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Erstes Capitel

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»Oeffnet im Namen des Kaisers!«

Diese laut die Nacht durchhallenden Worte schlugen an das Thor einer einsam unweit des flaminischen Weges gelegenen Villa, welche indeß auf diesen Befehl nicht zu achten schien, sondern sich, gehüllt in die Myrthenbüsche ihres Gartens, mit ihrem rebenumwundenen Säulenportal träumerisch im Mondschein badete. Nochmals tönte unheildrohend das Wort: »Im Namen des Kaisers!« durch die Stille der Nacht, begleitet von dem Gepolter der Thüre, die unter den Stößen mehrerer Lanzenschäfte zitterte. Immer noch herrschte die Stille des Todes hinter den Marmorwänden des Gebäudes, ein leichter Windhauch durchsäuselte die Cypressen, und erst, als der Kiesweg des Gartens unter schweren Tritten erknirschte, blitzte es hinter einem der Fenster hell auf.

Der Besitzer der Villa, der Mime Paris, war, von einem Gelage nach Hause kehrend, kaum erst auf das Lager gesunken, um seinen ermatteten Gliedern, seinem weinerhitzten Gehirn einige Erholung zu gönnen.

Ganz Rom bewunderte diesen schönen Schauspieler, er war der Liebling der Frauen, der Auserkorene der Männer. Der Dichter Martial hatte ihn besungen, der Kaiser Domitian ihn öfter ausgezeichnet, ja man flüsterte sich zu, die Kaiserin Domitia habe sich vor einigen Tagen, als Paris eine Frauenrolle mit dem denkbar höchsten Liebreiz getanzt, derart zur Bewunderung hinreißen lassen daß der Kaiser ihr die Aeußerung: sie fürchte sich vor diesem Manne, vor welchem die Frauen keine Geheimnisse hätten! sehr übel genommen habe.

Paris hatte es sich vor allem angelegen sein lassen, das weibliche Geschlecht zu studiren, und das Mittel, wodurch er seine Zuschauer am unfehlbarsten zu begeistern vermochte, war eben diese, sein Geschlecht vergessen zu machen. Und er wußte dies während des Tanzes mit einer Grazie zu bewerkstelligen, die auf die Männer verblüffend, auf die Frauen, die ihre eigenen Schwächen in seinen Geberden wiedererkannten, im höchsten Maße berauschend wirkte.

Kein Wunder, daß den mit dem Körper eines Hermes ausgestatteten Jüngling schließlich das Uebermaß der Bewunderung zum Wüstling machen wußte, daß kein Morgen verging, der ihn nicht von Wein und Liebe berauscht auf seinem Lager fand.

So finden wir ihn denn auch in dieser Nacht, von wüsten Träumen gefoltert, die Erholung suchen, die er so nöthig brauchte, als ihn jetzt der grelle Schein einer ihm über das Haupt gehaltenen Lampe weckte. Mit einem Ruck saß der Jüngling im Bette aufrecht, den die Lampe haltenden Sklaven, den Knaben Marcus, verwundert anstarrend.

»Ja, gewiß! sogleich!« murmelte er schlaftrunken, mit beschämter Miene, sich an die schmerzende Stirn fassend, dann fuhr er, sich die Augen reibend, lächelnd fort: »Ist es schon so spät? Ich weiß, ich verdiene deinen Tadel,« – als jedoch immer noch keine Antwort erfolgte, besann er sich, sah prüfend ringsum und faßte den Knaben mit dem Ausdruck großer Besorgniß an der Schulter.

»Weckst du mich wegen der Mutter?« frug er hastig, »bedarf sie meiner?«

»Nicht doch, Herr, deine Mutter schläft, soviel ich weiß,« erwiderte der erbleichte Knabe, und unfähig, in seiner Angst ein Wort hervorzubringen, deutete er nach dem Fenster, mit einer so beredten Miene des Entsetzens, daß sein Herr lauschend den Kopf nach dem Fenster wandte.

»Im Namen des Kaisers, öffnet!« tönte es, das nächtliche Echo wachrufend, vom Garten herüber.

Der junge Mann stutzte, als traue er seinen Ohren nicht, aber wiederum hallte der drohende Ruf durch die Nacht und schlug als Echo von dem hinter der Villa aufragenden Hügel zurück.

»O Herr, im Namen des Kaisers!« stieß der Knabe, zitternd die Hände faltend, hervor, indeß sein Herr aus dem Bette sprang und nach dem Fenster taumelte, durch das er zwischen den Büschen des Parks die im Fackelschein wie Irrlichter hin und her blitzenden Helme mehrerer Soldaten gewahrte.

»Gilt das mir?« brummte er vor sich hin, und stieß, nach seinen Kleidern rufend, in der Verwirrung das Kohlenbecken um, wobei er sich, wie man aus seinem Schmerzensruf schließen konnte, an den noch glimmenden Kohlen verbrannte. Als nun der Knabe, das Schlimmste ahnend, zu weinen begann, herrschte ihn Paris, das Gesicht in das Waschbecken tauchend, an, er solle schweigen und öffnen.

