Читать книгу Gesellschaftsrecht I. Recht der Personengesellschaften - Ulrich Wackerbarth - Страница 12
IV. Europäisches Gesellschaftsrecht
Оглавление12
Die Entwicklung eines europäischen Gesellschaftsrechts verläuft zeitlich weitgehend parallel zur EU-Rechtsangleichung allgemein. Sie beruht auf der Idee, ein europäisches Privatrecht insgesamt zu schaffen. Das Gesellschaftsrecht ist wie kaum ein anderer Bereich des Privatrechts durch europäisches Primär- und Sekundärrecht beeinflusst.
Das europäische Gesellschaftsrecht kann man in drei Bereiche aufteilen:
– | Die Harmonisierung und Koordinierung der nationalen Gesellschaftsrechte. Art. 50 Abs. 2g AEU-Vertrag enthält das primäre Gemeinschaftsrecht, u. a. den ausdrücklichen Auftrag, der die Angleichung und Koordinierung der nationalen Gesellschaftsrechte zum Ziel hat. |
– | Die Schaffung supranationaler Gesellschaftsformen. |
– | Die Sicherung der Niederlassungsfreiheit der Gesellschaften. |
13
Im Bereich der Harmonisierung und Koordinierung der nationalen Rechte sind die teils bereits erlassenen, teils erst vorgeschlagenen europäischen Rechtsakte auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts, zumeist Richtlinien, zahlreich und betreffen viele Bereiche. Sie reichen von der Gründung der Gesellschaft bis zu ihrer Liquidation. Bei den vom europäischen Gesellschaftsrecht erfassten Gesellschaftstypen stand zunächst die Aktiengesellschaft im Vordergrund. Viele Richtlinien und Richtlinienvorschläge betreffen aber auch andere Gesellschaftsformen, wie z. B. die GmbH[6]. Inzwischen hat das Europäische Gesellschaftsrecht die deutsche Unternehmensverfassung in vielfacher Hinsicht geprägt[7].
Was die supranationalen Gesellschaftsformen angeht, so besteht seit 1989 die Möglichkeit, dass Unternehmen aus jedenfalls zwei Mitgliedstaaten der EU sich zu einer Europäischen wirtschaftlichen Interessenvereinigung (EWIV) zusammenschließen. Dabei handelt es sich um eine Personenhandelsgesellschaft, auf die in Deutschland überwiegend das Recht der OHG anzuwenden ist (vgl. dazu Rn. 35 f. und 291 f.).
14
Die Europäische Aktiengesellschaft (Societas Europaea = SE) gewährt die Möglichkeit, eine supranationale Rechtsform für eine Kapitalgesellschaft zu nutzen (s. dazu Rn. 36 und 565 f.). Eine weitere europäische Gesellschaftsform ist die Europäische Genossenschaft (Societas Cooperativa Europea = SCE).
Ein Richtlinienentwurf der EU-Kommission von 2013 sieht die Einführung einer Societas Unius Personae (SUP) als einer geschlossenen Kapitalgesellschaft mit nur einem Gesellschafter vor.
Bei der Ausübung der Niederlassungsfreiheit durch Gesellschaften geht es um die Nichtdiskriminierung von Gesellschaften aus anderen Mitgliedsstaaten der EU und die Herstellung der rechtlichen Möglichkeiten für grenzüberschreitende Tätigkeiten durch Agenturen, Zweigniederlassungen und Tochtergesellschaften. Außerdem ist das Problem der Fusionen mit Gesellschaften aus anderen Mitgliedsstaaten angesprochen.
Teil I Grundlagen und Grundbegriffe des Gesellschaftsrechts › § 1 Das Gesellschaftsrecht und seine Bedeutung für die Rechts- und Wirtschaftsordnung der Bundesrepublik Deutschland › V. Internationales Gesellschaftsrecht