Читать книгу Kleine Helfer für die Altenpflege: Gisela, wollen Sie mich heiraten? - Uli Zeller - Страница 8

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Manchmal wäre es schön, wenn man Unstimmigkeiten oder schlechte Laune einfach weglachen könnte. Nicht immer ist das möglich. Aber ich kann mich darin üben, das Leben von der leichten Seite zu nehmen, z. B. indem ich mich bewusst für den Humor entscheide. Oder indem ich versuche, an Missgeschicken nicht zu verzweifeln – sondern lieber darüber lache. Oder indem ich typische Fettnäpfchen, in die ich trete, als Steilvorlage betrachte, um über mich selbst schmunzeln zu können.

Dann schraub dir doch noch zwei Hände an! – Dem eigenen Humor auf der Spur

Heute ist viel zu tun! Und dann steht da noch Frau Schäuble. Die Schwestern und Betreuungskräfte haben sich eben besprochen, wie sie die Arbeit verteilen. Schwester Simone atmet tief durch: „Wie sollen wir das nur alles schaffen?“ Betreuungskraft Jutta schmunzelt: „Dann schraub dir doch noch zwei Hände an!“ Ein erlösendes Lachen macht sich unter den Mitarbeitenden breit. Die Stimmung ist plötzlich seltsam gelöst. Nur Frau Schäuble steht da. Sie zuckt mit den Schultern und schaut ins Leere.

Sie hat den Spruch mit den zusätzlichen Armen und Beinen nicht verstanden – oder findet ihn nicht lustig. Humor kann befreien. Aber manchmal geht er auch über den Kopf des*der einen oder anderen hinweg.


Tipp 1: Der Humor jedes Menschen ist anders. Versuchen Sie, herauszufinden, welche Art Humor Ihr Gegenüber hat und was es versteht.

Beginnen wir mit einem Witz:

Ein Mann kommt in ein Kleidergeschäft. Er wendet sich an die Verkäuferin. „Ich hätte gerne Unterhosen.“

Die Verkäuferin fragt: „Lange?“

Darauf der Kunde: „Ich möchte sie gar nicht mieten – sondern kaufen.“

Schwierig zu verstehen? Witze können bei manchen Zuhörer*innen über den Kopf hinweggehen. Bei anderen sind sie trotzdem genau der richtige Weg, um sie zum Lachen zu bringen. Mag sein, dass sie den Witz nicht verstehen und nur an der Betonung des*der Erzählenden merken, dass es sich um einen Witz handelt. Aber das Lachen – aus welchem Grund auch immer es geschieht – weckt Glücksgefühle. Unabhängig davon, ob der Witz verstanden wurde oder nicht.

Apropos Verstehen: Man kann jemanden nicht nur nicht verstehen, sondern auch falsch verstehen – und auch das kann ein Grund zum Lachen sein.

Der Praktikant stellt sich vor: „Ich bin der Matze.“

Frau Keller: „Wo ist die Katze?“

Und so manche Aussprüche sind nicht nur lustig – sondern lassen tief blicken. Hier ein Zitat aus dieser Kategorie.

Herr Scholz: „Ich habe diese Krankheit – wie heißt sie denn noch … wo man alles vergisst?“

Witz, Verhörer und Zitat waren drei kleine Kostproben für einige Anekdoten, die Sie in diesem Buch noch erwarten.

Wenn ich persönlich an Humor in der Pflege und Betreuung denke, fällt mir zuallererst eine Szene während meines Examens zum Krankenpfleger ein. Erlauben Sie mir, dass ich dieses persönliche Erlebnis etwas ausführlicher erzähle. Da schien nämlich etwas gewaltig schiefzulaufen. Und dann wurde das Problem einfach weggelacht …

Meine Pflegelehrerin schüttelte den Kopf, als ich ihr meine Patienten für meine am Folgetag geplante praktische Prüfung vorstellte. Sie sagte: „Das geht gar nicht.“

Ich zuckte die Achseln und zog den Kopf ein. „Warum nicht?“ Sie deutete mit dem Zeigefinger auf den Katalog mit den Vorgaben für die Prüfung: „‚Patientengruppe‘ heißt es hier.“ Mit großen Augen schaute sie mich an: „Gruppe! Sie haben mir nur zwei Patienten vorgestellt.“

„Es ist eben eine Kleingruppe“, konterte ich kleinlaut.

„Ja, aber die Summe dessen, was Sie an den Patienten pflegen müssen, ist eines Examens nicht würdig. Überlegen Sie sich was. Wir sehen uns dann beim praktischen Examen. Morgen früh um sieben Uhr.“

Da stand ich also. Es war 16 Uhr. Wegen des morgigen Examens war ich ohnehin nervös. Ich hatte der Lehrerin meine zwei Patienten vorgestellt: ein Herr mit Schlaganfall. Ganzkörperwaschung. Er bekam noch eine Infusion. Der andere Patient, Herr Göbel, hatte eine Gicht. Er bekam einen Verbandswechsel am Fuß – und eine Insulinspritze.