»Oeffnen?« frug der Kleine zagend.

»Wie oft soll ich es sagen,« rief Paris zornig, vergeblich bemüht, seine Sandalen umzuschnüren, deren Riemen seinen Fingern entschlüpften. Als der Knabe hinausging, murmelte der junge Tänzer mehrmals halbverständliche Worte vor sich hin und befahl einem mühsam hereinschleichenden alten Sklaven, darauf zu achten, daß seine Mutter von dem ganzen Vorfall nichts erführe.

»Es scheint mir, als wenn der Lärm deine Mutter bereits geweckt habe, liebes Kind,« stammelte der kahlköpfige Rufus, »wenigstens sah ich Licht auf jener Seite der Villa. O übereile dich nicht, Herr,« setzte er dann besorgt hinzu, dem Herrn vorsichtig die Sandalen schnürend und die Lacerna umwerfend. »Hier deine Unterkleider, es ist kühl heute Nacht, daß du dich ja nicht erkältest, Kind – o Zeus! deine Sandalen, – befiehlst du Waschwasser? oder willst du nicht lieber die Toga anlegen? Wer weiß, ob du nicht vor den Kaiser gerufen wirst. O Zeus! welche Noth, welches Unglück!«

Paris saß, mit dem Schlafe ringend, den Kopf vornüber gebeugt, auf dem Stuhle und der redselige Alte, der wie ein Vater um ihn bemüht war, bemerkte erst nach einiger Zeit das Insichversunkensein des Gebieters.

»Aber um Zeus des Allmächtigen willen, liebes Kind,« fuhr der theilnehmende Diener jammernd fort, »was hast du verübt? was soll das bedeuten? In der Nacht aus dem Bette, und du bist doch so beliebt in Rom, was wollen sie von dir? Ich fürchte, ich fürchte, das endet schlimm, der Gunst der Mächtigen ist nicht zu trauen.«

Gerade als er mit der Toga, die er von einem Kleidergestell genommen, herzutrat, entdeckte er die eigenthümliche Lage seines Gebieters. »Aber du fällst herunter, ich glaube du schläfst auf dem Stuhle von neuem ein,« rief er. Paris fuhr gähnend in die Höhe, rieb sich die Augen und murmelte eine Verwünschung vor sich hin, der man anhörte, daß in dem jungen Manne anfing der Künstlerstolz zu erwachen, das Gefühl allʼ jener Stunden, da er auf offner Scene ein tausendköpfiges Publicum hingerissen, das Bewußtsein der Verherrlichung, der Verklärung durch die Menge.

»Bist du fertig?« seufzte er, schlaftrunken murmelnd, indeß sich der Alte zu seinen Sandalen niederbückte; »laß doch das Schnauzen – Schnüren wollte ich sagen, laß nur so, ich bin zum Umsinken müde – das ist eine ganz unleidliche Störung, Rufus!«

»Ach ja, lieber Herr, mehr als unleidlich,« wimmerte der Alte, »fast möchte ichʼs gefährlich nennen, höchst bedenklich, wenn nicht halsbrechend, denke nur, in der Nacht – Schergen – ist es dir hier, hier innen nicht sehr bange, liebes Kind?«

Er schlug sich auf die Brust und sah kläglich zu seinem Gebieter empor, der, sich wieder schwerfällig auf den Stahl werfend, jetzt in trotzig schläfrigem Tone vor sich hin murmelte: »Ich hätte gute Lust, ihnen nicht zu folgen.«

Als der Kahlkopf dies Wort vernommen, starrte er seinen Herrn mit offnem Munde, fast blödsinnig an, und als dieser nun in kindisch weinerlichem Tone, die Fäuste ballend hinzufügte: Nein, ich gehe nicht, das Publicum wird mich schützen, ich appellire an das Publicum,« gerieth der alte Mann, aus seiner anfänglichen Erstarrung erwachend, in die höchste Aufregung.

»Wie sagst du?« stotterte er.

»Warum wage ich es nicht?« fuhr der Schauspieler immer kühner fort, »fehlt es mir etwa an Mut?«

»Wie sagst du?« wiederholte Rufus lauter.

»Was starrst du mich so an?« entgegnete ihm Paris, »hältst du es für möglich? Wird der Kaiser es wagen Gewalt zu brauchen mir gegenüber?«

Paris fühlte sich jetzt auf der Bühne stehn, seine Lebensgeister erwachten; trotzdem war es ihm schwerlich Ernst mit dem Widerstand, den er leisten wollte. Er glaubte nur sich dem berühmten Künstler diese Erhebung über die Schläge des Geschickes schuldig zu sein.

