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I. Sklaverei in Amerika
ОглавлениеDie ersten schwarzen Afrikaner, insgesamt um die 20, betraten 1619 das Gebiet der späteren Vereinigten Staaten von Amerika. Mit einem holländischen Kaperbrief segelnde britische Seeräuber hatten sie auf einem portugiesischen Schiff erbeutet, das Sklaven von der angolanischen Küste Südwestafrikas nach Mexiko transportierte, und der Piratenkapitän tauschte sie in der 1607 gegründeten britischen Kolonie Virginia gegen Schiffsproviant ein. Eine kleinere Anzahl weiterer schwarzer Ankömmlinge folgte in den nächsten Jahren. Es scheint einigermaßen sicher, dass diese ersten Afroamerikaner in der britischen Kolonie als Sklaven behandelt wurden, wenn es auch offensichtlich zumindest einigen von ihnen glückte, nach einer Reihe von Jahren die Freiheit zu erlangen.
Sklaverei ist ein System, unter dem Menschen als Eigentum behandelt werden, das gekauft und veräußert werden kann, und unter dem sie zur Arbeit gezwungen werden. Die Form der Sklaverei, von der dieses Buch handelt und die sich in Virginia und dann in den anderen nordamerikanischen Kolonien etablierte, hatte ihre direkten Vorläufer in den westlichen Mittelmeerländern. Jahrhundertelang war dort Zuckerrohr angebaut worden. Von der Region um Malaga und der Algarve, wo bereits schwarze Sklaven eingesetzt wurden, sprang sie im 15. Jahrhundert auf Madeira und von dort nach der Entdeckung Amerikas in die westliche Hemisphäre über. Konzentrierten sich die Portugiesen auf Brasilien, zeitweilig unterstützt durch die Niederländer, so setzten sich andere europäische Mächte auf den Inseln Westindiens fest. Die Zuckerplantagen der Neuen Welt brachten Pflanzern, Kaufleuten und Regierungen immense Profite. Bemühungen, Arbeitskräfte aus der indianischen Bevölkerung zu gewinnen, hatten nicht den erhofften Erfolg, weil die Indianer leicht europäischen Krankheiten erlagen. So begannen die westindischen Zuckerpflanzer, in großer Zahl Sklaven aus Afrika einzuführen.
Englische Siedler etablierten ursprünglich Kolonien mit gemischter Wirtschaft. Anfangs herrschten kleine Farmen vor, die mit Hilfe von Dienstverpflichteten betrieben wurden. Die Letzteren (indentured servants) waren weiße Arbeiter, deren Atlantikpassage von ihrem Arbeitgeber vorgestreckt worden war und die sich zur Ablösung dieser Schuld für eine bestimmte Frist – etwa sieben Jahre – in ein festes Dienstverhältnis verpflichtet hatten. Als große Zuckerplantagen jedoch nach und nach das beste Land mit Beschlag belegten, verließen immer mehr weiße Farmer die Inseln und fanden den Weg auf das nordamerikanische Festland.
In den frühen Kolonien Virginia und Maryland in der Chesapeake-Region wuchs zwar kein Zuckerrohr, aber der sich dort entwickelnde Tabakanbau war ebenfalls arbeitsintensiv. Für eine Weile versuchte man hier, mithilfe von Dienstverpflichteten zurechtzukommen, doch standen diese auf die Dauer nicht in genügender Zahl zur Verfügung. Einen Ausweg könnte, so dachte man anfangs, die Beschäftigung von Indianern bieten. Es zeigte sich freilich – wie das auch in Westindien der Fall war –, dass diese sich freiwillig nur sehr ungern einem geregelten Arbeitsregime unterwarfen. Und so schritt man auch auf dem Festland zur Versklavung. Sklaverei war in der indianischen Gesellschaft kein unbekanntes Phänomen. Die meisten indianischen Stämme kannten sie, wenn sie dort auch keine große Rolle spielte; in der Regel handelte es sich bei diesen Sklaven um Kriegsgefangene, die zu Arbeiten herangezogen oder in Kulthandlungen geopfert wurden.
Die Intervention der Europäer änderte den Charakter der indianischen Sklaverei. Die Engländer kauften bald begierig Indianer oder brachten sie auch selbst in ihre Gewalt für die Arbeit auf den Feldern des Festlandes, vor allem aber zur Befriedigung des unersättlichen Arbeiterbedarfs in Westindien. Es ist nicht bekannt, wie viele Indianer von Europäern versklavt wurden, doch waren es gewiss Zehntausende. Man schätzt, dass aus Charles Town (Charleston) zwischen 1670 und 1715 wohl 30.000 bis 50.000 indianische Sklaven in die Zuckerpflanzungen der Karibik verschifft wurden. Viele Käufer dort zogen Indianer den afrikanischen Sklaven vor, weil Letztere wegen der höheren Transportkosten teurer waren.