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II. Weltmacht, Verwaltungsabsolutismus, Gegenreformation: das 16. Jahrhundert

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1516 Proklamation (in Brüssel) von Karl I. zum König von Kastilien und Aragonien
1517 Ankunft Karls I. in Spanien
1519 Wahl Karls V. zum Kaiser
1520/21 Comuneros-Rebellion; Germanías-Aufstand in Valencia; Eroberung Mexikos durch Cortés
1523/24 Gründung des Indienrates
1525 Schlacht von Pavia
1532 Beginn der Eroberung Perus
1534 Gründung des Jesuitenordens
1542 Erlaß von Indioschutzgesetzen
1543 Einrichtung eines Konvoisystems
1545–1563 Konzil von Trient
1556 Abdankung Karls I.
1556–1598 Philipp II., König von Spanien
1559 Friede von Cateau-Cambrésis
1561 Beginn des Aufstandes in Flandern
1568 Aufstand des Prinzen von Oranien
1570 Aufstand der Morisken in Granada
1571 Sieg von Lepanto unter Don Juan de Austria
1580 Annexion Portugals
1588 Niederlage der Großen Armada gegen England

Daß mit der Eheschließung von Ferdinand und Isabella noch kein geeintes Spanien geschaffen worden war, beweisen die Wechselfälle der Thronnachfolge. Nach dem Tode Isabellas (1504) bildeten sich zwei Parteien: Die eine sprach sich für Ferdinand als Verwalter und Regent Kastiliens aus, die andere für Johanna (1479–1555), die Tochter der „Katholischen Könige“, die nach dem frühen Tod ihrer Geschwister von ihrer Mutter Isabella als kastilische Thronerbin eingesetzt worden war. Bei Johanna hatten sich allerdings schon kurz nach ihrer Heirat (1496) mit Philipp dem Schönen, dem Sohn von Kaiser Maximilian I., Anzeichen einer psychischen Erkrankung bemerkbar gemacht. Folgt man der Darstellung von Manuel Fernández Alvarez1, dann führten im wesentlichen zwei Ereignisse zum angeblichen Wahnsinn Johannas von Kastilien: zum einen ihre sehr frühe Trennung von ihrer Familie, da sie als Sechzehnjährige in die Niederlande geschickt wurde, um dort Herzog Philipp zu heiraten; zum anderen ihre krankhaft-eifersüchtige Liebe zu Philipp, der zahlreiche außereheliche Liebschaften hatte, was ihre charakterliche Instabilität erheblich verschärfte, da sie weiter leidenschaftlich an ihrem Mann hing. Als Philipp 1505 überraschend starb, verschlechterte sich Johannas Zustand weiter. Kardinal Francisco Jiménez de Cisneros forderte Ferdinand auf, von Aragonien nach Kastilien zurückzukehren und die Regentschaft zu übernehmen. Johanna wurde, obwohl sie weiterhin als rechtmäßige Königin Kastiliens galt, bis zu ihrem Lebensende im altkastilischen Schloß von Tordesillas sowohl von ihrem Vater Ferdinand als auch später von ihrem Sohn Karl unter ständige Bewachung gestellt.

In Anbetracht dieser konfusen Situation war lange Zeit nicht vorherzusehen, daß Karl von Gent (1500–1558), der erstgeborene Sohn Johannas der Wahnsinnigen und Philipps des Schönen, je den spanischen Thron besteigen würde. Es bedurfte einer ganzen Reihe von Todesfällen und außergewöhnlicher Umstände – etwa der Gemütskrankheit seiner Mutter –, daß Karl beim Tode seines Großvaters Ferdinand (1516) das spanische Erbe antreten konnte. Zum König von Kastilien und Aragonien wurde er im März 1516 in Brüssel proklamiert; einige Historiker nennen diese Art, vollendete Tatsachen zu schaffen, einen „Staatsstreich“.2

Als der von der ritterlich-höfischen Tradition Burgunds geprägte junge Monarch 1517 auf der Pyrenäenhalbinsel eintraf, entließ er zuerst Kardinal Jiménez de Cisneros, den Verweser Kastiliens. Sodann besetzte er viele Staatsämter mit (flämischen) Ausländern – eine Maßnahme, die ihm schnell die Abneigung seiner Untertanen einbrachte. Die Antrittsreise durch seine spanischen Kronländer war von unfreundlichen Akten und Protesten begleitet, die Bewilligung der geforderten Hilfsgelder durch die kastilischen, die aragonesischen und die katalanischen Cortes fand nur schleppend statt. Die Ständeversammlungen erkannten Karl zwar schließlich als Monarchen an, forderten von ihm aber, er solle Spanisch lernen, bald heiraten, im Land residieren sowie die Ämter und Würden nur an Kastilier vergeben.

Noch problematischer wurde die Beziehung zu den Abgeordneten der Stände, als Karl im Juni 1519 nach dem Tode Maximilians zum römischen König und (als Karl V.) zum Kaiser des Reiches gewählt wurde. In klarer Voraussicht befürchteten die Vertreter der Cortes, die neue Kaiserwürde ihres Königs werde Kastilien zum Nachteil gereichen, da der Monarch sich nicht den Problemen seiner iberischen Kronländer widmen werde und die kastilischen Steuergelder ins europäische Ausland abfließen würden.

Dadurch, daß Karl in Personalunion spanischer König (Karl I.) und deutscher Kaiser (Karl V.) war, läßt sich im 16. Jahrhundert die spanische Geschichte nicht von der des Deutschen Reiches trennen. Durch die Wahl Karls zum römischen König erhielt die spanische Monarchie ihre europäische Dimension. Die europäischen Kämpfe Karls in Italien, gegen Frankreich, die Türken und schließlich die protestantischen Fürsten im Reich betrafen daher stets auch – in der einen oder anderen Form – Spanien.3

Kaum war Karl im Mai 1520 von Spanien abgereist – zuvor hatte er seinen früheren Erzieher Adrian von Utrecht zum Regenten des Landes ernannt –, brach in Toledo ein offener Aufruhr aus, der sehr schnell auf andere Städte übergriff. Dieser Comuneros-Aufstand führte zur Einsetzung von Juntas (Räten), die sich aus Kleinadeligen und Besitzbürgern der Städte zusammensetzten. Ursprünglich war der Aufstand der Comuneros gegen die Steuerpolitik der Krone und bestimmte Einzelmaßnahmen wie die Bevorzugung von Ausländern gerichtet; in einem allgemeineren Sinne sprach aus dem Aufstand jedoch die Weigerung Kastiliens, sich in den übergeordneten Reichsverband einbeziehen zu lassen und finanzielle Beiträge für die imperiale Politik Karls zu leisten.

Als der Aufruhr zu einer nationalen Bewegung wurde und die königlichen Truppen die von den Comuneros eingenommene Messestadt Medina del Campo zerstört hatten, erhielten die Aufständischen massiven Zulauf von Handwerkern, Textilarbeitern und Tagelöhnern. Als Führer profilierten sich die Toledaner Adeligen Juan de Padilla und Pedro Laso de la Vega. In Anbetracht der kritischen Situation im Lande – die Junta von Avila widersetzte sich Adrian von Utrecht und ernannte sich selbst zur Regierung Kastiliens – war der König zu Zugeständnissen bereit; er verpflichtete sich, fortan Staatsämter nicht mehr mit Ausländern zu besetzen und den kastilischen Adel stärker an der Verwaltung des Landes zu beteiligen.

Zeitgleich mit dem Comuneros-Aufstand kam es in Valencia zur Rebellion der dort in Bruderschaften (Germanías) zusammengeschlossenen Zünfte; diese Erhebung, die auf die Kontrolle des Stadtregiments abzielte und gegen den Adel gerichtet war, trug von Anbeginn auch einen sozialen Charakter, nachdem die Existenz vieler Handwerker und Arbeiter Valencias – auch aufgrund einer Pestepidemie – gefährdet war. Die anfänglich eher gemäßigten Forderungen der Zünfte durchliefen alsbald einen Radikalisierungsprozeß; angestrebt wurde schließlich eine freie Republik nach dem Muster Venedigs, verbunden mit extremen sozial-religiösen Bestrebungen.

Möglicherweise beeinflußten und radikalisierten sich die beiden Bewegungen gegenseitig. Die revolutionären Elemente nahmen zu, was andererseits jedoch zu einer Spaltung der Bewegung führte. Wichtige städtische Zentren (u.a. Burgos) wechselten wieder ins königliche Lager über, einflußreiche Großkaufleute finanzierten das königliche Heer, Adel und höhere Geistlichkeit schlossen sich den monarchischen Kräften an. Schließlich siegte die königliche Reiterei im April 1521 bei Villalar über die Aufständischen, die Comuneros-Anführer Juan de Padilla und Juan Bravo wurden hingerichtet. Kurz danach konnte auch der Germanías-Aufstand niedergeschlagen werden. Nach der gewaltsamen Beendigung beider Aufstandsbewegungen wurde die Herrschaft Karls in Spanien vorbehaltlos anerkannt.4

Im Comuneros-Aufstand sieht die neuere Geschichtsschreibung eine moderne freiheitliche Bewegung des städtischen ‚Bürgertums‘, durch dessen Niederlage sich der monarchische Absolutismus durchsetzen konnte, zugleich aber auch der Niedergang Kastiliens einsetzte. Die Comuneros erstrebten eine Art (früh-)bürgerliche Revolution, deren Ziele ein verstärktes Mitspracherecht der Städte in der Politik, die Errichtung eines repräsentativer organisierten frühneuzeitlichen Nationalstaates und eine in ihren Kompetenzen zugunsten der Regionen stark eingeschränkte Zentralgewalt waren. Die Niederlage der Aufständischen eröffnete Karl die (finanziellen) Möglichkeiten zu seiner universalen Politik; fortan sollte es zu regelmäßigen Geldabflüssen aus Kastilien hin zu den europäischen Schauplätzen kommen.

Daß Kastilien immer wieder zur Finanzierung der europäischen Kriege Karls (und später Philipps II.) herangezogen werden konnte, hängt damit zusammen, daß während ihrer Regierungszeit der größte Teil des amerikanischen Kontinents erobert und dem spanischen Herrschaftsgebiet angegliedert wurde. Nach den ersten großen Entdeckungsfahrten des Christoph Kolumbus kam es seit Beginn des 16. Jahrhunderts zu weiteren spanischen Expeditionen, die – einer Diktion des Historikers Navarrete folgend – die Fahrten der „Kleinen Entdecker“ genannt werden. Schnell wurden die Umrisse Südamerikas bekannt, nachdem die Fahrten für jeden spanischen Lizenznehmer freigegeben worden waren. Zunächst ließen sich die Spanier auf den Großen Antillen, danach auf dem Festland dauerhaft nieder. Der Atlantikverkehr stieg sprunghaft an, im 16. Jahrhundert überquerten zwischen 8000 und 9000 Schiffe von Europa aus den Ozean. In den 1520er Jahren trat Amerika erstmals als eigenständiger Kontinent in das europäische Bewußtsein. Seit damals entwickelte die Neue Welt eine bemerkenswerte Eigendynamik und löste sich damit von der Suche nach einem Seeweg nach Asien. Die Europäer begannen, den amerikanischen Kontinent zu erobern. Ein Faktor verschaffte der Neuen Welt einen Wert von enormer Bedeutung: der unvorstellbare Reichtum an Gold und vor allem an Silber. Erstmals trat dieser Reichtum während der Eroberung des Aztekenreiches durch Hernán Cortés (1519–1521) vor Augen. In den folgenden Jahrzehnten wurde Amerika zum Silberlieferanten der ganzen Erde.5

