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Am nächsten Morgen saß Susanne bereits am Schreibtisch, als Ferdinand und Eric hereinkamen. Sie tat so, als wäre sie am Computer beschäftigt.

„Guten Morgen, wie sieht es denn in unserem Fall aus? Ich habe den Staatsanwalt gleich mitgebracht, er wollte auch wissen, was heute anliegt.“

Glücklicherweise kam jetzt Robin und übernahm das Reden. Er berichtete von ihrem Besuch in der Praxis und dass Fabian Tschötz dort fachlich sehr angesehen war. Nach Susannes eindringlichen Fragen hatte eine Kollegin zugegeben, auch eine Affäre mit ihrem Chef gehabt zu haben.

Ferdinand seufzte.

„Warum muss solch ein Klischee immer erfüllt werden? Arzt und Krankenschwester, Chef und Sekretärin … na ich weiß nicht. Was finden die Frauen an Vorgesetzten? Die meisten sind verheiratet und haben Kinder. Unser toller Schönheitschirurg auch.“

Susanne zuckte mit den Schultern.

„Also mich ziehen solche Typen nicht an. Da musst du die betroffenen Frauen fragen.“

„Das ist, denke ich, für unseren Fall nicht relevant“, erwiderte Eric, „Sie sollten uns schnell den Täter präsentieren. Wie steht es mit der Liste der Patientinnen?“

„Kommt nachher.“

„Ich hatte Druck gemacht, auch wenn der Richter gar nichts davon hören wollte. Der kannte den Arzt, weil seine Frau bei ihm eine neue Nase bekommen hat. Aber wenn er irgendetwas Mieses angestellt hat, ist mir das egal. Findet alle Sauereien heraus!“

Robin nickte und Eric verließ das Büro. Ferdinand sah die beiden Kommissare ernst an.

„Ich muss euch nicht sagen, dass ihr diskret vorgehen müsst?“

„Musst du nicht“, erwiderte Robin.

„Man wird gar nicht merken, dass wir ermitteln“, setzte Susanne grinsend hinzu.

Ferdinand lachte.

„Na dann verstehen wir uns ja!“

Auch er verließ das Büro und Robin machte erstmal Kaffee. Dann setzte er sich an den Schreibtisch und sah Susanne gut gelaunt an.

„Ihr habt euch schon wieder nicht gestritten. Es klappt langsam.“

„Wir gehen sachlich miteinander um. Ich werde immer ich sein und nie Bianca.“

Robin zuckte zusammen.

Susanne erschrak.

„Entschuldige, ich wollte nicht … ähm … alte Wunden aufreißen.“

Robin winkte ab.

„Ist schon in Ordnung. Mir ist nur aufgefallen, dass ich nicht mehr ständig daran denke.“

„Ich schon. Ich denke immer, ich bin euch nicht genug.“

Robin stand auf und hockte sich zu Susanne. Er legte ihr eine Hand auf den Arm.

„Du bist du und das ist gut so. Ich mag dich, wie du bist und du sollst niemand anderes sein. Versuch, den Gedanken an Bianca aus dem Kopf zu bekommen. Vielleicht fällt es dir dann auch leichter mit Eric. Er ist ein wirklich guter Kerl und ich wünsche mir, dass ihr eine freundschaftliche Ebene miteinander finden könnt. Du bist nicht schuld an Biancas Tod und du musst nicht sie sein. Das ist einfach so.“

Susanne nickte nur. Wenn sie jetzt etwas sagen würde, kämen die Tränen mit dazu. Robin wusste das und erwartete keine Antwort. Er setzte sich wieder auf seinen Platz und fuhr den Computer hoch.

„Ach, hier ist die Liste der Patientinnen. Es sind auch ein paar Männer dabei. Dann wollen wir mal alle befragen, wie zufrieden sie waren.“

„Denkst du, er hat gepfuscht?“

„Ja, das ist durchaus möglich. Du nicht?“

„Hat seine Frau nicht auch ein Motiv?“

Robin sah sie erstaunt an.

„Schon, aber ich halte sie nicht für eine Mörderin.“

„Ich sage ja nicht, dass sie ihn ermordet hat. Vielleicht ist sie ihm an dem Abend gefolgt, hat ihn zur Rede gestellt, gestoßen und hat dann Panik bekommen, als er sich nicht mehr bewegt hat. Es könnte ein Unfall gewesen sein. Oder eine Tat im Affekt. Oder Notwehr, wenn er sie vielleicht bedroht hat.“

Das klang logisch und Robin konnte diese Möglichkeit nicht ausschließen.