»Bei allen Göttern,« stöhnte der Alte, die Hände über dem Kopfe faltend, »bist du von Sinnen, liebes Herz? Einen Willen haben dem Domitian gegenüber? seinem Befehle nicht folgen? Unglaublich! du ein Schauspieler! ein Tänzer! – das Publicum! ha! ha! ha! das Publicum«– lachte er ingrimmig auf. Paris sah erstaunt dem in nervöse Aufregung Gerathenen inʼs Gesicht.

»Was? du höhnst,« rief er dann mit stolzer selbstbewußter Stimme dazwischen, »wer weiß nicht, daß Paris der Gott der Römer ist!«

Der Alte ward auf einmal ernster, nahm eine devote Miene an und verbeugte sich mit ironischem Lächeln.

»Ein Gott,« sagte er fast mitleidig, »der in jedem Augenblick, z. B. wenn er sich den Fuß vertritt, ausgezischt werden kann.«

»Sei still, alter Spötter,« rief ihm Paris sich erhebend zu und die Stuhllehne erfassend, sagte er mit theatralischem Pathos: »Ich bin in der That geneigt zu prüfen, wen Rom mehr verehrt seinen Kaiser oder seinen Tänzer.«

Paris blieb nach dieser Phrase in tragisch imponirender Stellung, das eine Bein vor das andere gesetzt, stehen; als er aber dem halb mitleidigen, halb sorgenvollen Blicke seines alten Getreuen begegnete, erröthete er unwillkürlich.

»Ich höre Waffen auf der Hausflur,« flüsterte der Diener, »sie kommen.«

Paris blieb in seiner theatralischen Stellung, den einen Arm gehoben, gleichsam als Merkur stehen, wandte aber den Kopf erbleichend nach dem Thürvorhang, der von rauher Hand zurückgeschoben, jetzt das gebräunte schwarzbärtige Gesicht des Centurio Silius hinter seinen Falten auftauchen ließ.

Der Hauptmann, als er den Jüngling in dieser imponirenden Stellung gewahrte, bemäntelte nicht ein verächtliches Lächeln, das um sein, vom Helmband plattgedrücktes Kinn spielte, grüßte flüchtig und forderte dann mit ein paar knappen Worten den Pantomimen auf, ihm zu folgen.

»Wohin.« frug dieser, den die verächtlich herablassende Art des Kriegers ernstlich zu ärgern begann.

»Wohin?« gab der Hauptmann erstaunt zurück, »wer fragt hiernach? Uebrigens, soviel ich weiß, direct vor den Kaiser.«

»In der Nacht? zu einer Zeit, wo Jeder das Recht hat, Störer vor die Thüre zu jagen?« frug der Mime, worauf ihn der Hauptmann, über diese Keckheit sprachlos, ganz geistesabwesend ansah.

»Warum? ich frage, weshalb treibt man mich aus meinem Bett, ich bin müde, ich will Ruhe haben!« stieß Paris hervor. Des Hauptmanns Züge verfinsterten sich, er wollte zornig antworten, beherrschte sich und sagte darauf, indem er den Thürvorhang langsam hob, mit sarkastischem Lachen: »Bei Zeus, du ergötzest mich!« Indem er dies sagte, winkte er zwei Soldaten herbei, die, ihn fragend ansehend, vor dem Vorhang stehen blieben.

»Nehmt ihn in eure Mitte!« befahl er gleichmüthig und wollte gehen. Paris, von seinem Werth durchdrungen, der Held aller Gelage, der Verwöhnte aller Vornehmen, der Liebling der Frauen, der Freund der Kaiserin, Paris verletzte dies kalte Benehmen aufʼs Aeußerste.

»Ich bin Paris,« sagte er stolz, und indem er seinen herrlich gewachsenen Körper graziös emporrichtete, zitterte der Stuhl in seiner Hand. Der Hauptmann, schon fast außerhalb des Zimmers, sah ihn über die Schulter an.

»Ei was! das wußte ich nicht,« sagte der rauhe Krieger: »Du bist Paris – sehr schön – ich bin Silius, der Hauptmann. – Nehmt ihn in eure Mitte!« setzte er mit vornehmer Gleichgültigkeit hinzu.

»Du wirst diese Behandlung bereuen,« stieß Paris heraus, dessen Zorn sich gerade noch genug Respect vor der Waffengewalt beimischte.

»Hüte dich, daß du nichts zu bereuen hast,« warf Silius, die Augenbrauen zusammenziehend hin und wollte gehen, indeß der alte Diener entsetzt seinem Herrn zuwinkte, er möge es nicht zum Aeußersten kommen lassen.

Als die beiden Krieger auf Paris zuschritten, eilte dieser an seinen Putztisch, riß erregt die Lade heraus, kramte erregt unter den Kämmen, Salben, Büchsen und Nadeln und schritt dann, einen glänzenden Gegenstand in der Hand, auf den Centurio zu.