Die Zentralbehörden des Mutterlandes reglementierten den Prozess der Entdeckungen und Eroberungen der großen Landregionen in der Neuen Welt in hohem Maße. Cortés’ Eroberung des Aztekenreiches löste die beiden folgenden Conquista-Unternehmungen aus: Die erste war die Eroberung des Inkareiches in Perú durch Francisco Pizarro. 1532 gelang es dem spanischen Feldherrn, den Inkakaiser Atahualpa gefangenzunehmen und zu einem unermeßlich hohen Lösegeld in purem Gold zu zwingen. Das Inkareich konnte nahezu intakt von den Spaniern übernommen werden; 1543 wurde Perú ein spanisches Vizekönigreich mit Sitz in Lima. Die zweite Unternehmung war die Eroberung der Mwisca-Kultur in Kolumbien. 1537 wurde sie von Gonzalo Jiménez de Quesada, der verzweifelt nach dem Gold- und Edelsteinschatz von El Dorado suchte, entdeckt und gebrandschatzt. Auf der Suche nach weiteren Goldländern wurden immer weitere Expeditionsfahrten quer durch den amerikanischen Kontinent unternommen. 1524 eroberte Pedro Alvarado Guatemala und El Salvador, 1533 unterwarf Sebastián de Belalcázar Ecuador, 1535–1537 suchte Diego de Almagro in den Hochländern von Bolivien und in Nordchile ein weiteres Goldreich, 1529–1546 streiften im Auftrag der Welser-Gesellschaft Ambrosius Dalfinger, Nicolaus Federmann, Georg Hohermuth und Philipp von Hutten durch Venezuela und Kolumbien, 1539–1543 gelangte Hernando de Soto von Florida über den Mississippi bis in die Prärien des Mittleren Westens der heutigen USA, 1540–1552 eroberte Pedro de Valdivia Chile, seit 1536 erkundeten Konquistadoren den Süden Argentiniens und gelangten bis in den Gran Chaco, später bis zum legendären Silberberg Cerro Rico in Potosí.6

Trotz der gewaltigen Entfernungen und der Eigenmächtigkeiten der Konquistadoren wurde in der Neuen Welt in kurzer Zeit eine funktionierende spanisch-kastilische Verwaltung aufgebaut. Vorerst entstanden zwei Vizekönigreiche: das von Neu-Spanien (Mexiko) und das von Neu-Kastilien (Perú). Die neuen Verwaltungseinheiten wiederum wurden in Provinzen unterteilt, an deren Spitze ein Gouverneur mit richterlichen Befugnissen und Verwaltungsbefugnissen stand. Bedeutsam wurden die Appellationsgerichtshöfe (audiencias), von denen im Verlauf des 16. Jahrhunderts rund ein Dutzend gegründet wurde. Parallel zur zivilen Verwaltung bestand eine Militärverwaltung: Die neuen Territorien wurden in Generalkapitanate (capitanías generales) aufgeteilt, die für die innere und äußere Sicherheit zuständig waren. Sämtliche Institutionen der Neuen Welt unterstanden dem in Madrid angesiedelten Indienrat, der oberste Verwaltungsbehörde und oberstes Gericht in Zivil- und Strafrechtsangelegenheiten für Amerika war, außerdem noch gesetzgeberische und politische Funktionen ausübte.7

Die eigentlichen Kernpunkte der spanischen Kolonisation waren die Städte, deren Gründung von der kastilischen Krone ebenfalls genau kontrolliert wurde. Philipp II. etwa erließ 1573 detaillierte ordenanzas (königliche Anordnungen), die gewissermaßen als Urbanisationsprogramm bezeichnet werden können. Die Anweisungen lassen deutlich erkennen, daß es der spanischen Politik in Amerika darum ging, dort nach rationalen Kriterien eine neue Gesellschaft zu schaffen. Im Verlauf des 16. Jahrhunderts wurden bereits über 40 Städte gegründet; von gewissen Ausnahmen wie der früheren Aztekenhauptstadt México und der Inkahauptstadt Cuzco abgesehen, waren fast alles Neugründungen. Die Verwaltung der Städte, die iberischem Muster folgte, unterstand dem Stadtrat (cabildo); ein vom König eingesetzter Kommissar (corregidor) überwachte die Ordnung und saß bei Streitigkeiten zwischen Spaniern und indios zu Gericht.

Zu den dramatischsten und bis heute umstrittensten Phänomenen des 16. Jahrhunderts gehört der rasante Bevölkerungsrückgang in der Neuen Welt. Schätzungen gehen davon aus, daß zum Zeitpunkt der spanischen Eroberung in Amerika 80 Millionen Menschen lebten. Im Verlauf der ersten hundert Jahre der Europäisierung der Neuen Welt gingen die Zahlen um bis zu 85 Prozent zurück: Von den drei Millionen Menschen, die 1492 etwa auf Hispaniola (Haiti/Santo Domingo) lebten, war Mitte des 16. Jahrhunderts keiner mehr am Leben. Von den 25 Millionen, die 1519 in Mexiko lebten, überlebte bis Anfang des 17. Jahrhunderts eine knappe Million. Dieser katastrophale Bevölkerungsrückgang hat in der Forschung erhebliche Kontroversen ausgelöst. Heute werden im wesentlichen vier Gründe als hauptverantwortlich angegeben:

An erster Stelle werden die von den Europäern eingeschleppten Krankheiten (Pocken, Gelbfieber, Typhus, Masern, Grippe etc.) aufgeführt, gegen welche die indigene Bevölkerung nicht immun war. Deutlich an zweiter Stelle werden die unmittelbaren kriegerischen Auseinandersetzungen genannt, die von den zahlenmäßig weit unterlegenen Europäern mit überlegenen Waffen – Schwertern aus gehärtetem Stahl und Musketen – ausgetragen wurden. Als dritter Grund ist auf die erzwungene Veränderung der Sozialverhältnisse zu verweisen: auf die Sklaverei der indios; auf die Ausbeutung der indigenen Arbeitskraft durch das System der encomienda, das einem Spanier erlaubte, sich der Arbeitskraft der Einheimischen zu bedienen, sowie später durch das repartimiento, bei dem ein königlicher Amtsträger die indigene Arbeit einteilte. Als vierter Grund ist noch die erzwungene Umstellung der Ernährungsgewohnheiten zu nennen: Der von den Spaniern eingeführte Weizen und das Zuckerrohr führten zu einer drastischen Verringerung der Anbauflächen für traditionelle amerikanische Nahrungsmittel (vor allem Mais); die Folge war Unterernährung, was in Verbindung mit der physischen Überausbeutung der indigenen Arbeitskraft zu frühzeitigem Tod führte. Bald schon machte der Arbeitskräftemangel in der Neuen Welt die Einfuhr schwarzer Sklaven aus Afrika erforderlich.8

Die Konquistadoren der ersten Stunde kamen somit in den Genuß erheblicher Vorteile und Privilegien, die immer auf Kosten der ausgebeuteten oder versklavten Indiobevölkerung gewährt wurden. Viele dieser Konquistadoren waren hidalgos, gehörten somit dem verarmten und nach Abschluß der Reconquista weitgehend funktionslosen niederen Adel an. Miguel de Cervantes hat dieser Adelsschicht, die auf eine bessere, idealisierte Vergangenheit zurückblickte, in seinem ›Don Quijote de la Mancha‹ ein literarisches Denkmal gesetzt. Auf Initiative der Missionare sah sich die spanische Krone 1542 zum Erlaß königlicher Indioschutzgesetze veranlaßt, die zu starken Unruhen unter den Eroberern und zu Spannungen mit den vom Indienrat eingesetzten Verwaltungen führten.

Bei der auf die Eroberung folgenden Landnahme durch Siedler und der Eingliederung der neuen Territorien in die spanische Verwaltung arbeiteten die Kolonialadministration und der katholische Klerus Hand in Hand. Bei der Christianisierung der unterworfenen Indios ging es nicht nur um deren Seelenheil, sondern nicht minder um ihre Erziehung zu spanischen Untertanen. Die Bestrebung einer weitgehenden Akkulturation der Indios wurde durch das spanische Kirchenpatronat erleichtert, demzufolge die Kirche direkt der Krone – und nicht Rom – unterstellt war.

Der relative Staatsschutz, den die Indios genossen, bewahrte sie nicht vor immensen Tribut- und Arbeitsforderungen, die zu einer systematischen Ausnutzung ihrer Arbeitskraft führten. Verschiedene Formen von Bergwerksfron führten ab 1545 zur Ausbeutung des Silberbergs von Potosí im heutigen Bolivien sowie ab 1546 der Silbervorkommen von Zacatecas und ab 1548 von Guanajuato in Mexiko. Allein im 16. Jahrhundert betrug der Wert der Edelmetalleinfuhren aus der Neuen Welt 3000 Milliarden Pesos (wobei ein Peso einem deutschen Taler entsprach). Zum Schutz dieses wertvollen Amerikahandels richtete Spanien 1543 ein Konvoisystem (Carrera de Indias) ein; nach 1565 wurde der Konvoiverkehr bis nach Manila auf den Philippinen ausgedehnt (Manila-Galeone). Der mexikanische Silberpeso entwickelte sich bald zur Kurantwährung in Asien. Neuere Schätzungen sprechen davon, daß zwischen 1570 und 1780 ungefähr 100–130 Milliarden gemünzte oder ungemünzte Silberpesos nach Asien abgeflossen sind.

Das entstehende Weltreich sah sich sehr bald vielfältigen (potentiellen) Gegnern ausgesetzt: dem Einbruch der Reformation, der Macht des Osmanischen Reiches, der Rivalität Frankreichs. Karl mußte daher schnell ein funktionsfähiges politisches System aufbauen, ein Verteidigungskonzept entwerfen und die zahlreichen Völker seiner Reiche zusammenführen. Spanien war durchaus auf diese Aufgabe vorbereitet, hatte es sich doch an die Spitze der schließlich unvollendeten Kirchenreform gesetzt; darüber hinaus verfügte es über den missionarischen Elan der geistlichen Orden, der in den Dienst der großen Entdeckungs- und Eroberungszüge gestellt werden konnte; die zahlreichen Feldzüge der Reconquista und die Schlachten in Italien hatten ein modernes, schlagkräftiges Heer entstehen lassen, das die neuen Feuerwaffen geschickt einsetzte; schließlich war Spanien zu Beginn des 16. Jahrhunderts ein befriedetes Land, mit einer funktionierenden Verwaltung – den im Rechtswesen ausgebildeten letrados – und Polizei. Trotz dieser guten Voraussetzungen entbehrte die Monarchie jedoch der notwendigen Instrumente, die für das langfristige Überleben eines Weltreiches erforderlich gewesen wären: eines Bankwesens mit internationalen Verbindungen und vor allem einer dynamischen Schicht von Unternehmern und Händlern, die in Zusammenwirken mit dem Staat neben der politischen und militärischen eine wirtschaftliche Macht aufgebaut hätten.9

Hinzu kamen geopolitische Schwierigkeiten; zu diesen zählte vor allem die Tatsache, daß dem spanischen Reich der territoriale Zusammenhalt vollständig fehlte. Frankreich trennte die Einzelstaaten des spanischen Habsburgerimperiums voneinander; diese geopolitische Realität mußte nahezu unvermeidlich zu Auseinandersetzungen zwischen den beiden Ländern führen. Gleichzeitig bildete die spanische Monarchie die wichtigste Bastion gegen die Westexpansion des Osmanischen Reiches; der Vorstoß türkischer Armeen auf Mitteleuropa wurde zu einer gewaltigen Herausforderung für die spanische Monarchie. Sultan Selim I. (1512–1520) hatte einen großen Teil des Nahen Ostens erobert, sein Nachfolger Süleiman II. (1520–1566) richtete seine Offensiven auf den Balkan, 1529 standen die Türken vor Wien. Die ständigen Vorstöße der Osmanen in das westliche Mittelmeer hielten Karl fast jahrzehntelang in Atem.

