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Kapitel 02: General Jackson fällt General McClellan in die Flanke; die Sieben-Tage-Schlacht vor Richmond, Virginia

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Nach einiger Zeit erhielten wir die Order, uns auf den Abmarsch vorzubereiten. Wir marschierten schließlich nach Richmond, wo wir einen Zug bestiegen, der uns nach Staunton brachte. Es ereigneten sich auf dieser Fahrt lediglich zwei Dinge, die auch nur halbwegs erwähnenswert wären: Auf einem abfälligen Streckenabschnitt zwischen Richmond und Lynchburg rissen sich unsere Waggons von der Lokomotive los und es war dies meine erste Eisenbahnfahrt auf einem Flachwagen, der dicht mit Männern bepackt war, während die Lokomotive unter Volldampf dahinjagte. Diese gefährliche Art zu reisen machte einen starken Eindruck auf mich und hat sich lebhaft in mein Gedächtnis eingebrannt. Bei Lynchburg stiegen wir in geschlossene Güterwaggons um und wir fuhren durch einen langen Tunnel, bevor wir Staunton erreichten. Die Güterwaggons waren dermaßen überfüllt, dass einige von uns auf den Dächern sitzen mussten und als wir in den Tunnel einfuhren, mussten wir uns so flach wie nur irgend möglich hinlegen. Es war dies eine gefährliche Angelegenheit und ich fühlte mich dabei durchaus nicht wohl in meiner Haut, da der Abstand zwischen meinem Rücken und der Decke wohl nur einige Zentimeter betrug. Zwei Jungs zogen sich beträchtliche Verletzungen zu und einer von ihnen brach sich ein Bein. Endlich erreichten wir Staunton, wo wir einige Tage verblieben. Hier machten wir die Erfahrung, dass Zäune aus Kastanienholz die einzig sichere Umfriedung waren, die ein Farmer zu Kriegszeiten haben konnte, da das Holz nicht für die Kochfeuer der Soldaten taugte.

Wir verließen Staunton schließlich an Bord eines Zuges, der uns einige Kilometer weit beförderte, bis wir aussteigen und marschieren mussten. Das Gelände war unwirtlich, die Straßen waren schlecht und da wir noch keine harten Märsche gewohnt waren, litten unsere Füße arg unter den Strapazen. Mein alter Freund A. N. Vaughn aus Kompanie F litt auf diesem Marsch regelrechte Höllenqualen, da sich an einer seiner Fersen dermaßen große Blasen gebildet hatten, dass sich die Hornhaut an der Sohle fast völlig vom Fleisch gelöst hatte. Ich appellierte an seine Vernunft und schließlich schalt ich ihn sogar für seine Dummheit, aber er weigerte sich stur, die Marschkolonne zu verlassen. Er sagte nur: "Bill, ich hatte das Pech, bei jedem der bisherigen Gefechte krank zu sein. Es wird nicht mehr lange dauern, bis die Jungs mich offen einen Feigling nennen werden und ich möchte eher sterben als diese Schmach zu erdulden. Du kannst dir jedes weitere Wort sparen! Mein Entschluss steht fest; ich werde beim nächsten Kampf dabei sein und wenn ich auf Stümpfen vorwärtshumpeln muss!" So quälte er sich mit wilder Entschlossenheit noch sieben Tage lang weiter und als seine Kameraden dies mitbekamen, musste er sich um seinen Ruf keine Sorgen mehr machen.

Auf dem Marsch erfuhren wir, dass wir Stonewall Jackson unterstellt worden waren und aus unserer Marschrichtung schlussfolgerten wir, dass wir General McClellan in die Flanke fallen würden. Diese Vermutung sollte sich schon bald als richtig erweisen. Etwa zwölf Stunden vor unserem Angriff auf den Feind erhielt ich die Order, einen Mann auszuwählen und mich gemeinsam mit ihm bei General Jackson an der Front zu melden. Meine Wahl fiel auf einen gewissen Charles McCauley, einen jungen Burschen, der erst kurz vor Kriegsbeginn nach Beaumont, Texas gezogen war. "Mc", wie wir ihn nannten, strotzte nur so vor Lebenskraft und hatte sich als rege und furchtlos erwiesen. Er war ein gelernter Bauingenieur, konnte folglich auf den ersten Blick das umliegende Gelände lesen und war zudem ein schneller Läufer. Wir wurden beim General vorstellig und erhielten den Auftrag, uns vor unsere vordersten Wachtposten zu begeben. Dies taten wir prompt und da der General persönlich hinter uns ritt, ließen uns sämtliche Posten wortlos passieren. Als wir uns eine beträchtliche Strecke vor unseren Linien befanden, erhielten wir schließlich folgende Order: Wir sollten vorsichtig weiter vorrücken, außer Sicht eventueller Vor- und Flankenposten bleiben und ihm unverzüglich mitteilen, wenn wir feindliche Truppen oder Anzeichen ihrer Gegenwart sahen. Wir tasteten uns also eine Zeit lang vorwärts, wobei sich der General zeitweise direkt bei uns und zeitweise kurz hinter uns aufhielt. Wir bewegten uns durch bewaldetes Gelände mit vereinzelten Lichtungen und da wir eine vorgegebene Richtung einzuhalten hatten, mussten wir am Rande einer jeden Lichtung die Beine in die Hand nehmen, um sie zu überqueren, bevor die feindlichen Patrouillen sie erreichten. Vom Rande einer dieser Lichtungen aus entdeckten wir eine nahegelegene Brücke, die in Flammen stand. Ein kurzer Blick überzeugte uns davon, dass diese Entdeckung wohl eine Meldung wert war und "Mc" und ich rannten die kurze Strecke zurück zum General. Wir berichteten, was wir gesehen hatten und brachten ihn zum Beobachtungspunkt. Der General verschaffte sich einen Überblick über die Lage und beorderte uns über den Wasserlauf, um das Gelände auf der anderen Seite zu erkunden. Wir behielten die unweit verlaufende Straße im Auge und eilten zum Wasserlauf. Dieser war ein kleines Seitenflüsschen, führte träge fließendes, schlammiges Wasser, war knapp zehn Meter breit und verfügte beiderseits über eine feste, steile Uferböschung. Wir durchwateten ihn etwa 200 Meter oberhalb der Brücke und erreichten die andere Seite nahezu trockenen Fußes. Von hier aus liefen wir auf die Straße zu, die wir knapp 400 Meter von der Brücke entfernt zu erreichen gedachten. Wir hatten die Straße fast erreicht, als wir eine Reihe von Blauröcken entdeckten, die uns in weniger als 30 Metern Entfernung ihre rechte Flanke zuwandten. Obgleich wir sogleich regungslos stehen blieben, riefen sie uns zu, näher zu kommen und einige von ihnen richteten ihre Musketen auf uns. Ich schrie nur: "Renn!" und wir liefen um unser Leben. Die Yankees feuerten nicht einmal einen Schuss ab und wir entkamen ihnen mühelos. Als wir den Wasserlauf erreichten, suchten wir nicht erst lange nach einer seichten Stelle, sondern rannten einfach ins Wasser und steckten bald bis zu den Hüften im Schlamm. Wir mühten uns verzweifelt vorwärts und hatten schon bald das freundliche Ufer erreicht. Kaum dort angekommen, bemerkte ich unweit einen einzelnen Yankee, der offensichtlich versprengt war. Er kam aus einem Farmhäuschen und ging in Richtung der Brücke, wohl unwissend, dass diese niedergebrannt worden war. Er war nicht weiter als 50 Meter von mir entfernt und da ich ihn zuerst gesehen hatte, richtete ich meine Muskete auf ihn und befahl ihm, sich herzuschaffen. Er gehorchte prompt. Ich wies ihn an, vor uns her zu laufen und deutete mit dem Lauf meiner Waffe in die gewünschte Richtung. Der General befand sich noch an jener Stelle, wo wir ihn zurückgelassen hatten und anscheinend hatte er eine Konfrontation vorausgesehen, denn er hatte eine Geschützbatterie herangeführt, die hinter ihm in Sichtweite an einer freien Stelle bereitstand. Ich hatte kaum Bericht erstattet, als die Geschütze bereits herangaloppiert kamen und sich nebeneinander feuerbereit aufstellten. Als der befehlshabende Offizier der Batterie herankam, um Meldung zu machen, rief der General ihn beim Namen und sagte zu mir: "Fletcher, unterrichten Sie den Herrn über die Position des Feindes und gehen Sie dann wieder nach vorne, um den Effekt unseres Feuers zu beobachten."

