Читать книгу Operation Werwolf - Fememord - Uwe Klausner - Страница 14
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ОглавлениеBerlin-Karlshorst, Dorotheastraße
14:15 Uhr
»Na schön, Herr Kommissar, weil Sie es sind«, willigte die spindeldürre, spitzgesichtige und zu Sydows Leidwesen auch spitzzüngige Hausverwalterin ein, öffnete die Tür und forderte ihn auf, einen Blick ins Innere der Etagenwohnung zu werfen. »Mir ist zwar nicht ganz wohl dabei, aber wenn es nicht anders geht, will ich mal nicht so sein.«
»Das ist aber nett von Ihnen, Frau Mentzel«, gab Sydow knapp, aber bestimmt zurück, ließ der mit Lockenwickeln bekränzten Xanthippe den Vortritt und wartete ab, bis die Tür hinter ihm ins Schloss gefallen war. »Sie wissen ja, ich tue nur meine Pflicht, insofern machen Sie sich bloß keine Gedanken. Ich bin mir sicher, der Bewohner hat nichts dagegen, wenn ich mich hier ein wenig umschaue, und wenn doch, verweisen Sie den Herrn an mich. Wie war doch gleich sein Name?«
»Justizoberrat Henschel.«
»Alleinstehend?«
»Soweit ich weiß, ja«, versetzte die mit einer Kittelschürze bekleidete Concierge, die der Versuchung, einen Blick ins angrenzende Wohnzimmer zu werfen, nicht widerstehen konnte. »Aber wer weiß das heutzutage schon genau.«
»Eben«, gab Sydow lapidar zurück, deutete ein Nicken an und nahm die Wohnung, unter 250 RM Miete pro Monat mit Sicherheit nicht zu haben, genauer unter die Lupe. Chaiselongue aus gestreiftem Plüsch, Mobiliar aus der Kaiserzeit, Standuhr aus gebeizter Eiche, Stillleben mit Goldrahmen, für Durchschnittsverdiener unerschwinglich. Bis das Wohnzimmer komplett war, kam ordentlich was zusammen. Da lobte er sich doch seine Junggesellenbude, für die er nur knapp die Hälfte bezahlte. Auf eine gutbürgerliche Wohngegend wie in Lichterfelde legte er ohnehin keinen gesteigerten Wert, im Gegensatz zu Kalinke, für den nichts schlimmer gewesen wäre, als in einem Altbau zu logieren. »Wer weiß denn schon, was seine Mitmenschen den Tag über so treiben.«
»Wenn es Ihnen nichts ausmacht, Herr Kommissar, würde ich jetzt lieber …«
»Einen Moment noch, Frau Mentzel – ich bin gleich so weit«, gab Sydow wie selbstverständlich zurück, zückte sein Notizbuch und dachte offenbar nicht daran, der Aufforderung zum Rückzug Folge zu leisten. »Wenn Sie erlauben, ich hätte da noch ein paar Fragen.«
»Aber das können wir doch genauso gut unten im Flur …«
»Können wir nicht, so leid es mir tut«, fiel Sydow der Mittsechzigerin höflich, aber bestimmt ins Wort, kratzte sich hinterm Ohr und sagte: »Dieser Jakubeit, wie war er denn eigentlich so?«
»Er hat was ausgefressen, stimmt’s?«
»Kann man wohl sagen, gnädige Frau«, fuhr Sydow in geschäftsmäßigem Tonfall fort, durchquerte die Diele, um den bohrenden Blicken der Hausverwalterin zu entgehen, und tat so, als sei er in Gedanken woanders. Das heißt, er tat nicht nur so, sondern rief die Unterredung mit Mira in sich wach. Ohne sie, die seinetwegen Kopf und Kragen riskiert hatte, wäre er dem Werwolf wohl nie auf die Spur gekommen, und wenn doch, hätte er Tage, wenn nicht gar Wochen dafür gebraucht. »Bei dem Herrn kommt Einiges zusammen.«
Der Blick der Matrone weitete sich, zwischen Neugierde und Furcht hin- und hergerissen. Am Ende trug die Sensationsgier den Sieg davon, für Sydow, der sie wie zufällig aus dem Augenwinkel musterte, alles andere als eine Überraschung. »Und was genau?«