»Kennst du diesen Ring?« frug der Tänzer mit bebender Stimme, »kennst du diesen eingeschnittenen Kopf und diese Buchstaben?«

Der Hauptmann, nachdem er einen Blick auf den Edelstein geworfen, sah den Tänzer einen Moment hindurch verblüfft an, dann nahm sein Gesicht einen fast erschrockenen Ausdruck an, den er jedoch hinter einer ärgerlichen Miene zu verbergen suchte. Er gab den Soldaten einen abwehrenden Wink, und griff unwillkürlich als Zeichen der Ergebenheit an den Helm.

»Das ist ihr Namenszug, das ist die Kaiserin,« murmelte er verlegen, im Gefühl, daß er hier mit einem Einflußreichen zu thun habe, dem er vielleicht zu nahe getreten.

»Ja, das ist sie,« entgegnete Paris befriedigt, – »ein Geschenk der Kaiserin. Ich bin, wie du siehst, ihr Schützling, und nun hoffe ich, du wirst mit mir verkehren, wie es dir ziemt.«

Der Hauptmann war sogleich gänzlich umgewandelt. Völlig durfte er den überlegenen Ton nicht fallen lassen, das erlaubte seine Stellung, seine Würde nicht, aber einen hilfesuchenden Blick auf den Tänzer werfend, bat er alsdann, in einer gewissen finster-höflichen Weise um Entschuldigung, daß er die Nachtruhe eines Römers habe stören müssen. Er gehorche dem Befehl eines Höheren und könne, so leid es ihm thue, diesen Befehl nicht umgehen. Der Kaiser habe, als er in der Nacht aufwachte, plötzlich nach Paris verlangt, mehr wisse er nicht zu sagen; weder ob dem Vorgeforderten Gutes, noch ob ihm Schlimmes drohe, wisse er. Euren Grund pflege Domitian für seine Handlungsweise nie anzugeben, und es sei gefährlich, nach Gründen zu spähen.

»Ich werde folgen,« sagte Paris ruhig, und frug alsdann, da eben eine Zofe eingetreten war, ob es ihm erlaubt sei, noch einmal rasch von seiner Mutter Abschied zu nehmen. Der Hauptmann besann sich. Man habe schon zu lange gezögert, meinte er, gab aber dann die gewünschte Erlaubniß. Auch werde Paris gut thun, seine Toga anzulegen, fügte er hinzu, der Kaiser, wie er wisse, halte darauf, daß man seiner Würde die nöthige Ehrfurcht entgegenbringe.

Paris eilte durch das Peristyl in das Zimmer Juliaʼs, seiner Mutter, die er mit dem Anstand einer Kaiserin aufrecht im Bette sitzen fand, und die ihn, eine Rolle, in der sie gelesen, weglegend, schweigsam empfing, ihre großen Augen halb angstvoll fragend, halb resignirt heiter auf ihn geheftet. Paris, der die größte Ehrerbietung vor dem echt römischen, großangelegten Charakter seiner Mutter empfand, kniete auf das Löwenfell nieder, das vor dem Bette lag, und drückte die immer noch weiche, kaum von Runzeln durchfurchte Hand der majestätischen Frau beklommen an die Lippen. Ihm entging, daß die Ruhe, die sie angenommen, keine natürliche war, und er hätte es lieber gesehen, wenn sie, anstatt sich gleichmüthig von der Zofe die Polster ordnen zu lassen, lebhaftere Bestürzung gezeigt.

»Es ist mir leid, daß dich der Lärm geweckt hat, Mutter,« sagte er leise. »Du bedarfst des Schlafes so nöthig, in deinen Jahren, wo er sich bereits seltner einzustellen pflegt.«

Julia senkte ihr etwas volles, streng geschnittenes Gesicht zu ihm herab, sodaß sich unter ihrem Kinn ein zweites Kinn bildete und ihre stark ausgeprägten Augenbrauen über der gebogenen Nase sich fast berührten.

»Sprich nicht von mir,« entgegnete sie mit tiefer, fast männlicher Stimme, ihre Gemüthsbewegung unterdrückend. Sie vermied es augenscheinlich, näher auf die Gefahren einzugehen, denen ihr Kind möglicherweise heute Nacht ausgesetzt war. Darauf winkte sie der Zofe, sie möge gehen, und betrachtete lange die im Glanz des Candelabers blaß schimmernde Stirn des Sohnes, die jetzt die Röthe der Verlegenheit zu überziehen drohte. Ihr Blick war ruhig, fast kalt, aber im Innersten ihres Auges leuchtete zuweilen eine tiefe Besorgniß auf, als sie die schlanke Hand, den bläulich glänzenden Nacken des Kindes prüfend, sich gestehen mußte, daß sich über diesen jugendfrischen Leib schon jener eigenthümlich krankhafte, verfeinernde Hauch breitete, der dem allzureichlichen Genuß wie ein Gift zu entsteigen pflegt. Diese Wangen, die von verzehrenden Küssen, diese Arme, die von unwürdigen Umarmungen erzählten, dieser ganze vielbewunderte Leib verkündeten die alte Lehre, daß der Mensch nicht geschaffen ist, das Uebermaß der Bewunderung zu ertragen, daß er dem Genuß fast noch früher als den Schmerzen und Anstrengungen erliegt.