Ich tat wie geheißen und sah schon bald einen regelrechten Granatenhagel in die feindliche Stellung einschlagen. Die Geschütze feuerten in hohem Bogen und "Mc" und ich rannten vorwärts, während ihre Geschosse in den Himmel stiegen und wieder niedergingen. Die Batterie stellte das Feuer ein und wir durchwateten den Wasserlauf und drangen auf der anderen Seite in den Wald ein. Von dort aus sahen wir, dass der Feind verschwunden war und der aufgewühlte Boden kündete von der hervorragenden Arbeit, die unsere Artillerie verrichtet hatte. Wir machten uns auf den Rückweg und meldeten den Erfolg des Bombardements. Ein Arbeitstrupp war bereits damit zugange, die schwelenden Feuer auf den Überresten der Brücke zu löschen und das Flussbett mit Baumstämmen und sonstigen verfügbaren Dingen aufzufüllen. Die Arbeit war schon bald verrichtet und die ganze Angelegenheit hatte unseren Vormarsch weitaus weniger verzögert, als ich vermutet hatte. Größtmögliche Eile schien die Devise des Tages zu sein. Ich hatte zuvor schon von den berüchtigten "Gewaltmärschen" gehört und war nun überzeugt, dass dies ein solcher Gewaltmarsch sein musste. Seit unserem Aufbruch aus Staunton wurden die Männer nahe am Maximum der menschlichen Ausdauer vorwärtsgetrieben und nachdem "Mc" und ich unsere Erkundungsmission beendet hatten, gewann ich den Eindruck, dass wir noch vehementer angetrieben wurden, je näher wir dem Feind kamen.

Nachdem wir die verbrannte Brücke passiert hatten, marschierten wir bis zum Zeitpunkt unseres Angriffes auf den Feind durch diese uns bereits bekannte Art bewaldeten Geländes, lediglich die Zahl der Lichtungen nahm ab. Der Boden der Wälder war von dichtem Gesträuch überwuchert und nur bei geraden Wegstrecken konnten wir zumindest eine geringe Entfernung weit sehen. Auch nach der Überquerung der Brücke blieb der General an der Seite von "Mc" und mir. Nach einiger Zeit kamen wir an eine Straße, die von rechts in unsere Marschroute mündete. An dieser Stelle machten wir Halt und binnen fünf Minuten sahen wir unsere Kavallerie herankommen, um sich uns anzuschließen. Die Reiter zügelten ihre Pferde neben uns und der General wechselte einige Worte mit ihrem kommandierenden Offizier. Wir setzten unseren Marsch fort, doch bereits nach einem knappen halben Kilometer ließ der General erneut Halt machen und wies uns an, die Straße zu verlassen und eine kurze Strecke nach rechts zu marschieren. Vor uns befand sich eine größere Lichtung und der General glaubte, dass wir dort auf einige Vorposten des Feindes stoßen könnten. Ich fragte, ob wir in diesem Falle schießen sollten und er antwortete nur: "Ja." "Mc" und ich bogen also von der Straße ab, während der General nach hinten zu den anderen ritt. Wir liefen rasch zum Rand der knapp 50 Meter abseits der Straße gelegenen Lichtung und wie erwartet sahen wir tatsächlich einige berittene Posten der Yankees in etwa 150 Metern Entfernung inmitten der Lichtung stehen. Ein Offizier, den wir für einen Colonel hielten, war augenscheinlich gerade damit zugange, die Bande zu inspizieren und zwei Soldaten, die seine Ordonnanzen zu sein schienen, wichen ihm nicht von der Seite. Ich flüsterte "Mc" zu, zeitgleich mit mir das Feuer zu eröffnen. Schon kurz darauf war der günstige Augenblick gekommen und der Knall unserer Musketen erschallte wie ein einzelner Schuss. Der Offizier taumelte seitwärts und stürzte in die Arme seiner Ordonnanzen. Noch bevor wir unsere Musketen nachladen konnten, hatten sich die Yankees außer Schussweite gerettet, aber da kam unsere Kavallerie zum Sturmangriff herangaloppiert. Knapp 500 Meter vor uns jagten sie mitten in die zweite Postenkette hinein und anhand dessen, was wir von ihrem Lager sehen konnten, schätzten wir ihre Abteilung auf etwa Regimentsstärke. "Mc" und ich rannten unserer Kavallerie nach, aber bevor wir den Ort des Kampfgeschehens erreichen konnten, hatte der Feind bereits die Flucht ergriffen und das stete Knallen von Revolvern verriet uns, dass unsere Jungs ihm noch immer dicht auf den Fersen waren. Wir blieben stehen, um auf den Rest unseres Kommandos zu warten, da wir wussten, dass wir unsere Aufgabe erfüllt hatten. Es dauerte bis zum Einbruch der Dunkelheit, ehe unsere Jungs endlich auftauchten. In Sichtweite unserer Plänkler schlugen wir unser Lager auf.

