Читать книгу Mein Herz, meine Prostata, die Ärzte und Ich - Willi M. Dingens - Страница 7
A n a m n e s e
ОглавлениеHatte ich schon erwähnt, dass es mich traf, als ich bereits in die Phase der Unsichtbarkeit eingetreten war?
Früher, also noch früher als die nun auch schon leicht zurückliegenden Begebenheiten, sahen mich die jungen und jüngeren Frauen, wenn sie auf der Straße an mir vorbeiwippten. Ich begegnete nicht nur ihnen, sondern ihren Blicken und mitunter auch einem gar nicht so flüchtigen Lächeln, das selten Teilnahmshalbherzigkeit, häufig wohlwollende Kenntnisnahme und mitunter auch ermunterndes Interesse bekundete. Jedenfalls bildete ich mir das ein.
Aber eines Tages – da half auch die Einbildung nicht mehr – bemerkte ich mit Ernüchterung, dass die jungen Dinger und auch schon die älteren, mich nicht mehr bemerkten. Sie konnten dicht an mir vorbei gehen und registrierten nicht einmal meine bloße Existenz. Ihr Blick traf mich manchmal zwar noch, aber er fokussierte mich nicht, nahm mich nicht zur Kenntnis, blieb einfach auf ein ferneres, vielleicht nur unbestimmtes, aber wohl schon offensichtlich lohnenderes Ziel gerichtet; ich war ihm nicht einmal ein physikalisches Hindernis.
Die Physiker kennen solches aus der merkwürdigen Quantenwelt, also jener Region unserer Welt, die nicht von dieser Welt sein kann. Quanten, die Wunder-Teilchen der wunderlichen Physik und der Physiker, können, wenn sie es denn unbedingt wollen, eine im Weg stehende massive Wand einfach durchdringen, ohne sich um das Hindernis scheren zu müssen. Die Physiker nennen es tunneln. Physikalisch ist es ein interessantes und spannendes, aber nicht so recht erklärbares Phänomen; umgangsmenschlich ist es erklärbar, jedoch ziemlich niederschmetternd und entwürdigend.
Aber so wurde mir klar: Ich war für gleich mehrere Generationen des weiblichen Teils der aktuellen Menschheit abgemeldet, aus dem Blickfeld geraten, an den im dicken Nebel liegenden Horizont des Interesses gerutscht. Ich war unsichtbar geworden, die Restlaufzeit war angebrochen und die Garantie jetzt wohl abgelaufen. Das war nicht nur deprimierend, es war mir auch ein Zeichen, nunmehr könnten sowieso ganz andere Dinge auch in die Blickfelder meiner Aufmerksamkeit rücken und meinen Schritten andere Richtungen geben. Das trat dann auch ein und davon will ich berichten.
Der Mensch ist ein vielseitig interessiertes Wesen. Nicht jeder und nicht immer, auch nicht unbedingt immer öfter, aber als Wesen im Wesentlichen schon. Alles Krankenhäusliche ist dabei für viele von uns von ganz besonderem Reiz. Niemand kann genau sagen warum. Vielleicht, weil uns Gesundheit sehr wertvoll und – muss man heute noch hinzufügen – sehr teuer ist.
Vielleicht auch, weil die Medizinmänner sich schon immer, also auch schon zu jenen Zeiten, da die Bürger noch nicht sehr ausgelassen aus Nah- oder Fernerholungsgründen durch Savannen und Wälder und auch über die Sand- und Betonstrände der nahen und fernen Gewässer tobten, als eine geheimnisvolle Berufsgruppe gaben, die mit allerlei Zauber umgehen konnte und mit einer besonders geheimen Verbindung zu den Mächten über die menschliche Natur ausgestattet war, was sich bis heute noch technologisch vervielfacht hat. Uff!
Vielleicht aber auch, weil sich das medizinische Fachpersonal untereinander in einer Art Code verständigen kann. Unverständliche Begriffe und unerschließbarer Sprachgebrauch nötigen dem Unkundigen immer Respekt und Unterwürfigkeit ab. Ganz sicher aber wegen der vielen Krankenschwestern und des erotisch-attraktiven Parts eines Chefarztes, der Intrigen der unterdrückten, aber aufstrebenden Assistenzärzte und der Stutenbissigkeit des sonstigen, hauptsächlich weiblichen Personals. Die Leiden der Patienten treten dahinter regelmäßig als aber so was von unwichtig und nebensächlich zurück; die können es nicht sein, die das Interesse von uns neutralen Beobachtern wecken.
