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17. Arbeit.

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Unter Kraft versteht man, wie früher gesagt, jede Ursache, welche an einem Körper eine Bewegungsänderung hervorrufen kann. Wenn der Körper sich nicht bewegen kann, weil ein Hindernis die Bewegung unmöglich macht, so äußert sich die Kraft nur als Zug oder Druck; man sagt dann wohl, die Kraft ruht. Ist aber kein solches Hindernis vorhanden, so kommt die Kraft zur Wirkung, sie erteilt dem Körper eine Geschwindigkeitsänderung, schiebt ihn eine Strecke weit fort, und man sagt dann, die Kraft arbeitet oder leistet eine Arbeit. Arbeit ist die Wirkung einer Kraft längs einer gewissen Strecke.

Eine Kraft arbeitet auch, wenn sie einen Körper dadurch in Bewegung erhält, daß sie die der Bewegung entgegenstehenden Hindernisse und Widerstände überwindet.

Wenn der Steinträger die Last auf dem Rücken hat und stehen bleibt, so arbeitet er nicht, er ruht; wenn er sie aber auch das Baugerüst hinaufträgt, so arbeitet er, seine Kraft wirkt auf eine gewisse Höhe hin. Zieht das Pferd an einem Seile, das an einem Pflocke befestigt ist, so arbeitet es nicht, denn es legt keinen Weg zurück; zieht es aber am Wagen, indem es zunächst dem Wagen eine Bewegung gibt und dann die Reibung überwindet, so arbeitet es, es wirkt mit seiner Kraft längs einer gewissen Strecke. Der Dampf im Dampfkessel drückt mit großer Kraft beständig auf die Wände des Kessels, aber er legt keinen Weg zurück, er arbeitet nicht; läßt man ihn in den Cylinder der Dampfmaschine einströmen, so schiebt er den dort befindlichen Kolben vorwärts, legt mit seiner Kraft einen Weg zurück und arbeitet.

Um verschiedenartige Arbeiten vergleichen zu können, wählt man eine möglichst einfache Arbeit als Arbeitseinheit. Dies ist das Meterkilogramm, mkg, oder Kilogrammeter, kgm; das ist die Arbeit, bei der die Krafteinheit, also das kg, die Wegeinheit, also 1 m zurücklegt. Ein Kilogrammeter ist die Arbeit, welche 1 kg Kraft verrichtet, wenn es längs der Strecke von 1 m wirkt. Man verrichtet 1 kgm Arbeit, wenn man 1 kg ein Meter hoch hebt; ebenso, wenn man einen kleinen Wagen, zu dessen Fortbewegung gerade 1 kg Kraft nötig ist, 1 m weit fortschiebt.

Leicht ist folgendes ersichtlich. Hebe ich nicht bloß 1 kg, sondern etwa 6 kg 1 m hoch, so ist, da ich 6 mal so viel Kraft anwende, auch die Arbeit 6 mal so groß, also = 6 kgm; hebe ich diese 6 kg nicht bloß 1 m, sondern etwa 5 m hoch, so ist, da ich 5 mal so viel Weg zurücklege, auch die Arbeit 5 mal so groß = 5 · 6 kgm = 30 kgm. Man findet demnach die Anzahl der Arbeitseinheiten kgm, indem man die Kraft, die in kg ausgedrückt ist, mit dem Weg, der in m ausgedrückt ist, multipliziert. Also

Arbeit = Kraft. Weg.

Man mißt die Arbeit einer Maschine, wenn man angibt, wie viele kgm Arbeit sie in jeder Sekunde leistet. Wenn durch ein Pumpwerk in jeder Minute 450 l Wasser 26 m hoch gehoben werden, so ist dessen Arbeit in 1 Sekunde = 450 · 26 60 = 195 kgm.

Da dies die von der Maschine nach außen wirklich abgegebene Arbeit ist, ohne Rücksicht auf die im Innern der Maschine noch nebenher etwa zur Überwindung der Reibung, zum Bewegen der Ventile etc. geleistete Arbeit ist, so nennt man sie die wirkliche oder effektive Arbeit oder Leistung der Maschine, oder kurz den Effekt. Der Effekt wird stets auf 1" bezogen.

Unter einer Pferdekraft versteht man die Arbeit, die ein Pferd verrichten kann; man nimmt sie an gleich 70 kgm in jeder Sekunde; so viel kann ein kräftiges Pferd bei schwerer Arbeit 8 Stunden des Tages leisten; jedoch leistet ein gewöhnliches Arbeitspferd kaum halb so viel. Auch die Arbeit von Dampfmaschinen, Wasserkräften, elektrischen Maschinen, Gasmotoren etc., kurz die Arbeit, welche die Motoren liefern, sowie die Arbeit, welche Arbeitsmaschinen brauchen, rechnet man nach Pferdekräften, setzt aber dabei eine Pferdekraft = 75 kgm. Die Arbeit eines kräftigen Mannes setzt man ungefähr = 15 bis 17 Pferdekraft.

