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Ein Österreicher in der DDR

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„Ich habe in die Seele der Menschen schon hinein geschaut und weiß ungefähr, was los ist“, sagt er. An der Berliner Charité leitet er über 30 Jahre die Gerichtsmedizin. Ein Österreicher in der DDR. Viel Zeit für seine Familie bleibt ihm nicht, denn das Verbrechen schläft nie. Sein Berufsleben lang gibt er den Toten eine leise Stimme.

Rund 50 000 Mal obduzieren Otto Prokop und sein Team Verstorbene. Ermordete, Mauertote, Verunglückte. Eben all jene, die unter zweifelhaften Umständen ihr Leben lassen. Seine Arbeit im Ostteil Berlins beginnt er Ende der 50iger Jahre. Die Gerichtsmedizin gehört damals zur Charité an der Humboldt-Universität. „Hier ist die Stätte, wo der Tod sich freut, dem Leben zu helfen“ meint er. Der Sektionssaal ist sein zweites Zuhause. Hier widmet er viel Zeit den Toten und der Suche, nach den Todesursachen.


„Es gab 1956 natürlich eine große Diskussion über den Ruf, in die DDR zu kommen. Ich habe darüber mit meinem Lehrer in Bonn gesprochen, der war dafür, aber zur Sicherheit fragte ich den Professor Martini in Berlin – er war Leibarzt von Adenauer – und der hat gesagt: MENSCH Prokop, einmalige Gelegenheit, so ein junger Mensch und dann auch noch die Charité! So was kriegt man nur sehr selten angeboten. Also ging ich und habe es nicht bereut. Und später . . . da war ich gerade mit meinem Bruder am Wörthersee und wir hörten im Kofferradion, dass sie eine Grenze bauen. Aber das war nie eine Frage für mich, nie! Rückkehr war selbstverständlich, ich hatte hier meine Mitarbeiter – und das ist für mich Anstandssache, die nicht im Stich zu lassen. Sie haben mich umarmt sogar und gesagt: Er ist wieder da, er ist da!“ Das war die Begründung von Otto Prokop über seine Übersiedlung in die DDR und seine Rückkehr nach dem Mauerbau.

Unweit vom heutigen Bettenhaus der Charité hat Otto Prokop gearbeitet. Das Backsteingebäude in der Hannoverschen Straße ist damals seine Wirkungsstätte. Das Institut für gerichtliche Medizin. Ein Raum ist bis heute unverändert, der Hörsaal. Hier lehrt Otto Prokop die Wissenschaft von Sterben und vom Tod. Auch noch als Rentner und Gastdozent.

Sein Atlas über die gerichtliche Medizin ist bis heute ein Standardwerk der Fachwelt, über Tote, Tatort und Tötungen. Schwere Kost für den Laien. Otto Prokop hat all seinen wissenschaftlichen Erfahrungsschatz in diesem Bildband verewigt. Einblicke über menschliche Abgründe.

Die leise Sprache der Toten - Otto Prokop

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