Читать книгу Moderne Alchemie und der Stein der Weisen - Wilfried B. Holzapfel - Страница 9
Moderne Alchemie
ОглавлениеDer Alchemist: Schaut euch dazu zunächst mal hier in dem schematischen Bild 14 das Phasendiagramm eines einfachen Stoffes an, mit dem ich euch zeigen kann, dass in der modernen Chemie und Physik noch viele Bilder der Alchemisten auftauchen.
Die vier Elemente der Alchemisten, die vier Essentia, sind hier mit den modernen Namen für die vier möglichen Zustände oder Phasen eines einfachen Stoffes beschriftet. Statt Erde steht hier "fest", statt Wasser gibt es hier den Bereich für "flüssig", statt Luft steht hier "gasförmig" und in dem Bereich des Feuers steht hier "Plasma". Dabei sind hier die Atome, Ionen und freien Elektronen schematisch als rote Kugeln, violette Sterne und eckige Ringe dargestellt, um anzudeuten, was in einem mikroskopischen Bild die wesentlichen Unterschiede zwischen diesen Bereichen sind. Flüssig, fest und gasförmig kennt ihr als die verschiedenen Erscheinungsformen von reinen Stoffen. Den Plasmazustand der Luft habt ihr in Blitzen schon gesehen! In Blitzen ist die Luft so stark erhitzt, dass viele Moleküle oder Atome so heftig aneinander stoßen, dass einzelne Elektronen aus der Hülle dieser Atome heraus geschlagen werden. Dann können sich diese Elektronen frei bewegen oder an andere Atome anlagern, so dass neben den freien Elektronen auch positiv und negativ geladene Ionen entstehen, die dann den elektrischen Strom im Blitz zwischen den Wolken und der Erde transportieren. Auch in unseren Energiesparlampen wird in ähnlicher Weise aus Quecksilberdampf ein Plasma gebildet, das dort den Strom leitet und dann durch Stöße der Ionen und Elektronen mit der besonders beschichteten Glaswand zu dem bekannten, energiesparenden Leuchten führt. Auch die heiße, leuchtende Sonnenoberfläche befindet sich in einem solchen Plasmazustand. Ihr seht, der Plasmazustand der Materie kann nicht nur im Feuer, sondern auch noch an vielen anderen Stellen beobachtet werden. Er ist wohl sogar der überwiegende Zustand der Materie im Weltall und gehört damit wie die drei anderen bekannteren Zustände zu jedem vollständigen Zustandsdiagramm eines beliebigen Stoffes. Bei Molekülen sind solche Phasendiagramme manchmal nicht ganz so einfach, weil in der flüssigen und gasförmigen Phase bei hohen Temperaturen die Moleküle chemisch reagieren und zerfallen können.
(Interessante Wikipedia-Stichworte sind in diesem Zusammenhang Plasma (Physik) und Plasmasphäre.)
Am linken Rand der Abbildung 14 seht ihr wie im Bild 13 einen Pfeil für zunehmende Temperatur und am unteren Rand wieder einen Pfeil für zunehmenden Druck. Wenn man vom Bild der alten Alchemisten zur neuen naturwissenschaftlichen Beschreibung übergeht, wird diese Landschaft durch besondere Grenzlinien aufgeteilt. Auf normalen Landkarten ist nach oben die Richtung nach Norden, nach rechts die Richtung nach Osten und am Kartenrand meist mit kleinen Stichen die Entfernung in Metern oder Kilometern eingetragen. In einem modernen Phasendiagramm entspricht die eine Richtung zunehmender Temperatur und die andere Richtung zunehmendem Druck. So kann man in der Welt der hohen Drücke für alle möglichen Materialien Phasendiagramme genau wie Landkarten erstellen. Da die Physiker und Chemiker heute immer alles genau vermessen, werden die Ränder dann auch ordentlich mit Zahlenwerten für Temperatur und Druck beschriftet. Die Grenzlinien zwischen den verschiedenen Phasen erhalten dabei eine ähnliche Bedeutung wie in einer Landkarte die Grenzen zwischen verschiedenen Ländern.
