Читать книгу Star - V.C. Andrews - Страница 6

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PROLOG

Als meine Großmutter mich zu Dr. Marlowe zu meiner zweiten Gruppentherapiesitzung brachte, blieb ich einige Augenblicke im Auto sitzen und dachte, lass sie einfach umkehren und dich nach Hause bringen. Was nützt es dir schon, diesen drei reichen weißen Mädchen deine Probleme zu erzählen, obwohl Cathy oder Cat, wie Misty sie nennt, anscheinend nicht so wohlhabend ist wie Misty oder Jade.

Als wir Dr. Marlowes Auffahrt hinauffuhren, sah ich, wie Jades Limousine mit dem Chauffeur davonfuhr. Ich war also nicht die Erste. Ich fragte mich, ob Cat wiederkommen würde. Während Mistys Erzählung sah Cathy, die Katze, aus, als säße sie auf einer kalten nassen Parkbank, bereit, bei der ersten sich bietenden Gelegenheit aufzuspringen und davonzulaufen. Sie seufzte und wand sich und schaute an die Decke und zu Boden, überallhin, nur nicht auf uns oder Dr. Marlowe. Ich glaube, wenn sie unter ihren Sessel hätte kriechen können, hätte sie das getan.

Meine Geschichte war ganz anders als Mistys. Sie handelte nicht von verwöhnten reichen Jungen und großen Häusern mit Ballsälen und solchen Sachen. Ich würde mich nicht über all die sinnlosen Spielsachen und Puppen und Kleidungsstücke beklagen, die mir geschenkt wurden. Was ich geschenkt bekommen hatte, füllte vermutlich nicht einmal eine Ecke eines ihrer Zimmer. Und ich würde keine Eltern beschreiben, die einander nicht in die Augen schauen konnten wegen ihres Egos. Das Letzte, worüber sich meine Momma Gedanken machte, war ihr Make-up, ihr Teint und ob ihre Frisur und ihre Kleidung der neuesten Mode entsprachen. Ich konnte mir nicht einmal vorstellen, dass mein Daddy Fitnessclubs aufsuchte und teure Trainingsanzüge trug. Wenn Cathy, die Katze, fand, die Beschreibung dessen, was Misty ein hartes Leben nannte, sei schwer zu schlucken, würde sie sicher bei meinen Ausführungen das Gefühl haben, zu ersticken.

Die Sache ist nur, wollte ich überhaupt anfangen? Was sollten diese Mädchen mir über mich und meine Schwierigkeiten erzählen, das ich nicht bereits selbst wusste, hm? Was erwartete Dr. Marlowe von uns? Ich konnte Misty nichts sagen, das ihr gestern geholfen hätte. Sie würde nicht in der Lage sein, mir irgendetwas zu sagen, das mir heute helfen würde. Und diese Jade … Ich war mir sicher, sie würde hochnäsig dasitzen und sich weigern, in meine Richtung zu blicken. Ich wette, das Zimmer nicht zu verlassen, würde sie schon als Gefallen mir gegenüber betrachten.

Vergangene Nacht habe ich mich deshalb ziemlich lange herumgewälzt und mir Sorgen gemacht, dass sie mich auslachen oder meine Geschichte für unter ihrer Würde halten. Ich wollte heute nicht dort hineingehen und mir ihr spöttisches Lächeln anschauen müssen.

Großmutter schaute mich an, überrascht über mein Zögern. »Was ist los, Star? Willst du den ganzen Morgen im Auto sitzen bleiben? Du weißt doch, dass ich zu tun habe.«

»Hierher zu kommen ist Zeitverschwendung, Granny.« Ich schaute sie an. »Wirklich!«

»Tja, also die Ärzte und der Richter finden das nicht, und nur das zählt hier, Star, also geh besser rein. Dieses alte Herz, das wie eine alte Uhr ihrem Ende entgegentickt, kann keine weiteren Schwierigkeiten mehr ertragen.«

Granny wusste genau, dass sie nur das zu sagen brauchte, und ich tat, was sie wollte. Nichts fürchtete ich mehr für mich und meinen Bruder Rodney, als dass sie einen weiteren Herzinfarkt erlitt. Sie war die Einzige auf der Welt, die sich noch um uns kümmerte und uns liebte, und sie war die Einzige, die wir liebten.

