auch noch Schmerzensgeld überweist. Lasst den Kerl nur mal aus der Klinik kommen, ich werde mal nachsehen ob ich mich noch ein wenig mit ihm, zwischen Nacht und Tag unterhalten kann. Wenigstens sind die Arzthelferinnen vom Tierarzt „Dr. Nichtsnutz“ sehr lieb zu mir. Fast täglich komme ich an der Praxis vorbei und bekomme von den beiden, weiblichen Angestellten, sanfte Streicheleinheiten, frischen Fisch, liebe Worte, Lendenspitzen und immer auch frisches Wasser und manchmal sogar Sahne hingestellt. Die beiden sind nicht nur sehr hübsch anzuschauen, sondern auch klug und handeln nach einem Spruch des Dichters Rückert, der in seiner „Weisheit des Brahmanen“ schreibt: „Das Hündlein wedelt, dir sein Futter abzuschmeicheln. Den edlen Hengst, damit er´s annimmt, musst du streicheln“.

Wenn sie sich zu mir herunterbücken flüstern sie jedes mal: „Du bist ein ganz feiner. Hast Du richtig gut gemacht. Der Kerl hat so eine Klatsche schon lange verdient. Und wie der ohnmächtig auf den Boden geknallt ist, so eine tolle Nummer habe ich noch nie gesehen, wir haben dann aber schnell einige Fotos geschossen und sie an unsere ganzen Freundinnen und Bekannten verschickt. Die haben sich auch richtig mit uns gefreut. Den arroganten Kerl kann sowieso niemand leiden. Vielleicht wird er nach diesem Niederschlag mal vernünftig, aber wahrscheinlich bleibt er der „Arsch---- der er schon immer war. Wenn er aus dem Krankenhaus zurückkommt, können wir Dich zwar offiziell nicht mehr füttern, aber wir werden uns schon was einfallen lassen damit Du bei Kräften bleibst“. Dankbar habe ich zustimmend dazu miaut. „Ach Kater noch was, der Tierarzt der im nächsten Städtchen wohnt hat uns versichert, daß er einen Auftrag Dich zu kastrieren ablehnen würde und hat beste Grüße an Dich ausgerichtet, er kann seinen Kollegen nämlich auch nicht leiden. Der ist ihm bereits während des Studiums „gewaltig auf den Wecker gegangen“ (Anmerkung Coon: „Jemanden gewaltig auf den Wecker gehen“ oder auch „jemanden auf die Nerven gehen“, gemeint ist: Der gemeinte verhält sich durch seine Anwesenheit, Reden und Tun so, dass sich niemand mit ihm an einen Tisch setzten will, sondern versucht einen möglichst großen Abstand zwischen sich und dem Betreffenden zu bringen.

Gesättigt gehe ich dann abends wieder in mein Domizil und esse nur noch sporadisch von den angebotenen Speisen meiner Mitbewohner. Es trifft dabei der Merksatz zu: „Trau, Schau, Wem“, dies bedeutet: Sehe besonders konzentriert auf das Tun von den Lebewesen, denen Du Dein Vertrauen schenken möchtest. Martina seufzt dann immer etwas verzweifelt und versucht mich zu beruhigen: „Tut mir so leid Katerchen, wir wollten doch nur gutes tun“! Nach einem solchen Satz stelle ich mir die Frage: „Wem wollten die beiden etwas gutes tun, indem sie mich Kastrieren lassen? Indem Sie mein Vertrauen zu verraten versuchten? Indem Sie – ohne Not – mich heimtückisch hintergehen und schädigen wollten? Doch natürlich habe ich ein hervorragendes Gedächtnis und deshalb bleibt der hinterlistige Versuch der beiden nicht ohne Folgen: Einmal tauchen die beiden in ihren Fitness-Clubs auf, jeder hat einen Trainingsschuh des anderen in seiner Tasche. Schlecht für beide: Sie sind nicht im gleichen Sportstudio aktiv und die Räumlichkeiten befinden 15 km voneinander entfernt. Ein andermal fehlen dann die Trainingshosen oder die Trinkflaschen mit den mitgebrachten, isotonischen Getränken sind in den Taschen ausgelaufen. Wobei: Manfred ist derzeit etwas trainingsfaul. Er kommt nach der Arbeit sehr müde nach Hause und stöhnt nur noch, wie schwer ihm seine Tätigkeiten fallen: „Stell´ Dir mal vor Martina, heute bin ich mitten in der Mitarbeiterbesprechung eingeschlafen. Der Meister hat mich dann später „zur Schnecke“ gemacht und gesagt ich soll gefälligst Abends früher ins Bett gehen, denn ich würde mein Geld schließlich nicht dafür bekommen während der Arbeitszeit zu schlafen“. Martina grummelt ebenfalls: „Heute haben mich in den Geschäften einige Leute angesprochen ob die Vorkommnisse beim Tierarzt der Wahrheit entsprechen und ob wir wirklich versucht haben unseren Kater kastrieren zu lassen. Einige Kunden haben mich kaum noch gegrüßt, andere haben mir angeboten Coon zu kaufen, wenn ich noch nicht einmal mit einer Katze umgehen kann. Ich bin zwar nicht müde, aber zornig und ich kann meine Wut nicht abreagieren. Ich vermute die Hilfskräfte des Tierarztes haben die Geschichte überall herumerzählt“.

Ich verhalte mich ganz still. Wenn die beiden netter zu mir gewesen wären, hätte ich ihnen jetzt geholfen: Die Medizinflasche in der sich jetzt meine Schlaftabletten befinden, hätte ich auf den Boden fallen lassen und dafür gesorgt, daß die Flasche zertrümmert liegenbleibt. Möglicherweise hätte ich sogar die ganze Flasche einfach mitgenommen und in einen Abfalleimer auf dem Marktplatz entsorgt. Die Tablettenflasche zu öffnen und den Inhalt einfach in die Toilette zu schütten und mit dem Hebel die ganze Mixtur verschwinden zu lassen, wäre eine weitere Option gewesen, dann hätte noch nicht einmal aufgekehrt werden müssen und Manfred wäre nur erstaunt gewesen, keine Tabletten mehr im Glaskorpus vorzufinden. Insgesamt betrachtet eigentlich die sanfteste und rascheste Methode der ständigen Müdigkeit Einhalt zu gebieten. Manfred hätte sich dann neue Medikamente verschreiben lassen, die für seine Krankheit bestimmt sind. Bei Martina wäre ich sogar noch einen Schritt weitergegangen, weil sie in letzter Zeit, bis auf meinen Abtransport zum Tierarzt eigentlich sehr nett und zuvorkommend gewesen war und hätte spezielle Meditationsübungen in die Wege geleitet: Schon wenige, tägliche Minuten reichen aus um hervorragende Ergebnisse zu erzielen: Kleine, gedankliche Reisen zu den angenehmen Dingen die wir schon erlebt haben: Eine besonders geformte Blüte, ein erfrischender Duft, eine Musik die wir mögen, ein Bild im Museum, eine Stadt, ein Cafe´ oder einen schönen Film. Durch das gedankliche Hervorrufen freudiger Ereignisse sind wir schon innerhalb kürzester Zeit positiver gestimmt. Auch Lachen – selbst wenn nur die Mundwinkel verzogen werden hilft schon. Dann halten wir diese tollen Gedanken fest und erfreuen uns daran. Innerlich können wir unserem Atem spontan eine Farbe geben und durch den Körper, bis zu den Fingerspitzen und der Kopfhaut senden. Ein frisches Grün um Herzfunktionen zu stärken, ein Blau für den Halsbereich, oder ein wundervolles Rot für den Becken- und Geschlechtsorganbereich. Frische Luft wird tief eingesogen, am besten im Freien, in der Nähe von Bäumen und anderen Pflanzen. Jetzt die Luft durch den Körper schicken und beim ausatmen eine andere Farbe geben, denn schlechte Luft wird jetzt aus dem Körper entfernt. Grautöne, schmierige Farben oder ein Umbra wären dafür zu empfehlen. Einige Minuten lang, den warmen, farbigen Atem durch den Körper schicken, frische, angenehm duftende Luft wird von der Lunge wieder eingesaugt und kann dann rot, orange, blau oder hellgrün von der Lunge zum Kopf und den Lungenflügeln geschickt werden. Ruhiges, tiefes Atmen und diese Übungen täglich wiederholen. Bereits nach wenigen Tagen ist eine Entspannung feststellbar, was sogar Tests in Universitätskliniken bestätigt haben. Der Blutdruck wird genauso verbessert wie das allgemeine Wohlbefinden.

Leider kann ich meinen beiden Sorgenkindern derzeit solche Hilfstechniken nicht anbieten, denn sie sind viel zu sehr mit sich selbst und ihren Sorgen beschäftigt und denken nicht an das Leid und Elend das sie mir angedeihen lassen wollten und schon in Auftrag gegeben hatten. Die beiden glauben nur die ganze Welt hätte sich gegen sie verschworen und akzeptieren nicht, daß sie schlichtweg „Mist gebaut“ haben (Erläuterung Coon: „Mist baut jemand“, der durch seine Aktionen ein so schlechtes Ergebnis bekommt, daß die Arbeit nur noch weggeworfen werden kann. Andere Pfälzer Ausdrücke für einen solchen Vorgang: „Das kannst Du den Hasen geben“, oder auch: „Das war für die Katz´“. Die beiden können froh sein, daß ich mich nicht so räche wie ein Hund in Israel, von dem ich gelesen habe. Auf einer Überwachungskamera ist genau zu sehen wie der Hund immer wieder mit einem Feuerzeug spielt und plötzlich alles in Flammen steht. Das Feuer hat dann auf das ganze Wohnhaus übergegriffen und großen Schaden angerichtet. Einige Menschen wurden dabei sogar leicht verletzt. Was dabei aus dem „Hot Dog“ geworden ist, stand dann allerdings nicht mehr im Artikel. Wahrscheinlich hat er dazu vor Begeisterung über seine Tat gebellt und geheult, wie einst Kaiser Nero als Rom gebrannt hat. Doch mit einem solchen Vorgehen würde ich zu große Gefahren für alle produzieren und das mache ich – bei aller Wut über meine beiden – trotzdem nicht, denn eine gewisse Würde sollte man doch beibehalten und nicht nach einem Sprichwort aus Abessinien handeln: „Oh Lamm, wenn ich dich nicht fresse, so frisst du mich“, sagt die Hyäne!