Ein Dreiländereck bezeichnet man hier als Tripelpunkt. Drei Grenzlinien und drei Phasenbereiche treffen sich in diesem Punkt. Die rechte Grenzlinie zwischen fester und flüssiger Phase kennt ihr als Schmelzkurve. Sie zeigt, dass die Schmelztemperatur vom Druck abhängt. Das flüssige Quecksilber wird zum Beispiel bei normaler Raumtemperatur fest, wenn man es stark zusammendrückt. Eis andererseits schmilzt zunächst unter Druck, aber dieses ungewöhnliche Verhalten ist eine Besonderheit von Wasser in der Welt der hohen Drücke!
Die linke Grenzlinie trennt fest und gasförmig. Das direkte Verdampfen eines festen Stoffes wird Sublimation genannt. Vielleicht erinnert ihr euch daran, dass wir bei kaltem Wetter manchmal gemerkt haben, dass der Schnee verschwindet, obwohl es viel zu kalt zum Schmelzen war. Der Schnee ist direkt verdampft, oder besser gesagt sublimiert. Druck spielt hier keine große Rolle! Die dritte Grenzlinie trennt die Bereiche von gasförmig und flüssig. Sie verläuft hier schräg nach oben bis zu einem für jeden Stoff charakteristischen Endpunkt, der üblicherweise als kritischer Punkt bezeichnet wird. Dieser kritische Punkt ist durch die Zahlenwerte für die kritische Temperatur und den kritischen Druck festgelegt.
Was hier passiert, könnt ihr auch mit den Überlegungen von Demokrit ganz gut verstehen. Er stellte sich schon vor, dass die Atome in allen Stoffen in unterschiedlicher Bewegung sind. Das entspricht recht gut auch dem heutigen Bild!
In festen Stoffen sind die Atome oder Moleküle meist auf festen Plätzen angeordnet und führen um diese Plätze nur Zitterbewegungen aus. In Flüssigkeiten sind die Bewegungen viel weiträumiger und schneller, so dass die regelmäßige Anordnung der Atome in einem festen Kristallgitter zusammenbricht. In einem Gas sind die Bewegungen noch großräumiger und noch schneller als in einer normalen Flüssigkeit. Meist legen die Atome weite Strecken im freien Flug zurück, bevor sie wieder mit einem anderen Atom zusammenstoßen. In diesem Bild besteht der Unterschied zwischen einem Gas und einer Flüssigkeit nur in der Häufigkeit der Stöße und der Weite der freien Flugstrecken. Wenn man ein Gas zusammenpresst, werden diese freien Flugstrecken immer kleiner, so dass man bei gleicher Temperatur von der Gasphase in die flüssige Phase gelangen kann, aber nur unterhalb der kritischen Temperatur! Nur dann erreicht man bei dieser Kompression bei einem bestimmten Druck die Siedekurve. Dort fallen aus dem Gas solange Flüssigkeitströpfchen aus, bis das ganze Gas in den flüssigen Zustand umgewandelt ist. Diese Phasenumwandlung habt ihr beim Wasserkochen und beim Niederschlag von Dampf am kalten Topfdeckel schon beobachtet! Beim normalen Wasserkochen wird dabei die Temperatur bei konstantem äußeren Luftdruck erhöht. Bei konstantem Druck kreuzt man dabei die Siedekurve in diesem Phasendiagramm von unten nach oben beim Kochen und umgekehrt von oben nach unten beim Kondensieren. Beim Komprimieren wird dagegen die Siedekurve von links aus der Gasphase nach rechts in die flüssige Phase gekreuzt.