Ich öffnete die Autotür und wollte hinausschlüpfen.

»Aha«, sang sie die Windschutzscheibe an, »heute Morgen bekomme ich wohl keinen Kuss.«

Ich schüttelte den Kopf und beugte mich vor, um sie auf ihre rundliche rechte Wange zu küssen. Sie packte meine Hand, als ich mich abwandte, und hielt mich so fest, dass mir ein Schauer den Rücken hinunterlief. Ihr Gesicht war wie eines ihrer antiken Porzellanteile, voller winziger Risse, immer noch schön, aber kurz davor zu zerspringen, wenn man es zu hart anfasste.

Granny und ich hatten die gleichen Augen, nur waren ihre ein wenig runder und leuchteten häufiger voller Hoffnung auf als meine. Heute Morgen waren ihre Augen jedoch voller Sorgen, ließen sie schwer wirken, so schwer, dass sie aussah, als wolle sie sie einfach schließen und ihren Kopf auf das weiche Daunenkissen legen, das ihrer Meinung nach lauter gute Träume verhieß.

Wie sehr wünschte ich mir, solch ein Kissen zu haben.

Granny hatte so viele Probleme in ihrem Leben durchgemacht, Probleme, die sie so tief unter den Bergen ihrer Erinnerungen vergraben hatte, dass nicht einmal ich davon wusste. Sie wollte nicht, dass ich das wusste. Wenn ich ihr zu viele Fragen über ihre Jugend und ihr eigenes Elend stellte, schüttelte sie bloß den Kopf und sagte: »Man braucht den Hass in deinem Herzen nicht noch extra zu nähren, Star. Deine Momma und dein Daddy haben das zur Genüge getan.«

»Was ist, Granny?«, fragte ich, als sie meine Hand drückte.

»Gib Dr. Marlowe eine Chance, dir zu helfen, Star. Verschließ nicht alle Türen und Fenster, Kind, wie schon so oft. Du bist noch zu jung, um aufzugeben, hörst du?«

»Ja, Granny«, versprach ich lächelnd.

Wenn ich nur ein klein bisschen von ihrem eisernen Rückgrat geerbt hätte, würde ich bestimmt all dem Regen und Wind auf der Straße, die vor mir lag, trotzen, und vieles kam ja erst noch auf mich zu.

Sie ließ mich los, und ich stieg endgültig aus.

»Und schau nicht auf diese anderen Mädchen herab, nur weil ihre Familien etwas Geld haben«, warnte sie mich. Ich schüttelte den Kopf.

»Was weißt du über Leute mit Geld, Granny? Du hattest doch nie irgendwelche reichen Freunde, über die du dich hättest beklagen können, oder?«

»Hüte deine freche Zunge, Kind. Ich brauche keine reichen Freunde, um zu wissen, dass viel Geld zu besitzen nicht bedeutet, kein Mitgefühl und keine helfende Hand zu benötigen. Diese anderen Mädchen wären doch sonst nicht hier, oder?«, machte sie mir klar.

Sie war eine ganz Clevere, meine Granny. Ich glaube, die harte Schule des Lebens hatte auch etwas für sich. Granny könnte die Schülerin dieser Schule sein, die die Abschiedsrede ihres Jahrgangs hält und ihren Abschluss mit Auszeichnung macht. Allerdings war das nichts, auf das irgendjemand, besonders nicht meine Großmutter, besonders stolz gewesen wäre.

»Okay, Mrs Anthony«, sagte ich. Immer wenn ich sie mit ihrem Namen ansprach, wusste sie, dass ich sie neckte.

»Du hältst dort drinnen deinen vorlauten Mund und bist höflich, hörst du?«, ermahnte sie mich energisch.

»Ja, Granny.«

»Ich komme um die gleiche Zeit wie gestern wieder«, versprach sie und fuhr davon.

Ich sah zu, wie sie davonfuhr, eine kleine alte Dame, nur einen Meter zweiundsechzig groß, die sich immer noch eine Verantwortung auf die Schultern lud, die meine viel jüngere Mutter nicht ertragen konnte. Granny hatte immer noch viel Mumm und schritt mit stolz erhobenem Haupt einher.

