Читать книгу Als ich die Pflaumen des Riesen klaute - Ульф Старк - Страница 8

2.

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Mama hatte Lammragout mit Weißkraut gekocht, und das mochte ich normalerweise sehr. Aber jetzt musste ich an das geschlachtete Lamm denken, das dafür ins Gras gebissen hatte, und brachte fast nichts hinunter.

»Hast du denn gar keinen Hunger?«, fragte Mama.

»Eigentlich nicht«, sagte ich. »Riesen sind doch echt unheimlich, oder?«

»Das Unheimlichste an ihnen ist, dass es sie gar nicht gibt«, sagte Papa.

Was wusste er schon? Er las ja keine Märchen.

Mama dagegen machte das.

So wie sie überhaupt das meiste bei uns machte, bis auf die Zahnarztpraxis.

Sie kaufte das Essen ein.

Sie räumte auf.

Sie hatte sämtliche Krankheiten und Geburtstage der Verwandten im Kopf, sie wusch unsere Kleider, backte Kuchen und tröstete uns, wenn wir traurig waren.

Das alles machte sie, ohne sich zu beklagen. Sie stellte nur zwei Bedingungen. Jeden Abend musste sie zwanzig Minuten ungestört Klavier spielen dürfen. Und jedes Wochenende brauchte sie einen freien Nachmittag, um auf ihrem grünen Fahrrad hinaus zur »Einsamkeit« zu radeln.

Die »Einsamkeit« war nichts anderes als eine Hütte im Wald. In der Hütte gab es ein Fenster, einen Sessel, in dem man sitzen konnte, und einen Ofen, in dem man Feuer machen konnte, wenn es kalt wurde.

Sie hatte die Hütte von einem Onkel geerbt, der vorgehabt hatte, dort ein Buch zu schreiben. Aber er hatte es nie getan.

Aus dem Fenster hatte man eine schöne Aussicht, weil die Hütte hoch oben auf einem Hügel lag. Man konnte den Himmel betrachten und die Baumwipfel und die Wolken, die vorüberzogen. Man konnte den Wind in der hohen Kiefer rauschen hören, die gleich neben der Hütte stand. Das Rauschen sei die Art des Baumes zu denken, sagte Mama.

Einmal fragte ich Mama, was sie in der Hütte machte.

»Eigentlich gar nichts«, sagte sie. »Ich sitze nur da und finde zu mir selbst. Jeder Mensch hat das Recht auf ein paar Stunden Einsamkeit.«

Das fand ich auch.

Manchmal hatte ich selbst auch so einen Faulenzertag. Dann lag ich bloß im Bett und tat überhaupt nichts.

Mein Bruder schloss sich in seinem Zimmer ein, um seine Ruhe zu haben und Zeitschriften zu lesen, die ich nicht angucken durfte. Papa setzte sich ab und zu auf sein Moped und machte einen kleinen Ausflug.

Und weil er so eine komplizierte Verdauung hatte, schloss er sich immer mal wieder im Klo ein und kam ewig lang nicht heraus.

Aber vielleicht konnte man auch zu viel Einsamkeit abbekommen.

Der Riese Oskarsson schien zu einsam zu sein.

Wenn wir hinter ihm her spionierten, um uns zu gruseln, war er immer irgendwie beschäftigt. Er bastelte Nistkästen für die Vögel und hängte sie in die Bäume. Bernt behauptete, damit wolle er nur die Vögel anlocken, die er dann auffraß.


Als ich die Pflaumen des Riesen klaute

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