In der Nacht kam ein sogenanntes "wildes Pferd" in unser Lager. Wenn feindliche Lager nahe beieinander lagen, kam es hin und wieder vor, dass ein aufgrund der angespannten Atmosphäre verwirrtes oder aufgeregtes Tier, sei es nun eines der unsrigen oder des Feindes, kopflos zwischen den Lagern umherjagte. Sobald ein solches Pferd gesichtet wurde, ertönte der Ruf: "Wildes Pferd!" und wurde rasch von hunderten von Kehlen durch das gesamte Lager getragen, sodass stets jeder einzelne Soldat alarmiert war, selbst wenn das Tier nur in gerader Linie durch einen kleinen Teil des Lagers stürmte. In unserem Falle galoppierte das Pferd in etwa 50 Metern Entfernung an meinem Schlafplatz vorbei. Es gibt wohl keine zwei Wörter, die einen schlafenden Soldaten schneller auf die Beine brachten als "Wildes Pferd!", da absolut niemand darauf versessen war, mit den trampelnden Hufen Bekanntschaft zu schließen. Dem rasenden Tier wurde aus allen Richtungen "Brr!" und "Whoa!" zugerufen, aber natürlich wussten alle, dass das Pferd in seinem Zustand nicht auf Haltebefehle reagieren würde. Genauso gut hätte man sie einer heransausenden Kanonenkugel entgegenbrüllen können.

Am nächsten Morgen fand uns das erste Tageslicht bereits in Linie angetreten vor. Wir wurden vorwärts beordert und als wir die Front erreichten, stellte sich heraus, dass wir bei den Kämpfen des Tages als Reserve fungieren sollten. Es war dies eine unbeliebte Aufgabe, da man dabei häufig längere Zeit unweit der Kampfhandlungen untätig bleiben musste, während man den Schlachtenlärm hören und die Verwundeten sich nach hinten schleppen sehen konnte. Musste man dann vorrücken (wie wir es schließlich tun mussten), so kam man an den Toten und Sterbenden vorüber und geriet rasch unter Granaten- oder gar Kartätschenbeschuss. Von nun an war es gleich, ob man aufrecht stand oder sich zu Boden warf, man konnte jeden Augenblick niedergemäht werden und selbst wenn man instinktiv schützend die Hände heben mochte, so würde einen dies doch nicht retten. In der Reserve hatte man unglücklicherweise ausreichend Zeit, über die eigene Lage nachzudenken und ausgiebig die Schrecken des Krieges und die unsägliche Geringschätzung des menschlichen Lebens zu beobachten, während um einen herum die einfachen Soldaten abgeschlachtet wurden, damit sich die Mächtigen an der Spitze mit dem Ruhme des Sieges schmücken konnten. Je älter und weiser ein Mann wird, desto deutlicher erkennt er die immense Gefahr, welche von argwilliger Aufwiegelung der Massen ausgeht. Der Kampf tobte bis in die Abendstunden und der enorme Lärm zu unserer Rechten ließ mich vermuten, dass es sich um eine ausgewachsene Schlacht handelte. Soweit ich dies beurteilen konnte, war die Reserve dicht hinter dem Kampfgeschehen aufgestellt. Unsere Kolonne wurde verlegt und während wir nach rechts marschierten, liefen vor mir zwei Jungs aus Kompanie F, die offensichtlich in Panik verfallen waren. Sie hielten den Marsch auf, da sie sich vor Furcht nicht aufrecht zu halten und mit jener stoischen Gelassenheit zu betragen vermochten, die von einem Soldaten erwartet wurde. Stattdessen stolperten sie vornübergebeugt vorwärts und zuckten beim geringsten Anlass zusammen, wobei sie häufig den Anschluss an ihre Vordermänner verloren und ihre Hintermänner auflaufen ließen. Dies zehrte an meiner Geduld und ich äußerte mehrmals lautstark meinen Unmut. Ich erinnere mich noch an meine letzten Worte an die beiden; sie lauteten: "Jetzt richtet euch schon auf, Jungs! So gekrümmt bietet ihr den Yankees nur ein größeres Ziel, denn ein Geschoss, das ansonsten harmlos vor euch vorbeigeflogen wäre, kann euch in eure vorgebeugten Köpfe treffen!" Kurze Zeit später schlug eine Kanonenkugel auf Schulterhöhe in sie ein und riss sie förmlich in Fetzen.