Neben Italien gehörten in Europa die Niederlande zu Spanien; Karl hatte von seinem Großvater Maximilian bei dessen Tod 1519 zunächst elf Provinzen geerbt, denen er später sechs weitere hinzufügte. Diese 17 Provinzen – persönliches Herrschaftsgebiet der Habsburger Karl I. und Philipp II. – wurden durch ein Familienmitglied regiert: Statthalter waren Karls Tante Margarete von Österreich (1507–1530), seine Schwester Maria von Ungarn (1530–1555) und seine natürliche Tocher Margarete von Parma (1559–1567). Unterstützt wurden sie von drei Ratsgremien und den Generalstaaten – Abordnungen der Ständevertretungen aus den Provinzen, die in Brüssel tagten –, die über die Subsidien an den König entschieden.10

Die Bindung der spanischen Politik an die Reichspolitik und die Eroberung großer Gebiete in Übersee führten dazu, daß im 16. Jahrhundert die spanische Wirtschaft von zwei gegenläufigen Tendenzen geprägt wurde: Auf der einen Seite stand die wachsende Finanzlast der kaiserlichen Reichspolitik, auf der anderen das Edelmetallpotential des amerikanischen Kolonialreichs. Zur Finanzierung der politischen und militärischen Unternehmungen des Kaisers und später seines Sohnes Philipp wurde Spanien, nachdem zuerst die italienischen Kronländer und die Niederlande einen Großteil der Verpflichtungen getragen hatten, ab den 1540er Jahren verstärkt herangezogen. In Anbetracht der hartnäckigen Abwehrhaltung der aragonesischen Cortes fiel die finanzielle Hauptlast auf Kastilien, und hier wiederum (wegen der spezifischen Steuerstruktur) nahezu ausschließlich auf die abgabenpflichtigen Bürger, nicht auf Adel oder Geistlichkeit. Trotz des zunehmenden Steuerdrucks stieg jedoch die Verschuldung der Krone kontinuierlich an. Die Zahlen sprechen für sich: Karl standen als König von Spanien jährlich Einkünfte von über eine Million (seit 1542 rund eineinhalb Millionen) Dukaten zu; von (ausländischen) Bankhäusern mußte er außerdem Darlehen in Höhe von 39 Millionen [!] Dukaten aufnehmen, für die er die erwarteten Silberlieferungen aus Amerika oder die Steueraufkommen der jeweils folgenden Jahre verpfändete. Trotzdem führte die Haushaltspolitik wiederholt zur Zahlungsunfähigkeit der Krone, da sie vor allem in Karls späteren Jahren festverzinsliche Schuldverschreibungen (Juros) ausgab, für deren Zinsentilgung schließlich etwa 65 Prozent des ordentlichen Steueraufkommens ausgegeben werden mußten.11

Die Auswirkungen des wachsenden Zustroms amerikanischer Edelmetalle sind in der historischen Forschung wiederholt Gegenstand ausführlicher Erörterungen gewesen.12 In einem Teil der Literatur wird der spanische Niedergang im 17. und frühen 18. Jahrhundert in einen engen Zusammenhang mit dem Silber aus der Neuen Welt gebracht, da die inflationäre Preisentwicklung des 16. Jahrhunderts auf die Silberladungen zurückzuführen sei und die weitere Entwicklung bestimmt habe. Diese These hat Widerspruch hervorgerufen; verwiesen wurde darauf, daß Spanien damals aus unterschiedlichen Wirtschaftsräumen bestand und Andalusien etwa ab dem 16. Jahrhundert einen wirtschaftlichen Aufschwung erlebte, da Oliven aus Jaén, Wein aus dem Guadalquivirtal, Tuche aus Córdoba und Seide aus Granada begehrte Exportartikel waren. Auch einige Wirtschaftszweige Mittel- und Nordspaniens erlebten Exportaufschwünge: etwa die Eisenindustrie des Baskenlandes und die Wollproduktion der inzwischen auf zehn Millionen geschätzten Merinoschafe.

Der Handel mit Amerika warf satte Gewinne ab. In die Kolonien wurde nahezu alles exportiert: Weine und Öle, Rosinen und Mandeln, Konfitüren und Gewürze, hochwertige Stoffe und Lederstiefel, Waffen und Eisenwaren, Glas und Geschirr. Unter den importierten Gütern standen die Edelmetalle, die der strikten Kontrolle der Krone unterlagen, mit rund 80 Prozent der Schiffsladungen an erster Stelle; Farbstoffe und Heilpflanzen dienten dem lukrativen Re-Exportgeschäft. In Sevilla entstand ein internationales Handelsnetz, an dem auch italienische und deutsche Fernhändler beteiligt waren.13

Im spanischen Europahandel dominierte die Wolle der Merinoschafe. Da der größte Teil der qualitativ wertvollen Merinowolle in die Niederlande und nach Italien exportiert wurde, forderten die Tuchhändler der wollverarbeitenden spanischen Zentren einen Verbleib der Wolle im Land, womit der zu Beginn des 17. Jahrhunderts beschleunigte Niedergang der Textilzentren aufgehalten und neue Arbeitsplätze geschaffen werden könnten. Trotz derartiger Appelle zugunsten einer Schutzzollpolitik für die einheimische Fertigung mit entsprechenden Importbeschränkungen betrieb Kastilien keine merkantilistische Politik. Den spanischen Händlern ging es vielmehr um den Export von Rohstoffen und den Import von Fertigprodukten. Regierung und Cortes waren darum bemüht, die Verbraucherpreise möglichst niedrig zu halten.

Kritisch verlief die Entwicklung vor allem in einigen Wirtschaftsbereichen Kastiliens; hierzu zählten insbesondere der Ackerbau der Kleinbauern, die nach Mißernten die Hypothekarzinsen nicht mehr aufbringen konnten und sich zur Veräußerung ihres Landes genötigt sahen; die verteuerten kastilischen Tucherzeugnisse waren – als Folge von Lohnerhöhungen, die wiederum auf die inflationäre Preisentwicklung zurückzuführen waren – bald nicht mehr wettbewerbsfähig; schon 1548 mußte die Krone den Import ausländischer Tuchwaren zulassen. Über die letzten Ursachen der Wirtschaftskrise des 16. Jahrhunderts herrscht bis heute in der Forschung Uneinigkeit.

Die ersten Kämpfe in Europa hatte Karl in Italien und gegen Frankreich zu bestehen. Seit den „Katholischen Königen“ waren Süditalien und Nordafrika wichtige Regionen der spanischen Mittelmeerpolitik. Die italienischen und afrikanischen Besitzungen waren mit Waffengewalt erobert worden: Sardinien kam 1325 unter die Herrschaft von Aragonien; die Eroberung Siziliens setzten 1282 ein, die aragonesische Herrschaft konsolidierte sich dort 1409; die Kämpfe um das Königreich Neapel hatten 1443 begonnen und endeten (nach mehrfachen Siegen des Gonzalo Fernández de Córdoba über die Franzosen) im Jahr 1504. Die anti-islamische Politik der „Katholischen Könige“ hatte auch auf die muslimische Bevölkerung Nordafrikas Auswirkungen gehabt; von dort plünderten Piraten immer wieder spanische und süditalienische Küstenorte, was wiederum dazu führte, dass spanische Truppen nordafrikanische Hafenstädte und Plätze besetzten. Besonders hartnäckig waren die Gefechte gegen den Osmanen Chaireddin Barbarossa (um 1467–1546), der große Teile Nordafrikas beherrschte.

Das für das spanische Reich sehr bedeutende italienische Herrschaftsgebiet war zwar ein reiches, aber kein zusammenhängendes Territorium, da sich zwischen das Herzogtum Mailand im Norden und das Königreich Neapel im Süden der Kirchenstaat und die Republik Venedig schoben. Die nördlichen Territorien kamen größtenteils erst im 16. Jahrhundert zu Spanien: Mailand 1535, Elba 1548, einige Stützpunkte in der Toskana 1557. Die Eingliederung der toskanischen Festungsorte in das spanische Reich ging auf den Willen des spanischen Herrschers zurück, das westliche Mittelmeer lückenlos überwachen zu können. Diese Politik hatte unter den „Katholischen Königen“ mit der Einnahme der marokkanischen Stadt Melilla 1497 begonnen und später dann zur Gründung vieler Forts in Nordafrika geführt. Hauptzweck der Festungsorte war die Bekämpfung der muslimischen Gefahr und der Kaperfahrten, die von den Barbareskenstaaten aus an der gesamten Mittelmeerküste durchgeführt wurden. Die italienischen Besitzungen verwaltete der Italienrat von Spanien aus. In Sizilien blieb dem italienischen Adel eine wichtige Rolle im politischen Geschehen erhalten. Nach dem Vertrag von Cateau-Cambrésis (1559) gelang es den Habsburgern dank einer geschickt pragmatischen Politik, in Italien eine Art pax hispanica zu etablieren, die über das Jahr 1620 hinausreichte.14

Die vielfältigen Bedrohungen durch die Türken und Franzosen, später durch die protestantischen Fürsten und England, der Kaperkrieg im Atlantik und die Angriffe der nordafrikanischen Barbaresken bedingten die Militärstrategie der Spanier, die einerseits in der Sicherung der Grenzen und Küsten des Landes mit starken Festungen, andererseits in der Fernhaltung des Krieges von den eigentlichen ‚Kernländern‘ der Monarchie bestand. Karl begann auch schon sehr früh, auf beiden Seiten der Pyrenäen die Grenzen gegen mögliche Angriffe zu sichern; im Herzogtum Mailand ließ er mehrere befestigte Plätze mit spanischen Garnisonen einrichten; im Mittelmeer stationierte er den Johanniterorden auf Malta, um die Angriffe der Türken abwehren zu können; ab den 1540er Jahren wurden Hunderte von Wachtürmen und ein System von Festungen zum Schutz der gesamten Mittelmeerküste errichtet. Auch in Amerika entstand im 16. Jahrhundert ein gewaltiges Befestigungssystem. Alles in allem war die Strategie des Kampfes auf fremdem Boden erfolgreich. Sieht man von einigen internen Aufständen ab, genoß Spanien eine lange Friedenszeit im eigenen Land.

Im Verlauf der militärischen Auseinandersetzungen in und um Italien mußte Karl vor allem gegen den französischen König Franz I. (1515–1547) kämpfen; 1525 konnten schließlich die vereinigten deutsch-spanischen Streitkräfte Karls Rivalen in der Schlacht von Pavia gefangennehmen und ihn zum Verzicht auf Mailand, Genua, Neapel und die Bourgogne zwingen. Bald nach seiner Freilassung verband sich aber Franz I. in der Liga von Cognac mit den Gegnern Habsburgs und setzte den Krieg fort, der erst 1529 mit den Friedensschlüssen von Barcelona und Cambrai beendet wurde; diese besiegelten die habsburgische Vorherrschaft in Italien.