Was haben wir uns vor dem Fernseher schon mit Ärzten, Schwestern und Patienten amüsiert. Ihr Krankenhaus war zwar am Rande der Stadt und auch sonst relativ entfernt, aber ihre Geschichten gingen uns nah. Was habe ich gelacht, als in einem englischen Film eine Horde durchgeknallter Patienten des Nachts einen eingebildeten Kranken eigenhändig zu operieren drohte. Und die Szenen in einem Kriegslazarett-Film waren so was von ulkig, dass das Werk schon internationalen Kultstatus an-nahm. Ach was kann ein amerikanischer Krieg doch zum Schießen sein, wenn er von obercoolen Ärzten und krassgeilen Schwestern bestritten wird und die Soldaten mit abgetrennten Gliedmaßen und herausquellenden Eingeweiden farbig-schmückendes Dekor sind.
Ach ja, Ärzte, Schwestern und Krankenhäuser sind eine gute Mischung und von besonderem Interesse. Erzählungen und Romane, TV-Serien oder Filme, die Ärzte zu ihren Hauptfiguren haben und deren Tun als bestimmende Handlungsstränge aufweisen, sind immer für hohe Einschaltquoten oder verlegerbefriedigende Verkaufszahlen gut. Apotheken und Apotheker sind entschieden langweiliger.
Was soll in einer Apotheke auch schon Aufregendes passieren. Vielleicht ist ein Medikament gerade aus, oder es gibt Trödel, da der Doktor eines verschrieben hat, für das die Krankenkasse die Kostenübernahme verweigert, oder die Mittel zur Bekämpfung von Schnupfen und Heiserkeit werden von einem ungeduldigen Patienten beanstandet, weil sie sein körperliches Befinden nicht von heute auf jetzt aus der akuten Freudlosigkeit herausgehievt haben. Oder die Hämorrhoidenzäpfchen gibt es, wegen der großen Nachfrage nach Charlottes feuchten Lebenserinnerungen, nur auf Bezugsschein mit Stempel vom Bürgeramt, oder Warnwesten für Autofahrer derzeit nur in pink oder dunkelblau, oder die Zeckenzangen nur in akuten Fällen nach 3-monatiger Voranmeldung. Aber das ist doch nicht lustig und spannend auch nicht.
Und die Aushändigung von Leistung steigernden Mittelchen für Sportler erfolgt so nebenbei und unpersönlich, dass darüber selten bis nie etwas zu erfahren ist. Selbst die Beteiligten können sich daran wenig erinnern, so unwichtig und langweilig ist es ihnen. Nein, Apotheken liegen mit ihrem Interessen- und Spannungspotential weit abgeschlagen hinter dem von Krankenhäusern zurück.
Diese Popularität der krankenhäuslichen Ärzte und Schwestern war aber nicht der Grund, warum ich mich entschloss, einiges von meiner knapp gewordenen Lebenszeit abzuzweigen, um diesen Text zu verfassen.
Gut, viele Bürger fühlen sich, wenn ihre zahntechnische Serienausstattung bereits durch altersgerechte und abschließende Nachrüstungen weitestgehend ausgetauscht werden musste, unbedingt zur Niederschrift ihrer Lebenserinnerungen verpflichtet. Und manche Jungstars weisen uns durch die Fremdanfertigung ihrer Memoiren darauf hin, dass wir von ihnen glücklicherweise auch nicht mehr viel zu erwarten haben.
Obwohl ich Lebenserinnerungen in einer ziemlichen Anzahl vorzuweisen hätte und obwohl die Welt von mir wohl auch nicht mehr viel erwarten wird – ich von ihr allerdings auch nicht –, wollte ich mich da nicht einreihen. Ich stehe jeder schriftlichen oder sonstigen Rechtfertigung oder Schönfärberei meines lebenslangen Tuns und vor allem Lassens sehr prinzipiell ablehnend gegenüber. Warum soll die Welt an meiner Vergangenheit Anteil nehmen? Als sie Gegenwart war, hat sie sich ja auch nicht groß darum geschert.
Na ja, der eigentliche Grund ist freilich meine Abneigung gegen Prozesse und Einstweilige Verfügungen, in die man heute schnell verstrickt werden kann, würde man, und sei es nur in nebulösen und fernen Erinnerungen, andere Menschen und deren Tun vorsichtig zwar und doch kritisch beleuchten. Aber nur meine Fehler zuzugeben und andere Beteiligte stets loben und würdigen zu müssen, erscheint mir ziemlich sinnlos und daneben.
