Читать книгу Büchernachlese: Rezensionen 1985 - 1989 - Ulrich Karger - Страница 22

Krott, Reinhard: Wintertanz

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Da tanzt sich einer durchs Leben, alles was ihm begegnet, wird zu einer Geschichte, die er dann den anderen vorträgt, in der Hoffnung, bei denen den verbauten, inneren Ton wieder zum Schwingen zu bringen. Und der trifft auf eine Frau, die sich ihm entzieht, die weder zum Repertoire seiner Geschichten, noch bei sich Töne angeschlagen haben will.

Reinhard Krott hebt in neun Szenen und einem Prolog den Vorhang und zeichnet dahinter sehr stimmungsvoll das Bühnebild und den inneren Spielraum seiner Protagonisten. Wie in einem Vexierbild bewegen, sprechen und denken sich die beiden aneinander vorbei. Zu Beginn der Erzählung wird Ira vorgestellt. Ihre „tiefschwarzen, geheimnisvollen Augen“ geben dem Betrachter keinen Anhaltspunkt, spiegeln nichts wieder, was in ein Schubladensystem passt. Ein Hauch von E. A. Poe und Gänsehaut umgibt diese resignierende Einzelkämpferin, so daß der nach Harmonie Strebende sich bereitwillig in der nächsten Szene auf die romantisch bunte Vorstellungswelt des Tänzers einlassen wird. Aber auch die wird entlarvt, formt vor seinen Augen im besten Wollen die Welt nach seinem Bilde, will einordnen, verfüg- und verstehbar haben, was zuletzt doch nur zur Illusion gerinnt. Mit seinen 25 Jahren beweist Krott in seiner Erzählung eine erstaunlich reife Sicht in Sachen Liebe, tastet sich damit von seinen beiden Antipoden her immer näher an den schmalen Grat des Möglichen im Miteinander der Menschen. Abgrenzung, die zur Ausgrenzung führt, reibt sich an einer Verbindlichkeit, die auf den ersten Blick freundlicher scheint, aber genauso ein wirkliches Annehmen des Anderen ausschließt.

Der Autor entläßt einen von Anfang bis Ende des Buches nicht aus dieser Spannung, und es braucht einige Zeit, bis man sich wieder in den Sessel seines eigenen Standpunktes zurückfallen lassen kann. Am Ende des Buches erscheint es dann kleinlich, sich an einige typische Anfängerfehler zu erinnern. Auf den ersten Seiten hilft einem aber nur die Neugier über das willkürliche Wechseln der Erzählebene innerhalb eines Satzes, was nicht „eigenwillige Sprache“ sondern einfach falsch und störend ist. Ein Lektor hätte da einiges zu tun, was der Mühe aber sicher wert wäre, da das Erstlingswerk zugleich zu einem Vermächtnis geworden ist. Reinhard Krott ist noch vor Drucklegung des Buches durch einen Unfall ums Leben gekommen.

Reinhard Krott: Wintertanz. Erzählung. Lucy Körner Verlag, Fellbach 1986. 96 Seiten. ISBN: 3-922028-14-4

Vö.: Ulcus Molle 10-12/1986

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