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An den nächsten Abenden machte ich mich rar. Ich ging in verschiedene Bars, trank fast bis elf und kam dann nach Hause. Bis dahin waren alle im Bett. Ich konnte etwas leichter atmen, wenn mir niemand Fragen stellte.

Nie, in meinem ganzen Leben, war jemand in der Lage gewesen, etwas über mein Privatleben zu erfahren. Es war oft vorgekommen, dass ich lieber Zähne eingebüßt als bei einem Polizeiverhör geantwortet hatte. Und hier war ich mit Reginas Schweigen und ihrem Misstrauen.

Nachts träumte ich von sinkenden Schiffen und abstürzenden Fahrstühlen.

Es wurde so schlimm, dass ich in der dritten Nacht überhaupt nicht schlafen konnte.

Ich hörte jedes Geräusch im Haus und den Frühverkehr auf der Central Avenue. Um halb sieben stand Regina auf. Einen Augenblick später schrie Edna von fern, dann lachte sie.

Um sieben kam der Babysitter, Reginas Cousine Gabby Lee. Sie gab laute Geräusche von sich, die Edna mochte und die mich immer weckten.

»Uuuu-ga-wa!«, rief die kräftige Frau. »Uuugi, uugi, uugi, wa, wa, wa!«

Edna quietschte wild vor Vergnügen.

Um Viertel nach sieben schlug die Haustür zu. Das war Regina, die zu ihrem kleinen Studebaker ging. Ich hörte, wie der blecherne Motor ansprang und das Auto stotterte, als sie abfuhr.

Gabby Lee war mit Edna im Bad. Aus einem unerfindlichen Grund meinte sie, Babywindeln müssten im Bad gewechselt werden. Vermutlich war das ihre Vorstellung von früher Sauberkeitserziehung.

Als sie herauskam, sagte ich: »Guten Morgen.«

Gabby Lee war eine massige Frau. Eigentlich nicht besonders dick, aber fassförmig und hellhäutiger als die meisten Weißen, die man je zu Gesicht bekommt. Sie hatte drahtiges erdbeerrotes Haar und eindeutig negroide Gesichtszüge. Ihr Lächeln war anderen Frauen und kleinen Kindern vorbehalten.

»Biste heute hier?«, fragte sie mich – den Mann, der ihren Lohn bezahlte.

»Es is mein Haus, oder?«

»Zuckerpüppchen« – das war einer ihrer Spitznamen für Regina – »will, dass ich heut mal sauber mache. Wenn de hier bist, biste mir bloß im Weg.«

»Es is mein Haus, oder?«

Gabby Lee räusperte sich und knurrte.

Ich ging um sie herum, um im Bad mal eben auszutreten. Im Waschbecken dampfte eine schmutzige Windel.

Die Zeitung auf der Veranda war zusammengerollt, gehalten von einem dünnen blauen Gummiband. Ich holte sie und machte Kaffee mit der alten Maschine, die ich 1945 drei Tage nach meiner Entlassung vom Militär gekauft hatte.

Jesus gab mir einen Gutenmorgenkuss. Er hatte seine Schultasche dabei und trug Tennisschuhe, Jeans und ein hellbraunes kurzärmeliges Hemd.

»Sei heut brav und lern fleißig«, sagte ich.

Er nickte heftig und grinste wie ein Kandidat für ein politisches Amt. Dann lief er zur Tür hinaus und rannte zur Straße.

Er war nie ein guter Schüler gewesen. Aber nach dem fünften Schuljahr hatten sie ihn in eine Sonderklasse gesteckt. Eine Klasse für Kinder mit Lernproblemen. Seine Klassenkameraden reichten von jugendlichen Delinquenten bis zu leicht Zurückgebliebenen. Aber seine Lehrerin, Keesha Jones, kümmerte sich besonders darum, dass Jesus las. Er saß fast immer bis spät in die Nacht mit einem Buch im Bett.

Ich goss mir eine Tasse Kaffee ein und setzte mich an den Frühstückstisch, in der Absicht, mir darüber klar zu werden, was ich wegen Regina tun sollte. Wer weiß, vielleicht wäre auch etwas dabei herausgekommen, wenn nicht die Schlagzeile des Los Angeles Examiner gewesen wäre.