Als er nun das zwar schöne, aber in ungesunder Schwermuth leuchtende Auge zu ihr aufschlug, fuhr sie ihm mit der Hand zitternd über die krausen Haare. »Du zerstörst dich, wenn du so weiter lebst,« flüsterte sie sehr ernst, kaum hörbar. Paris, der lächeln wollte, zuckte von diesen Worten getroffen zusammen, und als er nun ebenfalls kaum hörbar sagte: »Verzeihe meine Schwäche,« bemerkte die Mutter mit Kummer, wie das Lächeln, das er erheuchelte, seinem so schön geformten Munde einen lebensmüden, fast weltverächtlichen Ausdruck verlieh. Er beugte das tieferröthende Haupt bis an den Rand des Lagers nieder und Julia, von einer eigenthümlichen Scheu zurückgehalten, hielt dem Sohne nicht, wie es ihr eigentlich ihr Inneres vorschrieb, tadelnd einen Spiegel seines Lebenswandels vor. Sie ließ es bei jener mahnenden Bemerkung bewenden, da es ihr wie eine Entweihung ihres beiderseitigen Verhältnisses vorgekommen wäre, gewisse unlautere Dinge zu berühren. Ihm den ganzen Schmerz ihres Innern zu enthüllen, hielt sie für um so unnöthiger, da er ja ihre Unzufriedenheit aus der Art, wie sie mit ihm verkehrte, empfand, ja, von ihrem stummen Vorwurfe tief zu Boden gedrückt wurde. Sie hob sich in den Kissen empor, wollte einen Satz beginnen, stockte und schwieg. Es war offenbar, daß sie vermeiden wollte, sich bestürzt oder gar weich zu zeigen, daß sie aber doch gern mit ein paar Worten die seltsame, nächtliche Ueberraschung erwähnt hätte.

»Man ruft dich um diese Stunde vor den Kaiser,« sagte sie mit etwas unklarer, belegter Stimme, »bist du dir irgend einer That bewußt, die den Zorn Domitianʼs herausforderte?«

Da sie, wie es in ihrem stoischen Charakter lag, immer auf das Außerordentliche gefaßt war, als sei es das Gewöhnliche, vermochte sie bald nach den ersten Worten, ihrer Stimme die ursprüngliche Festigkeit wieder zu geben, kaum daß ein Hauch von Besorgniß in deren Klang zitterte.

Paris versicherte, ihm sei der Grund dieser plötzlichen Vorladung so unbekannt wie der Mutter, aber er habe, möge ihm nun Glück oder Unglück winken, es für seine Pflicht gehalten von seiner Mutter Abschied zu nehmen. Er fühle sich zwar keineswegs beunruhigt, habe durchaus kein böses Gewissen, aber ihm scheine, als wenn dieser plötzlichen Vorforderung irgend ein schlimmes Ereigniß folgen werde. Domitian sei als heimtückisch und launenhaft bekannt.

Er hatte diese letzte Bemerkung besonders stark betont, um dadurch auf das Herz der Mutter zu wirken, deren Fassung ihn beinahe beunruhigte.

Die Matrone, die wohl wußte, was er durchblicken lassen wollte, gab sich indeß Mühe eine fast noch ruhigere Miene zur Schau zu tragen.

»Was dich auch treffen mag,« sagte sie, »sei mein Sohn!«

»Der bin ich, und bin stolz darauf es zu sein,« entgegnete Paris mit rascher Herzlichkeit, erhob sich und wollte der Mutter Lippen küssen, wurde aber durch eine ablehnende Bewegung von der Umarmung zurückgehalten. Aus Juliaʼs Auge hatte ihn ein scheuer, angstvoller Blick getroffen, der in seinem schmerzlichen Leuchten vielsagend genug war, um von Paris richtig gedeutet zu werden.

Der Jüngling stand jetzt, die Arme muthlos sinken lassend, mit auf die Brust herabgeneigtem Kinn da, den Mund fast trotzig zusammenpressend.

Als ihn die Mutter so finster beschämt stehen sah, überkam sie eine momentane Angst, vermischt mit Mitleid.

Obgleich sie ihr Benehmen für das richtige hielt, um ihm ihre Gesinnung anzudeuten, versuchte sie es, durch freundliche Worte die niederschmetternde Wirkung ihres Abwehrens aufzuheben, was ihr jedoch nur unvollkommen gelang.

Paris antwortete einsilbig, gedrückt, oft nur durch Achselzucken.

Als jetzt der Hauptmann durch eine Dienerin des Hauses melden ließ, man möge sich beeilen mit dem Abschied nehmen, er könne nicht länger warten, zuckte ein rasch wieder verschwindender Zug tiefer Beängstigung über das Gesicht Juliaʼs. »Er kommt,« sagte sie der Zofe und indem sie ihre heftigen Athemzüge zurückdrängte, ihr Zittern beherrschte, wandte sie sich zu dem noch immer regungslos dastehenden Paris.