Ich bin dann zu meinem Freund Horst, in der 4. Querstraße gegangen. Der Name „Horst“ stammt aus dem Althochdeutschen und bedeutet so viel wie „Unterholz“ oder auch „Mann aus dem Wald“. Manchmal wirkt mein Freund Horst wirklich so rustikal als hätte er eben noch Bäume gefällt und würde jetzt durch den Wald stapfen um weitere Arbeiten zu erledigen. Die Musik höre ich schon von draußen und auch ein verräterischer Duft nach Backofenhandling dringt nach draußen. Auf mein kräftiges Miauen wird die Musik leiser gedreht und dann rasch die Haustüre geöffnet, wo sich Horst lachend entschuldigt: Schallplattenaufnahme der Gruppe „ The Doors“, „Absolutely Live“, mit Jim Morrison als hauptsächlichem Sänger, Ray Manzarek, Bass und Vocal, Robbie Krieger mit seiner Gitarre und John Densmore am Schlagzeug. Die Aufnahmen entstanden ausschließlich auf der Tournee durch die USA, zwischen August 1969 und Juni 1970. Sie zeigen wie stark die Truppe live spielen konnte, ohne die heutigen technischen Möglichkeiten.

Während im Hintergrund die Schallplattenaufnahmen weiterlaufen, kontrolliert Horst kurz den Backofeninhalt und ist damit sichtlich zufrieden: „Noch eine Viertelstunde Großer, dann können wir beiden „schnabulieren“ (Coon: So sagen einige Leute in der Pfalz zu „Essen genießen“).

Dann setzt sich Horst an den Tisch und bekennt lachend: „Schade, daß Du mir die Geschichte in der Tierarztpraxis nicht aus erster Hand erzählen kannst. Wenn nur die Hälfte von dem stimmt was ich gehört habe, wie du den Burschen herumgejagt hast und der beim Fluchtversuch an die geöffnete Türe geknallt ist, dann war das schon eine Supershow“! Ich nicke dazu und bekräftige die Darstellung mit einem Miau. Dann schaut Horst auf einen Illustriertenartikel in dem sich mit der Elektromobilität auseinandergesetzt wird. „Coon, stelle dir mal unser heutiges Energieproblem vor: Dieselfahrzeuge erhalten Stadtverbote. Diejenigen die die Manipulationen veranlasst haben gehen straffrei aus und die eigentlichen Opfer, die Autokäufer, lässt man mit ihren Problemen allein. „Ganz schlaue Leute“, das meine ich natürlich in Anführungszeichen, setzen jetzt total auf Elektromobilität, ohne zu berücksichtigen, daß die Bereitstellung dieser Energieform, erst von einem anderen Energieträger umgewandelt werden muss, denn laut Energieerhaltungssatz kann Energie weder erzeugt, noch vernichtet werden, sondern jeweils immer nur von einer Energieform in eine andere umgewandelt werden. Einige städtische Verkehrsbetriebe haben schon ausgerechnet, daß für einen völligen Ersatz ihrer bisherigen Beförderungsfahrzeuge ein Kraftwerk für eine kleine Stadt erforderlich ist – und das sind nur die Verkehrsbetriebe, die privaten und geschäftlichen Nutzer von Fahrzeugen sind noch nicht eingerechnet. Alles wird mal wieder auf eine Karte gesetzt und als „alternativlos“ dargestellt, dabei gibt es schon längst wirklich hilfreiche Alternativen, die aber nicht genommen werden, weil sie den maßgeblichen Personen und Firmen nicht genügend Gewinne einbringt. Das Gemeinwohl und beste für die Umwelt wird mal wieder übersehen: Meines Erachtens wäre der Einsatz von mehr Erdgasfahrzeugen sehr hilfreich. Die Gesamtkosten sind im Vergleich zu den bisherigen Fahrzeugkosten auf gleichem Niveau. Es werden deutlich weniger Stickoxide und Feinstaub produziert und die CO2-Belastung ist um 35% geringer. Wenn man dann noch Biomethan einsetzt, fährt man praktisch ohne CO2-Belastung: Biomethan kann aus Resten von Abfällen, Fäkalien oder Stroh hergestellt werden. Allein in Deutschland wäre mindestens eine Kapazitätsherstellung vorhanden um 6 bis 7 Millionen Fahrzeuge jährlich mit Energie zu versorgen. Nimmt man auch noch Gülle hinzu, sind es weit mehr. Zudem entsteht bei der Herstellung des Biomethans aus Gülle und Fäkalien, ein hochwertiger, fast geruchsloser, biologischer Dünger. Kein zusätzliches Nitrat käme zudem mehr ins Grundwasser und so wäre nicht nur den Verkehrsteilnehmern, der Luftreinhaltung und den Böden und Gewässern gedient, sondern dem Geldbeutel und der Gesundheit gegenwärtiger und auch zukünftiger Generationen“. Ich nicke zustimmend zu den Ausführungen von Horst, aber fürchte, daß mal wieder die Optimierungsbestrebungen Einzelner, in Bezug auf ihren Geldbeutel, Vorrang haben werden vor dem Allgemeinwohl.

Wie typisch der eigene Nutzen gegenüber allgemeinen Regeln ist, sieht man auch an einem Vorkommnis, das sich in der Stadt Heidelberg, die übrigens ebenfalls zur Kurpfalz gehört, ereignet hat: Ein Taxifahrer hat einen Streit mit einem Parkplatzwächter bekommen, der moniert hat, daß die Maximalparkdauer des Taxis überschritten war. Daraufhin hat der Taxifahrer zunächst den Wächter beschimpft und die Auseinandersetzung eskalierte als der Taxifahrer mit den Fäusten auf den Parkplatzwächter losgegangen ist. Der ist weggerannt und hat Hilfe herbeigerufen. Daraufhin hat dann der Taxifahrer Steine vom Boden aufgelesen und dem flüchtenden Wächter nachgeworfen. Als mehrere Zeugen auf die Situation aufmerksam wurden und dem Parkplatzwächter zur Hilfe eilten, ist der Taxifahrer mit seinem Fahrzeug weggebraust. Die Zeugen haben sich die Autonummer des Taxis aufgeschrieben, dadurch konnte die Identität des rabiaten Taxifahrers festgestellt werden. Sein 22 jähriges Wachmann-Opfer blieb zum Glück unverletzt. Horst hat nur mit dem Kopf geschüttelt, als er mir diese Geschichte vorliest und dann gebrummelt: „Und wir behaupten immer von uns, wir seien die Krone der Schöpfung“!

Dann ist das Essen gar. Es gibt für Horst Bratkartoffeln, geschwenkt in Rosmarin, etwas Salbei und Thymianblättern. Dazwischen einige süße, violette Zwiebelringe und halbierte Tomaten. Aus dem Backofen holt er dann noch ein Tomahawk-Steak Dry Aged, knusprig von allen Seiten angebraten und danach im Backofen fertig gegart. Als Horst die Teller richtet, hat er für mich nur Fleisch angehäuft: Dieses spezielle Rindersteak kommt von der Nordküste Irlands. Die Rinder werden auf saftigen, grünen Weiden, das ganze Jahr, ausschließlich im Freien gehalten. Durch die natürliche Fütterung und den großen Auslauf ist das Fleisch sehr fest und aromatisch. Die gesunde Seeluft tut ein Übriges. Nach der Schlachtung wird das Rind nach einigen Tagen im Kühlhaus, zerteilt. Geeignete Fleischstücke werden jetzt herausgesucht und eine 14-tägige Dry Aged-Reifung vorgenommen. Anschließend hat Metzger Josef die Steaks geschnitten und weitere 7 bis 14 Tage, im Kühlhaus, reifen lassen“.

Ich nicke zu den Erläuterungen und teste den Fleischgeschmack: Freunde, ich kann es wirklich bestätigen: Tolle Fleischqualität, saftig, leicht nussig im Geschmack und es zergeht auf der Zunge. Nach dem Essen haben sich Horst und ich noch etwas ausgeruht, bevor ich mich auf meine Reise durch mein Revier gemacht habe. Horst höre ich mir noch nachrufen: „Coon, kannst ruhig öfters kommen. Verhungern wirst du bei mir nicht“! Wie gut es doch tut bei Freunden immer eine offene Türe vorzufinden.

Kältere Tage folgen. In unserer Gegend ist der Schnee schon längst wieder weggeschmolzen, während er in höheren Lagen noch deutlich zu erkennen ist. Dort haben auch die Waldtiere eine besondere Situation, denn teilweise muß unter der Schneedecke, durch den Frostboden gegraben werden, um an Wurzeln oder anderes Essbare heranzukommen. Für die robusten Wildschweine kein großes Problem. Auch der Fuchs, der stets aufmerksam herumschleicht wird seine Beute finden und Rehwild verbeißt bei extremen Klimagegebenheiten die Baumtriebe, die schon Saft und Kraft besitzen. Die weichen Wollhaare sind ähnlich einer Thermounterwäsche und verhindern zusätzlich ein zu rasches Abkühlen des Körpers. Die Winterhaare sind innen hohl und sorgen so für eine zusätzliche Isolationsschicht. Allerdings haben die Rehböcke im Herbst ihre Gehörne abgestoßen und für den Neuaufbau wird verstärkt Energie und somit Nahrung benötigt.

Stieglitzschwärme flattern umher und informieren sich gegenseitig über zahlreiche Hecken und Disteln, die noch genügend Schutz und Samen anbieten. Besonders kleine Vogelarten zwängen sich auf Zweigen und Ästen zusammen und erwärmen sich so gegenseitig.