Karl war zeit seines Lebens ein reisender König. Die Kaiserwahl, die Reformation, der Kampf gegen die Türken in Mitteleuropa und im Mittelmeer machten seine Anwesenheit an den verschiedensten Schauplätzen erforderlich. 1515 hatte er auf einer Rundreise durch die Niederlande Besitz von seinem dortigen Herrschaftsbereich ergriffen; danach mußte er eilig nach Spanien reisen, weil dort sein Großvater Ferdinand von Aragonien gestorben war, und er sich schnell die spanische Krone sichern wollte; in Spanien wiederum erfuhr er vom Tod seines Großvaters väterlicherseits, des Kaisers Maximilian. Die anstehende Kaiserwahl zwang ihn 1519 zur Rückreise nach Deutschland. Kaum war er zum Kaiser gekrönt worden, hörte er vom Aufstand der Comuneros in Kastilien und vom Einmarsch der Franzosen in Navarra; diese besorgniserregenden Nachrichten veranlaßten ihn, über England nach Spanien zurückzukehren und die Rebellion zu bekämpfen. Danach blieb er knapp sieben Jahre in Kastilien (1522–1529) – wahrscheinlich die glücklichste Zeit seines Lebens. Es folgten zahlreiche Reisen nach Italien, Deutschland, Nordafrika, Frankreich, Flandern. Ein Großteil dieses unsteten Lebenswandels galt der Kriegführung: gegen die Türken, die Franzosen, die protestantischen Fürsten, die nordafrikanischen Barbareskenstaaten. Es ist kein Zufall, daß viele Maler Karl als Krieger und als Ritter in Lederrüstung porträtiert haben.15

In den vielen Jahren von Karls Abwesenheit von Spanien erwies sich seine Frau Isabella von Portugal (1503–1539) als gute Sachwalterin seiner Interessen; die eigentliche Verwaltung der spanischen Kronländer übernahmen aber Großkanzler Mercurino di Gattinara (1518–1530) und danach Francisco de los Cobos (1530–1547). Unter der umsichtigen Leitung Gattinaras wurde das frühneuzeitliche Verwaltungssystem des Landes aufgebaut: Der Staatsrat beriet den Monarchen in allen wichtigen Fragen; der Kriegsrat konzentrierte seine Zuständigkeit vor allem auf Spanien und das westliche Mittelmeer; der Finanzrat regelte die Fragen der königlichen Geldverwaltung; der Kastilienrat leitete die Verwaltung und das Rechtswesen Kastiliens. Im Zuge der Ausweitung des spanischen Herrschaftsbereichs mußten neue Territorialräte geschaffen werden: 1524 der Indienrat für die überseeischen Besitzungen, 1555 der Italienrat für Mailand, Sizilien und Neapel, 1582 der Portugalrat nach dem Anschluß des westlichen Reiches an Spanien, 1588 der Flandernrat für die Verwaltung der Spanischen Niederlande. Die Sekretäre dieser ‚Räte‘ – zuerst überwiegend Burgunder, im Laufe der Jahre immer häufiger Spanier – entstammten zumeist dem Kleinadel oder dem Bürgertum.16


Die Iberische Halbinsel 1580–1640.

Anfangs spielten die Cortes von Katalonien, Aragonien und Valencia mit ihren weitreichenden Kompetenzen noch eine große Rolle; sie boten dem König die Gelegenheit, die Vertreter von Adel, Geistlichkeit und Städten jedes Königreichs zu treffen. Sehr bald jedoch vermieden es die Herrscher, die streitbaren Cortes, die bei den Finanzbewilligungen sehr selbstbewußt auftraten, einzuberufen; dafür stieg die Bedeutung der Vizekönige – denen es oblag, die Verhandlungen mit den Institutionen der einzelnen Königreiche zu führen –, der Statthalter in den Niederlanden und in Mailand und der Gerichtshöfe (audiencias) mit ihren umfassenden juristischen und administrativen Kompetenzen. Diese ließen deutlich den Prozeß der Rationalisierung des spanischen Staatsapparats mit Hilfe moderner Verwaltungsmethoden erkennen. Vizekönige und Statthalter waren jedoch trotz ihrer Machtfülle nur ausführende Organe mit einer zeitlich beschränkten Amtsdauer. Im Laufe der Zeit setzte sich der spanische, vor allem der kastilische Hochadel bei der Besetzung der wichtigsten Positionen in der Monarchie durch.17

Unter Philipp II. wurden die Räte zu Verwaltungsbehörden, die sich regelmäßigen Leistungskontrollen, sogenannten Visiten unterziehen mußten. Außerdem entstanden, entsprechend den politischen Erfordernissen, neue Ratsgremien. Schließlich bestand der Regierungsapparat aus 13 Räten, die teils nach geographischen, teils nach thematischen Kriterien eingerichtet worden waren. José Antonio Escudero hat diese Räte ein „geschlossenes System“ genannt, da ihr institutioneller Aufbau im wesentlichen demselben Modell folgte.18 Die Sekretäre waren bekannte Persönlichkeiten im Staat mit weitreichenden Machtbefugnissen und Einflußmöglichkeiten; Francisco de los Cobos, der Staatssekretär Karls I., ist ein hervorragendes Beispiel für einen aus der Mittelschicht stammenden Ratskarrieristen.

Die umfangreiche und zugleich ausdifferenzierte Verwaltungsstruktur läßt erkennen, daß das Spanien des 16. Jahrhunderts im europäischen Vergleich hoch entwickelt war: Ein moderner Staat war im Entstehen, der eine umfassende Bürokratie und weitverzweigte Diplomatie benötigte. Schon Ferdinand von Aragonien, der „Katholische König“, war für Machiavelli der Idealtypus des modernen Fürsten gewesen.19 Die Mode des spanischen Hofes wurde sodann stilbildend für Europa; spanische Mystik, Philosophie und Literatur wurden von allen Intellektuellen gelesen, die spanische Sprache war unter Politikern und Gelehrten weit verbreitet, spanisches Staats- und Völkerrecht von großer Bedeutung, die Kolonialethik hoch entwickelt.

In jener Epoche entwickelte Spanien eine weltumspannende Kultur, eine Synthese, die anderthalb Jahrhunderte lang die westliche Hemisphäre prägte. Die abendländische Kunst gelangte unter spanischer Führung – allerdings mit großen Einflüssen niederländischer und italienischer Meister – nach Amerika, wo sie ab den 30er Jahren des 16. Jahrhunderts in Mexiko und 20 Jahre später in Perú unter Mitwirkung indianischer und mestizischer Künstler den besonderen Sakralstil des öffentlichen Raumes (Fassaden, Altarbilder, Plätze) prägte. Das überragende Instrument, um der künstlerischen Synthese einen ‚Nationalcharakter‘ zu geben, war die spanische, präziser: die kastilische Sprache. Schon 1492 hatte der Humanist Antonio de Nebrija ihr in einer Grammatik eine klar umrissene Form gegeben; ab 1520 verzeichnete das Kastilische einen bedeutenden Vorsprung vor den übrigen europäischen ‚Volkssprachen‘. Im Gefolge der politischen und geographischen Expansion erfuhr das Kastilische sodann während des gesamten 16. Jahrhunderts einen gewaltigen Aufschwung, sie löste eine wahre Flut von Literatur aus und wurde zur Wissenschafts- und Theologensprache.

Jahrzehntelang überschattete der Vormarsch der deutschen Reformation die Regierung Karls; im Reich standen dem katholischen Habsburgerkaiser starke protestantische, ständische und partikularstaatliche Kräfte entgegen. Im Zeitalter der Reformation fühlte sich Spanien dazu berufen, seine ganze politische Kraft, geistige Energie und militärische Potenz zur Erhaltung des einheitlichen katholischen Bekenntnisses im Abendland einzusetzen. Spanien wurde zum Verteidiger der Universalität des römisch-katholischen Glaubens. Mit kämpferisch-dogmatischer Mentalität sollte gegen die Feinde des Glaubens vorgegangen, der ganze amerikanische Kontinent katholisiert werden. Der Geist der militanten Gegenreformation breitete sich über ganz Spanien aus; er äußerte sich primär in Form einer „katholischen Reform“. Die damalige ‚Stärke‘ des spanischen Katholizismus ergab sich aus dem Zusammentreffen verschiedener Umstände: zum einen der kirchlichen Reform und einer eifernden kirchlichen Kultur, zum anderen verschiedener geistlicher Strömungen, schließlich tiefer Religiosität.

Was die kirchliche Reform betrifft, so läßt sich sagen, daß sie am Ausgang des Mittelalters überfällig war. Die Verhältnisse in der spanischen Kirche lagen im argen. Der sittliche Verfall der Kirche hatte enorme Ausmaße angenommen, hohe kirchliche Ämter wurden nur als Mittel zur Finanzierung des aufwendigen Lebensstils der Amtsinhaber betrachtet, viele Kirchenfürsten waren fast permanent von ihren Diözesen und Abteien abwesend, zahlreiche bedeutende Stellen wurden mit Nichtgeistlichen besetzt, der niedere Klerus strotzte vor Unwissenheit. Die dringend notwendige Reform sollte von einem kastilisch-asketischen Franziskanermönch ausgehen, der Karriere machte wie kaum ein zweiter: Francisco Jiménez de Cisneros (1436–1517), schließlich Beichtvater und Ratgeber von Königin Isabella, Primas von Spanien, Kardinal und Großkanzler von Kastilien.

Die innerkirchliche Reformbewegung im ersten Drittel des 16. Jahrhunderts erhielt viele Anstöße vom kritischen Humanismus. Die Bewegung sollte der Verweltlichung des klösterlichen Lebens, dem Bildungsmangel und dem sittlichen Verfall des niederen Klerus entgegenwirken. Von Jiménez de Cisneros gingen entscheidende Impulse zur Ausbreitung des Humanismus in Kastilien aus. Damals drangen die Lehren des Erasmus von Rotterdam (1466–1536) in Spanien ein, für den sich viele Intellektuelle und die hohe Geistlichkeit begeisterten. Erasmus versuchte, in einer „christlichen Philosophie“ das geistige Gut der Antike mit dem Christentum zu verschmelzen. Einerseits wurde er zum Mittelpunkt des wissenschaftlichen Studiums der Theologie, andererseits wurde er wegen seiner Zeitkritik, die weder vor Menschen noch vor kirchlichen Institutionen und Fürstenpolitik halt machte, bewundert und gefürchtet. Marcel Bataillon schildert in seinem Buch über die religiösen Zustände zur Zeit der (Gegen-)Reformation Erasmus als Inspirator einer erneuerten katholischen Frömmigkeit. Mit dem Einzug Karls und des burgundischen Hofes kamen auch die Erasmischen Schriften nach Spanien; sie wurden bald ins Kastilische übersetzt, und Erasmus wurde ein gefeierter christlicher Autor, der die katholische Reform im vortridentinischen Spanien einleitete.20 Als jedoch durch das Lutheranertum die soeben errungene religiöse Einheit Spaniens bedroht schien, wurde das geistige Reformklima abrupt beendet. Die Bewegung der Illuminaten (los alumbrados), die sich auch aus erasmistischem Gedankengut nährte, wurde verfolgt; auch Anhänger des Erasmus gerieten in den Verdacht der Ketzerei und fielen der Inquisition anheim.

Den Protestantismus hat die Inquisition dann auch schnell zum Erliegen gebracht. Die Schriften Luthers wurden beschlagnahmt, die wenigen lutheranischen Gruppen gewaltsam gesprengt, ihre führenden Vertreter verurteilt und in autos de fé öffentlich dem Scheiterhaufen übergeben. Nach wenigen Jahren war der Protestantismus in Spanien liquidiert; auch vom Erasmismus blieb nicht viel übrig. Damit war die geistig-geistliche Orthodoxie wiederhergestellt, ein allumfassender Konformismus machte sich breit. Das religiöse Leben wurde zunehmend von einer Festungsmentalität beherrscht.21 Die Tribunale des Heiligen Offiziums, der Inquisition, die eigentlich nur für „Glaubensangelegenheiten“ zuständig waren, weiteten bald ihren Kompetenzbereich aus; sie wurden zu einer Art politischer Polizei bei der Verfolgung von Renegaten und Aufständischen, sie überwachten den Grenzübergang nach Frankreich, verfolgten Waffenschmuggler und Pferdediebe. Die eiserne Allianz von Staat und Nationalkirche erwies sich in der Folgezeit als fundamental für die Herausbildung frühnationaler Identität und als wichtige Voraussetzung für die kulturelle Blüte des Siglo de Oro, des „Goldenen Zeitalters“22

Während vermeintliche Häretiker gnadenlos verfolgt wurden, nahm der katholische Klerus an Zahl und Einfluß immer mehr zu. Im 16. Jahrhundert gehörten ihm schon 100.000 Personen an, er verfügte über rund ein Drittel der Einkünfte des Landes. Der Zustrom zum geistlichen Stand verstärkte sich in der zweiten Jahrhunderthälfte deutlich, da mit dem Priesterstand ein sicherer Lebensunterhalt garantiert war. In der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts war der Klerus bereits auf über 200.000 Personen angewachsen. Die wichtigste Einnahme der Kirche war der Zehnte, d.h. ein erheblicher Teil des landwirtschaftlichen Brutto-Erlöses; hinzu kamen fromme Stiftungen und andere kirchliche Quellen. Zweifellos war die spanische Kirche sozial bevorzugt, sie verfügte über bedeutenden landwirtschaftlichen und städtischen Besitz, hatte unbestrittene Autorität über die Gläubigen und großen Einfluß im politischen Bereich.