»Du weißt, wie man den Großen zu begegnen hat,« sagte sie ruhig und reichte dem Sohne die Hand, »ich hoffe dich vor Sonnenaufgang wiederzusehen.« Paris ging ohne Gruß, während sie ihm so lange nachsah, bis er hinter dem Thürvorhang verschwand und das Commando des Hauptmanns die Stille des Hauses durchhallte. Paris gab sich indem er ging Mühe, die Ruhe und Fassung seiner Mutter zu bewundern, konnte aber kaum verhindern, daß ihn diese ruhige Fassung wie Lieblosigkeit anmuthete. Hätte sie nicht herzlicher sein können in einem Augenblick, in dem es sich vielleicht um ein Nimmerwiedersehn handelte? Wer weiß, was mit ihm in der nächsten Stunde geschieht? Schon oft wurden selbst hochstehende Persönlichkeiten ohne Verhör verurtheilt. Ja, es lag im Charakter Domitianʼs seine Opfer mit Gunst zu überhäufen, in Hoffnungen einzuwiegen, ehe er sich ihrer entledigte. Und schien es nicht, nach dieser auffallenden nächtlichen Vorforderung zu urtheilen, als solle er unter die Zahl jener Opfer gezählt werden? Der Kaiser hatte ihm zwar immer nur durch andere seine Befriedigung ausdrücken lassen, hatte ihn nie selbst gesprochen, es waren also keine eigentlichen Befürchtungen zu hegen, aber Paris hörte, wenn er angestrengt auf die Stimmen seines Innern lauschte, eine Mahnung seltsamer Art. Nicht daß er sich schuldig fühlte, aber die Schuld einer Andern erschien ihm ansteckend, zog den Unschuldigen in geistiger Beziehung mit inʼs Verderben. Das Netz, das sie nach ihm auswarf und dem er auswich, hatte ihn wenigstens gestreift, die Hitze, die sie ausstrahlte, wenn sie ihn auch nicht versengte, blendete ihn. Er wagte kaum hieran zu denken, seine Gedanken schlüpften an dieser auf der Lauer liegenden Vermuthung seines Innern vorbei, wie die Gefangenen, die der Circus einschließt, den Behälter des Löwen vermeiden.

Da war ein Lächeln, ein vornehmes Lächeln auf der untersten Sitzreihe, das er zuweilen, wenn er getanzt, wie einen verzehrend heißen Sonnenstrahl auf sich ruhen gefühlt, da war eine Stimme, die, wenn sie ihn vor der Versammlung ansprach, zitterte, Wangen, die sich entfärbten. Und neben diesem üppig weichen Frauenkopf, ragte ein düster-stolzes Männergesicht, das beobachtete, prüfte, manchmal mißtrauisch zuckte, jedoch seine Gedanken verbarg.

Als dem Tänzer zum ersten Male klar wurde, was in jenem Lächeln aufblitzte, in jener Stimme verborgen aufzitterte, war ihm das Blut nach dem Herzen gedrungen. Ein jäher Schreck hatte ihn durchzuckt. »Nein – diese —, nein!« rief er sich zu, »sie zu lieben ist Tod, – freilich, sie zu meiden, ist ebenfalls der Untergang.« Sie war ihm beinahe verhaßt, trotz ihren Geschenken, trotz ihrem Liebreiz. Nicht blos wegen jenes unheildrohenden Männergesichts, das neben ihr, wie das Gesicht ihres Henkers ragte. Die kühle Art, in der sie ihre Gluth bald zeigte, bald verbarg, war ihm widerlich, erschien wie bösartige Heuchelei.

Wohl war er sich keines Fehlers bewußt, höfliche Kälte war Alles, was er diesem Weibe entgegengebracht, aber man weiß, wie wenig in Rom der Tugend Zutrauen geschenkt wird, wie gern man das Laster belächelt, und nun gar, wenn dies Laster ein Diadem trägt, wenn es der Besitz des Mächtigsten im Reiche ist und, wenn jener Mächtigste Mißtrauen hegte? Tödtet dich denn nicht schon der Gedanke, den jene Andere denkt? Der Wunsch, der in jener Andern aufsteigt? Und ein Paris, der liederliche Held aller Gelage? Der Günstling aller Frauen? Wird man, wenn die höchstgestellte Frau des Reichs ihm ihre Gunst deutlich an den Tag legt, wird man seiner Versicherung trauen? Ihm glauben, wenn er seine Herzenskälte zu beweisen sucht? Der junge Mann fröstelte in sich zusammen, als er, in seinen Mantel gehüllt, durch die dunklen Straßen Roms dahin schritt, und derartige Gedanken in der Brust wälzend, auf die höflicheren Anreden des Hauptmanns kaum antwortete.

