Читать книгу Unsterblich?! - Werner Huemer - Страница 6

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Einführung

„Mama, guck mal die Löcher in dem Käse!“ – Zwei Kinderstimmen, gleichzeitig: „Tobby ist aber dumm! Im Käse sind doch immer Löcher!“ Eine weinerliche Jungenstimme: „Na ja – aber warum? Mama! Wo kommen die Löcher im Käse her?“ – „Du sollst bei Tisch nicht reden!“ – „Ich möcht aber doch wissen, wo die Löcher im Käse herkommen!“ – Pause.

Mama: „Die Löcher … also ein Käse hat immer Löcher, da haben die Mädchen ganz recht! … ein Käse hat eben immer Löcher.“ – „Mama! Aber dieser Käse hat doch keine Löcher! Warum hat der keine Löcher? Warum hat der Löcher?“ – „Jetzt schweig und iss. Ich hab dir schon hundertmal gesagt, du sollst bei Tisch nicht reden! Iss!“ – „Bwww –! Ich möcht aber wissen, wo die Löcher im Käse … aua, schubs doch nicht immer …!“ Geschrei.

Eintritt Papa. „Was ist denn hier los? Gu’n Ahmt!“ – „Ach, der Junge ist wieder ungezogen!“ – „Ich bin gah nich ungezogen! Ich will nur wissen, wo die Löcher im Käse herkommen. Der Käse da hat Löcher, und der hat keine –!“

Papa: „Na, deswegen brauchst du doch nicht so zu brüllen! Mama wird dir das erklären!“

Mama: „Jetzt gib du dem Jungen noch Recht! Bei Tisch hat er zu essen und nicht zu reden!“

Papa: „Wenn ein Kind was fragt, kann man ihm das schließlich erklären! Finde ich.“

Mama: „Toujours en présence des enfants! Wenn ich es für richtig finde, ihm das zu erklären, werde ich ihm das schon erklären. Nu iaa!“ – „Papa, wo doch aber die Löcher im Käse herkommen, möcht ich doch aber wissen!“

Papa: „Also, die Löcher im Käse, das ist bei der Fabrikation; Käse macht man aus Butter und aus Milch, da wird er gegoren, und da wird er feucht; in der Schweiz machen sie das sehr schön – wenn du groß bist, darfst du auch mal mit in die Schweiz, da sind so hohe Berge, da liegt ewiger Schnee darauf – das ist schön, was?“ – „Ja. Aber Papa, wo kommen denn die Löcher im Käse her?“ – „Ich hab’s dir doch eben erklärt: die kommen, wenn man ihn herstellt, wenn man ihn macht.“ – „Ja, aber … wie kommen denn die da rein, die Löcher?“ – „Junge, jetzt löcher mich nicht mit deinen Löchern und geh zu Bett! Marsch! Es ist spät!“

Kurt Tucholsky (1890–1935) lässt seinen wunderbar gleichnishaften Text über einfache Fragen, die gar nicht so einfach zu beantworten sind, dramatisch enden: Die Erwachsenen – neben den Eltern mischen letztlich auch noch Onkel Siegismund, Tante Jenny, Dr. Guggenheimer und Direktor Flackeland mit – geraten sich ordentlich in die Haare: „4 Privatbeleidigungsklagen, 2 umgestoßene Testamente, 1 aufgelöster Soziusvertrag, 3 gekündigte Hypotheken, 3 Klagen um bewegliche Vermögensobjekte, 1 Räumungsklage des Wirts.

Auf dem Schauplatz bleiben zurück ein trauriger Emmentaler und ein kleiner Junge, der die dicken Arme zum Himmel hebt und, den Kosmos anklagend, weithin hallend ruft:

,Mama! Wo kommen die Löcher im Käse her –?‘

Ja, es kann eben ganz schön hoch hergehen, wenn jemand zugeben soll, dass sein Wissen doch nicht so fundiert und lückenlos ist, wie er selbst es gerne glaubt. Und oft sind es die ganz einfachen Fragen, die die Löcher im schmackhaften „Käse“ des gegenwärtigen Welt- und Menschenbildes offenbaren.

