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Vorwort

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Dieses Buch thematisiert sexualisierte Gewalt durch Kleriker gegen Nonnen und die Versuche der katholischen Kirche, diese Taten zu vertuschen. Wir stellen fest, dass Nonnen überall auf der Welt von hierarchisch über ihnen stehenden Klerikern sexuell missbraucht wurden und werden. Eine zentrale Rolle spielt der Fall des M.D. der jahrzehntelang Nonnen vergewaltigte, ohne dass die Kirche einschritt. Die systematischen Vergewaltigungen reichen bis hin zu Strukturen, in denen Ordensschwestern wie Sexsklavinnen an Priester verkauft wurden. 2018 räumte der Vatikan ein, dass die Berichte begründet seien und das Problem weiterbestehe.

D. eine betroffene ehemaligen Nonnen, hat bereits vorher auf das Problem der sexualisierten Gewalt gegen Ordensschwestern aufmerksam gemacht, etwa in ihrem autobiografischen Buch „Nicht mehr ich – die wahre Geschichte einer jungen Ordensfrau“ oder mit einem Artikel in der katholischen Kulturzeitschrift Stimmen der Zeit. 2019 erschien ihr zweites Buch „Spiritueller Missbrauch in der katholischen Kirche“.

Als Nonne trat sie im Jahr 2003 in den katholischen Orden „Das Werk“ ein. Sie berichtet von einer Vergewaltigung durch einen Pater und einen Übergriff ihres Beichtvaters. 2012 reichte sie eine kirchenrechtliche Klage ein. Der beschuldigte Pater verlor seinen Posten im Staatssekretariat, ist aber bis heute in der Seelsorge des Ordens tätig. Der Beichtvater zog sich nach der Anschuldigung in diesem Jahr von seinem Posten zurück.

Der beschuldigte Pater sagt, es sei einvernehmlicher Geschlechtsverkehr gewesen. Auch der Beichtvater weist bis heute die Vorwürfe von sich. Bei dem Versuch, vor weltlichen Gerichten Gerechtigkeit zu erfahren, hatte D. keinen Erfolg. Die Gerichte sahen keinen hinreichenden Tatverdacht. Einer der beschuldigten Priester von „Das Werk“ erwirkte am Hamburger Landgericht wegen der Dokumentation eine einstweilige Verfügung gegen Arte. Weitere einstweilige Verfügungen sind gegen Artikel der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und das Deutschlandradio im Zusammenhang mit dem Film erreicht worden.

In den 1990er Jahren hatten bereits mehrere Ordensschwestern auf den weitverbreiteten sexuellen Missbrauch in u. a. afrikanischen Klöstern aufmerksam gemacht, unter ihnen M., die 1994 einen Bericht über Fälle in 23 Ländern nach Rom sandte. Dieser Bericht kam erst 2001 durch den National Catholic Reporter an die Öffentlichkeit. Erst danach gab es ein Statement aus Rom, in dem diese Fälle bestätigt wurden, das Problem allerdings trotz der vielen dokumentierten Fälle aus verschiedenen Ländern als „auf einen begrenzten geografischen Raum“ relativiert wurde. Später im selben Jahr bat der damalige Papst Johannes Paul II. in einer Botschaft um Entschuldigung gegenüber den Opfern.

Bei einer Umfrage unter 578 Nonnen in den 1990er Jahren in den USA gaben 39,9 Prozent der Befragten an, sexuellen Missbrauch erlebt zu haben, 29,3 Prozent waren während ihrer Zugehörigkeit zur jeweiligen Gemeinschaft sexuell missbraucht worden.

Neben der Pädophilie versucht die Kirche ein weiteres Verbrechen zu vertuschen. Weltweit begehen Priester sexuellen Missbrauch an Ordensfrauen, die ihrer Autorität unterstehen.“ Auch D. schreibt: „Das kirchliche Einrichtungen sich zwar einerseits der Schwere interner Vorfälle offensichtlich bewusst sind, aber andererseits kaum andere Maßnahmen ergreifen als diese möglichst von der Öffentlichkeit fernzuhalten, ist ein Phänomen, mit dem wir schon in den Kindesmissbrauchsfällen traurige Bekanntschaft gemacht haben.“

Bei der Frage, wie ist es möglich ist, dass Ordensfrauen in einer so hohen Zahl Opfer von sexuellem Missbrauch werden konnten, spricht sie u. a. die Machtverhältnisse zwischen Oberinnen bzw. Priestern und Schwestern an sowie den Zölibat, den Umgang mit Tätern und die Frage nach der Stellung von Ordensfrauen im kirchlichen Machtgefüge.

