Читать книгу Die Empathin I - Viktoria Vulpini - Страница 6
ОглавлениеPROLOG
Feuersturm III Abteilung - Verwaltung und Finanzen - Ebene 1
Erneut tupfte sich sein Gegenüber den Schweiß von der Stirn. Es war nicht sonderlich warm in diesem Büro, aber er triefte trotzdem wie ein abgestochenes Schwein. Das war ein guter Vergleich, fand Keller, denn auch ansonsten erinnerte der Mann ihn an ein dickes, fettes Schwein, das schon längst hätte geschlachtet werden sollen. Dummerweise hatte er das nicht zu entscheiden und so behielt er seine schwer zu lesende Art bei und wartete ab, was diese Platzverschwendung nun von ihm wollte. Der Geruch nach Schweiß lag schwer in der Luft, wie immer, wenn er dieses Büro betrat. Ob dieser Gestank jemals aus diesem Raum hinaus zubekommen sein würde, fragte Keller sich kurz und bemühte sich nicht zu offensichtlich seine Nase zu rümpfen. Mit einer lässigen Bewegung nahm er seine Sonnenbrille ab und setzte sich etwas widerwillig auf den Stuhl, der vor dem schweren Mahagonitisch stand, der den Raum dominierte. Das ganze Büro war pompös eingerichtet und diente nur dazu jedem Besucher klar zu machen, welch ein hohes Tier König doch war. Vor ihm standen eine Tasse und eine Kanne mit Kaffee, doch er schüttelte nur ablehnend den Kopf, als Schweinebacke, so nannten ihn die Mitarbeiter hinter vorgehaltener Hand, ihm anbot, sich zu bedienen.
„Herr Keller. Es ist eine Freude, sie zu sehen”, eröffnete König das Gespräch und sein monströses Doppelkinn wabbelte dabei hin und her.
„Die Freude ist ganz auf meiner Seite”, antwortete der Mann mit dem blonden kurzen Haar, in seinem makellosen Geschäftsanzug. Ein kaum merkliches Zucken ging bei dieser Lüge durch Kellers Gesicht, doch sein Gegenüber entging dieses vollkommen - genau wie so einiges andere. Nach Kellers Meinung war dieses Gespräch eine reine Zeitverschwendung und es ärgerte ihn nun hier in diesem Büro sitzen zu müssen. Da er wusste, dass König gern lange und ausführlich plauderte, nahm er ihm diese Gelegenheit und kam sofort zum Punkt: „Sie wollten mit mir sprechen?”
Die kleinen Schweineaugen fixierten Keller für einen Moment und er konnte die Enttäuschung in dessen Gesicht sehen, dann nickte König. „Ja, der Vorstand hat beschlossen, das Projekt Rudel wieder aufzugreifen.”
Keller war nicht überrascht. Es gab schon seit Wochen Gerüchte, dass der Vorstand dieses - in seinen Augen total unnütze - Projekt neu zu beleben gedachte. Allerdings war der Projektname nicht sonderlich einfallsreich gewesen. Ein etwas abfälliges Lächeln huschte über sein Gesicht. Er hasste diese bekloppten Projektnamen und wenn man ihn fragte, wurden sie von Mal zu Mal schlimmer. Statt eine Antwort zu geben wartete er nur darauf, dass sein Gegenüber fortfuhr. „Wir wollen mit fünf bis zehn Exemplaren anfangen und das Rudel dann passend erweitern, zur Not über natürliche Nachzucht. Ihre Aufgabe ist es, die erforderlichen Exemplare für uns aufzutreiben.” Er sagte dies in einer Art, als würde er Keller damit eine große Ehre erweisen, doch dieser war von dem Plan ganz und gar nicht begeistert.
Wenn es nach Keller gegangen wäre, hätte man das Hybriden-Projekt erweitert oder in das Projekt Phantom investieren sollen, aber nicht in nutzlose wilde Tiere. Einmal mehr zweifelte er am Verstand der Mitglieder des Vorstandes, doch wenn sie so etwas entschieden, dann blieb ihm kaum eine andere Möglichkeit, als einen Teil der ihm zur Verfügung stehenden Ressourcen in diesen Unsinn zu investieren. Trotzdem hakte er nach: „Wie wird das Projekt finanziert?”
„Es wird ein Konto eingerichtet, die genaue Höhe der laufenden, genehmigten Kosten und der Anschaffungs- sowie Einrichtungskosten, erhalten sie im Laufe des Tages.” Erneut tupfte sich König den Schweiß von der Stirn und machte dabei den Eindruck, als habe er gerade etwas ungemein Wichtiges und Imposantes geleistet.
Keller nickte erneut kurz. Immerhin würde dieser Unsinn also keine Kürzungen in den wirklich interessanten Bereichen bedeuten. Trotzdem blieb es eine Ressourcenverschwendung. Mit dem Geld und dem zusätzlichen Personal hätte er viel profitablere Dinge zu tun gewusst. „Gut”, sagte er und erhob sich auch schon, „ich werde alles Notwendige in die Wege leiten.” Es war höchste Zeit, dieses Büro zu verlassen, er wusste um sein Temperament und ahnte, dass wenn König nun noch anfing Lobeshymnen auf sich selbst, den Vorstand und das neue Projekt zu singen, er sich schwerlich zurückhalten können würde. Er wollte sich die Arbeit nicht unnötig erschweren. Solang er sich mit König nicht anlegte, konnte er zumindest sinnvoll seiner Arbeit nachgehen. Der Vorstand und König hatten sowieso nur ein rudimentäres Verständnis davon, wie das Leben hier in seiner Anlage lief und das genügte auch.
„Gut.” Königs Enttäuschung darüber, dass Keller ihn schon wieder verlassen wollte, ohne ein kleines Schwätzchen zu halten, war deutlich in seiner Stimme zu hören. „Ich bin mir sicher, wir werden wieder sehr zufrieden mit ihnen sein.” Keller nickte noch einmal und schon schloss er die Tür hinter sich. Natürlich würden sie das. Ohne ihn wäre diese Anlage nicht, was sie heute war. Er lenkte seine Schritte direkt zu seinem eigenen Büro. Er würde einige Telefonate führen müssen. Dieses vollkommen überflüssige Projekt wollte er mit einem Minimum an Ressourcen über die Bühne bringen. Noch einmal schüttelte er leicht den Kopf. Ein Gutes hatte das Projekt. Der Vorstand und vor allem König würde seine Aufmerksamkeit darauf lenken, was bedeutete, dass sie sich weniger in die wirklich relevanten Projekte einmischen würden. Vielleicht hatte diese Entwicklung also doch auch noch ein paar Vorteile.