Granny bürstete ihr rauchgraues Haar immer zurück und frisierte es ordentlich zu einem Knoten. Sie trug nur einen Hauch Lippenstift, aber nie anderes Make-up. Ihre Brille war wirklich das einzig Dekorative, das sie sich im Leben gestattete. Sie sah aus wie ein teures Designermodell mit dunklem Rahmen. Dadurch erhielt ihr Äußeres gerade genug Anflug von Stil, dass sie sich wohl fühlte, wenn sie öffentlich in Erscheinung trat. Sie genoss es, wenn ihre älteren männlichen Bekannten sie neckten und sie Miss America nannten.

Früher war sie einmal eine sehr schöne Frau gewesen. Sie wirkte nicht wie achtundsechzig trotz all der Anspannungen und Enttäuschungen in ihrem Leben. Granny war keine so eifrige Kirchgängerin wie die meisten ihrer Freundinnen, aber sie glaubte zutiefst an das Gute im Menschen und an die Verheißung eines ewigen Paradieses am Ende der beschwerlichen Reise. Ihrer Meinung nach gab es immer Leute, die noch schlechter dran waren, und sie setzte mehr Energie und Kraft dafür ein, für diese Menschen Mitleid zu empfinden, als sich selbst Leid zu tun. Nichts, was sie mir beibrachte, war ihr wichtiger, als Selbstmitleid zu verachten und zu vermeiden. Sie sagte, es sei wie Fesseln um deine Fußgelenke, die dich an Katastrophen und Niederlagen ketteten. »Stattdessen solltest du dich aufrappeln, wenn du einen Rückschlag erleidest, und weitermachen, bis die Zeit gekommen ist, stehen zu bleiben und sich Gott dem Herrn anzuvertrauen«, riet sie mir.

Vielleicht musste man alt sein, um das zu glauben. Ich war nicht bereit, Enttäuschungen und Niederlagen einfach zu akzeptieren und weiterzumachen. Ich weigerte mich, mich zu beugen. Eher würde ich brechen, als mich zu beugen. Granny sagte mir, dass ich mich dadurch nur selbst zu Fall brachte, aber ich verspürte immer noch das Bedürfnis, diejenigen, die mein Leben so elend machten, zu kratzen, treten, schlagen und ihnen ins Gesicht zu spucken.

Es sollte heute in Los Angeles den ganzen Tag regnen, die Wolken trieben von Nordwesten herüber und ballten sich rasch zusammen, als modelliere sie der Wind wie Ton. Dr. Marlowes großes Haus im Tudorstil wirkte finsterer, wenn die Fenster den grauen Himmel widerspiegelten. Es war ein sehr großes Haus, das größte, in dem ich je gewesen war, und das hier in dieser reichen Gegend von Brentwood.

Durch nichts wurde preisgegeben, dass Dr. Marlowe in ihrem Haus Patienten oder Klienten behandelte, wie sie es gerne nannte. Ich vermute, das geschah absichtlich. Dr. Marlowe wollte bestimmt nicht, dass wir uns wie Kranke fühlten. Sie wollte, dass wir uns entspannten wie Leute, die einfach nur zu Besuch kamen, aber ich hatte keinen anderen Grund, in diesen Teil der Stadt zu kommen, in dem so viele reiche Leute lebten, als mir den Kopf zurechtrücken zu lassen.

Ganz gleich, was das Gericht und die Schule und die anderen Ärzte gesagt hatten, ich glaubte immer noch nicht, dass es irgendeinen Wert hatte, hierher zu kommen, auch wenn Dr. Marlowe Worte als Medizin gebrauchte. Sie verschrieb verschiedene Arten, über Dinge zu denken, benutzte Fragen wie andere Ärzte Röntgenaufnahmen und versuchte immer unseren Blick umzulenken, so dass wir uns selbst und nicht sie anschauten.

Ich gebe zu, dass sie mich dazu brachte, über alles zumindest zweimal nachzudenken, aber ich fühlte mich immer noch nicht wohler in meiner Haut wegen dem, was mir und meinem Bruder widerfahren war. Schließlich würde ich nicht eines Tages aus diesem großen Haus mit der Praxis treten und von liebevollen neuen Eltern in Empfang genommen werden, oder? Sie würde keinen Zauberstab schwingen, durch den sich meine grauenhafte Geschichte wie ein böser Traum in Luft auflöste. Ich wäre immer noch das, was Misty eine Waise mit Eltern nannte.

