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EINEN CAPPUCCINO MIT SOJAMILCH, BITTE!

DIE TIEFE BOTSCHAFT HINTER EINER TASSE TEE

Ihren ersten Samstagabend in Inverness verbringt Franziska mit ihrer niederländischen Mitbewohnerin Liesbeth und ihrem bunt gemischten Freundeskreis aus aller Welt im Hootananny, einem gemütlichen, rappelvollen Pub mit Livemusik in der Innenstadt. Neben einem Argentinier lernt sie dabei auch einen jungen Ingenieur aus Israel, eine Spanierin und einen Hubschrauberpiloten aus England kennen. Als es zur last round läutet, brechen Liesbeth und Franziska auf, um noch ein Taxi zu erwischen, bevor die Massen gleich auf die Straßen strömen. An ihrer Zimmertür findet Franziska einen Zettel in kaum leserlicher Handschrift von Paul vor, auf dem gerade so »sunday roast @ my mom’s« zu entziffern ist. Sie nimmt den Zettel mit ins Zimmer und beschließt, Paul erst morgen danach zu fragen. Aus seinem Zimmer kann sie die Stimme eines Mädchens hören und vermutet, dass Pauls Freundin Judy bei ihm ist.

Und tatsächlich: Am nächsten Morgen sitzt ein zierliches, sehr hübsches Mädchen mit langen dunkelblonden Haaren am Tisch und streckt ihr fröhlich die Hand entgegen. »Hi, ich bin Judy.« Sie greift schon zur Teekanne und einer frischen Tasse, als Franziska dankend abwinkt und sich einen Instant-Cappuccino zusammenrührt. Es gibt noch warme scones und Toast, aber Judy warnt gut gelaunt: »Lass auf jeden Fall noch Platz im Bauch. Pauls Mum kocht immer viel zu viel – und es schmeckt soooo gut.« Genießerisch verdreht sie die Augen und schiebt sich den letzten Bissen ihres scone mit Erdbeermarmelade in den Mund. Wie dieses schlanke Mädchen plant, auch noch die versprochenen Essensmengen zu verdrücken, ist Franziska jetzt schon ein Rätsel.

»Ist das Sonntagsessen eine Familientradition?«, fragt sie zögernd.

»Ja, Pauls Mum lädt die WG gerne am Sonntag zum Essen ein. Damit wir alle was Ordentliches in den Bauch bekommen.« Sie zwinkert schelmisch und beißt krachend von einer frischen Scheibe Toast ab. »Sie leitet ein B&B draußen in Culloden. Dort wird’s dir bestimmt gefallen.«

Nach und nach schlurfen auch die anderen WG-Mitglieder in die Küche. Während man Liesbeth die Pints von gestern Abend ansieht, sehen Paul und Fiona beide aus wie das blühende Leben. Pauls frisch geduschte gute Laune ist fast ein bisschen anstrengend, als er sie alle in der Manier eines fürsorglichen Familienvaters zur Eile antreibt und dann in sein Auto verfrachtet – Judy noch immer mit einem Toast in der Hand, von dem Franziska nicht weiß, ob es noch dasselbe ist oder schon wieder ein frisches. Dem alten Mercedes jedenfalls tun die Krümel nichts an; er könnte mal wieder eine gründliche Innenreinigung vertragen, wie Franziska findet.

Das B&B von Pauls Mutter ist genauso, wie man sich ein schottisches bed and breakfast vorstellt: ein kleines Cottage mit einem neuen, langgezogenen Anbau einschließlich Wintergarten und Terrasse, innen plüschig-kitschig eingerichtet, die Regale und Vitrinen voller Familienfotos, auf denen die Männer Kilts tragen und die Frauen elegante Kleider mit einem über die Schulter geschwungenen Schal in den Farben der Kilts. Kissen mit Spitzen und Rüschen liegen dekorativ auf sämtlichen Sitzgelegenheiten, und großformatige Fotos von den Highlands an den Wänden fehlen natürlich ebenfalls nicht. Fasziniert sieht sich Franziska um, während Pauls Mutter Jenny fürsorglich um ihre Gäste herumwirbelt, hier ein »dear« verteilt, dort ein »lovely« fallen lässt und die personifizierte Gastfreundschaft verkörpert. »So, Franziska, erzähl doch mal von dir«, sagt sie gut gelaunt und setzt sich, ein Tablett balancierend, neben Franziska auf das Sofa. Mit geübter Hand verteilt sie die Tassen auf den Untertassen und beginnt schwungvoll, Tee einzugießen. Gerade noch rechtzeitig kann Franziska ihre Hand über die letzte Tasse halten.

»Für mich nicht, danke. Ich hätte lieber einen Kaffee oder Cappuccino, wenn das möglich ist.«

Vier Augenbrauenpaare schnellen schlagartig in die Höhe. Franziska beißt sich auf die Lippe und will schon zurückrudern, als Jenny – ganz die perfekte Gastgeberin – fröhlich auflacht und schwungvollen Schrittes in der Küche verschwindet. »Natürlich, ich hätte vorher fragen sollen!«

Kein Schottlandbesuch ohne schwarzen Tee!

