Читать книгу After the Storm - Kaninchen in Cornwall - Waltraud Batz - Страница 8

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Kapitel 4

Bettina saß neben Sam auf dem Sofa, die Füße bequem hochgelegt. Er hatte sich eine Sofadecke genommen und ihr auch eine gegeben. Die Decke war dunkelblau gemustert, sehr weich und roch seltsam vertraut und gemütlich. Das Feuer im Kamin brannte und war um Längen interessanter als das Fernsehprogramm schräg daneben. Beide hatten nach dem Essen noch eine heiße Schokolade getrunken und wurden nun langsam schläfrig. Sam war bisher nicht mehr auf die Frage nach dem Warum eingegangen und Bettina hatte auch nicht weitergebohrt. Sie hatten sich nett unterhalten, über London, England, das britische Fernsehen und wie Sam die Wohnung einer fast hundertjährigen, aktmalenden Perserkatzenzüchterin abgekauft hatte.

Sein Handy blinkte und er griff seufzend danach. Er hielt es in der Hand und sah zu Bettina. „Ich möchte gern, dass du weißt, dass ich das als unhöflich empfinde, im Beisein von Gästen ständig auf das Telefon zu schauen … aber es kann jederzeit sein, dass sich Terrys Pläne ändern und er erwartet auch, dass man erreichbar ist. Da er quasi mein Boss ist, muss ich leider immer online sein.“

„Schon gut, klar, verstehe ich.“

„Gut.“ Sam drehte das Telefon um und schaute drauf. „Hm“, machte er. Es war ein halbfragendes Hm.

„Ist das ein gutes Hm oder ein schlechtes Hm?“, fragte sie.

„Das weiß ich noch nicht. Er schreibt, er wird morgen mit Jake und Neal sprechen, es kommt sogar jemand vom Sender dazu.“

„Ist das unüblich?“

Sam sah zu ihr. „Ja, jein, ja, doch. Normalerweise löst Terry seine Probleme selbst. Ich kenne die genauen Hintergründe nicht, aber eine Aussprache ist dringend nötig und ich halte es für keine schlechte Idee, dass da eine neutrale Person vom Sender dabei ist.“

„Und wenn es nicht gut ausgeht?“

„Tja.“ Sam atmete durch und setzte sich etwas aufrechter hin. Er kam dadurch ein paar Zentimeter näher. „Das ist die Frage. Beide haben einen bestehenden Vertrag für die gesamte Staffel. Den müssen sie schon erfüllen, sonst wird es teuer. Aber danach, keine Ahnung. Könnte in einem Super-Gau enden. Im besten Fall muss Terry nur die ganze restliche Serie umschreiben.“

Das Handy blinkte erneut und Sam las. Er lachte auf einmal laut los und hielt Bettina das Telefon hin. Die letzte Nachricht von Terry, der als Nutzername mit „Bossy“ benannt war, lautete <Am besten erschießt Joe sie einfach beide, dann bin ich zwei Probleme auf einmal los>.

„Bossy?“, fragte Bettina.

„Ja. Terry Bosworth. Haha. Oh, ich liebe es … nicht.“

„Wäre aber eine Lösung.“

Sam schaute zu ihr herüber. „Ja, das schon. Aber dann hassen die Fans mich noch mehr.“

„Die hassen dich doch nicht.“

„Hassen ist zu viel gesagt. Aber Joe ist nicht gerade der Liebling der Zuschauer.“

„Ich mag ihn. Kann ich ihn mal ausleihen, um meinen früheren Chef und meinen Ex-Freund aus dem Weg zu räumen?“

Sam hob die Schultern an, dachte kurz mit schräggelegtem Kopf nach und sagte dann: „Ich frage ihn, wenn ich ihn das nächste Mal sehe. Ich sag dir Bescheid.“

„Danke.“

„Gern.“ Sam lächelte breit und tippte etwas in sein Handy. Dann legte er es mit dem Display nach unten neben sich.

„Schöne Hülle.“ Bettina spielte auf die Kaninchennase in Großaufnahme an, die die Rückseite seines Telefons zierte. Er nahm es hoch und schaute drauf. „Ja, das ist Alfred.“

„Alfred?“

„Ja. Einer unserer Besten.“

„Eurer … besten was?“

„Kaninchen. Alfred ist einer unserer Besten. Er hat Ausstellungen gewonnen. Ah, warte.“