Ist die Temperatur größer als die kritische Temperatur, dann wird die Bewegung der Teilchen so heftig, dass die Anziehung zwischen den Teilchen keine große Rolle mehr spielt. Dann gibt es auch keine Kondensation von Tröpfchen mehr. Man befindet sich in dem Phasendiagramm oberhalb des kritischen Punktes, der das obere Ende der Siedekurve markiert. In diesem überkritischen Bereich oberhalb der kritischen Temperatur kann man flüssig und gasförmig nicht unterscheiden. Diesen Zustand kannten die alten Griechen und die Alchemisten noch nicht. Dieser überkritische Bereich aus der Welt der hohen Drücke ist inzwischen bei vielen reinen Stoffen genau untersucht. Bei vielen Stoffen, insbesondere bei Metallen und vielen Salzen sind dabei aber die Temperaturen schon so hoch, dass man bereits ein Plasma erzeugt. Da auch der Übergang in den Plasmazustand in diesem Phasendiagramm durch keine scharfe Grenze gekennzeichnet ist, sondern ganz allmählich durch die Zunahme an ionisierten Teilchen erfolgt, können wir hier auch keine extra Grenzlinie einzeichnen. Fällt euch hier auf, dass ein solches modernes Phasendiagramm doch noch viel Ähnlichkeit mit den Bildern der alten Alchemisten für die vier Elemente, für die vier Essentia, aufweist, nur dass man heute hier bei den vier Phasen meist vom Aggregatzustand der Materie spricht?
Helen: O.K., und wo bleibt hier die Quintessenz?
Der Alchemist: Anders als bei den alten Griechen, die nur die Vorstellung von unteilbaren Atomen entwickelten, tauchen in dem modernen Bild auch Moleküle, Atome, Ionen und Elektronen auf. Habt ihr denn in der Schule schon was von Radioaktivität gehört?
Helen: Na klar! Bei der Katastrophe in Fukushima wurde doch die ganze Umgebung radioaktiv verstrahlt!
Der Alchemist: Und woher kam die Strahlung?
Helen: Da spricht man doch von radioaktiven Elementen, die mehr oder weniger schnell zerfallen und so die Umgebung verseuchen.
Der Alchemist: Weißt du, dass es auch chemische Elemente gibt, die ganz natürlich radioaktiv zerfallen, und dass Marie Curie, Pierre Curie und Henri Becquerel für die genaue Untersuchung dieser natürlichen Radioaktivität 1903 den Nobelpreis erhielten? Damit haben sie der Wissenschaft ein ganz neues Feld eröffnet. Sie erkannten, dass auch die Atomkerne teilbar sind, und dass bei der Teilung der Atomkerne neue bis dahin unbekannte Teilchen entstehen. Die Namen dieser neuen Elementarteilchen will ich hier gar nicht alle aufführen. Im Laufe der Zeit wurde daraus ein ganzer Elementarteilchen-Zoo, denn man beobachtete auch bald danach, dass Kosmische Strahlung, die aus dem Weltall auf unsere Erdatmosphäre trifft, ganze Teilchenschauer von instabilen Elementarteilchen erzeugt.
Helen: Und was hat jetzt der Elementarteilchen-Zoo mit der Quintessenz zu tun?
Der Alchemist: Das wirst du gleich sehen. Ohne einen groben Überblick über den Mikrokosmos mit der Welt der Elementarteilchen kann ich dir eine moderne Vorstellung von Quintessenz nicht erklären. Ihr werdet sehen, dass wir dabei auch einen ersten groben Überblick über die weite Welt der hohen Drücke gewinnen.
Wenn ihr das moderne Weltbild verstehen wollt, wenn ihr wissen wollt, was wir im Weltall alles finden können, was im Weltall so passiert und was die Welt zusammen hält, dann muss ich euch wohl zunächst erklären, wie unser Mikrokosmos und unser Makrokosmos zusammenhängen. Erst dann können wir unsere Reise durch die Welt der hohen Drücke wirklich beginnen. Ihr werdet euch wundern, welchen exotischen Zuständen der Materie wir dort begegnen. Den meisten Menschen ist gar nicht bewusst, wie weit unsere Kenntnisse heute hier reichen! Dass der Mensch und alles was lebt, aus einer Unzahl von Zellen besteht, die etwas kleiner als 1 mm sind, ist euch nicht neu. Was gibt es für euch, was kleiner ist?