Der vom Sender Arte produzierte Film „Religieuses abusées, l’autre scandale de l’Église“ zu dieser Thematik musste am 20. März 2019 aus der Mediathek entfernt werden. Dazu lag eine gerichtliche einstweilige Verfügung vor, die es dem Sender untersagte. Dagegen geht Arte vor Gericht. Der Sprecher der Geistlichen Familie „Das Werk“ in Bregenz, Pater Georg Gantioler, erklärte auf Anfrage der Katholische Nachrichten-Agentur, ein Rechtsanwalt der Gemeinschaft habe eine einstweilige Verfügung gegen Arte TV, die Frankfurter Allgemeine Zeitung und den Deutschlandfunk erwirkt. Eine hiergegen gerichtete Verfassungsbeschwerde wurde vom Bundesverfassungsgericht nicht zur Entscheidung angenommen.

Die viel beachtete Arte-Dokumentation hat Anfang März erschütternde Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche offengelegt. Weltweit sollen Priester demnach Nonnen erpresst und vergewaltigt haben, während die Kirche den Skandal jahrelang zu vertuschen versuchte. Nun aber darf der Kultursender Arte die Doku nicht mehr zeigen.

"Eine Einzelperson", die darin zu sehen ist, fühlt sich nach Angaben des Senders in ihren Persönlichkeitsrechten verletzt und erwirkte eine einstweilige Verfügung. Das Landgericht Hamburg habe Arte daraufhin am 20. März jede weitere Verbreitung der Dokumentation in ihrer derzeitigen Fassung untersagt.

Arte hat den Beitrag also aus der Mediathek entfernt; auf Facebook aber stellen ihn einige Nutzer noch zur Verfügung, auf der Video-Plattform Youtube ist ein zehnminütiger Ausschnitt zu finden. Der deutsch-französische Sender will sich gegen die einstweilige Verfügung wehren. "Arte hält diese Entscheidung aus formalen wie aus sachlichen Gründen für falsch und hat sich daher entschlossen, Widerspruch einzulegen", sagt Claude Savin, die Pressesprecherin des Senders.

Die Dokumentation war am Abend des 5. März zur besten Sendezeit gelaufen. Insgesamt verfolgten sie in Deutschland und Frankreich, wo sich Arte empfangen lässt, zweieinhalb Millionen Menschen. Der Marktanteil in Frankreich lag mit 6,6 Prozent drei Mal so hoch wie der tägliche Durchschnitt; in Deutschland brachte es die Sendung mit 2,2 Prozent immerhin auf das Doppelte des Durchschnitts. Wie noch keine andere zuvor, gab die Dokumentation tiefe Einblicke in den Missbrauch an Nonnen in der katholischen Kirche, insbesondere in Frankreich und Afrika. Die Dokumentarfilmer Eric Quintin und Jean Marie Raimbault hatten zwei Jahre lang weltweit betroffene Ordensfrauen ausfindig gemacht, die bereit waren, über die Übergriffe zu sprechen.

Die Muster in deren Erzählungen ähnelten sich: Häufig machten Priester die Frauen als geistliche Begleiter und Beichtväter seelisch von sich abhängig, bevor sie sexuelle Gewalt ausübten. Nonnen, die schwanger wurden, drohte der Verstoß aus ihren Gemeinschaften und wurden zur Abtreibung gezwungen. Kirchenobere wussten offenbar nicht nur Bescheid, sondern schützten die Täter. Anfang Februar 2019 gab Papst Franziskus den Skandal offiziell zu. "Ich glaube, es wird immer noch getan", sagte er über den Missbrauch an Nonnen.

"Arte prüft alle rechtlichen Möglichkeiten in dieser Angelegenheit", sagt Sprecherin Savin. Bei einem Widerspruch gegen eine einstweilige Verfügung würde es zu einem Hauptsacheverfahren mit Verhandlungstermin kommen. Arte werde die Dokumentation vorerst nicht mehr zeigen, betont Savin mit Verweis auf drohende Strafen. Bei Verstößen gegen die Verfügung drohen nach Auskunft des Hamburger Landgerichts ein Ordnungsgeld von bis zu 250 000 Euro oder eine Ordnungshaft von bis zu zwei Jahren.

Das Bundesverfassungsgericht nahm unter den Aktenzeichen - 1 BvR 1078/19 – und - 1 BvR 1260/19 – die Verfassungsbeschwerde nicht an. Dazu Auszüge aus der Begründung:

Die Beschwerdeführerinnen sind Medienunternehmen. Ihnen wurde in einstweiligen Verfügungsverfahren ohne mündliche Verhandlung und ohne Anhörung im gerichtlichen Verfahren unter Androhung von Ordnungsmitteln untersagt, bestimmte Äußerungen beziehungsweise Bildnisse zu verbreiten. Sie machen geltend, dass die Abmahnungen, die ihnen gegenüber vorprozessual ausgesprochen wurden, nicht identisch waren mit von den jeweiligen Antragstellern bei Gericht eingereichten Verfügungsanträgen und deren Begründung. Die Beschwerdeführerinnen sehen sich hierdurch in ihren Verfahrensrechten verletzt und rügen mit ihren Verfassungsbeschwerden jeweils die Verletzung ihrer Rechte auf prozessuale Waffengleichheit aus Art. 3 Abs. 1 GG.

