Читать книгу Der Fluch der Etrusker oder die Jagd nach dem Goldenen Geparden - Werner Siegert - Страница 5
Erstaunen im C I D
ОглавлениеAuf die Minute pünktlich stand er am nächsten Morgen vor dem Zimmer, das DI Budd im angegeben hatte.
Dsupt Brown SO1
stand auf dem Schild der Tür, zu der er nach eingehender Prüfung seines Dienstausweises von einem Constable geleitet worden war. Ein Detective Superintendent gehört zu den höheren Rängen des C I D und die SO1 befasst sich mit internationalen und organisierten Verbrechen.
Elsterhorst klopfte.
Als die Tür geöffnet wurde, sprangen mindestens fünf Beamte von ihren Sitzen und starrten ihn an. Dann redeten alle gleichzeitig:
„Kommissar Elsterhorst, wo um Gottes Willen haben Sie gesteckt? Wir erwarten Sie seit zwei Tagen! Unsere Leute standen bei Ankunft des angegebenen Zuges an der Victoria Station, um sie abzuholen. Wir konnten nur Ihren Koffer sicherstellen.“
„In dem gebuchten Hotelzimmer sind Sie auch nicht eingetroffen.“
Es klang vorwurfsvoll, fast entrüstet.
„Entschuldigen Sie“, sagte Elsterhorst, als er endlich zu Wort kam. „Ich habe mich genau an das gehalten, was Ihr DI Budd mir ausgerichtet hat.“
„Wer?“
„DI Budd, der mich im Krankenhaus abholte und nach London in eine Pension brachte. Er sagte, dass ich genau zu dieser Zeit und in diesem Zimmer erwartet würde.“
„Krankenhaus?“
„Ja, wissen Sie denn überhaupt nichts?“
„Offensichtlich nicht!“
„Detective Superintendent Brown!“ stellte sich einer der Anwesenden vor.
„Bitte lassen Sie mich mit Kommissar Elsterhorst allein sprechen.“
Dann saßen sie einander gegenüber.
„DI Budd hat Sie also von Dover nach London gefahren und Ihnen diesen Termin angegeben?“ eröffnete Brown das Gespräch.
„Genau wie ich es Ihnen sagte. Er brachte mich nach Kensington in eine Pension, die Phoenix heißt.“
„Was genau ist seit Ihrer Abreise mit Ihnen passiert?“
Elsterhorst gab einen kurzen Bericht, den Brown nicht kommentierte.
„Wieviel wissen Sie überhaupt über den Fall?“
„Offenbar nur das Nötigste. Priscilla Henderson, eine englische Archäologin, die sich hauptsächlich mit den Etruskern beschäftigt, wird vermisst. Auch ihr deutscher Ehemann ist verschwunden. Und nun vermutet man irgendeinen Zusammenhang und will sowohl in England wie in Deutschland recherchieren. Ein bisschen merkwürdig, finde ich.“
„Merkwürdiger als Sie glauben, Herr Elsterhorst. Inzwischen sind Hinweise eingegangen, die das Ganze fast als Scherz erscheinen lassen.“
„Eher wohl als die Vortäuschung einer Straftat,“ korrigierte ihn Elsterhorst. „Was für Hinweise?“
„Nun, da erhielten wir einen Brief, den Sie lesen sollten.“
Er reichte Elsterhorst ein Schriftstück.
Dr. phil. Karoline Küster D-97816 Lohr a. Main
Räuberstraße 13
To whom it may concern ....
Sehr geehrte Damen und Herren,
aus London habe ich einen rätselhaften Anruf bekommen. Der Anrufer hat sich nicht zu erkennen gegeben. Ich wurde gefragt, ob Mrs. Priscilla Henderson bei mir wäre oder ob ich wüsste, wo sie sich aufhält. Ihr Mann (?) Karl-Heinz Schmidt sei tot in ihrer Wohnung aufgefunden worden.
Wie ich am Telefon bereits sagte, habe ich meine geliebte Freundin Pritchie leider seit vielen Jahren nicht mehr gesehen. Zwischen uns ist nur noch eine Postkarten-Freundschaft geblieben. Frau Prof. Dr. Priscilla Henderson reist ja sehr viel und schickte mir bis vor ca. einem Jahr ständig Ansichtskarten aus aller Welt.
Wir haben uns während des Studiums in Heidelberg kennen gelernt. Sie war Stipendiatin, eine beneidenswerte Überfliegerin, vielsprachig. Nach kurzer Zeit schon zogen wir zusammen in eine Wohnung. Es schien, als seien wir füreinander bestimmt. Leider zerbrach unsere Beziehung, als sie in London diesen unausstehlichen deutschen Export-Kaufmann Karl-Heinz Schmidt kennen lernte und dann - horribile dictu! - auch heiratete. Allerdings war es wohl eine reine Versorgungs-Ehe. Sie brauchte jemand, der ihr ihre Forschungsarbeiten, Experimente und die Reisen finanzierte.