Helen: Da kenne ich was! Die Viren, die viele Krankheiten verursachen, sind doch viel kleiner als Bakterien!
Der Alchemist: Ja, sie sind etwa nur ein Tausendstel so groß. Typische Durchmesser der Viren sind kleiner als 1 Mikrometer oder, anders gesagt, kleiner als ein Millionstel Meter. In mancher Hinsicht sind diese Viren nichts anderes als Riesenmoleküle und typische Moleküle sind noch einmal tausendmal kleiner. Wenn ich so weiter mache, verliert ihr bald den Überblick! Das nächste Bild 15 kann euch dabei wohl helfen! Wenn man die Länge ganz kleiner Dinge genau benennen will, braucht man für Längen unter einem Millimeter noch andere Namen und eine andere Schreibweise für noch kleinere Längen. Für die Nullen vom Tausendstel, Millionstel und noch kleineren Brüchen nimmt man dann einfach negative Hochzahlen an der Zehn wie hier im Bild 15 am rechten Rand.
Diese Hochzahlen entsprechen dem Potenzieren der Alchemisten. Man nennt sie daher oft auch Zehnerpotenzen! Bei Bruchteilen sind es negative Zehnerpotenzen. Als Bruchteile eines Meters verwendet man nicht nur Millimeter (1 mm = 10-3 m), Mikrometer (1 μm = 10-6 m), und Nanometer (1 nm = 10-9 m), sondern auch noch so komische Größen wie Pikometer (1 pm = 10-12 m), Femtometer (1 fm = 10-15 m) und Attometer (1 am = 10-18 m). Mit diesen Längenmaßen könnt ihr zum Beispiel sagen, dass einfache Moleküle einige Nanometer groß sind und die Atome typischerweise einige 100 Pikometer.
Die Durchmesser der Atomkerne kennt man auch noch recht gut. Die liegen im Bereich von einigen 10 fm = 10-14 m. Vom Elektron wird oft behauptet, dass es kleiner als ein Zehntel Attometer (< 0,1 am = 10-19 m) ist. Da muss man aber vorsichtig sein. Es gibt da zwar ein berühmtes Bohrsches Atommodell aus den Anfängen der Atomphysik, in dem ganz winzige Elektronen den Atomkern umkreisen, ähnlich wie die Planeten die Sonne mit viel leerem Raum dazwischen und dieses Bild vom Atombau sieht man heute noch sehr oft, obwohl es in wesentlichen Punkten wirklich falsch ist. Im Unterschied zum Makrokosmos, wo man von punktförmigen Teilchen redet, muss man im Mikrokosmos die Elektronen eher als so etwas wie eine Nebelwolke betrachten. Die Physiker sprechen dann von Unschärfe und vom Welle-Teilchen-Dualismus. Für unser Bild hier ist nur wichtig, dass diese winzigen Elektronen bei aller Unschärfe die Größe der Atome bestimmen. Kleinere Durchmesser von etwa 1 fm = 10-15 m findet man aber bei den Bausteinen der Kerne, beim Proton und dem Neutron. Selbst diese Teilchen zeigen noch viel innere Struktur, die man noch kleineren Teilchen, den Quarks zuschreibt, die dann vielleicht gerade nochmal Durchmesser von 1 am = 10-18 m besitzen. Schließlich wird noch behauptet, dass man bei der Planck-Länge von 10-35 m in einem Bereich angekommen ist, wo kleinere Längen keinen Sinn mehr ergeben. Damit sind wir jetzt aber auch am unteren Ende von Bild 15 angelangt.
Helen: Kann sich das irgendjemand vorstellen? Ist das nicht alles nur Fantasie?