Mäuse brauchen schon im Sommer viel Nahrung und teilweise haben sie sich auch rechtzeitig einige Vorräte aus Nüssen, Eicheln und anderen Pflanzensamen in Verstecken, für den Winter angelegt. Bei lang anhaltendem Frost achtet die Maus trotzdem darauf auch neue Nahrungsquellen zu erschließen. Übrigens sehr zur Freude von Eulen und Füchsen, die ja auch etwas zwischen die Zähne bekommen müssen um zu überleben. Kranke und schwache Mäuse sind dabei oft die ersten Opfer der Raubtiere. Nimmt der Schnee dann überhand, untertunneln die Mäuse den hohen Schnee und können nicht mehr gefangen werden. Eine Eule, die täglich 7 bis 8 Mäuse im Winter für ihr Überleben benötigt, ist dann gezwungen Jagd auf schwierigere Beute wie Kleinvögel zu machen um nicht selbst zu verhungern. Einzig die Wildschweine haben problemlos weitere Möglichkeiten sich ihre Nahrung zu sichern: Sie gehen direkt in die Gebiete der Menschen, dort finden sie an den Dorfrändern viele Obstwiesen und Kleingärten vor. Fallobst wird noch gefunden und Komposthaufen durchstöbert. Wenn dabei auch noch eine Maus erbeutet wird, grunzen die Schwarzkittel höchst zufrieden. Saftige Pflanzenwurzeln locken selbst unter dem gefrorenen Boden, wenn die Eisdicke nicht zu groß ausfällt. Zudem gibt es auch noch Mülltonnen die nach dem Umwerfen durchgesucht werden können. Eine weitere Essensquelle ist in den kleinen Gartenhäuschen der Hausgärten zu finden, wo oft Äpfel- und Nussvorräte vorhanden sind und jetzt kräftig geplündert werden. Parkanlagen und Schulhöfe bieten immer etwas zum Essen und so sind die robusten Wildschweine auch hier zu finden. Der Winter ist für die Borstenviecher so lukrativ, dass sie jetzt sogar ihre Brunftzeit, die in der Jägersprache „Rauschzeit“ heißt, so richtig ausleben. Heftige Duelle finden statt, wenn stattliche Keiler aufeinandertreffen um in der Nähe der weiblichen Rotten, unliebsame Konkurrenz zu vertreiben. Die gefährlichen, gebogenen Hauer werden eingesetzt um dem Gegner klarzumachen, dass sich hier nur der Hauptakteur mit den Bachen vereinigen wird, um eine neue Ferkel-Generation in Auftrag zu geben. So mancher blutende Nebenbuhler ist abzustrafen und zu vertreiben, bevor der Geschlechtsakt vollzogen werden kann. Staunend sehen andere Tiere, in gehörigem Abstand, dabei zu, denn den wilden, gereizten Keilern sollte man jetzt nicht zu nahe kommen.

Die Meisen überstehen strenge Winternächte indem sie in ihre Nistkästen oder Baumhöhlen fliehen, die bereits während der Brutzeit gute Dienste geleistet hatten. Entenartige Vögel haben sich die Konturfedern eingefettet und verhindern so dass Wasser in das Daunenunterkleid eindringen kann. So verbringen sie, ohne Schaden zu nehmen, die Nacht auf dem Wasser. Vogelarten die sich bis zum Winter an Regenwürmern, Käfern, Asseln und anderen Insekten gütlich getan haben, sind jetzt gezwungen andere Nahrungsquellen wie beispielsweise Samen und Beeren, als Hauptnahrung zu akzeptieren, um nicht dem Hungertod anheim zu fallen.

Bei den Insekten schlagen extreme Wintertemperaturen verschieden stark zu. Während die normalen Honigbienen bereits bei plus 10° C sterben, überleben doch einige im Volk, weil sie sich zusammenballen und kräftig die Flugmuskeln bewegen. Diese Bewegungswärme erhöht die Umgebungstemperatur auf fast 25° C in dem wuselnden Insektenklumpen. Marienkäfer, deren Hauptnahrung Blattläuse sind, halten bis minus 20° C stand, bevor sie erfrieren. Bei ihrer Hauptbeute, den Blattläusen sind schon minus 25° C notwendig bevor sie ihr Leben aushauchen und für Insekten wie beispielsweise den Apfel-Frostspanner wären schon arktische Temperaturen erforderlich um seinen Überwinterungspuppen- Nachwuchs erstarren zu lassen. Die Eier und Puppen von anderen Insektenarten brauchen ebenfalls Temperaturen von unter minus 30° C, bevor ein Erfrieren überhaupt zu befürchten ist. So einen optimalen Schutz haben Marienkäfer, Florfliegen und einige Falterarten nicht, die als ausgewachsene Insekten überwintern. Erwärmt dann die Sonne die Verstecke der Tiere, krabbeln sie kurz heraus und versuchen Nahrung zu finden. Ändert sich das Wetter erneut und es wird wieder frostig, werden diese Insekten durch die Kälte der Luft wieder starr. Diese Lebens- und Starrezeiten können sich mehrfach abwechseln, ohne dass die Insekten verenden. Ganz schön hart im nehmen die kleinen Racker!

Mitte Februar, wechselhaftes Wetter, in der Nacht noch Frost und bei Tage gehen die Temperaturen bis auf plus 10° C hoch. Die Narzissenblätter sind ebenso kräftig gewachsen wie die der Hyazinthen. Doch in diesem Jahr scheinen meine duftenden Lieblingsblumen sehr vorsichtig zu sein und haben kaum Blütenansätze im Pflanzeninnern der Tochterzwiebeln sehen lassen. Ein guter Schutz gegen das Erfrieren. Es macht mir auch nichts aus, wenn die Blüten noch auf sich warten lassen, denn wichtig ist doch nur, dass eine geruchsintensive, lang anhaltende Blütenpracht zustande kommt. Die Borretsch-Keimblätter scheinen auch keine Probleme mit dem Wetter zu haben, denn sie verhalten sich wie standhafte Ritter, die kampfbereit auf der Erde stehen und furchtlos den kommenden Wetterereignissen entgegenstehen. Alles scheint vor dem kräftigen Austreiben zu stehen, fast wie Rennläufer, die nervös in der Startzone ausharren und nur noch auf den Startschuss warten. Bei Hortensien sind bereits grüne Blattaustriebe zu sehen und in einigen Gärten beginnen Menschen bereits damit die alten, vertrockneten Blütenstände abzuschneiden um Platz für neues Wachstum zu schaffen. Frisches Hornmehl wird zur Unterstützung der Nährstoffversorgung gegeben und ich hoffe dass die ganzen Maßnahmen nicht zu früh erfolgen, denn bekanntermaßen ist im langjährigen Durchschnitt der Februar der kälteste Monat des Jahres und wir haben erst eine Monatshälfte hinter uns gebracht. Jedoch scheint das auch den Schnittlauch nicht zu kümmern, da die ersten, saftig grünen Halme bereits jetzt durch verquirlte Althalme stoßen, die bislang auf der Bodenoberfläche für Schutz des Wurzelwerks gesorgt hatten.

Ich besuche Gisela und schon in einiger Entfernung höre ich ihre aufgeregte Stimme aus dem Garten: „Maxl, Maxl, was hat denn mein Maxl? Bist du krank, ach wenn du doch sprechen könntest, ich will dir doch helfen“. Als ich neben Gisela stehe und leise miaue, zuckt sie etwas zusammen. „Ach Coon, ich weiß nicht was meinem Maxl fehlt, seit Tagen geht das schon so. ich habe sogar schon den Tierarzt aus dem Nachbarort informiert. Der will heute Nachmittag vorbeikommen“. Ich nicke und schaue mir den kleinen, weißen Malteser an. Der scheint wirklich Schmerzen zu haben. Der simuliert nicht! Ich versuche ihn etwas zu beruhigen und kann keine äußeren Verletzungen an ihm feststellen. Maxl scheint im Magensegment Probleme zu haben. Hinzu scheinen der unregelmäßige Gang und eine gewisse Steifigkeit der Gliedmaßen hervorstechende Eigenschaften des Krankheitsbildes zu sein. Ich tippe auf eine Vergiftung und miaue in Richtung Gisela, die bitte die Haustüre aufschließen soll, denn möglicherweise ist ein neues Futter die Ursache von Maxl´s bemitleidenswertem Zustand. Ich rieche zunächst am Wasserbehälter, dann kontrolliere ich die Futterschüssel des Hundes. Neben dem normalen Nassfutter für Maxl, erscheinen auch einige größere, weiße, runde Körper, die sich in der Substanz befinden. Diese Dinge ertaste ich mit den Krallen und entferne sie aus dem übrigen Essen. Dann gehe ich an den Wasserhahn, zeige auf die Warmfunktion und danach auf die Wasserschüssel. Das warme Wasser wird dann Maxl im Garten eingeflößt. Er bricht ein wenig heraus und hat auch einige Krämpfe, doch sein Zustand scheint sich bereits nach kurzer Zeit leicht zu verbessern. Bis zum Nachmittag, als der Tierarzt eintrifft habe ich darauf geachtet, dass Maxl außer warmem Wasser nichts zu sich nimmt. Und ich bin ein aufmerksamer Wächter, denn als Gisela mit einigen Leckerli kommt um sie Maxl zu geben, habe ich mit dem Kopf verneinend geschüttelt und protestierend miaut. Danach hat sie nicht mehr versucht ihm etwas zu geben.