Selbstverständlich gibt es kein Gesetz, das besagt, dass man in Schottland Tee trinken muss. Schwarzer Tee – mit oder ohne Milch und/oder Zucker – ist schließlich nicht jedermanns Geschmack. Und dafür haben die Schotten natürlich vollstes Verständnis. Trotzdem sollte man nicht unterschätzen, welche Bedeutung das Teetrinken für die Schotten hat. Denn tatsächlich gehören sie zu den wohl größten Teeliebhabern der Welt. Und das will, vor allem in Anbetracht der englischen Nachbarn, schon einiges heißen! Die Liebe der Schotten zu ihrem schwarzen Tee begann bereits im frühen 17. Jahrhundert, als die Herzogin von York, eine gewisse Mary of Modena, ihn in Schottland bekannt machte. Innerhalb kürzester Zeit führte die Begeisterung für das Heißgetränk dazu, dass sich abenteuerlustige Schotten aufmachten, mehrere Ozeane zu überqueren, um in Indien und Sri Lanka selbst Tee anzubauen. James Taylor, der »Vater des Ceylontees«, etwa stammte aus Kincardinshire in Schottland und wanderte Mitte des 19. Jahrhunderts nach British Ceylon (in das heutige Sri Lanka) aus, um dort mit den aromatischen Blättern ein Vermögen zu machen.

Spätestens seit dieser Zeit ist das Teetrinken in Schottland so etwas wie eine Volksbeschäftigung geworden – wenn auch zunächst nur für diejenigen Teile der Bevölkerung, die sich das Luxusgut leisten konnten. Heute ist Tee in Form von PG-Tips- und Tetley-Großpackungen überall in Schottland günstig erhältlich – und damit ständiger Begleiter im schottischen Alltag. James Lipton sei Dank! Der Unternehmer aus Glasgow war der Erste, der Tee zu erschwinglichen Preisen verkaufte und ihn so zum Musthave in jedem schottischen Haushalt machte. Und so ist es bis heute geblieben. Kein Wunder: Tee bietet Gesprächsstoff, gibt den Schotten etwas zu tun, wenn sie Besuch empfangen, und ist überhaupt eine bezaubernde Einleitung für jegliche Form sozialer Interaktion. Die Frage, ob man eine Tasse Tee wünsche, ist also so unvermeidlich wie das kurze Plaudern über das Wetter – ebenfalls ein fester Bestandteil schottischer Kultur. Bedenken Sie dabei: Während fast alle Schotten Tee zu Hause haben, dürfte die Bitte nach einem Kaffee den einen oder anderen von ihnen in Verlegenheit bringen. Schon allein deshalb lohnt es sich, dem Getränk aus dem Fernen Osten eine Chance zu geben.

Schnell merkt man dann, dass schwarzer Tee seinen Reiz hat – vor allem dann, wenn man nach einem langen Tag an der frischen Luft in die Unterkunft kommt, sich an der tea & coffee making facility des Zimmers bedienen kann und schon der erste Schluck die Lebensgeister wieder aufleben lässt. Das kann im Laufe eines Schottlandurlaubs schnell zu einem liebgewonnenen Ritual werden. Und plötzlich weiß man gar nicht mehr, was man ursprünglich mal gegen a cup of tea einzuwenden hatte.

Doch keine Sorge: Jedes Hotel oder B&B sorgt dafür, dass auch Kaffeetrinker auf ihre Kosten kommen. Kaffeemaschinen oder wenigstens Instantkaffee gehören zur Standardausstattung einer jeden schottischen Herberge.

DEN AFTERNOON TEA IN SCHOTTLAND GENIESSEN

Gönnen Sie sich in Ihrem Urlaub einen klassischen afternoon tea und verwöhnen Sie sich so richtig. Das ist dann wirklich nicht der richtige Zeitpunkt, um auf Kalorien zu achten!

Zum afternoon tea gehören meistens:

 eine kleine Kanne schwarzer Tee,

 ein Kännchen mit Sahne oder eine Schale mit clotted cream (sehr reichhaltige, festere Sahne),

 scones mit noch mehr cream und Marmelade.

Wahlweise wird der afternoon tea durch kleine Sandwichhäppchen, shortbread, Früchtekuchen und köstliches Kleingebäck jeglicher Art ergänzt.

Übrigens: Verwechseln Sie den afternoon tea nicht mit dem traditionellen high tea, wie er in manchen altehrwürdigen Hotels und Restaurants noch angeboten wird! Unter Letzterem versteht man eine komplette Mahlzeit, zu der neben dem Tee zum Beispiel auch ein Gericht mit Fisch oder ein steak pie serviert werden. Typischerweise wird der high tea zwischen dem späten Nachmittag und dem frühen Abend serviert und ist damit so etwas wie ein zeitiges Abendessen. Deshalb heißt das Abendessen bei manchen Schotten auch tea.

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