»So leid es mir tut«, fügte der Kommissar mit dem Ausdruck tiefsten Bedauerns hinzu, eine seiner Glanznummern, mit der er sich schon oft aus der Affäre gezogen hatte. »Aber ich bin nicht befugt, Dritten gegenüber Auskünfte zu erteilen. Und schon gar nicht über laufende Ermittlungen, das sehen Sie hoffentlich ein. Nichtsdestotrotz wäre ich Ihnen für jeden Hinweis dankbar. Sie wissen ja, wie das ist: Um unsere Arbeit zufriedenstellend zu erledigen, sind wir auf die Hilfe der Bevölkerung angewiesen, je mehr verlässliche Informationen, desto schneller ist das Puzzle komplett. Ich darf also bitten, Sie haben das Wort!«
»Wollen Sie damit sagen, bei Jakubeit könne es sich um den Wer…«
»Zum Mitschreiben, Frau Mentzel«, gab Sydow mit einem Maximum an Selbstbeherrschung zurück und steuerte auf das geräumige Arbeitszimmer zu. »Der Fall geht nur mich und die Kollegen etwas an. Also dann, auf ein Neues: Was genau können Sie über Ihren ehemaligen Mieter sagen?«
Der Rumpf der Befragten straffte sich, und um nur ja nichts zu verpassen, folgte sie Sydow auf dem Fuß. »Nun ja, wenn Sie mich so fragen: Ein bisschen komisch war er schon.«
»Inwiefern?«
»Bitte verstehen Sie mich nicht falsch, Herr Kommissar«, warf die Verwalterin beschwichtigend ein, während Sydow einen Blick aus dem Fenster warf. Geduld zählte nicht zu seinen Stärken, vor allem dann nicht, wenn er das Gefühl hatte, die Zeit laufe ihm davon. Jede Minute, die nutzlos verstrich, vergrößerte die Gefahr, dass es noch mehr Tote gab. Und was das Schicksal von Elsa Bruckmann betraf, da ließ ihn sein Vorstellungsvermögen im Stich. Was geschähe, wenn der Werwolf freie Bahn haben würde, das konnte – und wollte – er sich lieber nicht vor Augen führen. »Was soll ich sagen, der Mann wusste sich zu benehmen.«
»Wie darf ich das verstehen?«
»Er hat jeden gegrüßt, war höflich, freundlich, gebildet, zuvorkommend, gepflegt, gut gekleidet, verlässlich und außerordentlich reinlich, um nicht zu sagen penibel.«
»Wo genau, werte Frau Mentzel, liegt dann das Problem?«, fragte Sydow, der wahrlich Besseres zu tun hatte, als der Angesprochenen die Würmer aus der Nase zu ziehen. »Hört sich doch nicht schlecht an, oder?«
»Worin das Problem liegt, fragen Sie?« Die Augen zu einem hauchdünnen Spalt verengt, baute sich die Concierge vor Sydow auf. »Zum einen darin, dass er und mein Mann sich nicht ausstehen können. Ich sag Ihnen eins: Wenn die sich über den Weg laufen, dann liegt Ärger in der Luft.«
»Und warum ist das so?«
Die Aufwartefrau hob fragend die Schultern. »Keine Ahnung. Die können sich halt nicht riechen, und damit fertig. Kommt ja wohl in den besten Kreisen vor.«
»Mag sein.«
»Ist so, das wissen Sie so gut wie ich. Ich will ja nichts sagen, aber so ganz ohne ist dieser Jakubeit ja nicht. Und wer weiß, vielleicht hat mein Egon sogar Recht. Mit dem halbseidenen Spanner stimmt was nicht, hat er gesagt – gleich am Anfang, beim Einzug. Trifft ja wohl auch zu, oder?«
Sydow vermied es, auf die Frage einzugehen. »Und wie kam Ihr Göttergatte darauf?«
»Ich weiß nicht, wenn er einen so angeschaut hat, dann … Also, dann wurde einem richtig mulmig. Zumindest den Frauen, wenn ich das mal so sagen darf. Die hat er begafft, als ob er sie mit seinen Blicken ausziehen wollte.«
»Und auch belästigt?«
Die Concierge wehrte lächelnd ab. »Ach woher, der doch nicht! Dafür war er zu verklemmt. Und auch zu feige, wenn Sie es genau wissen wollen. Einen auf Casanova zu machen, das hätte er sich nie und nimmer getraut.«
Im Begriff, etwas zu erwidern, behielt Sydow die Replik für sich.