Der Alchemist: Da steckt schon gut Physik dahinter! Zunächst wurde die Existenz von Quarks 1964 nur aus theoretischen Überlegungen von dem amerikanischen Physiker Murray Gell-Mann postuliert, um den damals schon bekannten großen "Teilchenzoo" der vielen Elementarteilchen besser zu verstehen. Schon 1969, nur fünf Jahre später, erhielt er für seine Überlegungen den Nobelpreis, da viele Rätsel mit diesem Modell gelöst wurden. In diesem Bild, bei Wikipedia unter Quark (Physik), stellt man sich vor, dass Proton und Neutron jeweils aus drei Quarks bestehen, und dass Gluonen als Klebstoff diese Quarks verbinden. Schließlich ist in diesem Bild noch zu berücksichtigen, dass in diesem Mikrokosmos die Kräfte auch als Teilchen beschrieben werden, so dass im Zoo der Elementarteilchen neben den "schweren" Teilchen, den Teilchen mit Masse, die man als Fermionen bezeichnet, auch noch ganz leichte, "masselose" Teilchen für die Kräfte auftauchen. Die Kräfte sind in dieser Quantenphysik nicht mehr in beliebig kleine Portionen aufteilbar, sonder diskret schließlich durch Teilchen zu beschreiben. Diese "Kraftteilchen" für die verschiedenen Kräfte nennt man zusammenfassend auch Bosonen. Der Teilchenzoo hat so nicht nur verschiedene Teilchentypen sondern auch ganze Familien mit besonderen Eigenschaften. Grob habe ich das für euch im nächsten Bild 16 zusammen gestellt.
Helen: Mir brummt der Kopf von allen diesen Teilchen!
Der Alchemist: Nur keine Angst! Von diesem ganzen Teilchenzoo braucht ihr euch hier nur ein paar Beobachtungen zu merken. Ihr habt es vielleicht nicht bemerkt, aber die Bindung der negativ geladenen Elektronen (e-) an die positiv geladenen Kerne wird allein von elektromagnetischen Kräften bewirkt, die ihr vom elektrischen Strom, von Elektromotoren und von den Magnethaltern in der Küche kennt. Ganz anders sieht es in den Atomkernen aus. Warum fliegen die positiv geladenen Protonen (p+) der Kerne nicht einfach auseinander, und was hält die neutralen Neutronen (n) überhaupt in den Kernen? Da muss es doch besondere ganz andere Kernkräfte zwischen diesen Nukleonen, diesen Kernteilchen geben, die im Bereich der Kerne stärker sind als die elektrische Abstoßung der Protonen untereinander. Diese "schwachen" Kernkräfte beobachtet man nur im Mikrokosmos, und erst die Radioaktivität zeigte, dass diese neuen Kräfte für das Verständnis der Kerne so wichtig sind.
Helen: Ich sehe schon, dass du in diesem Bild des Teilchenzoos, die beiden Familien der Fermionen und der Bosonen getrennt hast und bei den Bosonen neben den Photonen als Lichtquanten auch noch W- und Z-Bosonen als Quanten der schwachen Kernkraft und die Gluonen als Quanten der starken Kernkraft eingetragen sind. Aber links bei den Fermionen geht es ja noch wilder zu!
Nach Daten von: www.e18.physik.tu-muenchen.de/skript/Elementarteilchen_fundament.htm
www.desy.de/Kworkquark/all/gereric/1all.ht.
Marie: Und zwei mal drei Quarks! Klingt das nicht ähnlich wie bei Platon, der meinte, die kleinen Körper des Demokrit, die Atome, wären aus lauter Dreiecken aufgebaut? Aber damals war die Drei doch auch so etwas wie eine göttliche Zahl? Die heiligen drei Könige, die Dreieinigkeit, Vater, Sohn und heiliger Geist, und wird nicht Gott in vielen kirchlichen Gemälden auch durch ein Dreieck mit Auge dargestellt?