Die Kühle der Nacht wirkte belebend auf sein ermattetes Nervensystem, doch wußte er nicht, ob das Zittern, das ihn zuweilen krampfartig befiel der Einwirkung der Kälte zuzuschreiben war, oder ob die bevorstehende Audienz sein Herz in krankhafte Erregung versetzte. Das Pflaster hallte vom schweren Marschtritt seiner Begleiter wieder, während die gelbe Purpurgluth der Fackeln, Helme und Lanzen in riesigen tanzenden Schatten an die stumm aufragenden Häuserwände malte. Um sich zu zerstreuen, das beklommene Gefühl der Erwartung zu verscheuchen, beschäftigte sich Paris mit diesem phantastischen Schattenspiel und den hastigen Lichtblitzen, die bald hier ein enges Gäßchen, bald dort einen Brunnen oder eine Scene aus dem Leben im Vorbeistreifen grell beleuchteten. Denn ganz ausgestorben war das Leben der Straßen noch nicht, und es gelang sogar Paris, sich durch diese oder jene Beobachtung für einen Moment seiner niederdrückenden Stimmung zu entreißen. Freilich ging es ihm hierbei wie dem Sisyphus, die hinweggewälzte Last stürzte desto unheimlicher auf ihn zurück, die Gefahr, die ihn umdrohte, engte ihn desto pressender von allen Seiten ein, wenn er sie kaum erst zurückgeschoben, fast wünschte er, er kenne bereits sein Schicksal, selbst wenn es das schwärzeste wäre, denn das Ungewisse der Zukunft vergrößerte sich in seiner Phantasie, nahm Gestalt an und zeigte sich ihm als Bild.

Er dachte an die Thränen seiner Diener, als er eben von ihnen Abschied genommen, an die Liebkosungen des alten Rufus, der ihm väterliche Ermahnungen inʼs Ohr geflüstert, an den Schmerz des kleinen Markus, der sich an ihn geklammert und ihn nicht ziehen lassen wollte, und er fand in dem Kummer dieser Guten einigen Trost.

»Doch was kann mir das alles nützen,« rief eine lebensmüde Gegenstimme seines Innern, »was ist Treue? Die Leute weinen, weil sie ohne mich verhungern müßten. Von wem werde ich thatsächlich geliebt? Von meinem Hunde vielleicht, den ich ungefähr so liebe, wie mich meine verschiedenen Anbeterinnen lieben. Pah! es ist nicht der Mühe werth, von unseren sogenannten heiligen Gefühlen zu sprechen.«

Größeren Trost würde es ihm gewährt haben, hätte er nun seine Mutter sehen können, wie sie sich ankleiden ließ, um die Nacht wachend zu verbringen, wie sie sich von der Zofe vorlesen ließ und nicht hörte, sondern entweder mit starrem Blick in die Lampe sah, oder unruhig im Gemache auf und abschritt, die Wiederkehr des Sohnes mit starker hocherregter Seele erwartend. Aber er vermied an die Mutter zu denken, es überkam ihn, wenn er dennoch an sie dachte geradezu ein Trotzgefühl.

Möchten sie mich ihr tödten, rief er sich einmal zu, ob sie dann vielleicht an der Leiche des Sohnes Mitgefühl zeigte?

Endlich, als er im Schimmer der Fackel einen Betrunkenen an der Mauer lehnen sah, der mit schläfrigem Lächeln die kaum genossene Mahlzeit über seine eigne linke Schulter hinüber von sich gab, beschloß er, unwillkürlich durch diesen Anblick erheitert, sich mit gewaltsamer Ueberwindung in eine lustige Stimmung zu versetzen. Sogleich begann er, während sie durch das Tiberfeld schritten, mit dem Hauptmann ein Gespräch über die Tanzkunst, wobei er versicherte, er werde sich auch im tragischen Fache versuchen und nächstens den Oedipus spielen. Sodann scherzte er über das Pech einer Fackel, das ihm einer der Soldaten unvorsichtigerweise über die Toga gegossen, rief einem vorüberhinkenden Liebhaber, dem man die Kleider vom Leibe geprügelt und erhielt sich so lange in dieser nervösen Lustigkeit, bis er auf einmal ganz verstummte.

»Warum schweigst du so plötzlich,« frug ihn der Hauptmann.

»Ich habe keinen Grund zum Reden, es ist alles so einfältig,« entgegnete Paris verdrießlich.

»Einfältig?« frug der Hauptmann erstaunt, »du hegst Besorgnisse?«

»Pah, das ist vorbei,« lachte Paris, »zu was auch! Mag er mit mir beginnen, was er will; er kann mich nicht mehr als in die Unterwelt befördern.«

»Dort wird es dir nicht behagen,« meinte der Hauptmann, »es soll dort ein wenig dunkel sein.«

»Nun, man wird wenigstens nicht die Nacht aus dem Bette geholt und kann ausschlafen,« sagte Paris.

»Aber der Tanz und die Liebe?« gab der Centurio zurück.