Das hieß in Summe: Ganzkörperwäsche = eine allgemeine Pflege und Infusion, Verbandswechsel, Spritze = drei spezielle Pflegen. Das ist doch echt anspruchsvoll, fand ich.

„Nein, ist es nicht“, fand meine Praxisanleiterin, die mir in diesem Moment über den Weg lief und meine Ratlosigkeit erkannte. „Die Lehrer wollen sehen, dass du zwischen mehreren Patienten und Aufgaben koordinieren kannst.“

„Ja, aber soll ich jetzt noch einen weiteren Patienten suchen und für ihn eine komplett neue Pflegeplanung schreiben?“, fragte ich kleinlaut.

Neue Pflegeplanung – das bedeutete, sich in die Krankengeschichte einzuarbeiten, den neuen Patienten kennenzulernen, herauszufinden, was seine Ressourcen sind. Und daraus sollte man eine stimmige Pflegeplanung basteln mit Problemen, Zielen und Maßnahmen und all dies am nächsten Morgen, passend zum Ablauf der restlichen Pflege, umsetzen.

Das schaffe ich niemals, fand ich.

Musst du auch nicht, sagte meine Praxisanleiterin. „Frag den Gichtfuß, ob du ihm noch das Bein waschen kannst! Herr Göbel soll sagen, dass er sich schlecht bewegen kann!“

Zunächst war ich sehr überrascht und verdutzt, musste dann jedoch kräftig schmunzeln über die witzige Idee meiner Praxisanleiterin. Da erkannte man die an schnelle Problemlösungen gewohnte Fachfrau!


Tipp 2: Humor hilft, über so manches Defizit hinwegzusehen – und er hat heilsame Wirkung, als Sieger*in aus der Situation hervorzugehen.

In jedem Fall war dies eine tolle Lösung. So konnte ich „Bein waschen“ in die vorhandene Pflegeplanung einbauen – und musste keine neue Planung erarbeiten.

Herr Göbel zeigte sich gleich hilfsbereit. „Natürlich“, nickte er mir zu. „Ich helfe gerne, wo ich kann.“

Am nächsten Tag beim praktischen Examen schien alles glattzulaufen. Ich stellte meine „Patientengruppe“ mit den zwei allgemeinen Pflegen „Ganzkörperwaschung“ und „Teilwäsche der Füße“ vor. Es kamen keine Einwände der Lehrer. Dann legte ich los.

Alles lief wie am Schnürchen: Ganzkörperwaschung, Mobilisation bei Schlaganfall, Infusion, Verbandswechsel des „Gichtfußes“, Spritze – alles kein Problem. Doch dann kam die Teilwäsche der Füße – eigentlich die leichteste aller Übungen.

Herrn Göbel hatte ich zuvor leider nicht so genau erklärt, wie so eine „Teilwäsche der Füße“ abläuft. Er wusste wohl nicht, dass ich mit der Waschschüssel ans Bett kommen und seine Füße waschen wollte, während er dort liegt. Den Lehrern dagegen hatte ich den Patienten wegen der Gicht als bewegungseingeschränkt geschildert. Man müsse seine Beine unbedingt im Bett waschen, hatte ich ihnen erklärt.

„Jetzt wasche ich Ihre Füße, Herr Göbel“, sagte ich also. Ehe ich mich versah, robbte er zur Seite des Bettes. Er sprang mit einem Satz heraus, tänzelte zum Waschbecken, setzte sich davor auf einen Stuhl, hob einen Fuß hoch und stellte ihn ins Waschbecken. Dann sagte der „bewegungseingeschränkte“ Herr: „So. Jetzt können Sie mir die Füße waschen.“

Ich wurde knallrot bis hinter die Ohren. Und meine beiden Lehrer lachten und lachten und lachten. Sie klopften sich auf die Schenkel und rangen nach Luft.


Tipp 3: Lachen verbindet Lehrende und Schüler*innen, Patient*innen und Pflegende, Menschen mit und ohne Demenz. Lachen Sie sich zum Dream-Team!

Schließlich musste ich auch lachen – und war erleichtert, dass ich trotz meines Schwindels bestanden hatte … Charakterschwächen (wie das Schwindeln im Beispiel) bringen einen oft nicht wirklich weiter. Doch wenn man gemeinsam darüber lachen kann, nehme ich zugleich Abstand von der Sache … und kann es beim nächsten Mal womöglich besser machen.


Tipp 4: Lernen Sie aus vertrackten Situationen und machen Sie es beim nächsten Mal besser.

Kleine Helfer für die Altenpflege: Gisela, wollen Sie mich heiraten?

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