Das war eine gute Beschreibung. Meine Mommy und mein Daddy waren nicht tot und begraben, aber für mich waren sie gestorben, auch wenn es keine Beerdigung gegeben hatte. Statt eines Trauerzuges auf den Friedhof hatte es vom Tag meiner Geburt an bis jetzt eine Parade von Lügen und falschen Versprechen gegeben.

Ich warte darauf, dass man mir sagt, wo ich hingehen soll. Dr. Marlowe wollte mich zu einer zweiten Chance führen, einem neuen Start voller neuer Hoffnungen. Sie wollte mich davon überzeugen, dass nur ich selbst mich davor zurückhielt. Sie ließ es klingen, als sehnte ich mich nicht nach einer wirklichen Familie und einem schönen Zuhause und netten Freunden und müsste dazu überredet werden. Stimmt.

Es machte mich wütend, wenn ich nur daran dachte, dass ich mir selbst die Schuld geben sollte. Sie erwartete von mir, dass ich entdeckte, was mit mir nicht stimmte, statt auf eine betrunkene Mutter und einen Deserteur und Totschläger von Vater zu deuten. Ich war nicht bereit, sie zu entschuldigen oder zu vergessen, und eher fror die Hölle zu, als dass ich ihnen vergeben würde. Granny hatte Recht mit dem Hass, der an meinem Herzen nagte, aber im Augenblick wusste ich nicht, wohin damit.

Dr. Marlowes Hausmädchen Sophie öffnete mir die Tür und trat rasch zurück, sobald sie mich erblickte. Vielleicht glaubte sie, ich hätte etwas Ansteckendes. Emma, die Schwester der Ärztin, war nirgends in Sicht, aber das fand ich gut so. Sie war eine große, schwere ältere Frau, die mich immer anschaute, als könnte ich etwas aus dem Haus stehlen. Ich machte sie so nervös, dass sie es nicht abwarten konnte, außer Sichtweite zu kommen. Ich wollte sie sowieso nicht sehen.

Wie sich herausstellte, kam ich als Letzte. Alle saßen dort, wo sie auch gestern gesessen hatten. Auch Dr. Marlowe hatte bereits auf ihrem Stuhl Platz genommen. Sie trug ein marineblaues Kleid und hatte das Haar nach unten gebürstet. Ich fand, sie wirkte dadurch älter. Vielleicht glaubte sie, bei uns so aussehen zu müssen. Sie war groß und schlank mit langen Armen und Beinen. Gestern hatten wir sie gefragt, warum sie nicht verheiratet war, aber sie verriet es uns nicht. Sie machte geltend, hier der Doktor zu sein. Sie stellte all die Fragen. Mir lag es auf der Zunge zu sagen: »Sie verstecken sich nur dahinter, so wie Sie von uns behaupten, dass wir uns hinter irgendetwas verstecken«, aber ich hatte Granny versprochen, meine Zunge im Zaum zu halten.

Jade und Misty warfen erst Cat und dann mir mit selbstgefälligem Lächeln einen Blick zu, weil ich mich damit geirrt hatte, dass sie nicht auftauchen würde. Nachdem Misty ihre Geschichte erzählt hatte, hatte ich vorhergesagt, dass Cat die Therapiegruppe verlassen würde, aber sie sah womöglich sogar ein bisschen besser aus als gestern. Ihr Haar war ordentlich gebürstet. Sie hatte ein wenig Lippenstift aufgetragen und trug ein hellblaues Baumwollkleid mit Slippern. Auch Dr. Marlowe schien erfreut darüber zu sein. Vielleicht übten wir alle einen guten Einfluss auf Cat aus. Zumindest eine profitierte möglicherweise von dieser Sache. Ich hätte nur gedacht, dass dies bei Cathy am wenigsten wahrscheinlich war.