Kurze Zeit danach erscheint am Gartenzaun ein dunkelhaariger, langer, schlanker Mann mit einer großen Tasche. „Entschuldigen Sie bitte“, spricht er Gisela an, „ist hier ein Malteser, der dringend untersucht und verarztet werden muss? Ich wurde angerufen, ich bin der Tierarzt aus dem Nachbarort und will Hilfestellung geben“. Scheint nicht unsympathisch zu sein der Bursche denke ich mir und weiche etwas auf die Seite, damit die Untersuchung stattfinden kann. Es ist aber vielleicht ein Meter, den ich Platz mache, denn sollte der Kerl Maxl wehtun, wird er einmal erleben wie schnell so ein gereizter Kater sein kann. Doch alles scheint in Ordnung zu sein. Der Arzt drückt vorsichtig auf den Bauch des Patienten, sieht auch das Erbrochene auf dem Boden und vermutet eine Vergiftung. „Frau Gisela, könnten sie mir mal das Futter ihres Hundes zeigen, es scheint sich um eine Vergiftung zu handeln. Übrigens, sehr gut, ihrem kleinen nur warmes Wasser zum trinken zu geben, das hat den Organismus ganz schön entlastet“. „Das war nicht meine Idee“, meint Gisela, die Idee das so zu machen hatte Coon und wenn der etwas für richtig hält ist es schwer ihm einen Wunsch abzuschlagen“. Die Sorgenfalten verschwinden aus ihrem Gesicht als zu sehen ist, dass sich ihr kleiner Liebling erholt. Dann geht sie mit dem Arzt ins Haus und ich folge den beiden. „Frau Gisela, das runde auf dem Boden, sind das Nüsse“? Gisela nickt: „Ich weiß wie gesund Nüsse sind und esse fast jeden Tag eine gewisse Portion. Heute habe ich für die Gesundheit meinem Maxl auch einige ins Futter getan und der schwarze Kater hat sie vorhin aus der Essensschüssel herausgeholt“. Der Arzt schüttelt mit dem Kopf: „Der Kater“? Dann schüttelt er nochmals ungläubig den Kopf und fährt mit seiner Diagnose fort: „Ihr Kater hat ihrem Hund das Leben gerettet. Sie haben – im guten Glauben – Macadamianüsse mit hinzugegeben, die sind aber für Hunde giftig. Noch ist nicht bekannt worin genau die Giftigkeit besteht, aber bei einem 15 Kilogramm schweren Hund gibt es bereits bei 4 Nüssen enorme Vergiftungsreaktionen: Die Gliedmaßen werden steif, der Gang des Hundes wird unsicher und unkontrolliert. Es können auch noch Leberschäden auftreten und letztendlich kann die Vergiftung zum Tod führen. Ihr Kater hat ihrem Hund das Leben gerettet. Geben Sie ihm ruhig eine großzügige Belohnung für seine gute Tat“. Gisela meint zum verblüfften Tierarzt: „Herr Doktor, vielen lieben Dank für Ihre Arbeit und Ihr Lob, aber der Kater gehört mir leider, leider nicht. Er kommt nur von Zeit zu Zeit vorbei und sieht nach dem Rechten. Mir hat er auch vor einigen Jahren das Leben gerettet, als ich ohnmächtig, bei Frost, im Garten gelegen hatte und er eine Schutzjacke über mich gelegt hat damit ich nicht auskühle. Dann hat er sogar noch rasch Hilfe herbeigeholt, damit ich gerettet werden konnte. Dem Kater würde eigentlich ein Denkmal gehören, so viel Gutes wie der schon gemacht hat“. Der Tierarzt schüttelt erneut den Kopf und geht dann, etwas bleich werdend, ganz langsam einige Schritte zurück: „Das ist doch nicht etwa der Kater der meinen Kollegen so zurichtet hat, dass der sich noch im Krankenhaus befindet“? Gisela schmunzelt: „Ob Ihr Kollege noch im Krankenhaus ist, weiß ich nicht, aber unser Coon hat sich nur verteidigt, denn er sollte heimtückisch betäubt und dann kastriert werden. Würden Sie sich ohne Gegenwehr so einfach kastrieren lassen“? Der Arzt schüttelt verneinend den Kopf und Gisela meint freudestrahlend: „Sehen Sie, unser Coon auch nicht“. Dann hat sie mich gestreichelt und ich habe mich so verhalten, dass sogar der Tierarzt, jeden Eid geschworen und sogar ein gerichtliches Gutachten ausgestellt hätte, dass ich der liebste, sanfteste und harmloseste Kater der Welt bin. Warum soll ich diesem Tierarzt auch etwas machen? Derzeit hat er mir oder meinen schutzbedürftigen Katzen noch kein Leid zugefügt und auch gegenüber Maxl war er zuvorkommend und hat dem Hund rasch geholfen. Solange er sich ordentlich verhält hat er auch nichts von mir zu befürchten.

Noch einige Zeit hat sich der Tierarzt mit Gisela unterhalten, teilweise wegen Maxl und anderen Hunden, denen man übrigens auch keine Nussmischungen geben sollte – und natürlich keine Schokolade, aber vorwiegend haben sich die beiden über mich unterhalten und die Augen des Arztes werden immer größer, je mehr Gisela ihm ihr Wissen in Bezug auf mich preisgibt. Als er sich dann herzlich von uns verabschiedet hat, habe ich ihm sogar meine Pfote hingestreckt und er hat sie nach einigem Zögern auch genommen. Ich hoffe er verliert dadurch etwas von seiner Angst, denn man kann nie wissen, ob ich seine schnellen Dienste für einen anderen Freund von mir nicht eines Tages brauchen werde. Verblüfft und mit offenem Mund schaut er jetzt wieder zu mir herunter, bevor er zu Gisela meint: „Nach dem was mir von meinem Amtskollegen gesagt wurde, bin ich von einer gefährlichen Bestie ausgegangen, die alle und jeden ohne Grund anfällt und jetzt stehe ich vor diesem angeblichen größten und gefährlichsten Monster der Welt, das nach Meinung meines verehrten Kollegen sofort erschossen gehört und verabschiede mich mit einem Hände- beziehungsweise –Pfotendruck von ihm“. „Sie werden sich unterstehen unserem lieben Coon ein Leid zuzufügen“, meint Gisela und fährt dann mit geballter Faust fort: „Dann kriegen Sie es mit mir zu tun – und nicht nur mit mir“! Dann lachen die beiden und ich sitze friedlich neben dem genesenden Maxl, nicke und miaue bestätigend. Erneut lachen die beiden, dann verabschiedet sich winkend der Arzt endgültig, immer noch kopfschüttelnd. Nachdem er weggefahren ist, hat mir Gisela noch einige leckere Fischhäppchen in der Pfanne zubereitet und eine kleine Fleischportion für Maxl hergerichtet. Danach haben wir gemeinsam gegessen. Nach einem letzten Blick auf den Malteserhund und auf Gisela bin ich dann zufrieden gegangen.

Es ist um den 17.Februar, ein Sonntag, meine beiden Menschenkinder schlafen noch am frühen morgen, trotzdem finde ich meine Schüsseln mit Wasser und Futter ordnungsgemäß vor. Vorsichtig rieche ich daran, aber diesmal scheint alle in Ordnung zu sein. Einen kleinen Teil des Futters verdrücke ich mit gutem Appetit, trinke etwas Wasser und mache mich dann auf den Weg um zunächst einige Katzenfreundinnen zu besuchen. Danach beabsichtige ich auch einen Abstecher zu meinem Haus- und Hofmetzger, zu meinem Freund Josef und seinem Weibchen Gerda zu machen.

Zuerst fange ich unterwegs noch schnell eine unvorsichtige Ratte, denn wie sagt ihr Menschen: „Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft“. Dann mache ich einige Proberufe in der 5.Querstraße um zu sehen ob ich in Bezug auf meine weißhaarige Freundin, die „Scottish Fold Katze“ Natasha, die so herrliche Faltohren hat, etwas erreichen kann. Aber nur äußerst gedämpft ist ihre Antwort zu hören. Ihre zweibeinige Mitbewohnerin Elvira, scheint mal wieder alle sozialen Kontakte zwischen uns Katzenkindern verhindern zu wollen.

Auch nicht besser ergeht es mir dann am Marktplatz Nummer 9, dem Obstgeschäft der Familie Friedrich. Die Tochter des Hauses Carola, hat sogar meine beiden Freundinnen sterilisieren lassen. Die asiatisch, dunkel gestromte Daisy und Lilly, die den Perser-Anteil im Erbgut nicht verleugnen kann, beide müssen so schrecklich einsam sein, wenn sie mich nicht sehen und spüren können. Wie müssen auch diese beiden unter dieser Trennung leiden. Ich bringe zwar immer mal einige erbeutete Geschenke mit, die ich normalerweise kunstvoll verstecke, damit sie nur von Katzen gefunden werden können, wenn sie schon einmal ein paar Schritte Ausgang zugebilligt bekommen. Natürlich viel zu wenig Auslauf für freiheitsliebende Lebewesen, die noch ein Gespür für natürliche Vorgänge haben, aber so sind halt oftmals die Tierhalter: Sie schließen aus ihren eigenen Wünschen und Vorstellungen darauf, was dem jeweiligen, vierbeinigen Familienmitglied zugestanden wird. Leute denkt bitte daran: „Der Köter muss dem Fisch schmecken und nicht dem Angler“! Wenn Ihr also etwas Euren Hausgenossen etwas Gutes tun wollt, denkt nicht daran was Euch Spaß bereiten würde, sondern Euren Katzen und Hunden. Wir Tiere sind zudem nicht gerne betrunken und deshalb sind so Dinge wie Eierlikör oder Schnapsbohnen absolutes „No Go“, wie man das heutzutage so gerne ausdrückt. Ein echter Pfälzer würde einfach „ hirnrissiger Blödsinn“ sagen.