Bald darauf scherte Kompanie F aus der Marschkolonne aus und wurde nach links beordert, um dort als Flankenschutz zu fungieren. Die gesamte Reserve wurde nun nach vorne geworfen und löste einige dezimierte Einheiten ab, die an einer besonders hart umkämpften Stelle gefochten hatten. Während Hoods Brigade vorwärts stürmte, stießen die Männer den Texas-Schrei aus und da wussten wir Jungs von Kompanie F sogleich, dass uns ein Sturmangriff bevorstand. Captain Bryan hielt Kompanie F einige hundert Meter links und vor dem Rest der Linie (deren Position wir nur anhand ihres schallenden Gebrülls erahnen konnten), um ein eventuelles Flankenmanöver des Feindes zu stoppen oder zumindest zu verlangsamen. Stellenweise kamen wir nur sehr langsam voran, da das heftige Artilleriefeuer den Wald übel zugerichtet hatte. Einige vollständig verwüstete Stellen mussten wir gar gänzlich umgehen; offenbar hatten dort einige besonders verbissen kämpfende Jungs das massierte Feuer der feindlichen Kanonen auf sich gezogen. Im Gehölz vor uns musste sich wohl die rechte Flanke des Feindes befunden haben, da einige unserer Einheiten dort beim Vordringen ins Gehölz zufällig einem feindlichen Regiment den Rückzug abschnitten, ohne es zu bemerken. Dieses Regiment war auf eine höchst seltsame Weise aufgestellt worden, die mich damals verblüffte und die ich mir auch heute noch nicht erklären kann: Das Regiment ragte im rechten Winkel aus der feindlichen Gefechtslinie heraus und unternahm augenscheinlich keinen Versuch, seine Stellung zu korrigieren, nicht einmal, als die übrigen Yankee-Regimenter zurückzuweichen begannen. Während Kompanie F zügig durch eine Senke marschierte, prasselte plötzlich ein regelrechter Kugelhagel auf uns ein, ohne dass wir den Feind sehen konnten. Auf einen gebrüllten Befehl hin warfen wir uns geschlossen zu Boden und ich wurde mit der Aufgabe betraut, die feindlichen Schützen ausfindig zu machen. Die Richtung des Beschusses verriet mir, dass die Yankees sich schräg vor uns zu unserer Rechten befinden mussten. Ich tastete mich vorwärts, um ihre Flanke aufzuspüren und während ich mich umsah, erspähte ich rechts von mir zwei unserer Jungs, die auf die vermutete Position des Feindes zuliefen. Mir schoss sogleich der Gedanke durch den Kopf, dass sie offensichtlich keine geübten Waldläufer waren, da sie sich mit ihrem kopflosen Vorstoß unnötigerweise großer Gefahr aussetzten. Meine Vermutung bezüglich der Position des Feindes erwies sich schon bald als richtig und als ich den Rand der Senke erreichte, sah ich zu meiner Rechten die blaue Linie. Die Umstände schienen mir günstig für eine relativ gefahrlose Inspektion dieser Burschen und so manövrierte ich mich vorsichtig und zugleich zügig in ihren Rücken und hielt mich knapp 100 Meter hinter ihrer rechten Flanke. Ich verschaffte mir rasch einen Überblick über die Lage und als ich den Colonel des Regiments erspähte, legte ich meine Muskete an, um ihn zu erschießen, da er sich nicht weit von mir entfernt an der rechten Flanke aufhielt. Allerdings wusste ich, dass Erkundungstrupps in der Regel dazu angehalten waren, nur zum Zwecke der Notwehr zu feuern und so zögerte ich, bevor ich schließlich meine Waffe senkte, kehrtmachte und zu meiner Kompanie zurückrannte. Ich hatte bereits eine beträchtliche Strecke zurückgelegt, ehe der Feind auf mich aufmerksam wurde. Da ich bereits den Hang hinab in die Senke lief, fühlte ich mich sicher genug, um ohne jegliche Deckung einfach möglichst schnell zu rennen, weil der Großteil des feindlichen Feuers erwartungsgemäß über mich hinwegflog. Zweimal wäre ich auf meiner wilden Hatz den Hang hinab beinahe gestürzt, da ich umherliegendes Geäst streifte. Die gesamte feindliche Linie schien mir von schräg hinten ihre Kugeln nachzujagen. Als ich jene Stelle erreichte, an der ich meine Kompanie zurückgelassen hatte, war diese entweder verschwunden oder ich hatte mich in eine andere Senke verirrt. Ich suchte also Deckung hinter einem Baum und hielt nach meiner Kompanie Ausschau. Da ich nicht die geringste Spur von ihr entdecken konnte, vermutete ich, dass sie weitergezogen war und so folgte ich im Laufschritt ihrer wahrscheinlichen Marschrichtung. Meine Entscheidung erwies sich als richtig, als ich nach kurzer Zeit auf unseren Ordonnanz-Sergeant stieß. Ich fragte ihn, wo unsere Kompanie sei und er antwortete, sie befinde sich etwas weiter vorne, aber die Männer hätten sich im Gehölz aus den Augen verloren und seien über die gesamte Gegend versprengt. Wir liefen gemeinsam weiter und kamen an einem Nachschublager vorüber, das aus mehreren aufgeschlagenen Zelten bestand und offenbar jede Menge Nahrungsmittel beherbergte. Schräg vor uns erspähte ich in etwa 200 bis 300 Metern Entfernung unsere Jungs, die sich gerade in Linie formierten. Zugleich bemerkte ich in knapp 75 Metern Entfernung zu meiner Rechten einen großgewachsenen Yankee, der mit ausgreifenden Schritten zwischen den Zelten hindurcheilte und sich augenscheinlich auf der Flucht befand. Ich legte meine Muskete an, sagte zugleich: "Sergeant, schauen Sie!" und hatte die Worte kaum ausgesprochen, als ich bereits feuerte. Der Mann ließ seine Waffe fallen, taumelte einige Schritte nach rechts und stürzte zu Boden. Der Sergeant rief: "Sie haben ihn erwischt!" und ich entgegnete: "Zumindest von dieser Muskete wird keine Gefahr mehr ausgehen." Inzwischen waren die Kampfhandlungen an der äußersten rechten Flanke von Lee und der linken Flanke von McClellan nahezu völlig eingeschlafen. Der Pulverrauch hing in einigen Metern Höhe über dem Schlachtfeld und war dermaßen dicht, dass er die Sonne verfinsterte. Ich eilte zu meinen Kameraden und konnte mich mit eigenen Augen von dem Tagewerk überzeugen, das die Texas Brigade verrichtet hatte. Unweit ihrer Stellung sah ich die traurigen Überreste einer Geschützbatterie der Yankees. Wenn ich mich recht entsinne, hatte sie aus sechs Kanonen bestanden. Ich gesellte mich gerade zu meiner sich formierenden Kompanie, als wie aus dem Nichts das oben bereits erwähnte Yankee-Regiment hinter uns auftauchte und ein unkoordiniertes Feuer auf uns eröffnete. Ein Mann namens Wood aus meiner Kompanie stürzte tödlich in den Rücken getroffen zu Boden. Wir wandten uns um und einige von uns erwiderten das Feuer. Die Yankees erkannten nun, dass sie uns nicht überrumpeln konnten und ergaben sich prompt. Es stellte sich heraus, dass der Colonel des feindlichen Regiments und unser Lieutenant-Colonel Upton alte Schulkameraden waren. Der Yankee-Colonel protestierte gegen die "ehrrührigen und unmilitärischen" Umstände seiner Kapitulation, da er durch einen einfachen Soldaten entwaffnet wurde und dies als Erniedrigung empfand. Er beklagte sich persönlich bei Upton darüber, dass man ihm nicht gestattet hatte, seine Waffen einem Offizier zu überreichen, worauf Upton nur erwiderte: "Das hat schon seine Richtigkeit" und ihm erklärte, dass seine Soldaten die Kriegsführung sehr pragmatisch betrachteten und nur darauf bedacht waren, den Feind entweder zu töten oder gefangen zu nehmen. Ein Feind galt jedoch erst dann als Gefangener, wenn er entwaffnet war und hierbei machten die Männer keinen Unterschied zwischen Soldaten und Offizieren.