FRAUENMORD

VIERTES OPFER

KILLER MACHT SOUTHLAND UNSICHER

Robin Garnett war zum letzten Mal in der Nähe von einem Thrifty’s Drugstore gesehen worden, nicht weit entfernt vom Avalon Boulevard. Sie sprach mit einem Mann, der einen Trenchcoat mit hochgeschlagenem Kragen und einen breitkrempigen Stetson trug. Der Artikel berichtete, wie sie später in einem kleinen Schuppen auf einem leer stehenden Grundstück vier Blocks davon entfernt aufgefunden worden war. Sie war zusammengeschlagen und möglicherweise vergewaltigt worden. Sie war völlig entstellt, aber der Artikel führte nicht aus, in welcher Weise. Außerdem erklärte sich im Folgenden von selbst, warum dieser Mord eine Nachricht für die Titelseite war, während die vorigen drei Morde Kurzmeldungen gewesen waren – Robin Garnett war eine Weiße.

Ich konnte in Erfahrung bringen, dass Robin eine Studentin an der University of Los Angeles gewesen war, bei ihren Eltern wohnte und die Highschool von L.A. besucht hatte. Was der Artikel verschwieg, war, was sie überhaupt in dieser Gegend zu suchen hatte.

Ich zündete eine Camel an und trank meinen Kaffee. Ich machte die Fensterläden auf, damit ich sie kommen sehen konnte.

Gegen neun trat Gabby Lee aus dem Schlafzimmer, mit Edna, die für den Park völlig eingemummelt war. Ich streckte die Arme aus, und Edna schrie vor Vergnügen. Sie langte nach mir, aber Gabby Lee hielt sie fest.

»Bring mir meine Kleine«, sagte ich schlicht.

Ich hielt Edna fest, sie meine Nase. Wir brabbelten miteinander und lachten und lachten.

»Wir müssen weg«, sagte Gabby Lee nach einer Weile.

»Ich hab gedacht, du sollst sauber machen?«

»Dazu muss ich allein sein«, fuhr sie mich an. »Und überhaupt, draußen ist ein schöner Tag, und Babys brauchen Sonne.«

Ich gab der verdrossenen Frau meine Tochter zurück. Als sie Edna in den Armen hielt, wurde Gabby fröhlicher. Die Kleine war so schön, dass sie eine Steinstatue zum Lächeln bringen konnte.

Als sie gingen, klingelte das Telefon. Es klingelte eine volle Minute lang, ehe der Anrufer auflegte. Danach nahm ich den Hörer von der Gabel.

Ich zog ein Exemplar von Platos Werken aus dem Regal und las im Sonnenlicht, das durch mein Wohnzimmerfenster hereinschien, den Phaidon. Meine Augen wurden feucht, als Sokrates auf der Steinbank starb. Ich fragte mich, wie es wäre, ein Weißer zu sein; ein Mann, der das Gefühl hatte dazuzugehören. Ich versuchte mir vorzustellen, wie es wäre, mein Leben hinzugeben, weil ich mein Heimatland so sehr liebte. Nicht der Heldentod in der Hitze der Schlacht, sondern der Tod eines Verbrechers.

Siebenundvierzig Minuten nach elf parkte eine lange schwarze Limousine vor meinem Haus. Vier Männer stiegen aus. Drei waren Weiße in Straßenanzügen verschiedener Farbschattierungen. Der vierte war Quinten Naylor. Sie stiegen allesamt aus und sahen sich in der Gegend um. Es schüchterte sie nicht ein, dass sie mitten in Watts waren. Dadurch wusste ich, dass sie allesamt Cops waren.

Quinten führte die Prozession zu meiner Tür. Sie waren alle groß. Der Typ Weißer, der Erfolg hat, weil er seinesgleichen überragt. Fast jeder Chef, den ich je gehabt hatte, war ein Weißer gewesen, und entweder war er groß oder fett gewesen; Einschüchterung war in einem solchen Job die erste Voraussetzung für Gehorsam.

Ich stand an der Tür, hinter der verriegelten Fliegentür, als sie auf die Veranda kamen.

»Guten Morgen, Easy«, sagte Naylor. Er lächelte nicht. »Wir haben versucht anzurufen. Ich hab ein paar Männer mitgebracht, die mit Ihnen über die Neuigkeiten reden wollen.«

»Ich muss in einer Dreiviertelstunde wo sein«, sagte ich und rührte mich keinen Zentimeter von der Stelle.