Nachdem ich immer noch meine erbeutete Ratte mitführe, ist der nächste Weg nun mal zu Josef, der nur einige Häuser vom Obstgeschäft Friedrich seine Metzgerei hat. Bereits in der Einfahrt kann ich hören dass er in der Küche sein muss. Offensichtlich führt er Selbstgespräche, denn kein anderes Lebewesen kann ich im Raum atmen oder schnaufen hören. Ratte ablegen, laut miauen und nochmals ein kurzes Miau und schon öffnet sich die Küchentüre. Josef strahlt über beide Backen und ruft laut, damit es auch in den Schlafräumen des 1.Stockes zu hören ist: „Gerdalein, mein Goldengel, unser Freund, der Kater Coon ist da und hat Dir ein besonderes Geschenk mitgebracht. Soll ich es Dir nachher ausnehmen, ausbeinen und anbraten“? Eine kurze Zeit dauert es, dann öffnet sich ein Schlafzimmerfenster zur Einfahrt herunter und „Gerdalein“ ruft mit hochrotem Kopf barsch herunter: „Ihr beiden Mannsbilder könnt ruhig unter Euch bleiben. Ich bleibe hier droben, bis die Ratte die da unten auf dem Boden liegt verschwunden ist. Bitte erkläre doch Deinem Katerfreund, dass er nichts mehr mitbringen soll! Du behauptest ja immer dass er jedes Wort versteht und viel schlauer ist als ich. Dann kannst Du ihm ja sagen ich mag ihn, aber bitte keine Ratten und Mäuse mehr mitbringen, ich ekele mich einfach davor. Ich lege mich jetzt wieder hin, in zwei Stunden kannst Du Dich ja mal wieder melden“! Dann wird das Fenster von Gerda heftig geschlossen und Josef lacht schallend dass man es durchs ganze Haus hört: „Ist Sie nicht einsame Spitze, meine Kleine, schon so alt und immer noch so ein Temperament. Man muss sie doch einfach lieb haben. Komm herein Coon, ich bin gerade am Zeitungslesen und habe deshalb die ganze Zeit schon lachen müssen: Ein 65-jähriger Mann aus Baden-Württemberg ist mit seinem 250.000 Euro teueren Ferrari, dieses Wochenende in Bayern unterwegs gewesen. In der Nähe von Bayreuth hat er für 130 Euro getankt, aber die Rechnung nicht bezahlt und ist einfach davongebraust. Nachdem es dann der Polizei gelungen ist das Fahrzeug und den Fahrer zu stoppen, hat man natürlich Ermittlungen angestellt. Dabei ist herausgekommen, dass der Mann seinen Ferrari überhaupt nicht versichert hat. Was jedoch noch schlimmer war, der 65-jähige wurde mit Haftbefehl gesucht: Er hatte eine Geldstrafe von 10 Euro, - kein Witz – 10 Euro – nicht bezahlt. Eine Bekannte von ihm, die in Niedersachsen wohnt musste dann bei der dortigen Polizeidienststelle vorbeigehen und diese 10 Euro bezahlen. Erst dann wurde der Autofahrer wieder auf freien Fuß gesetzt. Sein Auto wurde jedoch abgeschleppt und er wird sich mit den Anzeigen wegen Betrugs, weil er ja die Tankrechnung nicht bezahlt hat und wegen Fahrens ohne Versicherungsschutz verantworten müssen“. Josef grinst und meint: „Der müsste meines Erachtens jeden Tag 20 Liter Wasser trinken“. Als ich ihn fragend ansehe meint er trocken: „Das ist die Tagesration an Wasser für ein Kamel erster Güte“! Er lacht hell auf und ich miaue begeistert.

Nachdem wir uns wieder beruhigt haben, meint Josef: „Jetzt muss ich mal für mein zweibeiniges Kätzchen Deine Ratten-Währung in Sicherheit bringen, sonst kommt sie den ganzen Tag nicht mehr herunter und ich kann mein kleines Energiebündelchen nicht mehr ärgern. Gerade heute wäre das eigentlich schade, denn ich bin besonders gut drauf und mag es einfach sie von Zeit zu Zeit so anzuheizen, dass sie wie eine Rakete abhebt. Ich glaube es kommt bald der Frühling“. Ich nicke dazu, denn das hoffe ich ebenfalls – auch im Hinblick auf den Wunsch bald wieder einmal an meinen geliebten Hyazinthenblüten riechen zu dürfen. Josef kehrt rasch von der Rattenentsorgung zurück und während er Essen zubereitet, erzählt er mir etwas über Zahlungsmittel: „Seit Jahrtausenden haben die Menschen nach Möglichkeiten gesucht Waren die benötigt wurden gegen andere übrige Ware die man hatte, einzutauschen. Fleisch und Getreide für Handwerkerleistungen, Obst gegen Fisch und vieles andere mehr. So wurde bis 1936 auf den Färöer-Inseln mit Schaffellen als Währungsersatz Handel betrieben. Tierfelle wurden gegerbt und haltbar gemacht, was zu guten Transportmöglichkeiten geführt hat. Als Beispiel will ich Biberfelle anführen, die so stark nachgefragt wurden, dass die europäischen Biber, im 16. Jahrhundert, kurz vor dem Aussterben waren und immer höhere Preise für die Felle bezahlt werden mussten. Um reich zu werden sind dann viele Europäer nach Nordamerika ausgewandert, um Jäger- und Fallensteller zu werden, oder einen schwunghaften Fellhandel zu betreiben. Die in Kanada aufgekauften Biberfelle brachten nach dem Transport nach Europa, bis zum 20-fachen der Einkaufspreise ein.

Eine andere Währung war über die Jahrhunderte das Salz, das Nahrung schmackhaft und haltbar machen konnte. Bei den Inuit in Alaska waren die anerkannten Geldersatzwährungen der Angelhaken oder auch besonders gut gearbeitete Harpunen.

Muscheln und Schneckengehäuse gab es bis Anfang des 20.Jahrhunderts in der Südsee, in Teilen Afrikas, Asiens und Ozeaniens. In einigen Ländern Afrikas, mit instabiler Landeswährung werden sogar heute noch, als Ersatzwährung Kronkorken von Glasflaschen genommen.

Im Aztektenreich gab es Kakaobohnen als Währung. 4 Kakaobohnen kostete um das Jahr 1200 n. Chr., ein schöner Kürbis. Für einen Sklaven mussten dann 100 Bohnen bezahlt werden. Aber zu allen Zeiten wurden auch Fälschungsversuche unternommen. Auch im Aztekenreich hat man die Kakaowährung gefälscht, indem normale Bohnen ins Wasser gelegt wurden, bis sie aufgequollen sind. Dann wurden sie wie die edelsten Kakaosorten in den rötlichen oder aschgrauen Farbton eingefärbt und damit ein lukrativer Handel betrieben.

Deine Währung sind Ratten und Mäuse, die Du vorbeibringst. Aber Du hast schon so viel davon gebracht, dass Dein Essen bei uns für alle Zeiten bezahlt ist und wir immer tiefer in die Schulden kommen, wenn Du noch mehr davon vorbeibringst. Das ist für meinen kleinen Schatz, die Gerda, eine Belastung, die uns dadurch komplett verschuldet sieht. Siehst Du jetzt das Problem ein, auch wenn Du es gut meinst? Wenn Du eine Maus oder Ratte auf meinem Gelände fängst, kannst Du die immer ungefragt mitnehmen und brauchst uns davon nichts abzugeben, wir erheben darauf weder Lizenzgebühren oder wollen gar einen Anteil an der Beute haben. Gerdalein und ich wissen was für ein hervorragender Jäger Du bist, Du musst uns überhaupt nichts beweisen. Aber bitte, bitte nichts mehr vorbeibringen. Versprochen“? Ich sehe meinem Freund Josef ins Gesicht und auch wenn seine Augen spitzbübisch zu lachen scheinen, und ich an seinem Tonfall einen leichten Hintergedanken verspüre, nicke ich als Zeichen meiner Zustimmung zu diesem Vorschlag. Das ganze besiegele ich mit einem Miau und strecke ihm sogar meine rechte Pfote hin, wie das Menschen machen, die nach Verhandlungen, ihre Zustimmung für ein gemeinsames Geschäft zu tun pflegen. Lachend nimmt er sie vorsichtig in seine Pranken und schüttelt sie leicht.

Nach diesem feierlichen, per Handschlag besiegelten Vertrag, lacht Josef befreit auf und meint: „Eine tolle Geschichte aus England muss ich Dir noch berichten, solange das Essen noch nicht fertig ist: Eine Fleischversandfirma aus England hat mir getötete, graue Eichhörnchen zum Kauf angeboten. Hintergrund ist: Im 19.Jahrhundert wurden von Nordamerika die grauen Eichhörnchen importiert. Bis zu diesem Zeitpunkt hat es überall in Europa nur die roten Fellträger gegeben, die von Mardern, Eulen und anderen Raubtieren erbeutet wurden. Teils mag dies auch an der roten Signalfarbe liegen, die für Aufmerksamkeit sorgt. Die grauen, eingeschleppten Exemplare sind wesentlich schlechter zu sehen, weshalb sich Beutefänger vor allem auf die roten Eichhörnchen gestürzt haben und es dadurch immer mehr Grauhörnchen gibt, während sich die Anzahl der roten Nager ständig reduziert hat. Mittlerweile sind die „Grauen“ jedoch zum Problem geworden, erstens wegen der großen Anzahl und zweitens, weil sie auch mal Vogeleier, oder sogar frisch geschlüpfte Vogelküken erbeuten. Durch ihre normale Ernährung in Form von Nüssen und anderen Samen, und die Bewegung in der freien Natur, ist ein festes Muskelfleisch, mit nussigem Wildgeschmack gegeben. Da die grauen Eichhörnchen mittlerweile eine Plage sind, dürfen sie geschossen werden. Im zugesandten Katalog werden sie mir zu einem Stückpreis von 5 Euro angeboten. Gehäutet -, oder nur ausgenommen und im Fell -, ganz nach meinen Wünschen. Die Versandkosten gehen natürlich extra. Die Versandfirma wirbt damit, daß die versendeten grauen Eichhörnchen nicht nur Haut und Knochen sind, sondern neben den fleischigen Keulen auch an anderen Stellen einen schmackhaften Fleischanteil haben, der an das Hasenfleisch erinnern soll. In London gibt es beispielsweise seit Jahren das erfolgreiche Restaurant „Native“, mit Eichhörnchenspezialitäten auf der Speisekarte. Neben „Eichhörnchen-Lasagne“ wird auch das „Ragout vom Eichhörnchen“ angeboten. In anderen Lokalen kann man sogar mit gewürztem Eichhörnchenfleisch gefüllte Kroketten bekommen. Der wichtigste Nebeneffekt der Fleischverwertung ist die gleichzeitige Eindämmung der Anzahl der grauen Eichhörnchen. Ich hoffe nur, daß auch wirklich nur die grauen Exemplare geschossen werden und man nicht die putzigen roten Eichhörnchen mit abschießt, weil sie einfacher zu sehen und somit auch zu jagen sind. Wenn nämlich erst einmal das Fell entfernt wurde, kann selbst ich als Metzger nicht mehr erkennen ob es sich ursprünglich um ein rotes oder ein graues Exemplar gehandelt hat. Übrigens ist auch in unseren Stadtparks und Wäldern ein ähnlicher Verdrängungskampf, wie in England, zwischen den roten und den grauen Eichhörnchen gegeben, mit dem gleichen eindeutigen Sieger, auch hier den grauen Fellträgern. Es könnte also nicht mehr zu lange dauern, bis auch in unserer Gegend die grauen Eichhörnchen zum Abschuss freigegeben werden“.