Zu den katholischen Reforminitiativen gehörte auch das Konzil von Trient, das mit Unterbrechungen von 1545 bis 1563, und stark von spanischen Klerikern, vor allem von Jesuiten, beeinflußt wurde. Eine herausragende Rolle in der Debatte um die Eucharistie spielten Kardinal Pedro Pacheco sowie die Bischöfe Diego de Avala y Esquivel, Francisco de Navarra und Martín Pérez de Ayala; Erzbischof Pedro Guerrero machte sich um die Reform des Klerus verdient; die Dominikaner Domingo de Soto und Melchor Cano wirkten an der Ausarbeitung der Rechtfertigungslehre und der Beichtdekrete mit. Es ging auf diesem Konzil vor allem um eine genauere Definition der katholischen Doktrin, um die Verbesserung der Ausbildung von Geistlichen und um die Bedeutung der Seelsorge. Die wichtigsten Bestrebungen der Tridentinischen Reform waren die innere Erneuerung der Kirche und die Wiederherstellung der religiösen Einheit. Diese Ziele stimmten zwar mit den politischen Bestrebungen der spanischen Monarchie überein; trotzdem erfolgte die Veröffentlichung der Dekrete des Trienter Konzils in Spanien nur unter dem Vorbehalt der königlichen Rechte, und die Durchführung der Reformdekrete stand unter der ständigen Kontrolle des Königs. In den Jahrzehnten nach Trient war der Reformeifer überall in Spanien festzustellen, wenn auch andererseits betont werden muß, daß die königlich-spanische Sorge um die Bewahrung der römischen Kirche stets von den Bemühungen begleitet war, die Kirche so weit wie möglich den Interessen der Krone unterzuordnen. Den wichtigsten theologischen Lehrstuhl der Universität Salamanca hatten nacheinander der Theoretiker des modernen Völkerrechts Francisco de Vitoria, Melchor Cano und Domingo de Soto inne; sie trugen maßgeblich zur Verbreitung der Neuscholastik bei.

Was die neuen geistlichen Strömungen der Zeit betrifft, so ist vor allem auf jene Richtung des spanischen Katholizismus zu verweisen, die keinen so großen Wert auf die Riten und Gebräuche der mittelalterlichen Religion legte, sondern in einer mystischen Innenschau (und im Gegensatz zum Gemeinschaftssinn der mittelalterlichen Frömmigkeit) die tiefe Beziehung und Liebe des einzelnen zu Gott betonte. Zu den großen Liebesmystikern zählen Therese von Avila (Teresa de Jesús, 1515–1582) und Johannes vom Kreuz (San Juan de la Cruz, 1542–1591), die zugleich als große Reformer ihrer Orden, der Karmeliterinnen und Karmeliter, auftraten. Mit ihnen wandte sich die Frömmigkeit in Spanien der Innerlichkeit zu; nicht nur extrovertierte Ziele religiösen Ausgreifens standen auf dem Programm – die Reformer waren unermüdliche Prediger und reisten unentwegt –, sondern ebenso Selbstbesinnung, Spiritualität und Seelenerforschung.23

Zu den großen Gestalten der Kirchenreform wie überhaupt der spanischen Kirchengeschichte gehört zweifellos auch der Baske Ignatius (Iñigo) von Loyola (1491–1556), der Gründer des Jesuitenordens (Societas Jesu, S.J.). Er studierte Theologie und schuf 1534 in Paris die Gesellschaft Jesu. Deren Mitglieder widmeten sich vor allem der Predigt und Mission, der Orden wurde unter seinem Motto Omnia ad maiorem Dei gloriam (Alles zur größeren Ehre Gottes) zum Hauptwerkzeug der Gegenreformation. Lange Zeit hatte der baskische Edelmann Ignatius Probleme mit den Behörden und der Inquisition, monatelang saß er im Gefängnis, acht Prozesse hatte er durchzustehen. Er war schon fast 50 Jahre alt, als der Papst 1539 die Gründungsformel der „Gesellschaft Jesu“ unterzeichnete. Die Anzahl der Erziehungs- und Missionseinrichtungen wuchs dann rasch im In- und Ausland; sie vertraten mit ihrem unbedingten Papstgehorsam im Zeitalter der Glaubenskriege kompromißlos die römische Sache. Als Ignatius 1556 starb, hatte der Orden schon über 100 Kollegienhäuser in aller Welt.24

Karl war frühzeitig bemüht, die Nachfolgefrage zu regeln. 1548 wurden die Niederlande, die seit 1530 seiner Schwester Maria als Statthalterin unterstellt waren, vom Reich losgelöst und seinem Sohn, dem Kronprinzen Philipp, zu Lehen gegeben. 1553 übertrug er seinem Bruder Ferdinand alle Angelegenheiten, die das Reich betrafen; in den Folgejahren erhielt sein Sohn Philipp Mailand, Neapel und nach dem Tod Johannas der Wahnsinnigen 1556 schließlich die spanische Königskrone. Die ausführlichen Instruktionen Karls für seine Gemahlin Isabella von Portugal und später seinen Sohn Philipp sowie sein politisches Testament verraten die Sorgen eines Staatsmanns um die Zukunft des Landes.

Bei der Einschätzung von Karls Monarchie lassen sich zwei Aspekte festhalten: Einerseits kam er als Fremder nach Spanien, kannte weder das Land noch seine Sprache, durchlief sodann aber einen kontinuierlichen ‚Hispanisierungsprozeß‘, der dazu führte, daß der Kaiser und König sein Leben schließlich als ‚Spanier‘ beendete. Andererseits war er der letzte Vertreter der mittelalterlich geprägten, universalen christlichen Kaiseridee; er erhob Spanien zu einer europäischen Großmacht, verwickelte das Land aber zugleich in nahezu alle Konflikte Mittel- und Westeuropas. Diese Verstrickungen sollten sich letztlich negativ für Spanien, vor allem für die Wirtschaftskraft Kastiliens, auswirken – ein Grund für das ambivalente Bild, das Karl in der spanischen Historiographie erfahren hat.25

Karl, der den Schnittpunkt des Mittelalters und der Neuzeit markiert, wird deshalb zurecht sowohl als letzter Repräsentant der alten Ordnung wie als Wegbereiter der neuen betrachtet. Zugleich war er Vertreter der vielfältigen, widersprüchlichen Strömungen seiner Epoche. Schon zeitgenössische Historiker wie Johannes Sleidan in seinem Werk ›De statu religionis et reipublicae Carolo Quinto Caesare commentarii‹ interpretierten die Zeit der Reformation und der Regierung Karls als ein Zeitalter weltgeschichtlichen religiösen und politischen Umbruchs; sie gaben damit die historiographischen Grundmuster auch für spätere Historikergenerationen vor. 1769 deutete der schottische Aufklärungshistoriker William Robertson die Regierungszeit Karls als die entscheidende Epoche, in der sich das politische System Europas und das seiner Nationalstaaten formierte. Und für Leopold von Ranke stand Mitte des 19. Jahrhunderts fest, daß der Siegeszug des Protestantismus in den Jahren von Karls Herrschaft der Beginn der deutschen Nation war; daher erblickte er in Luther den eigentlichen Gegenspieler Karls und den ‚Helden‘ des Wormser Reichstags 1521. Die neuere Historiographie verweist mit Nachdruck darauf, daß sich der europäische Herrscher Karl nationalgeschichtlichen Kriterien entzieht.26

Erbe der spanischen Linie des Hauses Habsburg wurde Karls Sohn Philipp II. (1556–1598), der außer Spanien und die süditalienischen Königreiche auch die überseeischen Besitzungen, Burgund und die Niederlande übernahm; 1580 kam noch Portugal hinzu. Schließlich war Philipp Herrscher über das größte Reich, das die Geschichte je gekannt hat. Und trotzdem war Philipps Imperium nicht mehr das ‚Universalreich‘ Karls, sondern ein spanisch-katholisches Bollwerk mit einer Hauptstadt – seit 1561 Madrid – und einem Entscheidungszentrum. Seit Madrid ständiger Sitz des Hofes war, fand auch das – bei Karl noch so ausgeprägte – Reisekönigtum ein Ende. Denn nach seiner Rückkehr 1556 nach Spanien reiste Philipp II. nur noch innerhalb der Iberischen Halbinsel. Die Organe des Staatsapparats wurden in seiner neuen Hauptstadt Madrid zentralisiert. Der kleine Ort expandierte nach 1561 sehr schnell; das Pardo-Palais wurde fertiggestellt, das Lustschloß Buen Retiro in Angriff genommen, das Schloß im nahegelegenen Aranjuez nach italienischen Vorbildern ausgebaut. Vor allem aber ließ Philipp den Escorial errichten, dessen Bau über 20 Jahre beanspruchte; er war Königspalast und Kloster, Schloß und Kriegerkastell in einem, ein imperialer Monumentalbau mit geradlinig-strenger Renaissancefassade, der seit damals auch als Totengruft der spanischen Könige dient. Damit waren in und um Madrid jene Sitios Reales erbaut, die der Hauptstadt eines Weltreichs angemessen waren.

Auf seine Herrschaft war der Monarch sorgfältig vorbereitet worden: Ausgebildet und erzogen wurde der junge Philipp, dessen Mutter Isabella von Portugal früh verstorben war, von Lehrern, die sein Vater ausgesucht hatte; seiner politischen Schulung lagen die berühmten ›Instrucciones‹ zugrunde – umfangreiche und mehrmals aktualisierte Handbücher –, mit denen Karl I. seinen Sohn in der Kunst des Regierens unterwies. Schon 1543 vertraute Karl ihm, dem noch nicht einmal Sechzehnjährigen, die Regierung der spanischen Königreiche an; in zahlreichen Briefen erteilte er ihm genaue Anweisungen. Auf einer langen, politischen Reise durch ganz Europa lernte Philipp seine künftigen Untertanen und Mitarbeiter persönlich kennen.27

Sein Regierungsstil läßt sich als autokratisch und bürokratisch charakterisieren. Der Monarch war der souveräne Mittelpunkt aller politischen Entscheidungen, der Hochadel wurde vom Zentrum der Macht möglichst ferngehalten. Die Zentralverwaltung wurde in den Jahrzehnten seiner Herrschaft zunehmend bürokratisiert; Philipp übte persönlich die Kontrolle über die zahlreichen Gremien und Ratsausschüsse aus, die untereinander nicht koordiniert waren. Dadurch erlangte Antonio Pérez, der Erste Sekretär und faktisch alleiniger Kanzler des spanischen Reiches (1540–1611), eine außerordentliche Machtfülle. In der Spätphase seiner Regierungszeit richtete der Monarch in der Junta de Noche eine Art „Ministerrat“ ein, der ihm bei der Begutachtung der vielen Eingaben (consultas) behilflich war. Die Kompetenzen der Cortes wurden demgegenüber weiter beschnitten. Der Monarch saß viele Stunden lang in seinem Arbeitszimmer und arbeitete die Aktenberge ab. Fernand Braudel hat in dem einsamen, Papierstapel abarbeitenden Philipp die Verkörperung des modernen, bürokratisierten Staates gesehen.28