Auch habe ich gehört, man könne als Autor von Lebenserinnerungen sogar gerichtlich dazu angehalten werden, ganze Passagen in einer Veröffentlichung unleserlich zu machen. Nein, wenn ich nicht anschwärzen darf, schwärzen möchte ich mein Leben nicht einmal in der Erinnerung.
Und doch entschloss ich mich schließlich in einem Anflug von Leichtfertigkeit und Übermut, mich der Vergangenheit hinzugeben. Aber nur in einem streng limitierten Maß. Es sind nicht die gesammelten Rückblicke an lange und stressige, vor allem arbeitsreiche und im Durchschnitt kaum lustige Jahrzehnte, sondern nur jene aus wenigen turbulenten Wochen und Monaten, die eine ganz besondere, aufregende und niederschmetternde Rolle in meinem Leben hatten.
Denn wie das so spielt: Ich hatte an nicht viel Böses gedacht, als es mich eines Tages unversehens und gänzlich unerhofft in die blutigen Kampfarenen der Ärzte und Schwestern verschlug. Das wäre verhinderbar gewesen, aber plötzlich war es nicht einmal mehr aufschiebbar. Was soll ich sagen. Das war mit viel Aufregung verbunden, hatte schon Züge von Dramatik, obwohl es manchem Leser in meiner Darstellung im Vergleich zu eigenen Erlebnissen möglicherweise gar nicht so erscheinen mag.
Denn jetzt, einige teure Einkommenseingeständniserklärungen und ganz freiwillige Praxiszutrittsgebührenquartalsentrichtungen weiter, sind mir beim Erinnern so manche Szene und Begebenheit in den Sinn gekommen, die sich aus der inzwischen einigermaßen sicheren zeitlichen und physischen Distanz recht unterhaltsam geben, sogar Züge des Grotesken erkennen lassen. Lesern, die Ähnliches oder noch Schlimmeres erlebt haben, wird meine Art der Beschreibung vielleicht wie Oberflächlichkeit und Verharmlosung vorkommen.
Mit zeitlichem Abstand und inzwischen kräftig ausgebildeter emotionaler Altersgelassenheit sehe ich Einiges, was mich noch vor wenigen Jahren in Angst und Schrecken versetzte und manche depressive Stunde bescherte, heute eben anders, lockerer, unverbissen. Ich versichere, meine Erkrankungen, über die ich berichten will, waren nicht vergnüglich und sind es auch heute nicht. Das war schon bitterer Ernst. Aber so manches aus dem Drumherum – mich selbst und mein Verhalten eingeschlossen – kann ich nicht mehr so ganz ernst nehmen. Soviel Spaß muss sein, soviel Ironie darf sein.
Einiges von dem, was man im Folgenden lesen kann, mag empfindsamen Gemütern allerdings nicht sehr appetitlich vorkommen, als Aussicht auf noch zu Erwartendes auch leicht oder mittelschwer deprimierend. Ich kann jedoch recht glaubwürdig geltend machen: Jeder Mensch ist im Besitz diverser Herzkranzgefäße, die sich verengen können, wenn sie es nicht sogar schon getan haben oder kräftig dabei sind. Und jedes männliche Wesen ist Privateigentümer eines speziellen Drüsengewebes, das sich in der Regel über lange Zeit unauffällig, aber zuverlässig an gewissen Freude spendenden Tätigkeiten beteiligt, aber im Gegensatz zu den blutführenden Gefäßen mehr zu Erweiterung und Vergrößerung neigt, was in diesem speziellen Fall auch nicht angenehm ist. Die Herzkränze und die Prostata sind die von der Evolution sorgfältig und weitsichtig angelegten wichtigsten Sollbruchstellen des männlichen Körpers – nach dem Kopfhaar, dem Bauchbindegewebe und den Backenzähnen natürlich, manchmal auch den Schwellkörpern.
So ist das nun mal und daraus resultieren einige Erschwernisse, die mit statistisch signifikanter Wahrscheinlichkeit früher oder später in die Fänge von blutrünstigen Ärzten und zu den Abenteuern in Praxen und Krankenhäusern führen. Ich habe das erlebt und bin im Folgenden bemüht, es wahrheitsgetreu wiederzugeben.
Das heißt, um genau zu sein: Alles Medizinische, das, was ich als mit Ärzten und in Krankenhäusern Erlebtes hier preisgebe, ist authentisch. Nur an ganz wenigen Stellen habe ich das mal leicht ausgeschmückt. Dafür habe ich auch weggelassen, was mir nicht so interessant schien. Es betrifft aber nur unwichtige Einzelheiten, nicht den Handlungsstrang und die entscheidenden Szenen und Geschehnisse. Die sind mir noch allzu gut im Gedächtnis geblieben.