Der Alchemist: Ja, wenn ein moderner Alchemist in der Sprache der Kirche reden müsste, würde er vielleicht fragen, ob die drei Quarks im Mikrokosmos nicht ebenso ein göttliches Wirken in der Natur widerspiegeln, wie die Dreifaltigkeit im Himmel dann im Makrokosmos.
Doch zurück zu den Quarks und den Gluonen! Sechs Quarks sind in diesem Teilchenzoo mit sechs Buchstaben (u, d, s, c, b, t) eingetragen und daneben noch mal sechs Symbole für die sechs Leptonen, von denen ihr wohl nur das Elektron (e-) kennt. Diese Leptonen sind für uns hier nicht so wichtig. Viele dieser Teilchen fand man zunächst nur in der Höhenstrahlung, die aus dem Weltall zu uns kommt. Für genauere Untersuchungen dieser Exoten haben die Physiker heute aber auch riesige Beschleuniger-Maschinen in großen Forschungszentren aufgebaut, wie in der Schweiz bei Genf im CERN, um zu erforschen, was die Natur im Innersten zusammenhält, und ob man auf dem Weg zur kleinsten physikalisch sinnvollen Länge, der Planck-Länge mit ihren 10-35 m, noch elementarere Teilchen finden könnteBQ2008. Habt ihr vielleicht beim Blättern in der Zeitung mal etwas von der Suche nach dem Higgs-Teilchen gehört?
Helen: Brauchen wir dieses Teilchen auch noch für die Quintessenz?
Der Alchemist: Du hast schon recht. Eigentlich wollte ich euch hier nur zeigen, dass man für das Verständnis aller Zustände im Weltall schon mal was von Quarks und Gluonen gehört haben sollte. Wenn wir jetzt den Blick in diese Richtung, in den Makrokosmos, werfen, werdet ihr sehen, dass wir auch hier wieder auf diesen Teilchenzoo treffen.
Könnt ihr euch vorstellen, wie riesig das Weltalls ist, und was mit unserer normalen Materie, unseren Gasen, Metallen und Gesteinen, im Weltall alles so geschieht?
Auch hier müssen wir die Abmessungen, die Ausdehnungen und Abstände mit Zehnerpotenzen beschreiben. Auf der Erde messen wir Längen mit Fuß, Elle, Schrittlänge oder heute natürlich mit einem Meterstab. Im Weltall kann man den Abstand der Erde von der Sonne als eine besondere natürliche Einheit ansehen. Diese astronomischer Einheit (AE) mit ihren grob 150 Milliarden Metern ist aber winzig im Verhältnis zu der Strecke, die Licht in einem Jahr zurück legt. Diese Strecke, eine Lichtjahr (Lj), beträgt grob 1016 m!
Doch die Astronomen sagen auch noch, dass sie Galaxien im Weltall beobachten, die kurz nach der Entstehung des Weltalls vor etwa 13 Milliarden Jahren entstanden sind. Das Licht von diesen Sternen muss also einen Weg von über 1026 m hinter sich haben!
Marie: Soll sich dabei unser Weltall nicht auch noch ausdehnen?
Der Alchemist: Ja, vor etwa 13 Milliarden Jahren soll das ganze Weltall viel kleiner als ein einzelnes Atom gewesen sein! Das kann sich kein normaler Mensch mehr vorstellen, aber für die Entstehung der heutigen Welt aus einem solchen Anfang gibt es doch viele Hinweise, die in der Kosmologie als Theorie über den Urknall zusammengefasst sind. Dieser Weg vom Urknall bis in unsere heutige Welt berührt auf vielfältige Weise die Welt der hohen Drücke, in die uns unsere Reise führen soll. Vorher möchte ich euch mit einem Blick auf die Zustände im Inneren unserer Erde ein Gefühl für hohe Drücke und hohe Temperaturen in der Natur vermitteln.