Ähnlich wie das kgm ist definiert: das frühere Fußpfund, die Metertonne = 1000 kgm, das engl. Fußpfund, wobei, da 1 kg = 2,2 englische Pfund und 1 m = 3,28 engl. Fuß, 1 kgm = 2,2 · 3,28 = 7,23 englische Fußpfund ist.

Wenn im gewöhnlichen Leben eine Arbeit verrichtet werden soll, so kann sie häufig auf verschiedene Arten geleistet werden. So kann man sich, um Schutt fortzuschaffen, eines kleineren oder größeren Karrens bedienen, und man sieht leicht, daß je kleiner die Ladung ist, desto öfter der Weg gemacht werden muß. Je größer die Kraft ist, desto kleiner ist der Weg, die Arbeit ist jedoch stets dieselbe.

Das nämliche Gesetz gilt bei allen Maschinen. Maschine ist eine Vorrichtung, durch welche man imstande ist, eine Arbeit zu leisten, indem man Kraft auf sie verwendet.


Fig. 19.

So ist der Hebel eine einfache Maschine. Denn wenn ich etwa den Kolben einer Pumpe emporziehen will und mit meiner Kraft am langen Hebelarme ziehe, so verrichte ich doch die verlangte Arbeit; denn ich hebe den Kolben, dessen Belastung etwa 80 kg beträgt, etwa 10 cm hoch. Diese Arbeit verrichte ich aber nicht so, wie sie vorliegt, sondern ich ziehe an einem etwa 5 mal längeren Hebelarme, brauche also dort eine 5 mal kleinere Kraft, 16 kg. Soll aber der Kolben 10 cm hoch gehoben werden, so muß ich am langen Hebelarme einen 5 mal längeren Weg machen, 50 cm. Die von mir verrichtete oder aufgewendete Arbeit besteht darin, daß ich die Kraft von 16 kg auf eine Strecke von 50 cm ausübe; die von mir verlangte oder geleistete Arbeit war: 80 kg 10 cm hoch zu heben. Beide Arbeiten sind der Größe nach einander gleich; denn 80 · 0,1 = 8 = 16 · 0,5 kgm. Die Arbeit der Kraft ist gleich der Arbeit der Last.

Beim Hebel gewinne ich an Kraft; denn die Kraft ist kleiner als die Last; aber ich verliere an Weg; denn der Weg der Kraft ist größer als der Weg der Last, und zwar: Was man an Kraft gewinnt, geht an Weg verloren. Da hiebei der längere Hebelarm sich auch mit größerer Geschwindigkeit bewegt als die Last, so kann man auch sagen: was man an Kraft gewinnt, verliert man an Geschwindigkeit oder an Zeit. Dies Gesetz gilt bei allen Maschinen, und man nennt es wegen seiner Allgemeinheit und Wichtigkeit die goldene Regel der Mechanik.

Man findet dieses Gesetz beim Wellrad bestätigt: will man die Last um so viel heben, als der Umfang der Welle beträgt, so muß man das Wellrad einmal herumdrehen; die Kraft muß also einen Weg zurücklegen gleich dem Umfange des Rades; dieser ist aber größer als der Umfang der Welle, und zwar ebensovielmal als der Radius des Rades größer ist als der Radius der Welle; ebensovielmal ist aber die Kraft kleiner als die Last. Die Kraft ist also ebensovielmal kleiner, als ihr Weg größer ist.

Benützt man zum Emporheben eines Körpers eine schiefe Ebene, so ist die Kraft kleiner als die Last; dafür ist aber der Weg der Kraft, nämlich die Länge der schiefen Ebene, größer als der Weg der Last, nämlich die Höhe der schiefen Ebene.

Hebel und schiefe Ebene nennt man die einfachen Maschinen; alle anderen werden aus ihnen zusammengesetzt, und deshalb gilt bei allen Maschinen die goldene Regel. Besonders leicht ist dies ersichtlich am Flaschenzug; denn hat er in jeder Flasche etwa 2 (3) Rollen, so ist die Kraft 4 (6) mal so klein wie die Last; dafür muß aber der Weg der Kraft 4 (6) mal so groß sein wie der der Last; denn um die Last etwa 1 m hoch zu heben, muß man 4 (6) m Seil am freien Ende herausziehen. Gerade an diesem Beispiele des Flaschenzuges hat Descartes um 1660 das Gesetz der goldenen Regel zuerst entwickelt. Wir werden später sehen, daß dieses Gesetz sich durch die ganze Physik hindurchzieht, daß es das wichtigste, keine Ausnahme erleidende Grundgesetz der ganzen Natur ist. Eine Maschine dient nicht dazu, um uns Arbeit zu sparen, denn wir müssen stets soviel kgm leisten als die von uns verlangte Arbeit beträgt, gleichgültig, welche Maschine wir anwenden. Die Maschine dient jedoch dazu, die verlangte Arbeit auf bequemere Weise zu leisten, also etwa die erforderliche große Kraft durch eine kleinere zu ersetzen, oder die erforderliche rasche Bewegung (großen Weg) durch eine langsamere Bewegung (kleineren Weg) zu ersetzen.

Lehrbuch der Physik zum Schulgebrauche

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