Sobald wir uns in Linie formiert hatten, erhielten wir die Order, uns flach auf die Erde zu legen, da zwischenzeitlich unsere Vorposten ausgeschwärmt waren und sich ein sporadisches aber stetes Feuergefecht mit den feindlichen Posten lieferten, weswegen hin und wieder verirrte Kugeln bedenklich nahe an uns vorüberpfiffen. Kurz nach Einbruch der Dunkelheit wurden von jeder Kompanie drei Mann dazu eingeteilt, nach hinten zu gehen und Verpflegung für die Männer heranzuschaffen. Ich war einer der drei eingeteilten Männer von Kompanie F, doch wir erhielten weder den Befehl, uns bei einem der Offiziere zu melden, noch teilte man uns mit, wo genau wir die Rationen im Empfang nehmen sollten. Wir wussten lediglich, dass wir irgendwo in der Etappe Verpflegung besorgen sollten, also liefen wir zurück zu jener Stelle, wo wir die Versorgungszelte gesehen hatten. Dort trafen wir auf einige weitere Grüppchen von Soldaten, die mit der gleichen Aufgabe betraut worden waren, aber offensichtlich wurden keine Rationen an sie ausgegeben. Ich erkundigte mich nach dem Grund für die Untätigkeit und erfuhr, dass die Verpflegung von einem Posten bewacht würde und man seine Rationen nur gegen Vorlage einer schriftlichen Anweisung erhalten könne. Hierauf gingen wir Männer von Kompanie F zu einem der Wachtposten, fragten ihn, warum wir uns nicht einfach unsere Rationen nehmen konnten und erhielten die gleiche Antwort. Ich versuchte an seine Vernunft zu appellieren und erklärte ihm, dass die Soldaten ausgehungert seien und mit Sicherheit beträchtlichen Ärger machen würden, wenn sie nicht bald etwas zu essen bekämen. Ein kurzer Blick auf seine Uniform verriet mir, dass er kein Frontsoldat war und so fragte ich ihn, welcher Einheit er angehöre. Er antwortete, seine Kompanie, die hier den Wachtdienst verrichtete, gehöre den Richmond Home Guards an und sei angewiesen worden, erbeutete Versorgungsgüter zu bewachen. Ich sah mir die Jungs unserer Nahrungsbeschaffungskommandos an und sie waren offensichtlich verärgert genug, dass es nur eines Anführers bedurfte, um ihren Zorn in etwas tatkräftigere Bahnen zu lenken. Diese Aufgabe schien das Schicksal mir zugeteilt zu haben und so tat ich einige Schritte zurück in die Dunkelheit, um nicht sofort als der Aufwiegler kenntlich zu sein und bellte mit meiner besten Imitation einer autoritären Offiziersstimme das Kommando: "Männer, pflanzt eure Bajonette auf und seid bereit, sie notfalls zu benutzen! Nehmt euch alle Rationen, die ihr benötigt und überlasst den Rest den Wachtposten!" Die Jungs gehorchten sofort, aber nur wenige pflanzten ihre Bajonette auf, da die meisten ihre Ausrüstung bei ihren Kompanien zurückgelassen hatten. Trotzdem sahen sich die Wachen der Lage nicht gewachsen und leisteten keinen weiteren Widerstand. Die Grüppchen begannen sich nach Herzenslust zu bedienen und riefen einander die Fundorte besonders begehrter Köstlichkeiten zu. So waren wir bald alle bestens versorgt und nahmen zudem als unverhoffte Dreingabe noch etliche Flaschen aus einem beträchtlichen Whiskeyvorrat mit. Als wir unsere Kompanie erreichten, lagen die Jungs noch immer auf der Erde, doch als wir verkündeten, dass wir reiche Beute gemacht hatten, setzten sie sich prompt auf und verschlangen alles, was wir ihnen reichten. Die Whiskeyflaschen wurden mit einer Selbstverständlichkeit herumgereicht, als wären sie ein fester Bestandteil der Standardverpflegung. Mit gut gefüllten Bäuchen verbrachten wir den Rest der Nacht in Gefechtsformation. Wir hatten uns unverzüglich kampfbereit zu halten und so blieben wir vollständig angekleidet und durften nicht einmal unsere Tornister oder Brotbeutel ablegen.

Am nächsten Morgen wurden wir geweckt und waren sofort einsatzbereit. An unserem Abschnitt war das Musketenfeuer zwischen den Vorposten verstummt, weswegen die strikten Anforderungen an unsere Gefechtsbereitschaft ein wenig gelockert wurden. Unter solchen Umständen war es stets schwer, einer Einheit aus Kriegsfreiwilligen gewisse Freiheiten einzuräumen und zugleich die gebotene militärische Disziplin zu wahren. Auch in unserem Falle begannen etliche Männer prompt, abseits ihrer Einheit durch die Gegend zu streifen. Einige folgten schlicht ihrer Neugierde, andere suchten nach Freunden oder Verwandten, die tot, verwundet oder vermisst sein mochten. Das Gerücht machte die Runde, der befehlshabende Offizier der Richmond Guards habe sich bei General Jackson über die widerrechtliche Aneignung der Verpflegung beklagt, worauf Jackson lediglich entgegnet habe, dass wir ohnehin die rechtmäßigen Besitzer dieser Versorgungsgüter gewesen seien, da wir sie ja erbeutet hätten. Somit waren alle unsere Sorgen über eine etwaige Bestrafung wie weggeblasen.