Zum Beispiel: „Sind wir Menschen unsterblich?“

„So ein Unsinn, natürlich nicht“, wird die Antwort lauten. „Oder haben Sie noch nie von einer Beisetzung gehört?“

„Ja, schon – aber ist der Körper, der da im Sarg liegt, wirklich der Mensch?“

„Na klar, was soll er denn sonst sein?“

„Vielleicht gibt es ja eine Seele, und das Bewusstsein ist jetzt in ihr!“

„Bewusstsein wird vom Gehirn produziert, das Gehirn ist tot, und damit ist das Bewusstsein erloschen. Alles andere gehört in den Bereich der Märchen.“

„Vielleicht produziert das Gehirn ja gar nicht das Bewusstsein, sondern vermittelt es nur!“

„Eine unsinnige Vorstellung!“

„Zwischen Hirn- und Bewusstseinsvorgängen sind strikt naturwissenschaftlich gesehen gar keine Verursachungen nachweisbar.“

„Lächerlich. Die Abhängigkeit des Bewusstseins von Gehirnfunktionen ist klar bewiesen.“

„Ja, es gibt funktionale Abhängigkeiten und Korrelationen. Aber die gibt es auch, wenn des Gehirn nicht Produzent, sondern Transmitter von Bewusstsein wäre.“

„Esoterischer Unsinn! Am Ende landen wir dann wieder im Mittelalter – bei der Vorstellung von einer Seele, bei unbeweisbaren Schöpfungssphären und beim lieben Gott. Seien wir froh, dass wir den blinden Glauben überwunden haben!“

Showdown im Staubwirbel der Unsachlichkeit.

Der fiktive Dialog ist nicht ganz frei erfunden. Die Vorbehalte gegenüber der Existenz einer Seele entsprechen der überwiegend materialistischen Weltanschauung unserer Tage, und die Vermutung, dass unser Gehirn nicht Produzent, sondern Transmitter von Bewusstsein ist, geht auf den bedeutenden amerikanischen Philosophen William James (1842–1909) zurück, der in jüngster Zeit neu entdeckt wird. Der Dialog sollte als Beispiel dafür dienen, dass die Frage, ob wir Menschen unsterblich sind, durchaus nicht so einfach zu beantworten ist, sofern ein wenig an den Oberflächen gekratzt wird – sowohl des Glaubens, als auch der Naturwissenschaft.

Die Frage ist gewiss ein Buch wert.

Ich empfand große Freude und Ermutigung, als mein Verleger – angeregt einerseits durch Illobrand von Ludwigers Buch „Unsterblich in der 6-dimensionalen Welt“ (Verlag Komplett-Media, 2013) über Burkhard Heim (1925–2001), und andererseits durch die zweibändige wissenschaftliche Großtat „Das Unsterblichkeitsproblem“ von Gerda Lier (1942–2009) – die Idee für eine solche Publikation just zu dem Zeitpunkt in den Raum stellte, als ich mich selbst eingehend mit diesem Thema befassen wollte.

So flossen letztlich zwei Konzepte in die folgenden sieben Buchkapitel ein, die viele interessante und spannende Aspekte zusammenfassen. Naturwissenschaftliche, philosophisch, religiöse – und solche, die man gar nicht zuordnen kann.

Wir beginnen bei der tiefen Sehnsucht des Menschen, (ewig) zu leben, die sich im Kampf gegen Krankheit und Alter, in Medizin und Technik ebenso zeigt wie in religiös-spirituellen Praktiken. Und wir enden wieder bei dieser Sehnsucht. Dann aber mit der bestmöglichen Antwort auf die Frage, ob wir Menschen nun unsterblich sein könnten oder nicht.

Auf der Suche nach dieser Antwort werden wir etablierte Anschauungen hinterfragen, diffuse Erklärungen auf den Punkt bringen und uns nicht von Verallgemeinerungen oder Nebenschauplätzen ablenken lassen. Ganz wie der kleine Tobby.

„Mama! Wo kommen die Löcher im Käse her?“

Unsterblich?!

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