Sam angelte eine Zeitschrift vom Beistelltisch neben dem Sofa. Er blätterte darin und hielt Bettina eine Seite hin. Es war laut Überschrift der Bericht einer Kaninchenausstellung, auf dem Bild sah sie einen älteren Mann mit Schirmmütze und einem großen, schwarzen Kaninchen auf dem Arm, daneben stand ein weiterer Mann und hielt einen Pokal. Sam tippte auf den Mann, der das Kaninchen hielt. „Das ist mein Dad.“ Danach zeigte er auf das Kaninchen. „Und das, das ist Alfred.“

„Du züchtest Kaninchen?“

„Ja, mit meinem Vater zusammen. Aber zu Hause.“

„Echt jetzt?“

„Ja.“ Er lachte. „Auch Joe hat Hobbys.“

„Ja, aber … egal. Ich freue mich für dich, dass Alfred so ein toller Kerl ist.“

„Oh ja, das ist er.“ Sam grinste breit und freute sich sichtlich über Bettinas Verwirrung. Dann wurde er ernster. „Du hast gestern gesagt, du wolltest zu Hause raus. Alles ok bei dir? Job gewechselt sagtest du? Ex-Freund? Klingt nach Veränderung auf voller Front?“ Sam sah interessiert zu ihr herüber und wartete geduldig. „Du … musst nicht darüber reden, aber wenn du willst, ich würde zuhören.“

Seine Worte trafen Bettina mitten ins Herz. Sie hatte sich gerade halbwegs beruhigt, darüber, dass sie hier auf seinem Sofa saß und jetzt war er auch noch so … nett. Und völlig normal. Und freundlich. Was die Frage nach dem Warum erneut hochkommen ließ. Die spontane Einladung ins Café gestern war schon ungewöhnlich genug gewesen. Er traf doch sicher oft Fans auf der Straße, mit denen er einige Worte wechselte. Unter den Fans war eine Reise nach London und ein Erkunden der erreichbaren und bekannten Drehorte der Serie schon fast ein Muss. Sam und auch die anderen Darsteller tauchten immer mal in den Internetforen und Facebookgruppen auf Fanfotos auf, aber nie hatte sie davon gehört, dass sie gemeinsam irgendwo Kaffee getrunken hätten, auch keinen Minztee oder Kakao und schon gar nicht waren sie zum Besuch des Sets oder, noch absurder, zu einem der Darsteller nach Hause zum Spaghettiessen eingeladen worden. Warum hatte Sam das also getan?

„Hm?“, machte es neben ihr. Sie löste sich aus ihrer Gedankenwelt und kam ins Hier und Jetzt zurück, in dem Sam neben ihr auf der Couch saß, gefühlt wieder einige Zentimeter näher, und sie offen und fragend ansah.

„Danke, Sam. Ich weiß nicht. Es gibt nicht so viel darüber zu sagen.“

„Du möchtest nicht darüber reden?“

„Nein, momentan nicht.“

„Das ist völlig okay.“

„Sam, was passiert hier?“

„Was meinst du?“

„Du weißt genau, was ich meine.“

Sams Mundwinkel zuckten und er bekam seine charakteristischen zwei kleinen Falten zwischen den Augenbrauen. Er atmete durch und starrte ins Feuer. „Ich weiß es selbst nicht.“ Er klang fast schon verzweifelt. Er schluckte und sah wieder zu ihr herüber. „Ich weiß es wirklich nicht.“

Sie ließ ihn in Ruhe, ihr war warm und kalt gleichzeitig und ein Klumpen an Ungewissheit und Peinlichkeit entstand in ihrem Magen. Sie wäre gern weggerannt, aber das wäre nur noch peinlicher gewesen. Also blieb sie sitzen und starrte ins Feuer.

Als sie wieder aufwachte, war es um sie herum warm, weich und gemütlich. Es roch gut und im Hintergrund hörte sie irgendwelche Geräusche, wie von einem Fernseher oder Radio. Sie nahm englische Sprachfetzen wahr. Ach so, ja, sie war ja im Urlaub, in London. Wahrscheinlich hatte Annette den Fernseher im Hotelzimmer angemacht. Das Einzige, das nicht so wirklich ins Gesamtbild passte, war, dass sie eher saß als lag und irgendetwas drückte an ihren Oberarm.

Sie öffnete die Augen und schaute nach rechts, so gut das eben ging. Sie brauchte eine Weile, bis sie das, was sie da sah, als Ohr wahrnahm, über das hellbraune Haare ragten. Sie versuchte, sich aufzusetzen. Sam lächelte ihr zu und setzte sich ebenfalls auf. Er gähnte. „Du bist eingeschlafen. Ich … du … bist zu mir rübergekippt und ich wollte dich nicht wecken.“ Er lächelte. „Es ist schon gleich elf. Ich fahre dich jetzt am besten ins Hotel zurück, bevor deine Freundin die Polizei holt. Dein Handy hat ein paar Mal geblinkt, aber ich hab nicht geguckt.“

Bettina streckte sich und gähnte ebenfalls. Sie griff sich ihr Telefon vom Couchtisch. <Ich bin so in einer Stunde zurück>, hatte Annette vor einiger Zeit geschrieben. Dann <Wenn du zurückkommst, mach leise, ich geh jetzt ins Bett> und zehn Minuten später wieder <Wo steckst du denn?>. Diese Nachricht war von eben gerade, also standen die Chancen gut, dass Annette noch wach war. Bettina schrieb <Ich fahr auch gleich zurück, bis nachher>.