Ich möchte an dieser Stelle kurz zum vorangegangenen Abend zurückkehren und hier meine Meldung niederschreiben, die ich Captain Bryan erstattet hätte, hätte dieser nicht zuvor Kompanie F verlegt. Wie bereits erwähnt, erreichte ich meine Kompanie, während sie sich gerade in Linie formierte und jedermanns Aufmerksamkeit, besonders die der Offiziere, galt ausschließlich dem Sammeln und Ordnen der versprengten Soldaten und dem Halten einer verbissen umkämpften Stellung. Ich erkannte die Dringlichkeit der Lage und so wartete ich, bis wieder hinreichend Ruhe eingekehrt war, ehe ich beim Captain vorstellig wurde. Ich begrüßte ihn mit den Worten: "Captain, wenn ich die Sache richtig einschätze, dürfte meine Meldung inzwischen wohl hinfällig sein", worauf er erwiderte: "Allerdings, aber offen gestanden hatte ich nicht mehr damit gerechnet, Sie jemals wiederzusehen. Ich sah mich gezwungen, die Kompanie zu verlegen, da uns das Halten der Stellung zu viele Verluste gekostet hätte." Hierauf entgegnete ich: "Ich konnte mich selbst von der Stärke ihres Feuers überzeugen, als sie auf mich zu schießen begannen" und er antwortete: "Das habe ich mit eigenen Augen gesehen. Einige dieser Burschen waren gute Schützen." Ich hatte mir in meinem Kopf bereits eine Meldung zurechtgelegt. Sie hätte in etwa gelautet: Ich bezog eine Position hinter der feindlichen Linie und in knapp 100 Metern Entfernung stand zu meiner Rechten ein Regiment auf der Kuppe einer Anhöhe und feuerte auf ein offenbar vor ihm liegendes Ziel. Das Regiment stand nahezu parallel zu jenem Hohlweg, durch den wir uns bewegt hatten und in der Mitte seiner Formation stand ein aufrechtes Fass, zu dem unablässig Soldaten liefen, um daraus zu trinken. Ich vermute, dass sich Whiskey darin befand. Diese Yankees waren durch den Vormarsch unserer Jungs von ihren Kameraden abgeschnitten worden und ich befürchtete, dass sie in ihrem womöglich trunkenen Zustand einen aussichtslosen Ausbruchsversuch unternehmen und vermeidbares Blutvergießen verursachen könnten. Ich muss an dieser Stelle erneut eingestehen, dass mir die Position dieses Regiments auf dieser Anhöhe damals schlicht unerklärlich war und dass ich sie mir noch immer nicht erklären kann. Das Regiment stand rechtwinklig zur Kampflinie der Yankees, wandte ihr den Rücken zu und befand sich einige hundert Meter abseits der rechten Flanke. Wäre es in die entgegengesetzte Richtung ausgerichtet gewesen und hätte es unsere vorrückende Reserve angegriffen, so wäre es ihr in die linke Flanke und den Rücken gefallen. Dort hätte es mit einigen wohlgezielten Salven beträchtlichen Schaden anrichten und womöglich gar unseren Angriff vereiteln können. Da Kompanie F etwa 200 Meter vorneweg marschierte, hätten die Yankees nicht auf uns gefeuert und ich wäre folglich nicht als Kundschafter ausgesandt worden. Wäre hingegen unsere Flanke um ein oder zwei Regimenter länger gewesen, so hätten wir dieses Regiment in der Flanke gepackt und es mühelos und unverzüglich hinweggefegt.

Ich möchte nun wieder an jenen Zeitpunkt anknüpfen, als wir erfuhren, dass unsere zugegebenermaßen reichlich handfeste Nahrungsbeschaffung straffrei bleiben würde. Kurze Zeit später formierten wir uns in Marschformation und wurden an einen Ort verlegt, der, so erfuhr ich später, "Gaines Farm" hieß. Die folgenden Tage verbrachten wir damit, dem geschlagenen Feind nachzusetzen, griffen jedoch nicht aktiv in die Kämpfe ein. Wir marschierten nicht an vorderster Front und ich glaube, dass wir noch immer der Reserve zugeteilt waren. Es ereignete sich in diesen Tagen für die Reserve wenig Erwähnenswertes, mit Ausnahme zweier Dinge: Uns erreichte ein Gerücht, dass eine Division in den Rücken von General McClellan gesandt worden sei, um ihm den Rückzugsweg zu verstellen, dort jedoch untätig geblieben sei und dem Feind den Abmarsch gestattet habe, ohne auch nur einen Schuss abzufeuern. Der verantwortliche Offizier wurde von uns natürlich mit den derbsten Flüchen bedacht. Kurze Zeit später kamen wir an einer Szene vorüber, die uns damals gleichermaßen erfreute wie ermutigte. Wir passierten gerade eine lange, schmale Lichtung im Gehölz, als wir ein Resultat konföderierter Schießkunst entdeckten: Eine lange Reihe toter Soldaten in blauen Mänteln lag so weit das Auge reichte auf der Erde, nahezu Schulter an Schulter, so dicht, wie sie wohl vor ihrem Tod in Gefechtslinie gestanden hatten. Sie erinnerten mich an die nackten Schwellen einer neuen Eisenbahnstrecke, bevor die Schienen darauf verlegt waren. Unter anderen Umständen hätte dieser grausige Anblick zweifellos jeden Betrachter erschauern lassen, aber wir konnten damals gar nicht genug tote Yankees sehen. Wir dachten daran, dass für gewöhnlich auf jeden Toten mehrere Verwundete kamen und so schätzten wir, dass McClellan wohl nicht mehr allzu viele unversehrte Soldaten aufzubieten hätte. Die nahezu tadellose Formation dieser Gefallenen ließ uns vermuten, dass sie von einer einzigen Salve niedergemäht worden waren und es sah nicht so aus, als wären sie unter Qualen gestorben. Angeblich hatte sich dieses Blutbad in der Nacht ereignet und die Position unserer Jungs hatte sich ganz in der Nähe unseres Regiments befunden.

Der nächste bedeutsame Ort, den wir erreichten, war Malvern Hill. Hier formierten wir uns in Gefechtslinie und ich wurde mit zwei weiteren Burschen aus Kompanie F als Teil einer größeren Abteilung nach vorne geschickt. Wir bezogen knapp unterhalb einer Hügelkuppe unweit der feindlichen Vorposten Stellung. Auf unserem Weg dorthin passierten wir einen toten "Rebellen", der hinter einem Baum lag. Eine Kanonenkugel hatte den Stamm durchschlagen und den armen Burschen erwischt, obwohl der Stamm augenscheinlich dermaßen dick war, dass er einer Kanonenkugel mühelos hätte widerstehen müssen. Womöglich war der Baum abgestorben und hohl, aber er machte einen massiven Eindruck auf uns. Unsere Stellung war eine gute, während jene der feindlichen Vorposten arg zu wünschen übrig ließ. Sie standen auf einem offenen Feld, das mit etwa kniehohen, dünnen Weizenhälmchen bewachsen war. Der Großteil ihrer Postenkette war knapp 300 Meter von uns entfernt, aber an einer Stelle folgten ihre Stellungen einem schmalen Hohlweg und dieser war uns beträchtlich näher. Die feindliche Front verlief durch ein Wäldchen knapp unterhalb einer Hügelkuppe und nahezu rechtwinklig zu unserer vorgeschobenen Position. Direkt vor dem Zentrum der Yankees befand sich ein weites, offenes Feld. Einen knappen halben Kilometer vor uns und zu unserer Linken war auf einer Lichtung eine Geschützbatterie postiert. Sie stand hinter der Infanterie und sandte ohne Unterlass ihre Geschosse zu unseren Truppen herüber. Unsere vorgeschobene Position war, wie bereits gesagt, außerordentlich gut gewählt und wer auch immer der Kundschafter gewesen sein mochte, der sie ausfindig gemacht und dem verantwortlichen General empfohlen hatte, war offensichtlich ein Bursche, der sein Handwerk verstand. Soweit ich weiß, hatten wir unsere Späher in der vorigen Nacht ausgesandt.

