Читать книгу Protestantismus in Spanien - unbekannt - Страница 9

Begebenheiten vor der Reformation

Оглавление

Die Morgenröte jenes belebenden Lichtes, welches im Anfange des sechzehnten Jahrhunderts so gewaltig und mit solchem Glanz hervorbrach, ließ auch einige ihrer Strahlen auf die Finsternis fallen, welche die von der Inquisition beherrschten Länder umhüllte. Man hätte hoffen sollen, dass das beständige und regelmäßige Fortschreiten jenes Lichtes endlich diese dichte Finsternis zu durchdringen vermocht hätte; allein kaum hatte man seinen ersten Schimmer wahrgenommen, als Menschen, die eine mächtige Klasse im Staate bildeten und die nur dem Aberglauben und der Unwissenheit des Volkes die Ehrenstellen und das Ansehen verdankten, deren Besitz sie sich ausschließlich angemaßt hatten, die Vorurteile der Nation gegen die neuen Ideen aufregten, die so viele Unruhe bei ihnen erweckten.

Schon einige Zeit vor der Erfindung der Buchdruckerkunst hatte man in Spanien mit der Zerstörung der literarischen Werke begonnen. Jene Scheiterhaufen, wo die Flammen so oft die kostbarsten hebräischen und arabischen Manuskripte verzehrten, waren für den unwissenden Spanier ein ergötzliches Schauspiel, es waren Werke, die in den Sprachen zweier verabscheuten Nationen geschrieben waren, eine Betrachtung, die allein hinlänglich war, um sie zur Vernichtung zu verurteilen.

Mit Wohlgefallen sahen auch die Geistlichen ihrerseits die Zerstörung griechischer, lateinischer und kastilianischer Werke, welche voraussetzen lassen konnten, dass es noch andere Wissenschaften, als diejenigen gäbe, welche sie lehrten. Im Jahre 1434 wurde die Bibliothek Heinrichs von Arragonien, Marquis von Villena, eines mit der königlichen Familie verwandten Großen, unter dem Vorwand verbrannt, dass sie Bücher über die Zauberei enthalte.

Johann II., König von Kastilien, befahl einem Dominikanermönche, welcher Hofmeister seines Sohnes, des Prinzen von Asturien, war, darauf zu sehen, dass solche vollständig verbrannt werde; allein dieser Vorsicht ungeachtet entgingen einige Bände, selbst mit Bewilligung des damit beauftragten Mönchs, den Flammen. ‒ Im Jahre 1490 wurde eine große Menge Bibeln, und über sechstausend Bände derselben Gattung, wie solche bei dem Tode des Marquis von Villena verbrannt worden waren, unter dem Vorwand, dass sie Zaubereien oder ketzerische Auslegungen enthielten, zerstört. Die Ehre dieser Gewalthandlung gebührt dem Generalinquisitor Torquemada, dessen Befehle in einem zu Salamanca auf dem St, Stephansplatze gefeierten Autodafé2 vollzogen wurden1.

Im Jahre 1502 befahlen Ferdinand und Isabella den Präsidenten der Kanzleien, so wie allen höheren Gliedern der Geistlichkeit, über alles, was auf die Untersuchung, die Zensur, den Druck, die Einführung oder den Verkauf von Büchern Bezug habe, die strengste Aufsicht zu führen. In dem Maße demnach, wie sich die Besorgnisse der römischen Kirche vermehrten, verdoppelten sich auch die Gefahren und Schwierigkeiten, womit diejenigen Menschen umringt wurden, welche ihr Leben, frei von dem Zwang irgend eines bestehenden Systems, der Entdeckung der Wahrheit zu weihen wünschten. Man konnte die Tätigkeit der Geister jedoch nur bis auf einen gewissen Grad beschränken. Das Studium der gelehrten Sprachen war eine Lieblingsbeschäftigung der höheren Geistlichkeit geworden. Die erste Ausgabe einer Polyglottenbibel verdankt man dem Kardinal Cisneros, der ohne Zweifel weit entfernt war, die Folgen dieser Neuerung vorauszusehen. Es konnte nicht fehlen, dass die Erforschung der Schrift in der Originalsprache bei den Spaniern die nämlichen Zweifel erweckte, die hierdurch bei den Gelehrten anderer Nationen entstanden waren, und so wurde in Spanien der Same der Reformation durch Mittel ausgestreut, die jenen ganz ähnlich waren, welche im Norden von Europa bald eine so reiche Ernte vorbereiteten.