Ich schaue Metzger Josef direkt an, aber er schüttelt lachend den Kopf: „Nein, das ist nicht Deine Aufgabe graue Eichhörnchen zu erbeuten und sie mir zu bringen, denn bei uns gibt es noch keine Jagdfreigaben in dieser Richtung und ich hätte für das Fleisch derzeit auch noch keine Abnehmer. Bitte, bitte, für mich keine erbeuten“. Ich nicke verständnisvoll, auch wenn es mich schon reizen würde die Nager auf den Bäumen zu jagen. Eichhörnchen habe ich schon des Öfteren in unserem kleinen Stadtpark beobachtet und war stets über die Kletterfähigkeiten und die Beweglichkeit erstaunt. An mein höheres Kampfgewicht müsste ich auch noch denken, denn wenn sich bei diesen schlanken Hörnchen der Zweig noch nicht einmal richtig herunterbeugt, wäre er bei mir schon herunter gekracht – dann natürlich zusammen mit mir. Meine wahrscheinlichste Jagdmethode würde es deshalb sein die Nager am Boden zu erhaschen, wenn sie über die Erde, von einem Baum zum nächsten rennen.

Einige Minuten später ist das Essen fertig und Josef ruft in Richtung Treppenhaus: „Erde an Hitzeblitz, Wonderwoman bitte melden. Rauscheengel gib mir ein Zeichen, sonst muß ich singen und dann wackeln die Wände“! „Schon gut Du Schreihals“, tönt es aus dem ersten Stock, und ich höre Gerda vorsichtig die Treppen herunterkommen. Sie scheint sich nach der mitgebrachten Ratte umzusehen, die aber schon längst von Josef entsorgt wurde.

Nach einer herzlichen Begrüßung und einigen Streicheleinheiten die mir Gerda gegeben hat, ist es zum wichtigen Teil des Mittags gekommen: Zum Essen. Gegeben hat es in Streifen geschnittene Rinderlende, wobei in einer Pfanne mein Anteil angebraten wurde, der nur schwach gewürzt wurde. Der Rest der Lende war dann für Gerda und Josef, wesentlich stärker gewürzt. Dazu haben die beiden noch frisch gemachte Spätzle und gemischtes Wurzelgemüse zubereitet. Ein Löffelchen der Spätzle und des Gemüses haben sie mir an den Tellerrand gelegt. Josef meint dazu: „Ist nur für das Gesamtbild auf dem Teller, damit alles etwas adretter aussieht“. Ich habe anstandshalber davon einen kleinen Bissen versucht, bin aber dann doch komplett bei den Rinderlendenstücken geblieben, die mir viel besser gemundet haben. Gerda und Josef grinsen sich gegenseitig an, als sie sehen wie ich vorsichtig um das Gemüse und die Nudeln herum mein Fleisch vom Teller nehme und mit Genuss vertilge.

Plötzlich lacht Gerda los: „Wenn ich mir vorstelle, bei uns sitzt ein braver, liebevoller, rechtschaffener Kater, der kein Wässerchen trüben kann (Anmerkung Coon: In der Pfalz bedeutet der Ausdruck: „Jemand kann kein Wässerchen trüben“, daß er über jeden Verdacht erhaben ist etwas schlimmes zu tun. Er ist somit harmlos und keinesfalls in der Lage eine böse Tat zu vollziehen) und ausgerechnet der soll unseren Tierarzt k.o. niedergestreckt haben. Ich kann das überhaupt nicht glauben was man sich so alles in unserem Geschäft darüber erzählt hat“. Josef strahlt und meint: „Schaden wird es unserem arroganten Tierarzt mit Sicherheit nicht, mal eine kleine Abreibung erhalten zu haben.“ Gerda räuspert sich etwas und meint dann: „Übrigens Josef, viel mehr Beschwerden höre ich immer wieder über unseren Metzgergesellen Jürgen. Der soll ständig mit der Nachbarschaft im Clinch liegen. Zudem scheinen er und seine Hunde oft sehr laut zu sein und Jürgen soll auch mit einem Luftgewehr harmlose Vögel abknallen. Was sollen wir in dieser Angelegenheit machen“? Josef muss nicht lange überlegen, zuckt hilflos mit der Schulter und meint: „Seinen Job in der Wurstküche macht er gut. Er ist verlässlich und kann fest anpacken. Sein Eigenbrödlerverhalten kann ich nicht ändern, er ist schließlich für die harte Arbeit als Metzger eingestellt worden und nicht als Showmaster auf der Bühne, der sein Publikum unterhalten soll. Alleine und ohne Gesellen schaffe ich die Arbeit nicht mehr und da den meisten Leuten der Beruf zu schwer und die Arbeitszeiten zu lang sind, gibt es auch nur wenige tüchtige Leute die in Frage kämen. Die sind aber alle seit Jahren in ihren jeweiligen Betrieben, oder haben sogar mittlerweile ihre Arbeitsplätze aufgegeben und sind jetzt in einer der Fabriken ringsum beschäftigt, weil sie dort mehr Geld verdienen und vor allem einen geregelten Tagesablauf haben. Zudem wohnen die auch oft zu weit weg, als dass sie jeden Morgen in unser Städtchen zum Arbeiten kommen würden. Es wird uns derzeit nichts anderes übrig bleiben als mit den Beschwerden zu leben. Sollte sich aber mal eine, von der Arbeitsleistung vergleichbare Alternative bieten, wäre ich interessiert. Natürlich muss ich aber bei allen psychischen Problemen die Jürgen hat, auch daran denken, dass auch er seinen Lebensunterhalt bezahlen muss und auch er ein Anrecht auf faire, vertrauensvolle Zusammenarbeit hat, denn er ist schließlich schon einige Jahre bei uns beschäftigt. Geredet habe ich schon einige Male mit ihm und dadurch versucht eine Verbesserung seines Verhaltens zu erreichen, doch aus seiner Haut kommt halt keiner raus. Niemand von uns ist perfekt, Dich vielleicht einmal ausgenommen Engelchen“. Jetzt grinst Josef ein wenig schief und sein Engelchen zeigt ihm darauf hin die Faust.

Ich nicke zu den Ausführungen von Josef, denn den Arbeitsplatz will ich dem Kerl nicht wegnehmen. Man kann nie wissen wie sich das auf seine Psyche auswirken würde – zum Besseren auf jeden Fall nicht! Ein weiterer Vorteil seiner Beschäftigung ist die zeitliche Gebundenheit an einen Ort. In dieser Zeit seiner Arbeitstätigkeit kann er keine Tiere abknallen – dass ich in dieser Zeit auch gefahrlos neue Duftmarken in seinen Garten setzen kann ist ein weiterer – wenn auch nicht so entscheidender - Vorteil. Vielleicht wirkt sich auch die gemeinsame Arbeit in der Metzgerei, mit meinem Freund Josef und Gerda irgendwann einmal mäßigend auf seine abartigen Gepflogenheiten aus.

Nach einer kurzen Nachdenkpause grinst Gerda und meint: Ganz anderes Thema, die Geschichte haben mir Kunden gestern im Laden erzählt: Ein Verwandter vom Obstgeschäft Friedrich ist am Freitag fünf Mal in die gleiche Auto-Blitzerfalle hinein gefahren. In der Tempo 50 Zone hat die Mobilblitzeranlage heftig zugeschlagen: Innerhalb von 3 Stunden wurden Geschwindigkeiten von 64 bis 75 km gemessen. Der Mann war jeweils in verschiedenen Geschäften einkaufen und war dabei dann jedes Mal zu schnell. Das Beste kommt noch, denn er hat heftig bei seiner Frau über den Standort des mobilen Blitzers gemeckert (Anmerkung Coon: „Gemeckert“ ist eine Anlehnung an Ziegen die meckern. In der Pfalz heißt dies, man hat sich über etwas „laut beschwert“). Die hat das dann nicht glauben wollen und ist selbst dort hingefahren. Übrigens auch zu schnell und somit wurde zum sechsten Mal geblitzt, mit 72 Kilometern. Als sie dann wütend über ihre eigene Tollpatschigkeit am Ende der Straße gewendet hat und heimgefahren ist, kam sie prompt wieder in die Fotofalle, diesmal mit 76 Stundenkilometern. Die Frau und der Mann haben sich übrigens über die insgesamt 7 Anhörungsbögen und Verwarnungsgeldbescheide beschwert. Argument: An dieser Stelle wäre noch nie ein Blitzer gestanden und zudem müsste es Mengenrabatt geben. Eine Antwort des Ordnungsamtes auf ihre Beschwerde steht noch aus“. Ein „wohlwollender“ Nachbar (ironisch für den schadenfrohen Nachbarn) hat den beiden dann einen leeren Fotoalbum mit den Bemerkungen gebracht: „Da könnt Ihr dann die jetzigen und die künftigen Blitzerfotos einkleben. Bestimmt bekommt Ihr auch noch ein Dankesschreiben von unserem Orts-Bürgermeister, für die tatkräftige, finanzielle Unterstützung unserer Stadt“. Dieser Nachbar hat dann rasch das Weite gesucht, bevor die beiden Temposünder richtig zum Nachdenken gekommen sind. Der nachgeworfene, alte Aschenbecher hat darum auch sein Ziel um mehrere Meter verfehlt.

Josef hält sich den Bauch von Lachen und auch ich kann mir die Situation richtig gut vorstellen! Josef meint dann, nach Luft schnappend: „Ja, ja, der Pfälzer in seiner Wut und das Spötteln der anderen, denn wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht mehr zu sorgen, oder wie es schon Schopenhauer sagte: „Es gibt wenige Dinge, welche so sicher die Leute in gute Laune versetzen, wie wenn man ihnen ein beträchtliches Unglück, davon man kürzlich betroffen worden, erzählt““. Nun hält sich auch Gerda vor Lachen den Bauch und ich nicke als Zeichen meiner Zustimmung zu dieser Ansicht, den beiden zu.

