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Grußwort von Jan Korte

(Mitglied des Bundestages, Die Linke)

Liebe Leserin, lieber Leser,

innerhalb von nur acht Monaten erschüttern drei schreckliche rechtsterroristische Anschläge unser Land. In Thüringen machen FDP und CDU gemeinsame Sache mit der AfD und brechen den demokratischen Konsens, dass nie wieder Faschisten Regierungsmacht bekommen dürfen. Gerade in diesen Zeiten ist es wichtig an die Geschichte zu erinnern. Und da gibt es keine tiefere Zäsur als den 8. Mai 1945.

Die bedingungslose Kapitulation Deutschlands besiegelte das Ende eines verbrecherischen Systems, dessen Weltherrschaftspläne und Rassenwahn die menschliche Zivilisation infrage stellten. Erst durch die Befreiung von Auschwitz durch die Rote Armee am 27. Januar 1945 wurde der industrielle Massenmord an sechs Millionen Juden beendet. Die Bilanz des Zweiten Weltkrieges ist eine des Schreckens und des Terrors: Mehr als 60 Millionen Menschen starben bei Kampfhandlungen und durch Repressalien. Von den 18 Millionen Menschen in den Konzentrationslagern, wurden elf Millionen ermordet oder durch Zwangsarbeit vernichtet.

Die nationalsozialistische Kriegsplanung sah im Jahr 1941 für die Sowjetunion ausdrücklich vor, dass die Bevölkerung um 30 bis 50 Millionen Menschen reduziert werden sollte. Zuerst realisiert wurde diese Vernichtungsplanung an den sowjetischen Kriegsgefangenen. Zehntausende von ihnen wurden ausgesondert und nach den Richtlinien des „Kommissarbefehls“ direkt hinter der Front erschossen oder in den Konzentrationslagern ermordet. Mehr als drei Millionen Gefangene überlebten den Krieg nicht. Nur dadurch, dass eine Einnahme von Leningrad verhindert werden konnte, scheiterte die deutsche Planung, die den Tod aller drei Millionen Einwohner der Stadt vorgesehen hatte. Doch 800 000 Leningrader verhungerten durch die deutsche Blockade oder starben im Bombenhagel der Wehrmacht.

Am Ende hatte Nazideutschland einen Leichenberg mit 27 Millionen sowjetischen Männern, Frauen und Kindern aufgetürmt – teils im Kampf gefallen, zu Hunderttausenden in der Gefangenschaft ermordet, als Zivilisten vergast, willkürlich erschossen, gehenkt, in ihren Häusern verbrannt, zu Millionen und mit Vorsatz dem Hunger- und Kältetod preisgegeben.

Man sollte meinen, dass dies alles Anlass für Bundestag und Bundesregierung sein sollte, sich um gute Beziehungen zu Russland und den anderen Nachfolgestaaten der Sowjetunion zu bemühen. Doch weit gefehlt. Seitdem die Bundesregierung 2012 die Modernisierungspartnerschaft mit Russland einseitig aufgekündigt hat verschlechtern sich die deutsch-russischen Beziehungen von Jahr zu Jahr mehr. Das diesjährige NATO-Manöver Defender 2020, ausgerechnet rund um den 75. Jahrestag der Befreiung vom Nazi-Faschismus, zeigt dies in drastischer Form. Statt immer neuer Konfrontation brauchen wir Entspannung und Kooperation mit Russland. Es wäre an der Zeit ein starkes öffentliches Zeichen für Versöhnung, Völkerverständigung und Frieden zu setzen. Endlich den vergessenen Opfern des NS-Vernichtungskrieges mit einem zentralen Gedenkort in Berlin zu gedenken, könnte so ein Zeichen sein.

Wünschenswert wäre, wenn dieses Buch, in dem dankenswerter Weise die Befreier und Betroffenen selbst ausgiebig zu Wort kommen, einen Beitrag dazu leisten könnte, dass die Erinnerung an den Vernichtungskrieg Nazideutschlands im Osten aus dem Erinnerungsschatten geholt und den Opfern dauerhaft ein ehrendes Andenken in unserer Erinnerungskultur zuteilwird.

Jan Korte ist 1. Parlamentarischer Geschäftsführer der Fraktion DIE LINKE

Wer hat uns 1945 befreit?

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