Ganz anders Erna Mentzel, die mit fortschreitender Dauer immer redseliger wurde: »Hängt wahrscheinlich mit seiner Prothese zusammen, im Grunde tat er mir ja leid. War halt ein Eigenbrötler, was soll’s. Aber so ist das nun mal, leider Gottes. Da arbeitest du als Ingenieur bei Siemens, musst nicht zum Barras, weil es ohne dich nicht geht, brauchst deinen Kopf nicht hinzuhalten und scheffelst Kohle bis zum Abwinken – und dann so etwas.«
Raffiniert.
Auf die Idee, der Werwolf könne sich eine falsche Identität zugelegt haben, wäre Sydow nicht gekommen.
Und dies mit beträchtlichem Erfolg, wie der Rapport der wachsamen Hausverwalterin bewies. »Ich fürchte, ich kann Ihnen nicht ganz folgen, Frau Mentzel.«
»Er hat seine Hand in eine Stanzmaschine gekriegt, haben Sie das nicht gewusst?«
»Nein, woher sollte ich«, gab Sydow scheinbar desinteressiert zurück und ließ den Blick durch das mit allen Schikanen eingerichtete Studierzimmer schweifen, bei dessen Anblick er sich in das Allerheiligste seines alten Herrn versetzt fühlte. »Leider sind wir bei der Kripo nicht allwissend, sonst ginge uns die Arbeit leichter von der Hand.«
Wie sich die Bilder doch glichen. Hier wie da, sowohl im Arbeitszimmer seines Vaters als auch in dem mit Stilmöbeln ausstaffierten Refugium eines Justizbeamten im gehobenen Dienst, herrschte eine geradezu penible Ordnung. Um dem Benutzer den Aufenthalt so angenehm wie möglich zu machen, war an nichts gespart worden, schon gar nicht am erlesenen Mobiliar. Allein der Schreibtisch aus Mahagoni musste ein Vermögen verschlungen haben, von den Persern und Tapisserien nicht zu reden. »So gut kenne ich den Herrn ja auch nicht – noch nicht.«
»Wie gewonnen, so zerronnen – mehr fällt mir dazu nicht ein.«
Sydow stutzte.
Und musste die Frage, die ihm auf der Zunge lag, erst gar nicht stellen. »So eine Wohnung wie hier ist nicht billig, machen Sie sich bloß keine falschen Vorstellungen. Und noch etwas, falls Sie es nicht gemerkt haben: In unserem Viertel geht es anders als im Wedding zu. Nämlich anständig, falls Sie verstehen, was ich damit zum Ausdruck bringen will. Schauen Sie doch mal kurz auf die Namensschilder, und dann erübrigen sich weitere Fragen. Im Parterre wohnt ein Kardiologe, gegenüber ein Prokurist mit seiner Frau, im ersten Stock ein Privatgelehrter und ein Schalterbeamter bei der Dresdner Bank, beide verheiratet, wie es sich gehört, hier oben ein lediger Justizoberrat und in der Wohnung vis-à-vis ein Juwelier samt dreiköpfiger Familie.«
»Und was will uns die Aufzählung von Hochkarätern sagen?«
»Dass diejenigen, die hier wohnen, nicht darben müssen«, versetzte die Hüterin der Moral in harschem Ton, reckte das Kinn und ergänzte: »Und dass ich nicht verstehen kann, wie jemand wie Jakubeit, wir reden hier von einem gelernten Ingenieur, so tief sinken kann.«
»Wenn wir gerade dabei sind, nur so aus Interesse: Wie viel würde mich die Wohnung kosten?«
Die Verwalterin lächelte spitz. »Ich weiß ja nicht, was Sie auf der hohen Kante haben, Herr Kommissar, aber …«
»Viel zu wenig, reden wir nicht darüber.«
»Aber um Ihre Frage zu beantworten: Mit 320 Mark sind Sie dabei. Kaltmiete, versteht sich.«
Sydow pfiff überrascht durch die Zähne. »Ordentlich Holz, so schön wollte ich es haben.«
»Qualität hat eben ihren Preis. 102 Quadratmeter, Flur mit 13 Metern Länge, im Ganzen vier Zimmer, drei davon zur Straße, dazu Küche, Bad und Speisekammer. Telefonanschluss inbegriffen. Wenn man das nötige Kleingeld hat, um es sich gemütlich zu machen – warum nicht!«