»Machen Sie auf, Rawlins.« Das kam von einem schmallippigen, levantinisch aussehenden Mann in einem silbrigen Anzug ohne Weste. Mir war, als ob ich ihn kannte, aber die meisten Cops verschmolzen für mich nach einer Weile zu einer einzigen brutalen Faust.

»Ham Se was Schriftliches für mich zum Lesen dabei?«, fragte ich, nicht unhöflich.

»Das ist Captain Violette, Easy«, sagte Quinten. »Captain in unserem Revier.«

»Oh«, heuchelte ich Überraschung. »Und die anderen Kraftmeier hier?«

Violette war so groß wie ich, um die eins fünfundachtzig. Der Mann neben ihm, hinter Naylor, trug einen fadenscheinigen babyblauen Anzug. Er war ein paar Zentimeter kleiner und sah ungehobelt aus. Sein teigiges weißes Gesicht war fleischig, seine Ohren waren riesig. Überall entsprossen ihm schwarze Haare. An den Augenbrauen, aus den Ohren. Er schob seine Hand an Naylor vorbei an meine Tür. Auch die Hand war plump und haarig.

»Hallo, Mr. Rawlins. Ich heiße Horace Voss. Ich bin der Verbindungsmann zwischen dem Büro des Bürgermeisters und der Polizei.« Ich begriff, dass ich die Typen nicht wegschicken konnte, deshalb öffnete ich das Fliegengitter und schüttelte Mr. Voss die Hand.

»Schön, kommen Se rein, wenn Se wolln, aber ich bin noch nich mal angezogen und muss bald weg.«

Mit fünf kräftigen Männern wirkte mein Wohnzimmer wie eine kleine öffentliche Bedürfnisanstalt. Aber ich besorgte allen einen Sitzplatz. Ich lehnte mich gegen die Fernsehtruhe.

Der Mann, der sich noch nicht vorgestellt hatte, war der größte. Er trug einen gelbbraunen Sears-Anzug, waschbar und bügelfrei. Mein Onkel Ogden Willy hatte vor dreißig Jahren in den Sümpfen von Louisiana genauso einen besessen. Er war mager und knochig, mit langen spitzen Fingern und tiefliegenden grünen Augen. Er trug keinen Hut und war fast kahl, nur ein bisschen schwarzes Haar um die Ohren herum.

Er schlug entspannt die Beine übereinander und lächelte. Er erinnerte mich an einen Teufel aus Porzellan, der damals in den Kuriositätenläden von Chinatown beliebt war. »Ich heiße Bergman, Mr. Rawlins. Ich arbeite für den Bundesstaat – für den Gouverneur. Ich bin nicht in offizieller Eigenschaft hier. Ich behalte nur diese schrecklichen Ereignisse im Auge.«

»Will jemand was trinken?«, fragte ich.

»Nein«, antwortete Violette für alle. Aber ich glaube, Mr. Voss hätte die plumpen Finger ganz gern um ein Glas gelegt.

»Wir sind hier …«, fing Quinten Naylor an, aber sein Vorgesetzter Violette schnitt ihm das Wort ab.

»Wir sind hier, um rauszukriegen, wer diese Frauen ermordet«, sagte Violette. Er presste beim Sprechen die Oberlippe fest gegen die Zähne. »Wir wollen nicht, dass dieser Irre auf unseren Straßen herumläuft.«

»Was für ein Scheißdreck«, sagte ich. »Tschuldigung, aber wenn ich mir das anhören muss, brauch ich ein Bier.«

Ich ging in die Küche. Als Selbstständiger musste ich nicht befürchten, dass diese Staatsdiener mich hinauswarfen. Ich brauchte auch nicht zu befürchten, dass sie mich verprügelten. Dazu waren sie zu wichtig. Natürlich hätten sie später ein paar Schläger schicken können. Vielleicht hätte ich etwas ehrerbietiger sein sollen. Aber diese Männer, die in mein Haus gekommen waren, regten mich auf.

Ich füllte mein größtes Glas mit Bier und ging ins Wohnzimmer zurück. Voss sah die Schaumkrone an und konnte sich nur mit Mühe daran hindern, sich die Lippen zu lecken.