Gut auch, dass ich wichtige Dossiers, liebevolle, als medizinische Sachverständigengutachten getarnte Grußschreiben der Ärzte an ihre Berufskumpane, in denen sie mich und meine körperliche Konstitution ganz unverschämt denunzierten, – die häufigen Aufforderungen meiner Frau zum Aufräumen stur ignorierend – in diese Tage hinübergerettet habe. Die waren mir nicht nur Faktenlieferanten, sondern halfen auch beim Erinnern.
Mein Name ist, um meine Identität nicht unbedingt preisgeben zu müssen, frei erfunden. Ich möchte nicht im Supermarkt oder auf der Straße das Gefühl haben, die Leute würden sich hinter meinem Rücken zuraunen: Ach, ist das nicht der mit ohne Prostata … armer Kerl. Na ja, vielleicht hat er’s ja verdient.
Auch sind alle Namen, einschließlich derer der Straßen und Krankenhäuser, geändert. Ähnlichkeiten mit lebenden Personen und tatsächlichen Objekten sind nicht zufällig, sondern in voller Absicht gerade so gewählt. In eventuellen Prozessen werde ich das aber vor den Gerichten und Rechtsanwälten entschlossen leugnen.
Warum ich ausgerechnet über zwei nicht sehr erfreuliche und überhaupt nicht lustige Erkrankungen und die damit verbundenen Erlebnisse berichte – und noch dazu in einer etwas unernsten Art? Wie sich dem Leser leicht erschließen wird, handelt es sich um körperliche Gebrechen, die Jeden jederzeit treffen können. Vor allem Männer erwischt es mit ziemlich hoher Wahrscheinlichkeit früher oder später. Das scheint kaum zu verhindern. Aber auch Frauen, die man lange Zeit als vor Herzinfarkten geschützt glaubte, sind inzwischen in den Kreis der Verdächtigen aufgenommen worden. Über weibliche Prostataleiden ist hingegen nichts bekannt. Alles können die auch nicht haben.
Ich berichte über die schmerzvollen Niederschläge und die peinlichen Begleitumstände, die mich getroffen hatten, nicht etwa in wehmütiger Erinnerung. Meine Absicht ist es, mich an die vielen Männer zu wenden, die mit mir diese oder jene Erfahrung teilen oder noch teilen werden. Ich will ihnen sagen: Sieh’ste, du bist nicht allein, mir ist es ganz genauso oder doch so ähnlich ergangen. Und wenn es dir noch bevorsteht, hadere nicht mit deinem traurigen Schicksal, denn du teilst es mit mir und vielen anderen und geteiltes Leid ist, wie der lockere Volksmund sagt, doppelt soviel Wert – oder so ähnlich.
Vor allem sollen alle Männer, die in Erwartung dieser schweren Schicksalsschläge von diversen Verunsicherungen niedergedrückt werden, aus erster Hand einiges darüber erfahren. Natürlich können sie die Ärzte befragen. Die wissen Bescheid. Aber die meisten von denen haben den Bescheid auch nur von ihren Professoren oder aus Büchern. Jedenfalls gibt es unter der Ärzteschaft bezüglich der zu schildernden Erkrankungen einen ernsthaften Mangel an persönlichen Erlebens-Erfahrungen. Das freut mich für sie, aber nicht unbedingt für ihre Patienten.
Nun lässt es sich schlecht machen, den Ärzten erst einmal das persönliche Erleben abzuverlangen, nur um den Patienten die Diagnose mit authentischen Berichten ausschmücken zu können. Wer einen Herzinfarkt behandeln will, muss natürlich einen solchen nicht schon mal durchgemacht haben, klar. Aber solches und manches andere Ungemach in den Krankenbetten emotional nachvollziehen kann man nur aus praktischer Anschauung.
Deshalb klingt das, was einem die Ärzte vorab so alles sagen, stets wie technische Erläuterung verbunden mit wüsten Drohungen. Wenn es um mein Herz geht, will ich aber nicht ausschließlich aufgeklärt werden, als würde der Fahrschullehrer über die Funktionsweise eines Ottomotors reden. Und die Vorsteherdrüse möchte ich nicht als Vorhof der Hölle dargestellt wissen. Die Erinnerungen eines gewesenen Betroffenen werden, so hoffe ich, den zukünftig Betroffenen hilfreicher sein.