»Was bei Herrn Jakubeit der Fall gewesen zu sein scheint. Zumindest zeitweise.«
»Sagen wir mal so, er hatte es in der Hand. Keine Familie, guter Beruf, Geld wie Heu. Mit einem Wort, der Mann hatte ausgesorgt.«
»Sollte man meinen.« Mit Blick auf den Schreibsekretär, ein wahres Kleinod aus der Belle Époque, hielt Sydow abwartend inne. »Ganz schön teuer, so ein Ding, kann das sein?«
»Kann man wohl sagen.«
»Bleiben wir lieber beim Thema. Sie sagten, mit Jakubeit sei es bergab gegangen. Wissen Sie auch, wieso?«
»Bedaure, da bin ich überfragt.« Die Concierge zuckte hilflos mit den Achseln. »Ich weiß zwar nicht genau, wie er das Kunststück fertiggebracht hat, aber am Schluss war er nicht mal mehr imstande, die Miete zu bezahlen.«
»Woraufhin ihm von den Eigentümern gekündigt wurde?«
»Genau. Und zwar fristlos.«
»Wann genau war das?«
»Vor zwei, drei Monaten.«
»Und wie lange hat er hier gewohnt?«
»So um die eineinhalb Jahre. Seit Oktober 1939.« Die Concierge gab ein abfälliges Schniefen von sich. »Wie gewonnen, so zerronnen, was soll ich dazu sagen. Ich weiß ja nicht, wie Sie darüber denken, Herr Kommissar, aber um mit Geld umzugehen, bedarf es einer gewissen Reife.«
»Wem sagen Sie das, Frau Mentzel!«
»Je mehr davon, desto besser. Ich kann es nur immer wieder sagen, irgendwie war mir der Mann suspekt.«
»Verstehe.« Tief in Gedanken, ließ Sydow den Zeigefinger über die Schreibtischkante gleiten, betrachtete die blitzsaubere Kuppe und rührte sich nicht von der Stelle. Den Angaben von Mira zufolge war Jakubeit Mitte September vergangenen Jahres wegen sittenwidrigen Verhaltens aus der SS ausgeschlossen worden. Inwieweit die Vorwürfe berechtigt waren und ob es sich tatsächlich um einen Fall von sexueller Belästigung handelte, spielte im aktuellen Kontext keine Rolle. Wichtig war einstweilen nur das genaue Datum, nämlich der 17. September 1940. Genau drei Tage später, am darauffolgenden Freitag, hatte der Werwolf seinen ersten Mord begangen, der Auftakt zu einer Reihe von Verbrechen, die dafür sorgten, dass er zum Schrecken aller Berlinerinnen mutierte.
Ein Absturz, wie er tiefer und krasser nicht hätte vonstattengehen können.
Insofern hatte seine Gesprächspartnerin Recht.
Nur leider eben nicht ganz, aber das konnte das alte Waschweib nicht wissen. Denn was für das berufliche Fiasko galt, das traf offenbar auch auf die pekuniäre Seite der Medaille zu. Wenn überhaupt, davon war auszugehen, hatte der Werwolf nur über bescheidene Ressourcen verfügt. Die, so Sydow mit seiner Mutmaßung richtiglag, innerhalb kürzester Zeit erschöpft gewesen waren. Da war es nur folgerichtig, dass der vermeintliche Ingenieur nicht mehr imstande war, die Miete für eine Wohnung zu bezahlen, von der Normalsterbliche wie ein Kommissar der Kriminalinspektion Berlin nur träumen konnten.
Und genau da lag der Hund begraben. Vorausgesetzt, Jakubeit hatte nicht viel auf der hohen Kante, dann erhob sich die Frage, wie er imstande gewesen war, die Summe von sage und schreibe 320 Reichsmark aufzutreiben. In Sachen Löhne und Gehälter kannte sich Sydow zwar nicht so genau aus und konnte das Gehalt eines Unterscharführers der SS infolgedessen nur schätzen. Sicher war jedoch, dass der Werwolf nach knapp sieben Jahren Mitgliedschaft im SD der SS auf maximal 200 RM pro Monat kam. Da die Miete für die besagte Etagenwohnung jedoch mehr als das Eineinhalbfache verschlang und Jakubeit keineswegs aus dem Vollen schöpfen konnte, stellte sich die Frage, wie er es zuwege brachte, auf vergleichsweise großem Fuße zu leben.
Da war etwas im Busch.
Fragte sich nur, was.