Die Verfahren haben nach den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 30. September 2018 zu den Aktenzeichen 1 BvR 1783/17 und 1 BvR 2421/17 keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung mehr. Auch ist ihre Annahme zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte nicht mehr angezeigt. Denn nicht jede Verletzung prozessualer Rechte unter Berufung auf die prozessuale Waffengleichheit kann im Wege einer auf Feststellung gerichteten Verfassungsbeschwerde geltend gemacht werden. Vielmehr bedarf es eines hinreichend gewichtigen Feststellungsinteresses. Die Geltendmachung nur eines error in procedendo reicht hierfür nicht.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Nun, der Autor erspart sich jeden Kommentar dazu. Laut der SZ hat bei dem Fall eine Lagerbildung in den Medien stattgefunden. Medien wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung, das Deutschlandradio und Arte zitierten D. als „Betroffene der Gewalt und glaubwürdige Analytikerin klerikaler Strukturen“. „Konservativ-katholische Publikationen“ wie die Herder-Korrespondenz, die Tagespost oder die Nachrichtenseite kath.net legten ihren Fokus der Berichterstattung dagegen auf die Positionen der beiden Priester.

Stellen wir dazu an Hand des Filmes von Arte fest:

Der sexuelle Missbrauch innerhalb der Katholischen Kirche ist seit Jahren traurige und erschütternde Realität. Mit dem zunehmenden Bekanntwerden des sexuellen Missbrauchs an Ordensfrauen durch katholische Priester weltweit hat diese Thematik eine neue Dimension erreicht.

Der Inhalt dieser Dokumentation ist wahrlich keine leichte Kost. Es werden mutige Ordensfrauen gezeigt, die über ihre Erfahrungen von sexuellem Missbrauch durch Priester erzählen. Oft brauchen sie Jahre, wenn nicht Jahrzehnte, bis sie über das Erlebte öffentlich zu sprechen wagen. Sie erzählen von Abhängigkeiten zu Seelsorgern, die sie eigentlich spirituell begleiten anstatt sexuell missbrauchen sollten. Ein klarer Fall von Amtsmissbrauch.

Nonnen werden weltweit sexuell missbraucht. Es gibt kaum Menschen, mit denen sie über ihre Erlebnisse sprechen können. Oft werden Nonnen zu Ausbildungszwecken nach Rom geschickt und geraten dort in Kontakt mit Kirchenmännern, die sie sexuell missbrauchen.

In ärmeren Ländern werden Nonnen sexuell missbraucht, weil ihre Jungfräulichkeit Garantie für die Täter ist, sich nicht mit AIDS anzustecken. Die Armut der Nonnen sowie deren Familien ist willkommenes Druckmittel, um die Nonnen erpressen zu können. Hilfe wird nur dann gewährt, wenn sie sexuelle Dienste leisten.

Amtsmissbrauch und sexueller Missbrauch sind jedoch keine Skandale, die ausschließlich in Entwicklungsländern stattfinden, sondern sind weltweit verbreitet. Die physischen und psychischen Verletzungen bleiben ein Leben lang präsent. Werden Nonnen als Folge von sexuellem Missbrauch schwanger, so werden sie zur Abtreibung oder zur Freigabe zur Adoption ihrer Kinder gezwungen.

Abtreibung gilt in der Kirche als große Sünde, denn es bedeutet das Töten eines Gott gewollten Lebens. Die Kirche macht sich hier mitschuldig und kommt damit derzeit ungestraft davon.

Oft werden Nonnen nach einer Abtreibung aus ihrer Gemeinschaft ausgeschlossen und ihr Schweigen über die Vorfälle mit Geld erkauft. Sie haben somit alles verloren: Ihr Kind, ihre Zugehörigkeit zur Gemeinschaft und ihren ursprünglich in die Gemeinschaft eingebrachten Besitz. Sie stehen vor dem Nichts. Ihrer Würde und Jungfräulichkeit beraubt, können sie oft auch nicht auf familiäre Hilfe hoffen. Sie wollten Gott und den Menschen dienen und wurden nur betrogen und ausgenutzt.

Im Film werden Personen gezeigt, die zu ersten Anlaufstellen für betroffene Nonnen geworden sind. Sie sind Ansprechpersonen, begleiten die psychologische Aufarbeitung oder das Einleiten rechtlicher Schritte. Der sprichwörtliche Tropfen auf den heißen Stein, doch wichtig und unerlässlich in einem noch lang andauernden Prozess, der erst langsam ins Bewusstsein der Öffentlichkeit tritt. Diese Dokumentation trägt wesentlich zur Bewusstseinsbildung bei. Aus rechtlichen Gründen wird in diesem Buch auf Bildmaterial von Opfern und Tätern verzichtet. Die Namen wurden geändert

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