„Und?“, fragte Sam und stand auf. Es wurde kalt an ihrer Seite. Sie stand ebenfalls auf und steckte das Telefon weg. „Alles okay. Sie ist jetzt im Hotel.“ Sam nickte und verschwand im Flur. Bettina legte ihre Sofadecke zusammen und Sams gleich mit.

„So, dann mal los. Hast du alles?“, fragte er. Er hatte die Jogginghose gegen eine schwarze Jeans getauscht und zog den Reißverschluss seiner Jacke zu.

„Ja, danke für alles. War echt ein schöner Tag.“

Sam lächelte und nickte, mehr zu sich. „Ja, fand ich auch. Schön, dass es dir gefallen hat.“

„Ja, war toll.“ Bevor die Situation vollends peinlich wurde, öffnete Sam die Wohnungstür und ließ Bettina den Vortritt.

Unten angekommen überquerten sie die Straße und liefen einige Meter an den geparkten Autos entlang. Sam öffnete ein dunkelgraues, etwas höheres, sehr kantiges und schnittiges Auto.

„Oha“, sagte Bettina. „Was ist das für eins?“

„Ein Toyota C-HR Hybrid“, sagte er. „Für mich die perfekte Kombination aus etwas höherer Sitzposition, Platz und Alltagstauglichkeit.“

Bettina setzte sich auf den Beifahrersitz und Sam stieg auf der anderen Seite ein. Als er den Motor startete, erwachte das Auto zum Leben und mit ihm diverse Displays und Lichter.

„Hui“, sagte sie.

Er lachte. „Ja, ich mag es echt gern. Die ganzen großen Geländewagen, die man hier so viel sieht, kosten teils das Dreifache und sind total unpraktisch. Plus, ich habe lieber ein japanisches Auto als ein britisches.“

Bettina machte ein amüsiertes Geräusch.

„Ja, lach nur. Ich mag England wirklich, aber naja.“ Sam fuhr aus der Parklücke heraus auf die Straße.

„Ich hab selbst ein japanisches Auto, aus ähnlichen Gründen.“

„Weil du England magst, hast du ein japanisches Auto?“, scherzte er.

„Du weißt, wie ich das meine“, sagte Bettina und unterdrückte den Impuls, ihm einen Klaps auf den Arm zu geben. Sam grinste und bog an der nächsten Ampel links ab. „Welches Hotel?“

„So … ich halte hier, da vorn darf ich nicht mehr hin“, sagte Sam und hielt am Straßenrand an. „Dann wünsche ich dir eine gute Nacht und … noch viel Spaß in London.“

Bettina löste ihren Sicherheitsgurt. „Danke. Für alles“, sagte sie. Sie sahen sich an und wie selbstverständlich beugten sich beide zueinander und küssten sich ganz kurz auf den Mund. Sie bemerkten sofort danach, was eben gerade passiert war und schauten sich an. Sam stand die Überraschung ins Gesicht geschrieben und Bettina wahrscheinlich auch. Hinter Sam hupte es.

Er sah in den Rückspiegel. „Ich … stehe in der Taxieinfahrt. Ähm … warte kurz.“ Er wendete das Auto und hielt auf der anderen Seite der Zufahrt, sodass das Taxi hinter ihm vorbeifahren konnte. Er parkte erneut und sah sie an. Seine Mundwinkel zuckten, wie immer, wenn er leicht nervös wurde und er sah aus, als würde er warten, um sich seine Schelte oder ein ‚Okay, nicht schlimm’ abzuholen.

„Kam irgendwie so“, sagte sie.

„Genau.“ Er lächelte.

„Dann … gute Nacht und danke noch mal für alles“, sagte sie, atmete durch und stieg aus dem Auto.

„Gute Nacht“, rief Sam ihr nach und sie warf die Tür zu. Er drehte, hupte kurz und fuhr dann die Hotelzufahrt entlang zurück zur Straße. Bettina sah dem Auto nach, bis es um die nächste Häuserecke herum verschwunden war und betrat dann das Hotel.

After the Storm - Kaninchen in Cornwall

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