»Guten Morgen, Star«, begrüßte Dr. Marlowe mich mit einem warmen Lächeln. Ob sie es wirklich so empfand oder nicht, sie gab mir das Gefühl, glücklich zu sein, mich zu sehen.

»Morgen.«

Ich setzte mich und schaute Misty an, die am begierigsten darauf zu warten schien, dass ich anfing. Was glaubte sie wohl, was ich vorhatte, fragte ich mich. Sie zu unterhalten? »Es wird so dunkel draußen«, sagte Dr. Marlowe und schaltete eine weitere Lampe an. »Uns steht ein Sturm bevor. Nun? Wie geht es euch allen heute?«, erkundigte sie sich.

Jade war die Einzige, die wirklich darauf antwortete.

»Müde«, sagte sie mit großer Anstrengung. Sie war genauso modisch gekleidet wie am Tag zuvor. Heute trug sie eine dunkelblaue Seidenhose mit einer Schärpe, einen gerippten Baumwollbody und einen Strickpullover, den sie sich wie ein schickes Collegegirl über die Schultern gelegt hatte. Mein rotweißes Kleid und meine abgetragenen Slipper wirkten dadurch wie Klamotten, die Granny in einem Secondhandshop gefunden hatte.

Misty trug Jeans, Turnschuhe und ein T-Shirt mit der Aufschrift Mami war in Paris, und ich habe nur dieses dämliche T-Shirt bekommen.

»Immer noch nicht gut geschlafen?«, fragte Dr. Marlowe Jade. Jade hatte so eine Art, den Kopf so zu drehen, dass ihr Kinn immer oben blieb. Ich hasste es zuzugeben, dass sie hübsch war, aber das war sie. Diese grünen Augen machten sie zu etwas ganz Besonderem.

»Nichts hat sich geändert«, erwiderte sie. »Warum sollte ich besser schlafen?«

Dr. Marlowe nickte. Misty zog die Mundwinkel ein, und Cat starrte Jade bewundernd an, als hätte sie etwas äußerst Wichtiges gesagt und sei auch viel wichtiger als Dr. Marlowe.

»Möchte jemand noch etwas sagen, bevor wir anfangen?«, erkundigte Dr. Marlowe sich.

»Haben Sie Milch?«, fragte Misty mit einem schwachsinnigen Grinsen. Jade lachte und Cathy, die Katze, lächelte. Misty machte sich natürlich über eine Fernsehwerbung lustig. Auch ich musste kichern. Zumindest steckte Misty nicht nur voller Tränen und Wut, sondern auch voller Lachen und Kichern. Insgeheim hoffte ich, sie hatte genug davon für uns alle.

»Wenn wir eine Pause machen, können wir etwas zu uns nehmen«, sagte Dr. Marlowe. Sie schaute mich an. »Also, heute ist dein Tag, Star«, sagte sie.

»Ich weiß nicht, wie ich anfangen soll«, sagte ich und verschränkte die Arme unter der Brust, wie Granny es immer tat, wenn sie sich hinter einer Einstellung oder einem Gedanken verschanzte.

»Fang an irgendeinem Ort an«, schlug Dr. Marlowe vor.

»Mir fällt kein Ort ein«, sagte ich mürrisch.

»Erinnerst du dich an den ersten schlimmen Streit deiner Eltern?«, fragte Misty. »Ich meine einen wirklich schlimmen Riesenkrach.«

»Vielleicht hatte sie ja überhaupt keinen Vater«, meinte Jade mit ihrer arroganten, hochnäsigen Stimme.

Ich wirbelte zu ihr herum.

»Ich hatte einen Vater«, fauchte ich. »Meine Momma und mein Daddy sind richtig getraut worden und alles. In der Kirche!«

Sie zuckte die Achseln.

»Meine auch«, sagte sie. »Du siehst ja, was ich davon habe. Schau dir an, wo ich jetzt gelandet bin.«

Ich starrte sie einen Augenblick an und warf dann den anderen einen Blick zu. Jedes Mädchen schien den gleichen verzweifelten und verlorenen Ausdruck in den Augen zu haben. Mir kam in den Sinn, dass wir alle trotz unserer Unterschiede die gleiche Art hatten zu sagen: »Es war einmal.«

Auch ich konnte einen Weg finden, meine Geschichte zu erzählen.

Star

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