Unsere Abteilung bildete eine knapp 300 Meter lange Front. Im Laufe des Tages wurden wir fünf- bis sechsmal aus unserer Stellung vertrieben, doch wir rückten stets erneut vor, um sie wieder einzunehmen, wobei wir jedoch dermaßen hohe Verluste erlitten, dass nach Einbruch der Dunkelheit gerade einmal ein gutes Dutzend von uns übrig war. Wir hatten unsere Position gerade erst bezogen, als wir bereits die Order erhielten, eine vorgelagerte Geschützbatterie der Yankees zum Schweigen zu bringen, was wir auch prompt und mit der gebotenen Gründlichkeit taten. Wir stießen unseren Rebellenschrei aus und sahen mit grimmer Befriedigung, dass die unionsblauen Geschützmannschaften in Panik davonliefen. Nachdem die Artillerie ausgeschaltet war, wandten wir uns den feindlichen Vorposten zu und es war das reinste Jahrmarktsschießen, da wir eine starke, geschützte Position besetzt hielten, während der Feind bar jeglicher Deckung auf freiem Felde ausharren musste und so hilflos war, wie ich ihn im gesamten Kriege nicht wieder sehen würde. Sooft ein Yankee tot oder verwundet zu Boden ging, trat ein anderer Soldat an seine Stelle, nur um kurz darauf ebenfalls niedergestreckt zu werden, ohne unser Feuer auch nur halbwegs effektiv erwidern zu können. Kurz nachdem wir die Geschützbatterie zum Schweigen gebracht hatten, kam das zu ihrer Rechten stehende Regiment aus seiner verborgenen Stellung hervor und feuerte Salve auf Salve auf uns ab. Wir rannten um unser Leben einige hundert Meter nach hinten, wo wir im Schutze einiger Bäume ausharrten, bis die Yankees meinten, wir hätten unsere Lektion gelernt und sich auf ihre geschützte Stellung zurückzogen. Sooft sie wider uns vorrückten, sammelten sie ihre Verwundeten ein, ließen einige frische Vorposten zurück und postierten einen oder zwei Scharfschützen auf der Hügelkuppe oberhalb unserer Stellung. Währenddessen kehrten auch stets die Artilleristen zu ihren Kanonen zurück und setzten das Bombardement der hinter uns gelegenen Hauptlinie fort. Hin und wieder feuerten sie auch einige Kartätschen in unsere Richtung, um uns zu vertreiben, aber sobald wir zurückschossen, rannten sie wieder davon. Artilleristen und Kavalleristen sind sich in mancherlei Hinsicht ähnlich, denn gleich den Kavalleristen mit ihren Reitpferden entwickeln die Artilleristen mit der Zeit eine recht innige Zuneigung zu ihren Zugtieren. Um eine Batterie zum Rückzug zu bewegen, konnte es manchmal bereits genügen, einige ihrer Zugpferde zu verwunden. In unserem Falle gelang es den Yankees einige Male, ihre Tiere in Sicherheit zu bringen, bevor wir unsere Position wieder erreicht hatten und dann war schon ein wohlgezielter, andauernder Kugelhagel vonnöten, um sie von ihren Geschützen zu vertreiben. Die Batterie war so weit von uns entfernt, dass die konkreten Auswirkungen unseres Feuers schwer mit dem bloßen Auge einzuschätzen waren, aber wir sahen, dass die Geschützmannschaften bald in Unordnung gerieten, einige Soldaten nach hinten zu rennen begannen und manche der Zugpferde ausgespannt und weggeführt wurden, wohl, da sie getroffen waren. Ich sah keine toten Kanoniere auf der Erde liegen, aber wir mussten zumindest einige von ihnen verwundet haben. Insgesamt erreichten wir unser Ziel, diese Geschützbatterie auszuschalten und wenn wir auch nur wenig konkreten Schaden anrichteten, so hatten unsere Jungs in der Hauptlinie doch einige Stunden dringend benötigter Ruhe. Wie bereits erwähnt schrumpfte unsere Zahl mit jedem erneuten Rückzug und Vormarsch beträchtlich und wenn ich mich recht entsinne, so waren bereits nach unserer zweiten Rückkehr zu unserer Stellung alle unsere Offiziere außer Gefecht gesetzt. Unter diesen Umständen hielten sich die verbliebenen Soldaten einfach an ihre ursprünglichen Befehle und agierten ansonsten nach eigenem Gutdünken. Das Gelände unmittelbar hinter unserer vorgeschobenen Stellung war vor direktem Beschuss geschützt und diesen sicheren Bereich nutzte ich hin und wieder, um meine Position zu wechseln, wenn sich mir kein gutes Schussfeld bot. Offen gesprochen glaube ich nicht, dass von unserer Abteilung viele Männer getötet oder verwundet wurden, ich vermute vielmehr, dass bei jedem erneuten Vormarsch nur deshalb stets so viele Jungs fehlten, da sie die Sache leid waren und nach dem Ausfall unserer Offiziere die Chance nutzten, sich im Schutze der Bäume nach hinten abzusetzen.