Auf einmal wird Gerda etwas nachdenklich und meint zu ihrem Mann: „Schatz, ich habe mich vorhin im Spiegel mal wieder richtig angeschaut und fühle mich einfach nicht mehr hübsch. Schwimmringe um die Hüften, Falten an einigen sichtbaren Stellen im Gesicht und am Hals, die Hände etwas trocken und wegen der vielen Arbeit die wir haben, habe ich einfach keine Zeit den dringend notwendigen Friseurbesuch zu machen. Ich könnte von Dir mal wieder ein hübsches Kompliment vertragen“. Josef überlegt kurz und meint dann trocken: „Die Farbe Deiner Augen ist immer noch klasse“. Mein Kopf ruckt wegen dieser Aussage herum und ich achte darauf etwas aus dem Wurfbereich von Gerda herauszukommen, die jetzt aber mit rotem Kopf antwortet: „Hätte ich mir ja denken können, der Herr Metzgermeister macht keine Komplimente. Würde mich nicht wundern wenn Du sagst aus mir wäre ein toller, saftiger Schinken geworden. Hätte ich doch damals, vor unserer Eheschließung auf meine Mutter gehört, die hat mir immer einen Spruch des englischen Schauspielers Peter Sellers zitiert: „Ein kluges Mädchen heiratet einen Mann, der beim Militär gewesen ist. Er kann flicken, stopfen, putzen, Betten machen, ist in Erster Hilfe ausgebildet, mit wenig Geld und wenig Freizeit zufrieden und hat gelernt, Befehle widerspruchslos auszuführen“. Aber ich dumme Gans musste natürlich einen groben Metzger erwählen, bei dem ich auch noch jeden Tag im Geschäft schuften muss“. Josef grinst, hastet schnell von seinem Platz auf, reißt Gerda an sich und gibt ihr einige herzhafte Küsse, die sie zunächst abzuwehren versucht, indem sie den Kopf dreht. Doch schon nach wenigen Augenblicken sind ihre Lippen vereint. Josef meint nach einer kurzen Verschnaufpause: „Da fällt mir Lacordaire ein: Menschen schwachen Willens warten auf den Frieden, um zu handeln. Die Apostel starken Glaubens aber säen in die Stürme“. Dazu grinst er wieder spitzbübisch und legt noch einen Spruch nach: „Ich hätte es auch mit Kant sagen können: „Alle Stärke wird nur durch Hindernisse erkannt, die sie überwältigen kann“.

Ein weiterer, tiefer Kuss ist die Folge. Ich glaube wirklich es wird allmählich Frühling und damit ich mich auch einmal an geistreichen Aussprüchen beteilige, der hier von Herder umschreibt treffend diese Szene der beiden: „Ohne Begeisterung schlafen die besten Kräfte unseres Gemütes. Es ist ein Zunder in uns, der Funken will“. Bevor nun die Flamme des Begehrens vollends an Kraft gewinnt, verabschiede ich mich schnell, kann aber aus den Augenwinkeln noch sehen, wie Josef seinen kleinen Schatz zu sich heranzieht, die das offensichtlich gerne über sich ergehen lässt.

Unterwegs kann ich den Blumenfortschritt in einigen Gärten erkennen: Hier blühen bereits die ersten zwei weiß-rosa Hyazinthen, in unmittelbarer Nähe haben andere Hyazinthen, wie auf ein geheimes Signal hin, einen regelrechten Wachstumsschub bekommen und auch dort streben die Blütenhalme nach oben und wollen ihre duftende Pracht zeigen. In einem anderen Garten hat der Schnittlauch bereits eine Höhe erreicht, wo man sich überlegt, dass in einigen Tagen zum ersten Mal wieder einige, grüne Halme abgeschnitten werden können. Bestimmt eine tolle Kraft die in dem Gewürz steckt, denn die Pflanze ist den ganzen Winter im Gartenboden geblieben und hat sich jetzt den Weg, der Sonne entgegen, gebannt. Es ist früher Nachmittag und das Thermometer zeigt über 15° C an. Wohlgemerkt plus, und das im Februar, dem Monat, der nach langjährigen Wetteraufzeichnungen als der kälteste Monat des Jahres gilt. In der Ferne sehe ich auch einige Mitbürger die gemütlich spazieren gehen, andere haben bereits die ersten Sitzmöbel herausgestellt und andere beginnen bereits im Freien zu grillen. Insekten sind kaum feststellbar, wahrscheinlich wurden sie durch die rasche Wärmeentwicklung überrumpelt. Nach einiger Zeit komme ich in der 1.Querstraße, beim Seniorenprojekt „Gute Freunde wohnen zusammen“ an. Trotz des Winters war an fast allen Stellen der Wohnanlage gearbeitet worden und fast alle Senioren sind mittlerweile in ihre Wohnungen eingezogen. Die Haupttüre der Anlage steht offen und so kann ich problemlos in den Hauptsaal gelangen, wo sehr viele Bewohner anwesend sind. Als mich einige davon sehen, machen sie den Gruppenrest auf mich aufmerksam.

Susanne winkt mich heran und meint: „Heute sind wir hier zur allgemeine Aussprache. Zudem habe ich einen kleinen Vortrag zum Thema: „Süße Verführung: Zucker und seine Austauschstoffe“ vorbereitet, den ich in wenigen Minuten halten werde. Es fehlen nur noch 5 oder 6 Personen, die sich sogar angemeldet haben und die von auswärts kommen. Mein Gott, wie das klingt, von auswärts, dabei habe ich vor 3 Monaten selbst noch nicht meine neue Wohnung bezogen gehabt, bin also auch immer von „auswärts“ gekommen“. Dann lächelt sie versonnen, als die Angemeldeten soeben den Saal betreten. Sie stellt sich hinter ein kleines Stehpult, auf dem auch ein Mikrophon angebracht ist, räuspert sich kurz und schon sind die ersten Sätze zu vernehmen: „Meine sehr verehrten Damen und Herren, gerade in unserem Alter ist es erforderlich sich verstärkt mit dem Thema Gesundheit zu beschäftigen. Laut der Weltgesundheitsorganisation „WHO“ sind beispielsweise 25 Gramm Zucker pro Tag kein Problem. In Deutschland haben wir es jedoch geschafft aus diesem unbedenklichen Wert, eine Tagesration von 100 Gramm zu machen. Wir verleiben uns diese Menge vor allem als weißen Haushaltszucker ein. Wertvolle Stoffe sind durch die Herstellungsmethode darin praktisch nicht mehr enthalten und so nehmen wir nur tote Kalorien auf und keine Vitamine oder Mineralstoffe. Natürlich fordert es etwas mehr Aufwand wenn wir Zuckeraustauschstoffe nehmen, das will ich nicht bestreiten, denn manche Siruparten die ich vorschlagen werde, färben die Backware etwas ein oder hinterlassen einen leicht malzigen Geschmack.

Unser Problem ist jedoch nicht nur der normale Zucker, den wir beim Backen zuführen, sondern auch die versteckten Zuckerbestandteile in Joghurt, Fertignahrung und Konserven. Kaum jemand von uns macht sich im Supermarkt die Mühe die zugesetzten Zusatzstoffe in den Produkten nachzulesen, die wir einkaufen wollen. Aber genau das sollten wir machen. Ich bitte Sie deshalb alle sich einfach anzugewöhnen, im Supermarkt die Angabe der Inhaltstoffe auf Zucker und andere Stoffe durchzulesen, bevor die Ware in ihrem Einkaufskorb landet. Der nächste Punkt ist möglichst viel Zucker durch andere, süß machende Stoffe zu ersetzen. Die größte Zuckerersparnis ist die Reduzierung der Zuckermengenangabe in unseren Koch- und Backbüchern auf die Hälfte der dort empfohlenen Mengen. Sie werden sehen, obwohl sie nur die Hälfte der Menge nehmen, wird Ihr Kuchen auch weiterhin gut gegessen und gelobt werden. Es besteht weiter die Möglichkeit Siruparten einzusetzen. Nennen möchte ich hier Ahornsirup, Reissirup, Zuckerrübensirup, sowie die Dicksäfte von Datteln, Agaven, Äpfeln, Birnen und Kokosnüssen. Diese Flüssigkeiten haben eine gute Süßkraft, daneben sind aber auch noch Mineralstoffe und Vitamine enthalten die unserer Ernährung zu gute kommen. Dann gibt es natürlich noch die Stevia, die 300 mal süßer als Zucker ist, dabei aber ohne Kalorien auskommt und den Blutzuckerspiegel nicht verändert. Ein weiterer Stoff ist Xylit, ein Zuckeralkohol der unter anderem in der Birkenrinde vorkommt und nur 60 % der Zuckerkalorien hat. Die Nachteile von Xylit möchte ich, neben dem hohen Preis, aber auch nicht verschweigen: Bei einer Einnahme von größeren Mengen wirkt der Stoff abführend und zudem kann sich der Stoff tödlich auf Hunde auswirken. Ich selbst nehme die anderen, genannten Stoffe, wollte Ihnen aber die Informationen, auch über diesen Stoff nicht vorenthalten. Bessere, gesundheitliche Aspekte soll die Biosüße: Erythrit haben, die fast keine Kalorien enthält, den Blutzuckerspiegel und den Insulinausstoß aber praktisch unverändert lassen soll. Die Süßkraft ist aber geringer als beim Zucker und deshalb sollten sie beim Einsatz von Erythrit die im Backrezept, für Zucker angegebene Menge nehmen, um ein ähnliches Geschmackserlebnis zu bekommen.