»Schlafen ist besser,« brummte Paris.

Wirklich überkam den Tänzer, je mehr sie sich dem Palaste des Kaisers näherten, jene stumpfe, gleichgültige Mißstimmung, die sich wie ein grauer Regentag über das Gemüth legt, der gegenüber jedes Schöne seine Schönheit, jedes Häßliche sein Widerwärtiges, jedes Unglück seinen Stachel verliert. Schon seit einigen Monaten hatte er diese Stimmung an sich bemerkt, die vielleicht eine Folge seiner die Nerven erschlaffenden Lebensweise war und die, obgleich er sich gelegentlich darüber ärgerte, eigentlich nichts Unangenehmes hatte. Sie überschlich den Geist wie ein graues Spinngewebe, reizte zum Schlaf und ließ die Außenwelt traumhaft auf die in süße Betäubung aufgelöste Seele wirken. Wie langweilig das Alles war, die Häuser, die Soldaten, der nächtliche Marsch, das Leben überhaupt war nicht des Lebens werth, und wenn es in dieser Nacht noch zum Sterben kommen sollte, was kümmerte es ihn, nur zu!

Paris begann mehrmals zu gähnen, und während die Soldaten, wie er wohl hörte, von der gefährlichen Lage flüsterten, in der er sich befinde, gab er sich vergeblich Mühe, sich in die Situation zu versetzen. Er stand eigentlich nur mit dem Leib in ihr, sein Geist war außerhalb.

»Ich weiß nicht, wie mir ist,« sagte er zu sich selbst, und wiederholte kopfschüttelnd: »Ich weiß nicht, wie mir ist, Alles so einerlei! Aber es ist am besten so, nur zu!«

Als sie jetzt am Capitol vorbeischritten, dessen Tempel hoch oben wie weiße, dem Olymp entstiegene Göttergestalten im grau angehauchten Nachthimmel schimmerten, öffnete sich das Fenster eines gegenüberliegenden Hauses. Alsdann flog eine herabgeworfene Topfscherbe, dicht an Paris Haupt vorüber, prasselnd auf das Pflaster. Paris lachte und sagte zu dem erschrockenen Hauptmann, was er wohl gethan haben würde, wenn ihn die Scherbe tödtlich getroffen, und so den Kaiser um den Spaß gebracht hätte, ihn sterben zu sehen?

»Du hättest dich wohl aus Verzweiflung in dein Schwert gestürzt? fügte er hinzu, »doch beruhige dich. Sieh, du trägst da ein Schwert an der Seite, das hätte ich dir schon lange entreißen können, um mir den Hals zu durchschneiden. Ich will aber einen braven Mann, wie du bist, nicht in die Verlegenheit setzen, vor Domitian zittern zu müssen.«

»Wer weiß,« flüsterte einer der Soldaten seinem Kameraden inʼs Ohr, »vielleicht wäre dem Kaiser ein Gefallen damit geschehen, wenn die Topfscherbe dem weibersüchtigen Tänzer das Tanzen für alle Zeit unmöglich gemacht hätte.«

Die Soldaten lachten und erzählten sich allerlei Anrüchiges betreffs der stadtbekannten Liebesverhältnisse des Mimen, bis ihnen der Hauptmann zu schweigen gebot, was aber nicht verhinderte, daß das Gezischel seinen Fortgang nahm.

»Die Frau des Senators Julianus liebt ihn auch,« hörte Paris einen der Soldaten zu seinem Nachbar sagen, und der junge Mann wußte nicht, ob er lächeln oder erröthen sollte, als er noch mehrere seiner Abenteuer von diesen rohen Soldatenlippen in den Staub ziehen hörte. Erst als sie vor dem in massiger Schwärze aufragenden Palast des Kaisers standen, und die pompöse Architektur desselben, die weite Thorhalle, die vergoldete Säulenreihe an rücksichtslose Macht, finstern Egoismus gemahnte, mischte sich in Parisʼ Brust jener stumpfen Gleichgültigkeit wieder eine gewisse beengende Unruhe bei, die sich noch vermehrte, als sie die öden, langgedehnten Corridore hinabschritten. Die im Fackellicht buntschimmernden Wände hallten dumpf die Schritte der Eintretenden nach. Ueberall brütete geheimnißvolle Ruhe, hinter den gestickten Thürvorhängen, unter den vergoldeten Marmorstiegen, von den gemalten Decken sank sie herab, die Ruhe eines Grabmals. Es war, als werde selbst das Leblose, die Statuen, Urnen und Säulen von der finsteren Willkür eines Einzelnen niedergedrückt und versinke in stumme Melancholie. Paris stieß von Zeit zu Zeit leises Husten aus, bis man ihn in das Atrium führte, woselbst man ihn zu harren bat. Dort ließ er sich auf einen Sessel nieder, hüllte sich in seine Toga und schloß die Augen, sich absichtlich verbietend, an etwas Anderes als an seine Müdigkeit zudenken.

Der Mime

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