Unter dem fünften Generalinquisitor fingen die Meinungen der Reformatoren an, sich in Spanien immer mehr zu verbreiten. Die Geschichte jener Zeit überliefert uns die Namen mehrerer berühmter Opfer, die auf den bloßen Argwohn hin, dass sie Luthers Lehre angenommen hätten, unter den Händen der furchtbaren Inquisition bluteten.

Unter ihnen befand sich der ehrwürdige Johann von Avila, der Apostel von Andalusien genannt. Da er das Evangelium mit Einfachheit predigte, ohne jene Streitfragen, welche die papistischen Theologen jener Zeit in Bewegung setzten, in seine Kanzelreden einzumischen; so vereinigten sich die neidischen Mönche, um Pläne zu seinem Verderben zu schmieden, und er ward in die Gefängnisse des heiligen Offiziums geworfen. ‒ Johann von Vergara und sein Bruder Bernhardin, zwei in der Literaturgeschichte Spaniens berühmte Männer, wurden gefangengenommen und eingekerkert, weil Johann, der eine ausgebreitete Kenntnis der hebräischen und griechischen Sprache besaß, Fehler in der Übersetzung der Vulgata bemerklich gemacht hatte. ‒ Es gelang den Mönchen ebenfalls, Alphons Virués, einen in den orientalischen Sprachen sehr bewanderten Priester, festnehmen zu lassen. Er war dem Kaiser durch seine Predigten sowohl, wie durch die vertrautesten Verhältnisse, in denen er mit ihm gestanden hatte, sehr wohl bekannt; allein nichts desto weniger hatte Virués vier Jahre hindurch alle Schrecknisse eines geheimen Gefängnisses zu erdulden, und man würde Ursache haben, sich darüber zu wundern, dass Karl V. fortfuhr, die Inquisition zu beschützen, wenn der Hass nicht bekannt wäre, den er gegen die Protestanten hegte. Da die Vermehrung der in Umlauf gesetzt werdenden Bücher eins der wirksamsten Mittel zur Verbreitung einer Lehre ist, so wurden hiergegen die strengsten Maßregeln genommen.

Im Jahre 1521 schrieb der Papst an die Gouverneure der Provinzen Kastiliens, dass sie die Einführung der als ketzerisch verdammten Bücher verhindern sollten, und im nämlichen Jahre ließ Adrian, damals Großinquisitor, und kurze Zeit nachher selbst Papst, an die verschiedenen Inquisitoren den Befehl ergehen, sich aller Werke dieser Art zu bemächtigen, welche eingeführt worden sein könnten.

Im Jahre 1523 wurde der Befehl erneuert und der Präfekt von Guipúzcoa beauftragt, den Inquisitionsbeamten allen Vorschub zu leisten, um sich dessen Ausführung zu versichern.

Zu verschiedenen Zeiten wurden andere, auf denselben Zweck hinzielende Maßregeln ergriffen, und durch alles unterstützt, was der Fanatismus barbarisches erfinden konnte.

Allein alles dieses diente nur, die Unwirksamkeit der bereits angewendeten Mittel und das Bedürfnis zu beweisen, das die Geister fühlten, sich Bücher zu verschaffen, die geeignet waren, den Verstand zu erhellen und das Herz zu rühren.

1 Auf diese Weise zündete die Inquisition, gleichsam zum Hohn alles religiösen Gefühls und des Schicklichen, auf dem nämlichen Platze, welcher den Namen des Urmärtyrers des Christentums trug, ihre Scheiterhaufen an, um diese Hinterlassenschaft des Märtyrerglaubens zu vernichten, und diejenigen zu verbrennen, welche es wagten ihrem ruhmwürdigen Beispiele zu folgen.

Protestantismus in Spanien

Подняться наверх