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a) Bedeutung und Zusammensetzung

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Das seit 1979 von allen wahlberechtigten EU-Bürgern direkt gewählte Europäische Parlament (EP) ist das einzige unmittelbar demokratisch legitimierte Organ. Die Abgeordneten des EP sind gem. Art. 14 II UA 1 EUV Vertreter der Unionsbürger. Daher liegt beim EP der Schwerpunkt der demokratischen Legitimation des Handelns der EU.

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Der Charakter des EP ist allerdings nicht der einer einheitlich-gesamteuropäischen Volksvertretung, sondern der eines „Verbundparlaments“.[4] Zwar werden die Abgeordneten einerseits EU-weit (nahezu) zeitgleich direkt gewählt und wirken in identischer Rechtsstellung innerhalb des Parlaments zusammen. Andererseits aber – und daher der Verbundcharakter – handelt es sich bei näherer Betrachtung „nur“ um einen Zusammenschluss von Abordnungen der einzelnen Mitgliedstaaten. Am deutlichsten ist dies daran zu erkennen, dass nicht jedem Mitgliedstaat die gleiche Anzahl an Sitzen bezogen auf die Wahlbevölkerung zusteht (vgl. Art. 14 II UA 1 3, 4 EUV) und die Wahl weitgehend nach jeweils nationalen Vorschriften erfolgt (s.u., Rn. 105 f.).

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Dem EP gehören 705 Mitglieder an,[5] die sich nicht nach herkunftsstaatlichen Gesichtspunkten, sondern nach parteipolitischen Ausrichtungen organisieren (neben der parlamentsüblichen Fachstruktur in Ausschüssen). Die meisten Mitglieder des EP gehören daher staatenübergreifenden politischen Fraktionen an. Um den Fraktionsstatus zu erlangen, müssen sich mindestens 25 Mitglieder aus mindestens einem Viertel der Mitgliedstaaten (zur Zeit also sieben) zusammenschließen (Art. 33 Nr. 2 GO EP). Die Arbeit des EP wird ganz wesentlich von den zwei großen Fraktionen getragen, die bis 2019 zusammen mehr als die Hälfte aller Abgeordneten umfasst haben (Fraktion der Europäischen Volkspartei und die Progressive Allianz der Sozialdemokraten im Europäischen Parlament).[6] Die eigentliche Integrationsleistung des EP erfolgt innerhalb dieser Parteienfamilien, in denen sprachliche, nationale und politisch-kulturelle Unterschiede (die es auch bei grundsätzlich ähnlicher politischer Ausrichtung gibt) verarbeitet werden.[7]

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Das EP ist das einzige kontinuierlich arbeitende Organ der EU, dessen Sitz sich auf drei verschiedene Orte verteilt: In Straßburg finden die zwölf monatlichen Plenartagungen statt, während die übrigen Plenarsitzungen sowie alle Ausschusssitzungen in Brüssel abgehalten werden. Die Verwaltung des EP (das Generalsekretariat) hingegen residiert in Luxemburg. Angesichts dieser für die praktische Parlamentsarbeit wenig zuträglichen Situation verwundert es nicht, dass es immer wieder Vorstöße aus dem EP zur Zentralisierung des Parlaments in Brüssel gibt. Da aber die Zuständigkeit für die Festlegung der Organsitze bei den Mitgliedstaaten liegt (Art. 341 AEUV, mit Einstimmigkeitsgebot), wird angesichts der verschiedenen nationalen (v.a. französischen) Interessen dieser kostenintensive und kontraproduktive Wanderzirkus-Charakter[8] wohl noch lange fortbestehen.

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