„Ich hätte mir das auch nicht gefallen lassen.“

„Da hat dein Phillip ja Glück, dass er dich nicht betrogen hat.“

Susanne runzelte die Stirn und kaute auf der Unterlippe.

„Hat er?“

„Was?“

„Dich betrogen?“

„Keine Ahnung, ich dachte immer, er ist mir treu, aber jetzt bin ich mir nicht mehr so sicher. Er hatte ja schon eine Neue am Start, da waren meine Rücklichter noch zu sehen.“

„Ach was, du siehst bestimmt Gespenster.“

„Er war mit der Tussi bei meiner Mutter.“

„Was ziemlich blöde ist.“

Sie grinsten sich an und Susanne winkte ab.

„Ich habe keine Lust mehr, mir das Leben versauen zu lassen. Er kann sich gerne von meiner Mutter adoptieren lassen.“

„Dann musst du dein Erbe teilen.“

„Hör jetzt auf! Wir haben Wichtiges zu erledigen. Los!“

Sie machten sich auf den Weg zum Auto und klapperten der Reihe nach die Patientinnen ab, die auf der ersten von vier Seiten standen. Alle Damen waren sehr zufrieden und betonten sehr deutlich, dass es nur ein Arzt-Patientinnen-Verhältnis war.

Im Auto schnaufte Susanne. Sie klappte die Sonnenblende herunter, schaute in den Spiegel und tippte mit dem Zeigefinger unter ihren Augen herum. Robin brach in schallendes Gelächter aus.

„Was machst du da? Willst du dich jetzt auch zerschnippeln lassen?“

„Ich werde alt und das sieht man. Meinst du, ich sollte etwas machen lassen?“

„So ein Unsinn.“

Robin griff nach oben und klappte Susannes Sonnenblende wieder hoch. Dann drehte er ihr Gesicht zu sich und betrachtete es eingehend. Ab und an wackelte er mit dem Kopf, zischte kurz und grinste dann.

„Das geht alles noch.“

Susanne schüttelte sich und seine Hand ab.

„Na danke schön, geht noch ist kein Kompliment.“

Plötzlich klopfte es an die Scheibe auf der Beifahrerseite. Die Frau, die sie eben befragt hatten, sah sich hastig um und rutschte auf den Rücksitz.

„Ich … ich schäme mich. Und mein Mann darf nichts wissen.“

„Sie hatten eine Affäre? Eine Beziehung?“

Sie duckte sich hinter die Sitze.

„Es war nur Sex. Mein Mann ist nie zuhause und da habe ich mich einsam gefühlt. Fabian war so einfühlsam und man konnte sich gut mit ihm unterhalten. Aber ich wusste, dass ich ihn nicht haben kann. Das war auch nicht unsere Absicht. Wir haben uns ab und zu getroffen und … sie wissen schon.“

„Wann zum letzten Mal?“

„Letzte Woche Freitag in einem Hotel.“

Sie schrieb Robin die Adresse auf.

„Wissen Sie, mit wem Fabian Tschötz noch etwas am Laufen hatte?“

„Nein, nur von der einen Krankenschwester hat er mir erzählt. Sie war eifersüchtig. Merle.“

Robin und Susanne sahen sich erstaunt an.

„Davon hat uns die nette Dame gar nichts gesagt.“

„Bitte, Herr Hinschler, sagen Sie meinem Mann nichts. Er ist eigentlich einer von den Guten.“

Robin nickte. Als die Frau ausgestiegen und im Haus verschwunden war, sah er Susannes Ärger.

„Wenn er so ein Guter ist, sollte sie ihn nicht bescheißen!“, knurrte sie.

„Das denke ich auch, aber wir sind nicht für die Moral der Menschen verantwortlich.“

„Warum hast du eigentlich keine Freundin? Du bist doch auch einer von den Guten?“

„Weil ich keine Zeit dafür habe. Und nun besuchen wir unsere liebe Krankenschwester noch einmal. Eifersucht ist ein sehr interessantes Motiv.“

Verlorene Fassung

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