»Sind wir jetzt endlich fertig, Herr Kommissar? Wenn es nichts mehr zu bereden gibt, würde ich jetzt lieber gehen.«
»Einen Moment noch, Frau Mentzel. Ich bin gleich so weit.« Sydow nickte anerkennend in die Runde. Wenn man sich hier so umsah, dann konnte man glatt neidisch werden. Seine Dachwohnung war höchstens halb so groß, und was die Einrichtung betraf, davon konnte er nur träumen. Allein die Bilder, unter ihnen ein Porträt Friedrichs des Großen in Uniform, hatten mit Sicherheit ein Vermögen gekostet. Von der Einrichtung, mit einer Suite im Kempinski durchaus zu vergleichen, ganz zu schweigen. »Donnerwetter, die Bude kann sich wirklich sehen lassen. Alles vom Feinsten, ich bin beeindruckt.«
»Ich auch«, versetzte die Verwalterin kühl, wie ein Zinnsoldat am Türpfosten postiert, von wo aus sie Sydow mit ihrem Adlerblick beobachtete. »Und wie. Fragt sich nur, woher das nötige Kleingeld kam.«
Im Begriff, einen Blick in das dekorative Bücherregal zu werfen, blickte Sydow verdutzt über die Schulter. »Sagten Sie nicht, der Mieter sei Jurist?«
»Das schon, aber den meine ich auch nicht!«, gab Erna Mentzel im Stil eines Feldwebels zurück, wenig erbaut, dass Sydow die Ruhe weg zu haben schien. »Justizoberrat Henschel weiß mit Geld umzugehen, da können Sie sagen, was Sie wollen. Und was das Mobiliar betrifft, es stammt von seinem Vorgänger, für den war das Beste gerade gut genug. Alles eine Frage des Geldes, aber daran hat es ja wohl dann doch gehapert. Ich weiß zwar nicht, wie Jakubeit das geschafft hat, aber am Ende war sein Nachfolger bereit, die Einrichtung zu übernehmen. Für einen Apfel und ein Ei, wie ich aus berufenem Munde weiß. Sie müssen wissen, Jakubeit hat aus dem letzten Loch gepfiffen, sowohl finanziell als auch anderweitig.«
»Alkohol?«
»Das mit Sicherheit.« Die Concierge deutete ein Nicken an. »So kann’s kommen, Herr Kommissar. Wenn man sein Leben nicht im Griff hat, dann holt es einen unwiderruflich ein. Vor allem, wenn man über seine Verhältnisse lebt. Dann kann man einpacken, so ist das nun leider mal.«
Der Kommissar zuckte bedauernd die Achseln. Da hatte er gehofft, dem Werwolf auf die Pelle zu rücken, und dann dies. »Und Sie haben wirklich keine Ahnung, wo er jetzt steckt?«, richtete er aufs Neue das Wort an seine Begleiterin, die nichts lieber getan hätte, als die Wohnung schleunigst zu verlassen. »Jakubeit kann sich doch nicht in Luft aufgelöst haben!«
»Und selbst wenn, ich weine ihm keine Träne nach«, machte die Concierge aus ihrer Antipathie erneut keinen Hehl, wandte sich demonstrativ zum Gehen und sagte: »Ich weiß zwar nicht, was der komische Kauz auf dem Kerbholz hat, aber was mich betrifft, ich bin froh, dass er sich nicht mehr blicken lässt.«
»Ich weniger«, gab Sydow missgelaunt zurück, folgte der Verwalterin auf dem Fuß und ließ die Tür hinter sich ins Schloss fallen. »Aber danke für Ihre Mühe, Sie haben mir sehr ge…«
»Darf man fragen, was Sie hier zu suchen haben?«, fuhr ihm ein Mann in mittleren Jahren über den Mund, auf dem Treppenabsatz postiert, um seinen Schlüsselbund hervorzukramen. »Raus mit der Sprache, oder ich rufe die Polizei!«
»Nicht nötig, Herr Justizoberrat«, redete Sydow dem Monokelträger mit dem blank polierten Schädel zu, geradezu eine Karikatur des pflichtbewussten Staatsbürgers, wie es ihn in Preußen seit jeher gegeben hatte. Dann zückte er seine Dienstmarke und ergänzte: »Von Sydow, Kriminalinspektion Berlin. Wenn Sie erlauben, hätte ich ein paar Fragen. Der Name Jakubeit ist Ihnen ja wohl bekannt, oder?«
»Hören Sie, ich bin in Eile, und wenn es …«
»Sie werden lachen, ich auch!«, bereitete Sydow den Ausflüchten ein abruptes Ende, deutete auf die Wohnungstür und fügte in unmissverständlichem Tonfall hinzu: »Und jetzt wäre ich Ihnen dankbar, wenn wir beide uns unter vier Augen unterhalten könnten. Ich bin mir sicher, Sie haben nichts zu verbergen – oder etwa doch?«