Von 1559 an hielt sich Philipp mit Ausnahme der Jahre 1581–1583 ständig in Kastilien auf; diese Phase seines Lebens hat wesentlich sein Bild in der Geschichte als „Schreibtischkönig“ geprägt. Er arbeitete minutiös alle Akten durch, las sämtliche Memoranden und Abhandlungen, die ihm vorgelegt wurden, besprach sich mit seinen Beratern und Sekretären. Zuerst in ständiger Verbindung mit Kardinal Granvella, später allein, legte er sämtliche Erlasse und Anweisungen schriftlich fest; es entstand die Herrschaft der Akten, die von Historikern stapelweise im ‚Archivo General‘ von Simancas eingesehen werden können.29

Die umfassenden Kompetenzen der königlichen Verwaltung und die persönliche Macht des Monarchen lassen das damalige Spanien als eine absolute Monarchie erscheinen. Einschränkend muß allerdings darauf hingewiesen werden, daß aufgrund der Schwerfälligkeit des Verwaltungsapparates und der schlechten Verkehrsverbindungen untergeordnete Instanzen einen relativ großen Handlungsspielraum behielten und die adligen Grundherrschaften an vielen Orten das Recht hatten, Verwaltungsstellen zu besetzen. Da im 16. Jahrhundert außerdem die Krone aus finanziellen Gründen zahlreiche Adelspatente verkaufte, konnte der Einfluß der Aristokratie im Staat kaum reduziert werden. Schließlich verhinderten auch die unterschiedlichen konstitutionellen Formen der Teilreiche, daß sich der monarchische Absolutismus im Land ganz durchsetzen konnte. Seine Grenzen sollte Philipp etwa 1590 kennenlernen, als er einen Kastilier zum Vizekönig in Aragonien machte und der dortige Adel sofort auf seine althergebrachten Rechte und Freiheiten pochte. Als der Konflikt zwischen der Krone von Aragonien und dem Monarchen friedlich nicht zu lösen war, marschierten kastilische Truppen in Zaragoza ein. Der Vorfall ist ein gutes Beispiel dafür, daß in den Territorien der Krone von Aragonien die königlichen Machtbefugnisse Restriktionen unterlagen. In der Institution des Justicia Mayor de Aragón stieß die königliche Justiz deutlich an ihre Grenzen. Der Justicia sollte die Rechte der Aragonesen gegen die Willkür ausländischer, d.h. kastilischer Monarchen schützen; er trat daher als Verteidiger der regionalen Sonderrechte (fueros) auf. Lange Zeit wurde dieses entscheidende Amt von der Familie Lanuza besetzt; nach den Unruhen des Jahres 1591, die zur Hinrichtung des jungen Juan de Lanuza führten, besetzte der König das Amt mit Personen seines Vertrauens. Schließlich (1592) behandelte Philipp den unterlegenen aragonesischen Adel mild, da er auf enge Zusammenarbeit mit ihm angewiesen war.30 Die Spannung zwischen dem bürokratischen, kastilisch geprägten Zentralstaat und den traditionellen Rechten der Teilreiche blieb allerdings bestehen und wurde zu einem Grundproblem der neueren spanischen Geschichte. Eine anhaltende Einschränkung königlicher Rechtsprechung war auch darin zu erkennen, daß in Aragonien ein mächtiges Feudalsystem mit eigenen grundherrlichen Gerichten überlebte, die sogar Todesurteile verkündeten.

Im europäischen Kontext machte sich die spanische Hegemonie besonders deutlich in den italienischen Staaten bemerkbar: Die süditalienischen Königreiche und Mailand wurden direkt von Spanien durch Vizekönige bzw. einen Gouverneur regiert; bedeutende selbständige Staaten wie Savoyen oder Genua waren außerdem von Spanien abhängig; die verkehrsgünstigen toskanischen Küstenstädte bildeten einen spanisch dominierten „Staat der Festungen“ (Stato dei Presidi), vor allem gegen türkische Einfälle; auch im Kirchenstaat brachte Philipp II. seinen Einfluß zur Geltung.31

Während Philipps Regierungszeit bestanden zwischen Spanien und England besondere Beziehungen. Durch seine Heirat mit Maria (Tudor), der Tochter Heinrichs VIII., war Philipp 1554 formal Mitregent Englands geworden. Die unter Maria eingeleitete Phase der Rekatholisierung Englands – sie ging dabei so gewalttätig vor, daß sie die Bezeichnung Bloody Mary erhielt – und des Bündnisses mit Spanien waren jedoch nur kurz, da die Königin schon 1558 starb. Ihre Nachfolgerin Elisabeth I. (1558–1603) steuerte einen eigenständigen Kurs, der zwangsläufig zum Konflikt mit Spanien führen mußte. Die spanische Seemacht wurde damals bereits in amerikanischen Gewässern regelmäßig von englischen Freibeutern wie John Hawkins oder Francis Drake herausgefordert. Philipp fühlte sich stark genug, England durch eine Flotteninvasion in die Knie zu zwingen. Die spanische Armada wurde jedoch 1588 in mehreren Gefechten von den Engländern besiegt und schließlich von den Stürmen dezimiert. Auch spätere Invasionsversuche scheiterten. Bei diesen hegemonialen Auseinandersetzungen zwischen England und Spanien spielten auch konfessionelle Erwägungen eine wichtige Rolle, nachdem Schottland mittlerweile im wesentlichen protestantisch geworden war und die englische Staatskirche unter Elisabeth ebenfalls einen deutlich protestantischen Charakter angenommen hatte.32

Seit 1580 schon hatte Spanien die „Armada des Atlantik“ eingesetzt, um die Küsten zu überwachen. Im Jahr 1588, beim mißglückten Landungsversuch in England, bestand sie aus 100 Galeonen, Karavellen und Galeeren. Ihre eigentliche Bedeutung bestand im Geleitschutz der Schiffe, die zwischen Spanien und Amerika verkehrten. Der transatlantische Handel war von diesem Geleitschutz abhängig. Insgesamt war die Konvoifahrt unter dem Schutz der Armada sehr erfolgreich: Zwischen 1560 und 1650 segelten 79 Flotten nach Mexiko, 69 in Richtung Tierra Firme (Isthmus von Panama) sowie 94 Geleitzüge zurück nach Spanien; insgesamt waren es rund 15.000 Schiffe, von denen nur 402 durch Schiffbruch und 62 durch Krieg oder Piraterie verlorengingen.33

Im europäischen Ringen zwischen den Häusern Habsburg und Valois kam es nach schweren Niederlagen der Franzosen bei St. Quentin 1557 und Gravelingen 1558 zum Frieden von Câteau-Cambrésis 1559, der durch eine dynastische Heirat zwischen der Tochter Heinrichs II., Elisabeth von Valois, und Philipp II. bekräftigt wurde. Der Friedensschluß machte die spanische Hegemonie über weite Teile Europas deutlich: Spanien beherrschte damals das westliche Mittelmeer, die Königreiche Neapel, Sizilien und Sardinien, es hatte sich an der toskanischen Küste festgesetzt und verfügte über zahlreiche Stützpunkte an der nordafrikanischen Küste. Jahrzehntelang war Spanien im Krieg mit den Barbareskenstaaten. Gegen diese und die Osmanen errang es im Bund mit dem Papst und den Venezianern 1571 in der größten Seeschlacht des 16. Jahrhunderts bei Lepanto unter dem Kommando von Don Juan de Austria (1547–1578) einen entscheidenden Sieg. Dieser großartige Stratege war ein unehelicher Sohn aus einer Verbindung Karls V. mit der Regensburgerin Barbara Blomberg. In gewisser Weise stellte der Sieg bei Lepanto den Höhepunkt von Philipps Herrschaft dar. Fortan sollte Spaniens europäische Großmachtstellung stets heftigeren Angriffen ausgesetzt sein.34

Zu Beginn des 16. Jahrhunderts hatte die spanische Infanterie in Italien einen ausgezeichneten Ruf genossen; unter dem Oberbefehl von Gonzalo Fernández de Córdoba, dem Gran Capitán (1453–1515), galt sie als unbesiegbar. Umfangreiche Ordonnanzen regelten ihren Aufbau und die Einsatzstruktur. Schon zu diesem frühen Zeitpunkt kann man von einem stehenden Heer sprechen, das den Zusammenhalt des spanischen Habsburgerreiches sicherstellen sollte. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts war die Hälfte der Soldaten schon mit Feuerwaffen ausgestattet, die Aufwendungen stiegen von Jahr zu Jahr: Vor 1580 verschlang die Infanterie rund eine Million Dukaten im Jahr, 1587 bereits 3,5 Millionen. Der bankrotte spanische Staat war nicht mehr in der Lage, solche Summen aufzubringen, die Infanterie verfiel. „Einer der Hauptgründe, warum sich die Holländer zwischen 1621 und 1648 schließlich siegreich gegen die Spanier durchsetzten, war ihr Talent, neue Finanzierungstechniken für den Krieg zu erfinden, um ein riesiges Heer auf unbegrenzte Zeit zu unterhalten.“35


Seeschlacht von Lepanto (7. Oktober 1571). Die drei Befehlshaber, von links: Don Juan de Austria, Marc Antonio Colonna und Sebastiano Venier. Porträtgalerie Sammlung Schloß Ambras, Innsbruck. Foto: AKG.

Der eigentliche Prüfstein für die Politik Philipps war eben dieser Aufstand der Niederlande; die Beziehungen zu Frankreich waren nach dem Frieden von Cateau-Cambrésis 1559 einige Jahrzehnte lang stabil. Philipps Ziel bestand vor allem darin, die habsburgisch-spanischen Besitzungen zu bewahren und den katholischen Glauben gegen innere und äußere Feinde zu schützen. Schon früh sah sich der Monarch gezwungen, bei bestimmten Fragen – etwa den Steuern oder der Stationierung spanischer Streitkräfte – auf die Vorstellungen der „Generalstaaten“, des burgundischen Ständeparlaments, einzugehen. Sein Hauptziel blieb aber das gleiche: die Niederlande enger an die spanische Krone zu binden.

