Читать книгу Auf dem Rücken von Riesen - Uwe Rosenfeld - Страница 5
1 Glauben, Wissen und Erkennen
ОглавлениеWorauf stützt sich menschliche Sicherheit? Glauben an das, was andere sagen, denen man vertraut? Anerkennen, was und dass man nichts weiß - und dann einen Prozess des In-Erfahrung-Bringens beginnen? Seinen Fragen nachgehen - bis einen ein "szenisches Verstehen“ erreicht, ein inneres "Wissen", dass es so sein muss (wenigstens näherungsweise)?
Es führt kein Weg vorbei: Sicherheit eines Wissens können wir nur in uns selber erreichen, in ständigem Bemühen darum zu fragen, habe ich genügend berücksichtigt, was dagegen spricht? Fakten, altes und neues "Wissen" so wie es sie gibt, sind zu befragen, einzuschätzen, zu bewerten. Überzeugen sie mich wirklich? Was folgere ich daraus? Wie wichtig ist mir meine Frage oder Suche? Was bedeutet mir eine Antwort? Kann ich meine Überzeugung oder Antwort erklären, "glaubhaft" machen?
Meine erste These: Ein "Erkenne dich selbst", das im Bewusstsein der Unvollkommenheit und Vorläufigkeit (= Nicht-Endgültigkeit) steht, das Lebenssicherheit und persönliche Wahrhaftigkeit verleiht, ist möglich, wenn auch nicht einfach zu erreichen. Und: Die "Wahrheit" anderer wird und darf anders aussehen, wird genauso richtig sein können, wie meine eigene.
These zwei: Wir stehen immer schon auf dem Boden anderer, die uns voraus gegangen sind und die uns ihr Wissen (eingestanden oder nicht eingestanden) zur Verfügung gestellt haben und stellen. Ob wir so ein Wissen übernehmen oder übernehmen können, entscheidet sich in uns selber. Aber ohne das Aufbauen auf Anderem geht es nicht.
Hier bin ich jetzt als der hier Schreibende gefragt. Was sind meine mir gewissen Überzeugungen? Auf welchen mir Vorangehenden fühle ich mich auf ihren Schultern stehend? Gibt es Fakten, an die ich als wahr glaube, und die mein Denken beeinflussen und mitbestimmt haben? Hierüber möchte ich zunächst nachdenkend berichten. Meine Absicht bleibt aber, auf Dinge und Sachverhalte hinzuweisen, die für mich eine auch zukünftige Bedeutung haben und vielleicht weiter wirken könnten.
Mein Hausfach, die Physik, kann heute nirgendwomehr eine absolute „Wahrheit“ aufzeigen. Zitat aus „Quantensind anders“ von Thomas Görnitz, mit einem Vorwort von Carl Friedrich von Weizsäcker, Elsevier, Spektrum Akademischer Verlag, 2006 (S. 89 f.):
„Von keiner der physikalischen Theorien, auch nicht von den erfolgreichsten können wir heute beweisen, dass sie wahr sind, noch nicht einmal, dass sie in unserer Erfahrung mit Notwendigkeit gelten müsste.“ Gibt es wenigstens Theorien, die als „vertrauenswürdig“ bezeichnet werden dürften? „Eine vertrauenswürdige Theorie wäre … eine solche, der wir tatsächlich vertrauen dürfen, vor allem dann, wenn wir den Bereich kennen, außerhalb dessen sie so unzuverlässig wird, dass wir sie dort nicht mehr anwenden sollten.“