Читать книгу Gesellschaftsrecht II. Recht der Kapitalgesellschaften - Ulrich Wackerbarth - Страница 19
1. Verdeckte Vermögensverlagerung als zentrales Problem
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Kapitalgesellschaften existieren in aller Regel nicht um ihrer selbst willen, sondern dienen der Gewinnerzielung ihrer Gesellschafter durch den Betrieb eines Unternehmens. Eine der Grundregeln für das Zusammenwirken der Gesellschafter in einer Kapitalgesellschaft ist die gesellschaftsvertragliche Gewinnverteilung. Das GmbHG (§ 29 Abs. 3) und das AktG (§§ 11, 60) sehen insoweit vor, dass im Zweifel (vorbehaltlich der Satzung) der Gewinn je nach dem Kapitalanteil jedes Gesellschafters aufgeteilt wird. Diese Gewinnverteilungsregel kann nur unter erschwerten Umständen (Satzungsänderung) wieder abgeändert werden. Ein zentrales Problem, das sich wie ein roter Faden durch das Kapitalgesellschaftsrecht zieht, ist nun das der verdeckten Vermögensverlagerung durch Austauschgeschäfte. Worum es dabei geht, lässt sich am besten anhand eines Beispielsfalls erläutern:
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Beispiel:
In einer GmbH hat A eine Stimm- und Kapitalmehrheit von 55%, während B 25% und C 20% der Stammeinlage geleistet haben. Wird die Ausschüttung eines Gewinns beschlossen, erhalten die drei Gesellschafter ihren Anteil entsprechend dem Verhältnis ihrer Geschäftsanteile. A meint nun (etwa, weil er einen besonders fähigen Geschäftsführer für die Gesellschaft gesucht hat und sich auch sonst seiner Meinung nach mehr für die Gesellschaft eingesetzt hat als B und C), ihm stünden 20.000 € zusätzlich von dem im Jahr erwirtschafteten Gewinn zu. Er fragt, ob er einfach mit seinen Stimmen mehrheitlich eine solche Sondergewinnausschüttung an sich beschließen kann.
Die Frage ist zu verneinen. Der erwirtschaftete Gewinn ist im Verhältnis 55:25:20 zu verteilen. Eine Änderung der Gewinnverteilungsregel kann A nicht durch einfachen Beschluss bewirken, sondern nur durch eine Satzungsänderung, der die übrigen Gesellschafter zustimmen müssen, weil die Änderung ja zu ihren Lasten ginge (§ 53 Abs. 3 GmbHG).
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Abwandlung des Beispiels:
Da A nicht mit der Zustimmung seiner beiden Mitgesellschafter rechnet, greift er zu anderen Mitteln: Er nimmt sich zwar nicht einfach die ihm (wie er ja glaubt) zustehenden 20.000 € aus der Kasse der Gesellschaft, aber er schlägt dem Geschäftsführer X der GmbH ein Austauschgeschäft vor. Geplant ist, dass A der Gesellschaft eine Leistung erbringt, z. B. einen Pkw verkauft, und die GmbH ihrerseits die Leistung des A mit 20.000 € über dem Marktwert des Pkw vergütet.
A hat die Mehrheit der Stimmrechte und kann mit seiner den Geschäftsführer der GmbH abbestellen und entlassen. Diese Möglichkeit verleiht seinen Wünschen Nachdruck. X wird sich daher möglicherweise für die GmbH auf das Geschäft einlassen. B und C dagegen wird das Geschäft nicht gefallen: Das wirtschaftliche Ergebnis des Vorgangs ist das gleiche, wie wenn A das Geld einfach aus der Kasse der Gesellschaft genommen hätte oder aber die Gewinnverteilungsregel im Sinne des A abgeändert worden wäre. Das Austauschgeschäft verschleiert also nur die durchgeführte Vermögensverlagerung von der GmbH hin zu A (sog. verdeckte Vermögensverlagerung oder verdeckte Gewinnausschüttung).