Jedoch führte Philipps Unfähigkeit zu erkennen, daß seine Regierungsweise der spanischen Länder sich nicht auf die spanischen Niederlande anwenden ließ, ohne unweigerlich Konflikte hervorzurufen, schließlich zum Abfall der Vereinigten Niederlande. Unter der Regierung Karls V. noch zum Reich gehörend, verloren sie durch die Teilung des habsburgischen Besitzes nach dessen Tod die Verbindung zum Reich und sanken zum Nebenland einer sich als spanisch verstehenden Monarchie herab. Die in den Niederlanden praktizierte Frömmigkeit war stark von der Devotio moderna (neue Andacht) des Thomas von Kempen (1379–1471) sowie von Erasmus von Rotterdam beeinflußt, während Luthers Reformation keine dauerhaften Wurzeln schlagen konnte. Die scharfe Religionspolitik Spaniens im 16. Jahrhundert trug dem von Toleranz getragenen Klima in den Niederlanden keine Rechnung und verschärfte die religiöse Grundstimmung. Seit Ende der 50er Jahre kam der Calvinismus von Frankreich aus ins Land, bis Mitte des 17. Jahrhunderts trat mehr als die Hälfte der niederländischen Bevölkerung zum reformatorischen Bekenntnis über.36

1566 kam es zum Bruch zwischen Spanien und den Niederlanden; Graf Egmont und Graf Hoorn, bedeutende Anführer der antispanischen Verschwörung, wurden 1568 hingerichtet, womit ein für Spanien kostspieliger Krieg und 30 Jahre Militärregierung unter den Feldherren-Regenten Herzog von Alba, Luis de Requesens, Juan de Austria und Alexander Farnese begannen. Die Konfessionsfrage, das Problem der neuen Bistümer und die Spannungen zwischen den Provinzen führten zu den zahlreichen Aufständen, die immer deutlicher eine Abspaltung des Nordens als einzige Lösung erkennen ließen, tatsächlich mit der Unabhängigkeit der Niederlande endeten und das Bild Spaniens in der europäischen Öffentlichkeit jahrhundertelang negativ beeinflußten. Die niederländischen Kleinadeligen (Geusen) formierten sich in der „Liga“, um eine tolerantere Glaubenspolitik von seiten Philipps zu erwirken. Unter der militärischen Leitung des Herzogs von Alba gingen die spanischen Truppen in äußerst brutaler Form gegen die Niederländer vor, was wiederum dazu führte, daß die verschiedenen Strömungen sich unter Führung des reichen Grundherrn Wilhelm von Oranien (1533–1584) zu einer umfassenden niederländischen Anti-Spanien-Bewegung zusammenschlossen, die außerdem von Engländern und französischen Hugenotten unterstützt wurde. Als der „Eiserne Herzog“ schließlich noch eine Verkaufssteuer einführte, um die militärische Infrastruktur der Spanier finanzieren zu können, stellte sich sogar die katholische Mehrheit gegen ihn; ein für beide Seiten verlustreicher Krieg sollte noch viele Jahre andauern. 1576 schien sich eine Lösung des Konflikts abzuzeichnen, als in der „Pazifikation von Gent“ festgelegt wurde, daß die spanischen Truppen das Land verlassen und in den nördlichen Provinzen Holland und Seeland Glaubensfreiheit herrschen sollte. Allerdings wurde die Vereinbarung nicht eingehalten. Auch Albas Nachfolger Luis de Requesens (1528–1576) und Juan de Austria scheiterten bei dem Versuch, die Niederlande zu befrieden. Im weiteren Kriegsverlauf näherten sich die katholischen Magnaten des südlichen Wallonien in der „Union von Arras“ 1579 wieder Spanien an, während die protestantischen Nordprovinzen sich im gleichen Jahr in der „Union von Utrecht“ zusammenschlossen und ihre zwei Jahre später proklamierte Unabhängigkeit vorbereiteten. Der ursprünglich ‚nationale‘ Kampf der Niederländer war damit zu einem religiösen geworden. Als 1598 die Generalstaaten einberufen wurden, entsandten die sieben nördlichen Provinzen keine Delegation, womit die Spaltung des Landes besiegelt wurde.37

Der Krieg sollte noch ein weiteres halbes Jahrhundert fortgeführt werden, ohne daß die zahllosen Schlachten ein greifbares Ergebnis gebracht hätten. Die Zeit arbeitete allerdings für die Niederlande, da Spanien an verschiedenen europäischen Fronten kämpfen mußte und die erstarkenden Niederlande den ausgelaugten spanischen Truppen immer entschiedeneren Widerstand entgegensetzten. In den 40er Jahren des 17. Jahrhunderts mußte Philipp IV. schließlich erkennen, daß die Besitzungen nicht länger zu halten waren; die 1645 begonnenen Friedensverhandlungen mündeten 1648 in den Vertrag von Münster, der die Unabhängigkeit der Vereinigten Niederlande festschrieb.

Während in den Niederlanden der Unabhängigkeitskrieg tobte, kam es 1567/68 im Gebiet des ehemaligen Emirats Granada zu einem verzweifelten Aufstand der dort friedlich lebenden rund 300.000 moriscos; da Philipp ein Zusammengehen dieser Bevölkerungsgruppe mit den Osmanen oder den Korsaren aus den Barbareskenstaaten befürchtete, die ständig Spanien angriffen, ließ er die moriscos drangsalieren, was schließlich deren Aufstand provozierte. Dieser konnte erst 1570 von Don Juan de Austria niedergeschlagen werden; rund 50.000 moriscos wurden über Mittel- und Nordspanien verstreut.38

In der Regierungszeit Philipps kamen durch Erbfall noch Portugal und mit ihm das andere überseeische Weltreich unter spanische Herrschaft. Das portugiesische Königshaus, das seit Jahrhunderten mit dem spanischen familiär verflochten war, starb 1578 in der männlichen Linie aus; damals fiel König Sebastian bei einem Feldzug in Marokko. Philipp hatte durchaus dynastische Ansprüche auf den portugiesischen Thron, war er doch der Sohn Isabellas, der ältesten Tochter des portugiesischen Königs Manuel I.; er mußte seinen Anspruch allerdings erst militärisch durchsetzen. Nach der Übernahme der portugiesischen Krone 1580 trieb Philipp eine kluge Portugalpolitik: Die Portugiesen durften sich im wesentlichen selbst regieren, die Vorrechte der Oligarchie wurden kaum beschnitten, alle Gesetze und Bräuche Portugals blieben bestehen. Durch den Anschluß Portugals an die spanische Krone verfügte diese über die größte Handelsflotte der Welt und erweiterte ihr Kolonialreich um ausgedehnte Besitzungen in Amerika sowie entlang der afrikanischen und der indischen Küste. Zu einer portugiesischen Aufstandsbewegung und zum Abfall von Spanien kam es erst 1640, Jahrzehnte nach Philipps Tod, als seine Nachfolger in Portugal kastilische Steuern einführen wollten.39

Lange Zeit war in der Geschichtsschreibung, wenn es um das Spanien des 16. Jahrhunderts ging, die Rede vom größten Imperium, das die Geschichte bis dahin gesehen hatte – ein Reich, in dem (angeblich) „die Sonne nicht unterging“. Diese Einschätzung ist in doppelter Hinsicht einzuschränken: Zum einen trifft die Charakterisierung allenfalls auf die Zeit nach der Eroberung der Philippinen und auf die Jahre zu, als Philipp II. zugleich König von Portugal und der weltweiten portugiesischen Besitzungen war. Zum anderen wurden der spanischen Militärmacht von Anfang an ihre Grenzen aufgezeigt; sowohl die Bilanz der Zusammenstöße mit den Türken als auch die Niederlage Spaniens im Unabhängigkeitskrieg der Niederländer und der fehlgeschlagene Versuch, in England einzufallen, legen davon beredtes Zeugnis ab. Eine nüchterne Betrachtung der ‚Weltmacht‘ Spanien läßt deutlich werden, daß der Hegemonieanspruch auf tönernen Füßen stand. Die Zahlen sprechen für sich: Trotz der vielen Territorien, die die spanischen Könige beherrschten, übertrafen ihre europäischen Besitzungen nur knapp die Fläche Frankreichs; die Anzahl der Untertanen war geringer als die des französischen Königs. „Zur Zeit der größten Bevölkerungsdichte im 16. Jahrhundert, nach 1580, lebten in Spanien rund acht Millionen Menschen, in Spanisch-Italien fünf bis sechs Millionen, davon über drei Millionen in Neapel, je eine Million auf Sizilien und im Herzogtum Mailand und noch drei Millionen in den Niederlanden. Zu diesen rund 16–17 Millionen kommt noch eine reichliche Million Portugiesen nach 1580. Um 1560 lebten in Frankreich nach übereinstimmenden Schätzungen 18–20 Millionen Menschen.“40 Auch das Osmanische Reich, der zweite große Rivale Spaniens, hatte mit 20 Millionen Einwohnern eine zahlreichere Bevölkerung als Spanien.

Spanien hatte allerdings den Vorteil, mit dem aus Amerika einströmenden Gold und Silber im restlichen Europa, vor allem in Deutschland, mühelos Soldaten ausheben zu können. Außerdem haben neuere Studien zur historischen Demographie herausgearbeitet, daß das Königreich Kastilien in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts einen kontinuierlichen Bevölkerungszuwachs aufwies. Im Laufe des Jahrhunderts erhöhte sich der Anteil der städtischen Bevölkerung an der kastilischen von fünf auf 20 Prozent; diese wuchs insgesamt um 40 Prozent, von 5,2 auf 8,1 Millionen Einwohner. Dieser quantitative Vorteil war aber nur kurzfristig, da immer wieder Hungersnöte und Pestepidemien über Spanien – ebenso wie über andere Länder Europas – hereinbrachen und die Bevölkerung stark dezimierten.41

Zu Beginn des 17. Jahrhunderts gab es keinerlei Anzeichen einer erneuten demographischen Erholung, das Land wurde vielmehr geradezu entvölkert. Schon Zeitgenossen interpretierten den katastrophalen Bevölkerungsschwund als Zeichen für den Niedergang Spaniens; die Probleme wurden nicht so sehr in Kriegen als vielmehr in der geringen Produktivität der Böden, in Mißernten und fehlenden Wirtschaftsaktivitäten gesehen. Beklagt wurden des weiteren die zu hohe Steuerlast und die Heiratskrise, da außergewöhnlich viele junge Menschen in Klöster eintraten. Während des größeren Teils des 17. Jahrhunderts stagnierten in den europäischen Gebieten des spanischen Reiches die Bevölkerungszahlen, streckenweise waren Rückgänge von bis zu 20 Prozent zu verzeichnen.

Spaniens imperiale Politik führte zur Zerrüttung der Staatsfinanzen. In dem gleichen Jahr 1557, in dem Spanien einen militärischen Sieg über Frankreich erzielte, durch den seine Hegemonialstellung in Europa bis zum Dreißigjährigen Krieg festgeschrieben wurde, mußte das Land aufgrund der Erschöpfung seiner finanziellen Ressourcen zum ersten Mal den Staatsbankrott erklären. Philipp II. sah sich während seiner Regierungszeit viermal gezwungen, die Zahlungen an seine Gläubiger einzustellen; kurzfristige Lösungen bestanden immer wieder darin, die Außenstände in Schuldverschreibungen umzuwandeln und die zu erwartenden Einkünfte der Krone im vorhinein an die Kreditgeber, in- und ausländische Banken, zu verpfänden. Außerdem ließ der Monarch nichts unversucht, die Staatseinkünfte zu erhöhen: Die Kirche mußte Beiträge (subsidios) leisten, die Abgaben der Kommunen (encabezamiento) wurden bis an die Grenze der Belastbarkeit Kastiliens erhöht, der Verkauf von Ämtern und Herrschaftsrechten nahm zu; vor allem aber war es das amerikanische Silber aus den 1545 entdeckten Minen von Potosí, das es ermöglichte, die teure militärische Infrastruktur beizubehalten und imperiale Politik fortzuführen, durch die Spanien zusehends in die französischen Religionskriege und in die Auseinandersetzungen mit England verstrickt wurde. Trotzdem überschritten die jährlichen Ausgaben von circa zwölf Millionen Dukaten deutlich die Einnahmen, die maximal zehn Millionen erreichten.