»Was zum Teufel soll das, Rawlins?«, brüllte Violette.

»Mann, ich bin bei mir zu Hause, stimmt’s? Hab Sie nich eingeladen. Sie kommen rein, drängeln sich in mein Wohnzimmer, reden mit mir, als ob Se nen Trumpf in der Tasche hätten« – ich wurde hitzig –, »und dann jaulen Se rum über ne tote Frau, und ich weiß, dass vorher schon drei gestorben sind, und Se ham keinen Furz darauf gegeben! Weil das Schwarze waren, und die hier is weiß!« Wenn ich im Fernsehen gewesen wäre, hätte sich jede farbige Frau und jeder farbige Mann in Amerika von den Stühlen erhoben und mir zugejubelt.

Violette war aufgestanden, aber nicht, um zu applaudieren. Sein Gesicht war knallrot angelaufen. Da erinnerte ich mich an ihn. Er war noch Detective gewesen, als er Alvin Lewis aus seinem Haus am Sutter Place gezerrt hatte. Alvin hatte in einer Gasse vor einer Bar in der Gegend eine Frau geschlagen, und Violette hatte den Anruf entgegengenommen. Die Frau, Lola Jones, weigerte sich, Anzeige zu erstatten, und Violette beschloss, selbst ein bisschen Gerechtigkeit zu spielen. Ich erinnerte mich daran, wie rot sein Gesicht wurde, während er Alvin mit einem Polizeischlagstock verprügelte. Ich erinnerte mich daran, wie feige ich mir vorkam, während drei weitere weiße Polizisten herumstanden, die Hände an den Pistolen und mit grimmiger Befriedigung im Gesicht. Es war nicht die Befriedigung darüber, dass ein Böser für sein Verbrechen bezahlte; diese Männer geilten sich daran auf, dass sie solche Macht hatten. Ein Nazi hätte es nicht besser machen können.

»Beruhigen Sie sich, Anthony«, befahl der Zuschauer Bergman. »Mr. Rawlins, es tut uns leid, dass wir Ihren Tagesablauf durcheinanderbringen, aber es ist ein Notfall. Ein Mann bringt Frauen um, und wir müssen etwas unternehmen. Das mit den anderen ermordeten Frauen habe ich bis heute nicht gewusst, aber ich verspreche Ihnen, dass wir uns darum kümmern. Trotzdem, ganz gleich, aus welcher Perspektive Sie es sehen, wir müssen unsere Arbeit machen.«

»Die Polizei muss ihre Arbeit machen. Ich bin bloß ein Bürger, ein Zivilist. Ich muss gar nix machen, außer bei Grün über die Straße gehn.«

Mr. Bergman regte sich vermutlich nie über irgendetwas auf. Er lächelte nur und nickte. »Selbstverständlich, das stimmt. Es ist Anthonys Aufgabe, diesen Mann der Gerechtigkeit zuzuführen. Aber Sie wissen, dass er Hilfe brauchen könnte, nicht wahr, Mr. Rawlins?«

»Ich kann ihm nich helfen. Ich bin nich die Polizei.«

»Doch, Sie können. Sie kennen alle möglichen Leute in der Gemeinde. Sie können dorthin, wo die Polizei nicht hinkann. Sie können Leuten, die nicht mit den Gesetzeshütern reden wollen, Fragen stellen. Wir brauchen in dem Fall jede Hilfe, die wir bekommen können, Mr. Rawlins.« Er streckte die Hand nach mir aus, aber ich ergriff sie nicht.

»Ich steck mitten in meinem eigenen Kram, Mann. Ich kann nix machen.«

»Doch, Sie können«, sagte Violette mit kehliger Stimme. Ich begriff, dass ich mich geirrt hatte, was Männer in seiner Position anbelangte. Wenn Captain Violette allein mit mir gewesen wäre, hätte ich etwa zu diesem Zeitpunkt Zähne geschluckt.

»Wir haben schon eine Liste von Verdächtigen, Easy«, sagte Quinten.

»Was geht mich das an?«, antwortete ich. »Dann schnappt se doch, steckt se in den Knast.«

Er erwähnte zwei Namen, die ich kannte. Aber ich sagte ihm, wenn er wisse, wer es gewesen sei, brauche er sich keine Sorgen zu machen.