Ach ja, bei den Ärzten liegen in großer Zahl einschlägige Broschüren aus. Diese sind gar nicht so schlecht, sachlich-informativ-medizinisch gesehen, aber im Leben ist das alles noch anders, teils erdrückender, teils auch lustiger. Deshalb schreibe ich auch leicht unernst darüber, um allen zu-künftigen Herzverengten und/oder Prostatavergrößerten verständliche Ängste abzuschwächen, vielleicht sogar etwas Spannung und freudige Erwartung aufzubauen. Letzteres ist wohl ein zu hoch gegriffenes Unterfangen, aber einen Versuch wert. Mein multipler Sarkasmus, mit dem ich Personen und Vorgänge – und auch mich – großzügig bedenke, mag nicht immer gerecht sein, aber er ist ehrlich – ehrlich. Und er befriedigt, besonders im Nachhinein.
Bei aller nahe liegender Männerbezogenheit: Mein lockerer Bericht soll sich auch an die weiblichen Teile – einschließlich solcher, die dazu zählen wollen – unserer geschlechtsdualen Gesellschaft wenden. Schließlich kann es nicht schaden, wenn die Frauen wenigstens etwas über die Leiden und die Leidensfähigkeit der Männer wissen.
Ich muss allerdings zugeben, mir schon etwas schwermütig darüber im Klaren zu sein, vor allem den Gebär-Müttern, aber auch den Enttäuschten und Betrogenen, den Alleingelassenen und den sowieso Männerfeindlichen auf diese Weise eine so oder so späte und sicher tief empfundene Genugtuung zu bereiten. Sollen die, die uns so viel Schmerzen bereiten, doch auch leiden, mag manche Frau denken, wenn sie davon liest, wie es Männern ergehen kann. Die Genugtuung spende ich ganz freiwillig und aus Überzeugung, aber vor allem, da sie sich nicht vermeiden lässt und auch irgendwie gerecht ist. In Bezug auf die Erkrankungen muss zur Beruhigung ängstlicher Gemüter noch gesagt werden: Statistische Signifikanz bedeutet, die hier zu beschreibenden Leiden können jeden Mann treffen, müssen es aber nicht. Man(n) kann auch Glück haben.
Bemerken möchte ich ausdrücklich: Ich bin von keiner Krankenkasse oder Ärztevereinigung als Werbeträger beauftragt, noch habe ich irgendwelche wirtschaftliche oder sonstige Beziehungen zur Pharmaindustrie oder zur Apothekerinnung. Ich stehe der Regierung und dem Staatsapparat sehr fern, dem Gesundheitsminister auch.
Ich bin auch nicht mit einer Ärztin verheiratet, mit keiner Krankenschwester oder Apothekenhelferin liiert, auch nicht nebenbei. In meiner näheren und ferneren Familie gibt es weder absolvierte noch studierend heranwachsende Mediziner und auch keine sonstige medizinische Zugangsberechtigte (was manchmal bedauerlich ist). Verfeindet oder zerstritten bin ich mit Angehörigen dieser Berufsgruppen nicht im Geringsten und in nicht einem einzigen Fall – soweit ich weiß und bisher.
Ich will mit meinen Darstellungen weder jemanden besonders schonen oder mich bei anderen beliebt machen, noch sehe ich mich veranlasst, Krawall zu machen oder jemanden unbedingt moralisch zu skalpieren. Wenn ich die Missstände und Probleme unseres Gesundheitswesens, wie mancher arg Gebeutelte bestimmt meinen wird, nicht in aller verdienter Schärfe anprangere, dann nicht, weil sie mir nicht bewusst wären, sondern weil ich sie aus eigenem Erleben nur bedingt erfahren habe. Und wenn die meisten Ärzte, Schwestern und auch medizinische Verfahrensweisen bei mir gut wegkommen, dann deshalb, weil ich ihnen und sie mir so begegnet sind. In Einzelfällen war das nicht so ganz der Fall. Aber warum deshalb gleich hinrichten, Missachtung tut es manchmal auch schon. Und Zurückhaltung erspart höchstrichterlich verordneten Schwarztext.
Kurz: Ich beschreibe das alles aus völlig freien Stücken, ohne Auftrag oder Aufforderung, einfach so, weil ich es für mitteilungswürdig halte. Und noch einmal: Meine Erkrankungen waren ernst und ich habe sie ernst genommen. Mir war nicht zum Lachen. Wenn ich heute darüber unernst schreibe, dann nicht, um zu verharmlosen, was nun mal nicht harmlos ist. Aber mit Abstand kann man auch über dies und das schon mal lächeln oder gar lachen. Das übrigens auch, weil man ohnehin, als es ernst war, neben sich stand.
Trotzdem viel Spaß dann – bei der Lektüre des Textes.