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Einblicke in die Vergangenheit

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Damit man die Krankheitsgeschichte meines Vaters überhaupt verstehen kann, komme ich an dieser Stelle nicht umhin einen kurzen Einblick in das Leben meines Vaters zu geben.

Seine gesamte Kindheit hat er gut behütet verbringen dürfen. Seine Eltern haben sich immer um ihn gesorgt, und aufgepasst, damit er einen guten Start in das Leben bekam. Leider unterscheidet sich meine Familie von anderen ganz normalen Familien in einem sehr entscheidenden Punkt. So wuchs mein Vater auf und wusste, dass er geliebt wird, aber diese Liebe wurde niemals gezeigt. Keine Umarmung, kein Kuss, und auch sonst wurde niemals, weder in der Öffentlichkeit noch privat jemals Liebe in körperlicher Form gezeigt oder entgegengebracht.

So wie er selbst als Kind niemals Liebe erfahren durfte, so war er auch als Erwachsener nicht in der Lage, seine eigene Liebe weiterzugeben. Das wir als Kinder dann ebenso kalt aufwuchsen, dies kann man sich dann ja auch leicht ausrechnen. Mit Worten kann man dies alles nicht beschreiben, nur den Versuch machen es zu verstehen. Er heiratet mit dreiundzwanzig Jahren und gründete seine eigene Familie. Dass seine Ehe zerbrach, daran war er Mitschuld, da er wohl nicht in der Lage war, seine Liebe auszudrücken. So ging es mir selbst ja dann auch, denn woher sollte ich wissen, was eine liebevolle Umarmung ist, oder wie wichtig ein liebes Wort oder ein Kuss sein kann.

Ich kann hier die Dinge nur so niederschreiben, wie ich sie selbst erlebt habe, und so wie sie mir später berichtet wurden. Menschen neigen ja bekanntlich dazu die Schuld lieber bei anderen zu suchen. Vielleicht wurde mir ja auch nicht alles immer so berichtet, wie es tatsächlich war.

Ich wuchs bei meinem Vater auf, oder vielmehr bei meinen Großeltern, wobei meine Oma mich nicht besonders gut leiden konnte, und das war wohl noch sehr vorsichtig ausgedrückt. Sie ließ keine Gelegenheit aus, um mich zu ärgern oder mich schlecht dastehen zu lassen. Ich wurde wohl von ihr dafür verantwortlich gemacht, dass die Ehe kaputt ging und meine Schwester darunter zu leiden hatte. Sie lebte bereits schon seit ihrem dritten Lebensjahr bei meinem Großeltern. Obwohl ich damals erst drei Jahre alt war, machte mich meine Oma für diese Dinge verantwortlich. Ich durfte ja auch nur bei meinem Vater leben, weil meine Großeltern zugestimmt hatten, dass sie sich auch um mich kümmern würden. Sie konnten das ja auch schlecht ablehnen, da mein Vater ansonsten sicher nicht bei diesem wirklich hässlichen Spiel mitgemacht hätte.

Was aber noch viel schwerer wog, war die Tatsache, dass er von nun an immer alles mit seinen Eltern abstimmen musste. Nicht dass sie es jemals böse mit ihm gemeint hätten, aber sie wollten nicht noch einmal erleben wie ihr Sohn unglücklich wird. Aber sie taten ihm damit keinen Gefallen.

Irgendwann bekamen meine Großeltern es dann mit, dass mein Vater eine Freundin hatte. Es gab viel Ärger deswegen, und sie sprachen mit ihm darüber und fragten ihn nur, wie er so etwas machen könnte. Er hätte doch Kinder und die seien wichtiger. In dieser Art wurde das ganze Gespräch geführt. Ich verstand das alles nicht, ich war erst ca. zehn Jahre alt, aber ich wusste schon ganz genau, dass er auch das Recht hatte, eine Freundin zu haben. Eigentlich freute ich mich darüber, denn es hätte für mich ja auch eine große Veränderung in manchen Dingen bedeutet, wenn mein Vater jemals wieder mit einer anderen Frau zusammengezogen wäre. Zugegeben, für mich hätte es im Großen und Ganzen nur besser werden können. Vielleicht war auch das der Hauptgrund, warum meine Großeltern so dagegen waren. Meine Schwester unterstützte sie ja auch nach besten Kräften. Das Ende war dies, mein Vater hat sich nie wieder eine Frau genommen. Sie hatten es endgültig geschafft, er hatte nun auch kein Privatleben mehr. Wahrscheinlich war ich damals der Einzige, der es ihm gönnte, ich hatte mich für ihn aufrichtig gefreut. Es war auch die Zeit, in der ich mitbekam, dass er ganz gerne mal ein paar Flaschen Bier trank. Wahrscheinlich wollte er nur seinen Kummer ertränken. Nie wieder eine Partnerin, nie wieder eine eigene Familie, wenn einem Menschen all diese Dinge untersagt werden, wo liegt dann noch der Sinn des Lebens?

(K)ein klarer Gedanke

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