Eigentlich verfügte Kastilien über eine harte Währung; die Münzen aus dem Königreich zählten zu den besten in Europa. Schon die „Katholischen Könige“ hatten eine Politik der starken Währung betrieben, als sie das Münz- und Feingewicht für sämtliche Münzen festlegten. Karl und Philipp konnten auf eben diese Stärke der spanischen Währung hinweisen, als sie bei deutschen und später genuesischen Bankiers Anleihen zur Finanzierung der gewaltigen Staatsausgaben und der militärischen Aktivitäten aufnahmen. Ende des 16. Jahrhunderts benötigte Philipp zur Bedienung der Obligationen auf die Staatseinnahmen über sechs Millionen Dukaten; zur Verfügung standen aber nur zwei Millionen, nämlich der zwanzigprozentige Königsanteil an den Edelmetallen aus Amerika, obwohl mindestens 3,3 Millionen zur Finanzierung der allernotwendigsten Ausgaben benötigt wurden. Die Friedensphase zwischen 1609 und 1621 rettete Philipps Nachfolger und das Land über das Schlimmste hinweg. Außerdem flossen durch die ungebremsten Kupfergeldemissionen viele Millionen Dukaten in die Staatskasse. Trotzdem mußte Philipp III. mit dem genuesischen Bankhaus Ottavio Centurione einen exorbitanten Darlehensvertrag schließen, mit dem das Land sich weiter verschuldete. Der Zinssatz für die Schuldverschreibungen (juros) wurde daraufhin gesenkt, der Verkauf von Adelspatenten brachte neue Mittel in die Kassen. Nur sehr langsam und außerdem äußerst unvollständig konnte der Staat seinen Schuldenberg abbauen, 1621 mußten schon wieder Anleihen aufgenommen werden. Nicht einmal die Einrichtung einer neuen Steuer, der millones, die vor allem die Wohlhabenden belasten sollte, konnte das Problem des ewigen Staatsdefizits lösen.42

Zu diesen letztlich unlösbaren Finanzproblemen – die auf das Auseinanderklaffen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit Kastiliens und der überspannten Imperialpolitik der spanischen Krone verwiesen –, kam ab den 1580er Jahren eine lang andauernde Wirtschaftskrise, unter der vor allem die Weber und die kastilische Tuchindustrie sowie die Kleinbauern des Landes zu leiden hatten. Die Verelendung des Bauerntums führte zur Landflucht und damit zu einer zunehmenden Verstädterung. In den Städten kam es allerdings zu einer deutlichen gesellschaftlichen Polarisierung: Der größere Teil der Bevölkerung zählte zu den Unterschichten – Bettler und Landstreicher gab es zuhauf –, nur wenigen gelang der Aufstieg in die Oberschicht. Was weitestgehend fehlte, war ein wirtschaftlich produktiver Mittelstand. Um das gesellschaftliche Problem der Bettler in den Griff zu bekommen, wurden erste Armenhäuser, Hospize und Spitäler gegründet.43

Eine erstaunliche soziale und geographische Mobilität trug zur Integration verschiedenster Bevölkerungsschichten in das politische System und damit zum sozialen Frieden bei. So umfaßte etwa die Gruppe der Grandes de España, der aristokratischen Elite des Landes, im Jahr 1520 lediglich 20 und im Jahr 1616 schon 152 Personen. Auch auf den anderen Rangstufen der sozialen Hierarchie war eine vergleichbare Entwicklung zu beobachten. Das politische und institutionelle Gesellschaftsmodell war hierarchisch gegliedert; Fürsten, Adel und Stadtregierungen nahmen abgestufte Positionen ein: Die Grandes verfügten über ihre eigenen Herrschaftsbereiche, der Adel gebot über Gutsherrschaften und sprach Recht in eigenen Gerichtshöfen, das städtische Patriziat besetzte mit den letrados die meisten Ratsgremien der Monarchie und die höchsten Posten der königlichen Gerichte. Hinsichtlich der geographischen Mobilität gab es eine kontinuierliche Nord-Süd-Wanderung: Entweder ließen sich Galicier, Asturier und Kastilier in Sevilla nieder, das von 35.000 Einwohnern im Jahr 1490 auf 120.000 im Jahr 1600 anstieg und damit zur bevölkerungsreichsten Stadt der Iberischen Halbinsel wurde, oder sie wanderten von dort in die Neue Welt weiter.44

Während des gesamten 16. Jahrhunderts wurden jene kirchlichen und religiösen Tendenzen fortgesetzt, die schon zuvor angelegt waren. Dies gilt zum einen für die Unduldsamkeit Andersgläubigen gegenüber. Je stärker nämlich europaweit die Glaubenskriege tobten, desto deutlicher schottete sich Spanien nach außen hin ab; es war ein verzweifelter Versuch, seine nationale und geistige Einheit zu festigen. Politisch-militärisch und geistig-religiös lassen sich somit im 16. Jahrhundert zwei gegensätzliche Entwicklungen feststellen: Während Spanien auf der einen Seite seine Vormachtstellung in Europa und Amerika ausbauen konnte und sich damit der Welt zuwandte, riegelte es sich auf der anderen geistig vom Rest der Welt ab; die verantwortlichen Politiker waren davon überzeugt, nur so die geistigen Werte des spanischen Katholizismus retten zu können. Spanien verlor den Anschluß an die gesamteuropäische Entwicklung. Viele Historiker führen die Dekadenz des Landes, den wirtschaftlichen und machtpolitischen Niedergang seit dem ausgehenden 16. Jahrhundert, auf diese Isolierung Spaniens zurück.

Die Härte, die vor allem in den Jahren Philipps II. gegen die Kreise angewandt wurde, die sich des Protestantismus verdächtig machten, war auch außenpolitisch bedingt; denn im Vordringen des Protestantismus in Schottland, England und Frankreich sah Philipp eine akute politische Bedrohung. Der Aufstand der Niederlande, dessen Ursachen in der engen Verbindung religiöser und politischer Motive lagen, galt dem spanischen Herrscher als Beweis für eine internationale Verschwörung des Protestantismus gegen seine Herrschaft.45

Immer mehr verstand sich im Spanien der Frühen Neuzeit der Staat als Garant des göttlichen Auftrags der Kirche; die Interessen der Kirche mußten stets den staatlichen Erfordernissen und Bestrebungen untergeordnet bleiben. Philipp erhob den Anspruch, „königlicher Beschützer der Kirche“ zu sein; daraus leitete er königliche Vorrechte ab. Diese Politik wurde „Regalismus“ genannt; sie führte, vor allem im 17. und 18. Jahrhundert, immer wieder zu Reibereien zwischen den spanischen Herrschern und den Päpsten. Trotz aller innerkirchlichen Probleme und der vielfältigen Spannungen zwischen Spanien und dem Heiligen Stuhl blieb das Land allerdings in der Einheit des Glaubens ein Bollwerk der Katholischen Kirche.

Viele der ganz großen Namen der Kultur des Siglo de Oro waren Geistliche: Lope de Vega (1562–1635) erhielt die Weihen nach dem Tod seiner zweiten Frau; Tirso de Molina (1584–1648) gehörte einem Orden an; der adelige Francisco de Quevedo (1580–1645) war einer der großen Vertreter spanischer Christlichkeit; Calderón de la Barca (1600–1681) wurde mit 51 Jahren ordiniert und Ehrenhofkaplan des Königs; der Jesuit Baltasar Gracián (1601–1658) gehört zu den großen Moralisten der Weltliteratur. Die Liste läßt sich mit bekannten und weniger bekannten Namen von Priesterpoeten beliebig erweitern. Wenn auch häufig das Schwergewicht des Schaffens dieser Männer im profanen und nicht im religiösen Bereich lag, so haben sie doch viele religiöse Werke geschaffen. Dies gilt vor allem für die Gattung des auto sacramental, jenes religiöse Theaterspiel, das in volksmissionarischer Absicht der Verherrlichung des Altarsakraments am Fronleichnamstag diente. Zu Hunderten wurden von Lope de Vega und dem Jesuitenzögling Calderón de la Barca diese eucharistischen Stücke geschrieben, die zuerst in Kirchen, später an Fürstenhöfen und in allen großen Kulturzentren Europas aufgeführt wurden. Das barocke Spanien machte die Bühne zur Kanzel.46

Zu den Dichtern gesellten sich die Maler: Morales, El Greco, Ribera, Herrera, Zurbarán, Murillo und viele andere schufen in unterschiedlichster Form Bilder mit religiöser Thematik, die heute zu den großen klassischen Werken der spanischen und europäischen Malerei zählen. Kunsthistoriker haben in der spanischen Malerei des Siglo de Oro, d.h. vor allem des 17. Jahrhunderts, eine Verbindung von Realismus und katholisch-gegenreformatorischem Ethos entdeckt und diese Verbindung als den eigentlich spanischen Beitrag zur europäischen Malerei der Epoche bezeichnet.47

Unter Historikern hat Philipp II. sehr unterschiedliche Einschätzungen erfahren. Schon früh setzte sich ein Geschichtsbild fest, das in ihm den Prototyp des fanatischen, intoleranten und grausamen Herrschers sah. Viele Gegner Philipps haben an der Entstehung dieses Bildes mitgewirkt, vor allem der niederländische Rebell Wilhelm von Oranien, bis zu einem gewissen Grad auch Philipps Sekretär Antonio Pérez, der die Gunst seines Herrn verloren hatte und nach Frankreich ins Exil mußte. In der sodann vor allem von Briten und Niederländern geschaffenen „schwarzen Legende“ (Leyenda negra) figuriert Philipp II. als durchtriebener, von katholischem Missionseifer besessener Despot, als Kriegstreiber und einer der ersten Bürokraten der Weltpolitik.48 In den 1940er Jahren bezeichnete Gregorio Marañón den König als einen „schwachen Menschen mit Macht“; die Historikerin María José Rodríguez-Salgado spricht von ihm als ehrgeizigem und aggressivem Politiker; sie entwirft damit ein Bild, das sich deutlich vom unsicheren, unentschlossenen und zögerlichen Philipp vieler anderer Historiker unterscheidet. Einer seiner bedeutendsten Biographen, Geoffrey Parker, hält ihn für einen mißtrauischen Menschen, der dazu neigte, sich alle Staatsgeschäfte persönlich vorlegen zu lassen und selbst zu entscheiden.

Während Fernand Braudel in Philipps Handeln nur eine Abfolge reaktiver Detailentscheidungen sah, geht Geoffrey Parker von einem strategischen Gesamtkonzept des Habsburgers aus, der Leitvorstellungen von politischem Handeln hatte und strategische Prioritäten setzte. In seinem „messianischen Imperialismus“ war Philipp der Überzeugung, mit seiner Politik gegen Muslime und Ketzer der Sache Gottes zu dienen; wenn er mit seinen großen Projekten gegenüber den Niederlanden und England letztlich scheiterte, so war das auf fehlerhaften Führungsstil und ideologische Borniertheit sowie auf das viel zu langsame Kommunikationssystem und die permanente finanzielle Überanstrengung des Staates zurückzuführen.49

Neben dem politisch-messianischen gab es einen Philipp, dessen Neigungen kaum in das Bild des katholischen „Ungeheuers“ passen. Mehrere Historiker haben auf der Basis neuer Dokumente umfassende Darstellungen zum Privatleben des Herrschers veröffentlicht, seine musischen und künstlerischen Interessen skizziert, den Aufbau einer beachtlichen Bibliothek beschrieben, seine Studien unterschiedlichster, auch häretischer, Texte hervorgehoben. Beeindruckend ist die bis heute in El Escorial zu besichtigende umfangreiche Sammlung der Gemälde von Tizian, Tintoretto, Velázquez und El Greco. Die neuere Forschung zeichnet somit ein sehr differenziertes Bild von Philipp. Die Briefe an seine Töchter lassen die Liebe des rey prudente zur Natur, die zärtliche Zuneigung zu seinen Kindern und das Interesse für deren Ausbildung deutlich werden.50 Der Kronprinz und junge König war aber auch offensichtlich ausschweifend in seinem Sexualleben, hatte zahlreiche Geliebte und nicht minder wenige außereheliche Kinder, ließ sich immer wieder auf flüchtige Liebesabenteuer ein. Als gereifter Mann wandte er sich sodann vom Glanz der Welt ab, entwickelte ein ausgeprägtes Pflicht- und Verantwortungsbewußtsein, zog sich in die Einsamkeit des Escorial zurück und versenkte sich in lange Gebete. Als kranker Greis schließlich schien er vor allem von Gedanken an Tod und Seelenheil beherrscht zu sein.

Philipp II. bleibt für die Nachwelt eine der faszinierendsten Persönlichkeiten der spanischen Geschichte, die Diskussion um die Einschätzung seiner Herrschaft geht weiter.

Spanische Geschichte

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