Neben den bislang genannten Ersatzstoffen ist auch noch der Vollrohrzucker aus Zuckerrohr zu erwähnen. Er entsteht durch Eindicken des gepressten Zuckerrohrsaftes, der dann getrocknet und gemahlen wird. Der Geschmack erinnert etwas an Karamelle, dies liegt daran, daß noch Vitamine und Spurenelemente vorhanden ist. In Indien wird dieser Zucker sogar als Heilmittel eingestuft. Neben diesen bisher genannten Stoffen möchte ich noch einen alten Bekannten in meinem Vortrag einbauen und eine Lanze für den Honig brechen. Jahrtausende altes Süßungsmittel, natürlich nicht vegan, da er ja von Honigbienen hergestellt wurde. Im Honig sind wertvollste Stoffe und Stoffkombinationen, die eine enorme Heilkraft aufweisen und in ihren Auswirkungen bis zum heutigen Tage noch nicht in Gänze erforscht sind. Honig ist schmerzlindern und antibakteriell. Zwei Punkte sollten jedoch auch hierbei Berücksichtigung finden: Erstens: Laut derzeitigen Forschungsergebnissen soll man Säuglingen keine Honig geben und bei höheren Temperaturen, über 40° C, geht ein Großteil seiner wertvollen Stoffkombinationen verloren. Bei normalen Temperaturen ist jedoch das Naturprodukt Honig meines Erachtens der bedeutendste Süßmacher. Wie wichtig er in früheren Zeitepochen war, sieht man beispielsweise auch an den Honigfunden in einigen Gräbern der Pharaonen. Bitte immer daran denken: Süßen ja, aber mit Augenmaß und sparsam. Nun noch einige Anmerkungen zu den Getränken: Bitte Herstellerangaben durchlesen, wie viel Zucker enthalten ist. Lieber den Konsum einschränken, oder sogar ganz darauf verzichten, auch wenn es am Anfang schwerfallen sollte.

Wir sind eine Weingegend, deshalb noch einige kurze Nebenbemerkungen zu den Sekten: Die Geschmacksrichtungen werden nach dem Restzucker der pro Liter Sekt enthalten ist, unterschieden: Ein Sekt der mit „mild“ oder „doux“ bezeichnet wird, hat mehr als 50 Gramm Restzucker pro Liter. Ein „halbtrockenes“ oder „Semi-secco“ - Erzeugnis weist 32 bis 50 Gramm Restzucker auf. „Trocken“ oder „secco“ hat immer noch zwischen 17 und 32 Gramm, während „extra trocken“ oder „extra dry“ zwischen 12 und 17 Gramm liegt. „Herb oder „Brut“ hat weniger als 12 Gramm Restzucker. Daneben gibt es noch „Extraherb“ oder „extra brut“ mit weniger als 6 Gramm Restzucker im Liter. Bei weniger als 3 Gramm Restzucker spricht man dann von „Naturherb“, oder von „Brut natur“. Ich will Ihnen damit nicht die Freude am Sekt verderben, aber auch auf diesem Wege kann Zucker aufgenommen werden und ist deshalb mit zu berücksichtigen. Ansonsten bedanke ich mich für die allgemeine Aufmerksamkeit und hoffe, auf eine schöne Diskussion miteinander. Ich rufe Ihnen zu: Auf ein fröhliches Backen und Süßen. Einige wichtige Punkte habe ich übrigens aufgeschrieben, vervielfältigt und auf dem Tisch an der Wand ausgelegt. Wer möchte kann sich selbstverständlich ein Exemplar mitnehmen“.

Applaus der Anwesenden und dann kommt Joachim, stellt sich neben Susanne und geht ans Mikrophon: „Liebe Susanne, wieder einmal haben wir etwas sinnvolles dazulernen dürfen. Vielen, vielen Dank für Dein Engagement und Deinen Vortrag. Einige Senioren haben bereits Kaffe zubereitet, den wir jetzt hier in aller Ruhe trinken können. Benjamins Stimme ist aus einer Ecke des Raumes zu hören: „Gibt es nur Kaffee, oder ist auch etwas für Männer dabei“? Joachim ruft zurück: „Natürlich ist auch etwas zum Trinken für echte Männer vorhanden: Wir haben noch einige Flaschen mit Wasser gerichtet. Je nach Geschmackswunsch: Mit – oder ohne Kohlensäure – natürlich erzeugt, abgefüllt in Glasflaschen, leicht gekühlt und sofort zu bekommen“. Gelächter hallt durch den Raum, einer der lautesten Lachen ist Benjamin, der auch über sich selbst herzhaft lachen kann, wenn er einmal verbal ausgekontert wurde. Ich marschiere friedlich durch die Reihen, doch vom ursprünglichen, süßen Thema weicht ein Großteil der Anwesenden ab, denn zu verlockend ist es einige Neuigkeiten, Halbwahrheiten und Unwahrheiten zum Besten zu geben und so höre ich von den verschiedenen, kleinen Gruppen die sich gebildet haben, ganz andere Themenbereiche: „Mein Doktor hat mich untersucht und dann gesagt: „Dass war jetzt wirklich ein Riesenglück dass sie heute mit ihren Krankheitssymptomen zu mir gekommen sind“. „Ich habe dann natürlich gefragt: Um Gottes Willen Herr Doktor, sieht es denn so wirklich so schrecklich mit mir aus“? Der Arzt hat gelacht und gemeint: „Natürlich nicht, aber spätestens bis morgen wären Ihre Leiden von selbst weggegangen“. Lautes Gruppengegröle, dann hat ein anderer eine Arztgeschichte parat: „Herr Doktor, mein Herzschrittmacher funktioniert nicht richtig“! Der Arzt fragt: „Bei welchen Gelegenheiten stellen Sie das denn fest“? Patientenantwort: „Wenn ich niesen muss, schaltet die Fernsehfernbedienung von allein um und der Vibrator meiner Frau springt an“. Wieder Gelächter und ausgelassene Freude als einer ein Rätsel stellt: „Wie nennt man einen Holländer, der auf einem Pfälzer Weinfest acht, gut eingeschenkte Riesling-Schorle trinkt“? Schulterzucken rings umher, deshalb die Antwort: „ein Alkoholiker! Und wie nennt man einen Pfälzer der die gleiche Menge an Riesling-Schorle trinkt“? Wieder Schulterzucken, deshalb die Lösung: „Den Autochauffeur, weil er die anderen aus der Gruppe, die richtig gebechert haben, sicher nach Hause bringt“. Schmunzeln und Kichern sind die Folge.

Ich gehe zur nächsten Gruppe, wo einige der Frauen unter sich sind und sich einige Geschichten erzählen: Eine meint mit traurigem Gesicht: „Ich mache nach dem gründlichen Frühjahrsputz in jedem Jahr den gleichen Fehler“! „Welchen denn“? „Ich lasse meinen Mann wieder ins Haus“! Eine andere meint: „Stellt Euch mal vor, meine Mutter wollte für einige Tage zu uns kommen und hat deshalb mit meinen Mann telefoniert. Der hat dann gleich gefragt wie lange sie bleiben will und sie hat erwidert: „Ich kann es noch nicht so genau sagen, aber nicht länger als bis ich Euch auf die Nerven falle“. Darauf mein Mann: „Ach dann kommst Du also gar nicht“? Die anderen, weiblichen Wesen lachen, bis eine auch ein Rätsel hat: „In welcher Zeitung steht es wenn ein Mann seine Frau aus dem Fenster wirft“? Kurze Pause, dann antwortet eine: „In der Bildzeitung“! Die Frauen nicken. Dann die nächste Frage: „Und in welcher Zeitschrift steht wenn eine Frau ihren Mann aus dem Fenster wirft“? Kurze Pause, dann die Auflösung: „In der Zeitschrift „Schöner Wohnen““. Die Frauen freuen sich diebisch über die Witze, aber neben diesem „Dampf ablassen“ werden auch einige heikle Themen, in kleinen Gesprächsrunden behandelt: Da ist die Frage nach einem guten Zahnarzt, oder auch wo eine gute Autowerkstatt zu finden ist. Leicht sind natürlich allgemein bekannte Tatsachen wie beispielsweise den besten Friseur weit und breit zu nennen, das ist natürlich mein Freund Raimondo, oder auch wo es die besten Wurst- und Fleischwaren gibt, selbstverständlich in der Metzgerei von meinem Josef, was ich nachdrücklich bestätigen kann. Susanne die jetzt von einer Gruppe zur nächsten geht, wird von Justyna gefragt: „Wie ist das mit einem süßen Wein“? Susanne überlegt kurz und erläutert: „Man spricht von süffigen oder lieblichen Weinen. Immer wieder wird behauptet es wird einfach Zucker beigefügt, doch das ist falsch, die Süße erhält man entweder durch stoppen der Gärung, oder ein Teil des neuen, frisch gekelterten Mostes wird durch Abkühlen an der Vergärung gehindert. Der restliche Teil wird herkömmlich verarbeitet. Vor dem Abfüllen auf Flaschen wird jetzt der abgezweigte unvergorene Traubensaft, auch Süßreserve genannt, wieder mit dem Vergärungsprodukt gemischt und dann abgefüllt. Durch beide Methoden verbleibt ein lieblicherer Geschmack. Weil nicht alle süßen Bestandteile in Alkohol umgesetzt wurden, ist deshalb der Alkoholgehalt in der Regel geringer als bei trockenen Weinen, die vollständig den Gärungsprozess durchlaufen haben“. Justyna fragt weiter: „Und was ist unter einer Cuvée zu verstehen“? Susanne: „Beim Cuvée werden verschiedene Weinsorten miteinander vermischt um einen guten Gesamtgeschmack zu erzielen. Die Stärken jeder Rebsorte sollen hervorgebracht werden, die Schwächen der jeweiligen Traubensorten sollen nicht mehr den Genuss schmälern. Man kann es sich übertragen auf ein Essen so vorstellen: Ich kann ein Fleischgericht einfach mit Salz und Pfeffer zubereiten, oder je nach Zubereitungsart noch etwas Muskat, Ingwer, Chili, Senf, Rosmarin und vieles mehr zufügen, was eine besondere Raffinesse bewirkt, die als Geschmack auf der Zunge Begeisterungsstürme hervorrufen kann“. Ich schreite weiter und höre gerade noch wie Ludwig und Alexander miteinander diskutieren: „Wenn ich des Dir doch sage, Deinen Lieblingskäse gibt es zwar, aber er wird nicht in Romadur hergestellt, weil es diese Stadt oder einen Landstrich dieses Namens überhaupt nicht gibt. „Romadur“ bedeutet einfach: „Würziges Aroma“. Erfunden wurde dieser Käse, der aus Ziegen- oder Schafsmilch besteht, in den Pyrenäen. Er wird auch heute noch dort hergestellt“. Die Stimmung im Saal ist gut und ich habe einige neue Dinge lernen dürfen. Doch nun wird es Zeit für mich zu gehen, denn ich habe schließlich noch meine Arbeit als Nagetierexperte zu erfüllen und freue mich schon auf die nächtliche Jagd.

Coon: Großes Finale

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