»Außerdem überprüfen wir Raymond Alexander«, sagte er.

Ich spürte, dass alle im Zimmer mich anstarrten.

»Das soll wohl n Witz sein«, sagte ich. Raymond Alexander, seinen Freunden als Mouse bekannt, war verrückt und ein Killer, kein Zweifel. Er war außerdem für mich das, was einem besten Freund am nächsten kam.

»Nein, Easy.« Naylor knirschte mit den Zähnen. Er war so wütend, wie ich es auf diese Männer war. »Alexander frequentiert alle Bars, in denen die schwarzen Frauen verkehrten, und er ist bekannt dafür, dass er hinter weißen Frauen her ist.«

»Er und etwa dreißigtausend andere Schwarze unter achtzig.«

»Meinen Sie, dass an der Polizeiarbeit etwas auszusetzen ist, Mr. Rawlins?«, fragte Horace Voss.

»Sie saugen sich einfach Namen aus den Fingern, Mann. Mouse hat keine Frauen umgebracht.«

»Und wer war’s dann?« Voss’ plumpes Lächeln wirkte nicht ganz menschlich; es ähnelte eher einer Kreuzung zwischen einem hungrigen Bären und einem glücklichen Mann.

»Woher soll ich das denn wissen?«

»Ich erwarte von Ihnen, dass Sie es wissen«, sagte Violette. »Falls nicht, werden Sie feststellen, wie schwer das Leben in all der Trübsal hier sein kann.«

Ein Polizist mit einem Sinn für Poesie.

»Is das ne Drohung?«

Violette sah mich finster an.

»Selbstverständlich nicht, Mr. Rawlins«, sagte Bergman. »Niemand will Ihnen drohen. Wir wollen alle dasselbe. Ein Mann bringt Frauen um und muss vor Gericht gebracht werden. Das wollen wir alle.«

Quinten stand am Fenster und schaute auf die Straße hinaus. Er wusste, dass ich das Programm absolvieren musste, das mir hier aufgetragen worden war. Captain Violette würde mich in Grund und Boden stampfen, wenn ich es nicht tat. Und Quinten schäumte, weil ich die Hilfe verweigert hatte, als es nur schwarze Opfer gewesen waren. Jetzt, nachdem eine Weiße tot war, war ich bereit zu helfen. Die Luft, die wir atmeten, war angefüllt mit Rassismus.

»Lassen Se die Pfoten von Raymond Alexander, bis ich mich umgehört hab. Der hat keine Frau umgebracht, und wenn Se ihn festnehmen, nützt das keinem was.«

»Wenn er schuldig ist, Rawlins, schmort er auf dem Stuhl wie jeder andere«, knurrte Violette.

»Ich versuch doch nich, wen zu schützen, Mann«, sagte ich. »Lassen Se mich erst mal suchen, wenn Se das wolln, und warten Se paar Tage mit den Festnahmen.«

Bergman erhob sich, aufrecht und groß. »Dann ist meine Aufgabe hier erledigt. Ich bin mir sicher, Mr. Rawlins, dass die Polizei und der Bürgermeister Ihnen jede Hilfe geben können, die Sie brauchen.«

Die anderen Männer standen auf.

Violette wollte mich nicht einmal ansehen, er ging direkt zur Tür. Naylor sah mich an, sagte aber nichts. Bergman lächelte und schüttelte mir herzlich die Hand.

»Warum sind Sie hier in der Gegend, Mr. Bergman?«, fragte ich.

»Reine Routine.« Er schob die Unterlippe einen halben Zentimeter vor. »Reine Routine.«

Horace Voss nahm meine Hand in beide Hände.

»Rufen Sie mich auf dem siebenundsiebzigsten Revier an«, sagte er. »Ich bin dort, bis der Fall abgeschlossen ist.«

Dann waren sie alle aus meinem Haus verschwunden.

Ich hatte seit meiner Hochzeit nicht mehr auf den Straßen herumgeschnüffelt. Ich versuchte, diesen Teil meines Lebens zu begraben. In gewisser Hinsicht war die Suche nach diesem Killer für mich wie eine Auferstehung von den Toten.

Der weisse Schmetterling

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