Soviel ich weiß, behielt Pritchie ihre Wohnung, ihr Reservat, wie sie sich auszudrücken pflegte, bei. Von ihrem Mann sprach sie nur von „Herr Schmidt“. Aus Imagegründen behielt sie ihren Mädchennamen bei. Sie wollte partout nicht Schmidt heißen.
So wie ich Pritchie in Erinnerung habe, braucht man sich um sie nicht zu sorgen. Sie weiß sich zu behaupten, wettergegerbt und weit gereist, nimmt ihr niemand die Butter vom Brot. Vielleicht lebt sie zurzeit unter Eingeborenen. Sie liebt das Prickeln der Gefahr und hat sich zu meinem Entsetzen oft auch Expeditionen von Höhlenforschern angeschlossen. Aber es ist immer gut gegangen.
Falls Sie mit Pritschie in Verbindung treten können, richten sie ihr doch bitte ganz herzliche Grüße aus von ihrem Karolinchen.
Mit freundlichen Grüßen
Karoline Küster
„Ist das ernst zu nehmen?“ fragte Elsterhorst, nachdem er den Brief gelesen hatte.
„Was Schmidt betrifft, habe ich so meine Zweifel. Bisher ist er weder tot noch lebendig gefunden worden. Aber die anderen Angaben stimmen jedenfalls. Sie hat tatsächlich in Heidelberg studiert. Der verschwundene Ehemann heißt Karl-Heinz Schmidt. Die Henderson war mit Ausgrabungsteams unterwegs. Finanziert wurde sie allerdings vom British Museum und der zuständigen Universität, nicht von Schmidt. Außerdem gibt mir der Name zu denken.“
„Welcher? Henderson?“
„Der könnte tatsächlich echt sein. Er ist sogar ziemlich häufig. Aber Priscilla! Das ist doch ungewöhnlich.“
„Es gibt schlimmere“, meinte Elsterhorst.
„Sicher. Aber überlegen sie doch: Priscus, so hieß der frühere römische König, der eine etruskische Frau heiratete, die ihn später als Matriarchin an die Wand spielte.“
„Ein Hinweis also von der Küster? So wie die über den Schmidt herzieht, könnte es sich durchaus um eine Beziehungstat handeln.“
„Die Geschichte geht noch weiter. Ihr Kollege Velmond ist doch zuverlässig in seinen Angaben, oder?“
„Zeitweise. Was will er denn herausgebracht haben?“
„Nun, er hat diese Karoline Küster tatsächlich in Lohr aufgespürt. Es gibt sie also. Dann hat er sie wohl mit einem guten Wein traktiert.“
„Natürlich - das sieht im ähnlich!“ bemerkte Elsterhorst.“
„Zum Glück, würde ich sagen. Sie erzählte ihm nämlich, dass Priscilla angeblich im Besitz einer einzigartigen Geparden-Plastik etruskischer Herkunft sein soll. Den Fundort in den deutschen Alpen hielte sie geheim. Auch wisse niemand, in welchem Safe welcher Bank, London, Zürich, Frankfurt, sich die kleine ca. 15 cm lange Plastik aus Bergkristall – andere sagen sogar aus Gold - befindet, ein springender Gepard, wie er auch in einer Höhle im Tegernseer Gebirge abgebildet ist. Ihr Wert werde auf Millionen bis unbezahlbar geschätzt. Dieser Karl-Heinz Schmidt habe sich an Priscilla angeblich nur herangemacht, um an den Geparden zu kommen.“
„Und wenn sie lügt?“
„Möglich. Aber warum? Velmond hat die Küster zufällig noch mal in der Fußgängerzone von Lohr getroffen und ihr diesmal einen Kräutertee spendiert. Da blieb sie etwas zurückhaltender. Mal behauptete sie, der Gepard solle aus Bergkristall sein, dann wieder aus purem Gold! Selber aber habe sie ihn noch nie gesehen! Und es kommt noch besser: Vielleicht gäbe es ja den Geparden auch gar nicht! Vielleicht sei er ja nur ein Phantom.“
„Und was soll ich in dieser Sache tun“, fragte Elsterhorst. „Wenn Kollege Velmond mal wieder lediglich mit schönen Dienstreisen, Nichtstun und Weintrinken die wichtigen Hinweise zu Tage fördert?“
„Es ist wichtig, dass Sie hier sind! Morgen werden Sie mehr erfahren. Heute muss ich mich leider noch um anderes kümmern. Hier ist Ihr Koffer.“ Er nahm ihn aus einem verschlossenen Schrank.
„Ein Constable wird Sie in Ihre Pension fahren. Seien Sie vorsichtig! Bis morgen um acht Uhr.“
Elsterhorst war entlassen. Der Constable stand schon bereit.
In seinem Zimmer angekommen, überlegte er nur kurz, ob er Judith noch einmal anrufen sollte, entschied sich aber dagegen. So wurde es für ihn ein sehr langweiliger Abend. Allerdings machte ihm die Sache mit dem rätselhaften DI George Budd zu schaffen, und dass sie hier angeblich so gar nichts von ihm wussten.