Als ich mich zu den Waffen meldete, war mein Bruder begierig, sich derselben Kompanie anzuschließen, doch ich sprach mich entschieden dagegen aus und nannte ihm auch meine Beweggründe hierfür: Ich wollte als Soldat einen so großen Abstand zu meiner Heimat und meinen Lieben wahren, wie es mir nur möglich war. Ich wollte keine Neuigkeiten von ihnen erhalten und sie auch nicht dazu verleiten, mir materielle Hilfe zu leisten, da sie arm waren. Da ich meinen Unterhalt ganz in die Hände meiner Regierung legte, wollte ich für die Dauer meines Soldatenlebens all jene Fremden, die ich von nun an "Kameraden" nennen würde, nach Kräften als meine Familie betrachten. Dies würde mir umso leichter fallen, je weiter ich von Heim und Familie entfernt war, so schmerzlich dies auch sein mochte. Ferner würde unsere brüderliche Zuneigung uns den Dienst in derselben Einheit erschweren, da wir uns im Gefecht in ständiger Sorge umeinander befinden würden, ohne einander notwendigerweise helfen zu können. Auch befürchtete ich, die Gegenwart des geliebten Bruders könne zur Pflichtvergessenheit verleiten oder im Falle einer Krankheit oder Verwundung dermaßen schwer auf dem Gemüt lasten, dass ich die Nächte durchwachen würde, wenn Ruhe dringend vonnöten sein mochte. Ich bat ihn also, sich in den Dienst einer Einheit zu stellen, die westlich des Mississippi kämpfen würde, was er auch tat. Ich erwähne dies nur, um aufzuzeigen, in welchem Maße emotionale Bindungen dem Soldatenleben abträglich sein konnten. Bei Malvern Hill befanden sich in unserer Abteilung zwei Brüder, beide umgängliche, nette und tapfere Burschen. Im Laufe des Nachmittags befanden wir uns einmal mehr auf dem Vormarsch, nachdem wir zuvor aus unserer Stellung vertrieben worden waren. Unsere Abteilung war zu diesem Zeitpunkt kaum mehr als ein Häuflein Männer und wir waren noch etwa 100 Meter von unserer Hügelkuppe entfernt. Einer der beiden Brüder marschierte knapp 15 Meter rechts von mir und der andere weitere 15 Meter zur Rechten. Plötzlich stürzte der Bruder zu meiner Rechten getroffen zu Boden und begann sogleich, nach seinem Bruder zu schreien. Dieser reagierte prompt und dachte dabei offensichtlich nicht über die Gefahr der Lage nach oder scherte sich schlicht nicht darum. Die Tatsache, dass sein Bruder trotz des sporadischen und ineffektiven Beschusses auf einer kleinen Lichtung prompt getroffen worden war, legte die Vermutung nahe, dass irgendwo ein feindlicher Scharfschütze auf der Lauer lag, der diese Lichtung überblicken konnte, aber er rannte trotzdem zu ihm hin. Ich rückte weiter vor und warf dem Verwundeten im Vorbeigehen einen mitleidigen Blick zu. Sein Bruder stand bereits an seiner Seite und beugte sich gerade hinab, um ihn zu berühren, als er unvermittelt zu taumeln begann und zusammensackte. So hatte der Scharfschütze von seiner Position aus zwei Soldaten an der exakt selben Stelle erwischt und dies nur aufgrund ihrer brüderlichen Zuneigung. Wäre dies im Getümmel der Schlacht in dichter Gefechtslinie geschehen, so hätte der besorgte Bruder die Kampfkraft der Linie geschwächt, indem er sein Feuer eingestellt hätte, um seinem Bruder zu Hilfe zu eilen, aber in unserem Falle hatte sein Unglück keine direkten Auswirkungen, da wir in loser Formation durch bewaldetes Gelände vorrückten. In seiner Sorge verlor der Bruder keinen Gedanken an den feindlichen Scharfschützen, der bereits wenige Minuten später zu beiden Seiten umgangen und eingekreist worden wäre. Diese einzeln agierenden Burschen besaßen allerdings stets einen ausgeprägten Selbsterhaltungstrieb und als wir eine Minute später seine wahrscheinliche Position erreichten, hatte er sich schon davongemacht.

Bereits kurze Zeit später hatten wir Gelegenheit, es den Yankees in gleicher Münze heimzuzahlen. Zur Linken unserer vorgeschobenen Stellung befand sich ein kleines, schmales Wäldchen, das in kurzer Entfernung vor unserer Linie in Richtung der linken Flanke verlief. Kurz bevor wir aus unserer Position vertrieben worden waren, hatte ich deutlich einen einzelnen Schuss gehört, der eindeutig aus diese Wäldchen abgegeben worden war und als wir nun in unsere Stellung zurückkehrten, hielt ich zielstrebig auf eine Öffnung zwischen den nahegelegenen Bäumen zu. Ich hatte den Mann an unserer linken Flanke über mein Vorhaben in Kenntnis gesetzt und mitgenommen und er hielt sich ein wenig hinter mir, während ich auf allen vieren zwischen den Bäumen umherkroch. Als ich eine Stelle erreichte, von der aus ich mich umsehen wollte, richtete ich mich auf und blickte zu meiner größten Überraschung direkt auf einen Yankee. Er war mir zugewandt und kniete bei einem niedrigen Holzzaun auf der Erde. Seine Waffe hatte er an den Zaun gelehnt, seine Hände ruhten auf einem Zaunpfahl und er stützte seinen Kopf darauf, als wolle er ein Schläfchen halten. Er war nicht mehr als 80 Meter von mir entfernt. Ich riss meine Muskete hoch, zielte kurz und feuerte. Er schrie mit erbärmlich fiepender Stimme: "Oh, Pat! Pat! Ich bin getroffen, so hilf mir doch!" Pat, ein schmächtiger Junge, der aussah, als sei er womöglich noch nicht einmal volljährig, kam angelaufen, während der andere Bursche sich stöhnend auf der Erde wand. Ich winkte unterdessen meinen Begleiter herbei und er bezog neben mir Stellung, erfasste die Lage, legte an und schoss Pat nieder, als dieser gerade seinen Kameraden erreichte. So waren binnen 30 Minuten zwei Brüder aus dem Süden und zwei gute Freunde (oder womöglich gar ebenfalls Brüder) aus dem Norden dem Krieg zum Opfer gefallen.

Gegen Ende des Tages wurde ich an diesem Abschnitt von McClellans Front Zeuge des grandiosesten Schauspiels, das ich während des gesamten Krieges zu sehen bekam. Die Sonne verschwand gerade hinter dem Horizont, als etwa 400 Meter zu unserer Rechten unsere Infanterie ihre Ausgangsstellungen verließ und in dichter Gefechtsformation hinaus auf das freie Feld marschierte. Die Linie stand im rechten Winkel zu unserer Position und während sie vorrückte, formierte sich auch der Feind unterhalb des von ihm gehaltenen Höhenzuges am Rande des Wäldchens, aus welchem im Laufe des Tages mehrfach das feindliche Regiment hervorgekommen war, um uns zu vertreiben, in Gefechtslinie. Unsere Jungs hatten das Feld zur Hälfte überquert, als die knienden Yankees sich wie ein Mann erhoben und eine Salve abfeuerten. Diese wurde von unserer Linie nahezu zeitgleich erwidert und der Anblick des auf beiden Seiten mit jeder Salve wellenartig auf- und abbrandenden Rauches und Mündungsfeuers war schier atemberaubend. Plötzlich stürmten unsere Jungs vorwärts und nun sahen wir auch an den weiter entfernten Abschnitten der Front heftiges Musketenfeuer aufflammen. Gebannt verfolgten wir den Sturmangriff unserer Infanterie und sahen, wie der Feind zurückzuweichen begann. Kurze Zeit später kehrten wir in unser Lager zurück und so endete das große Drama der Sieben-Tage-Schlacht vor Richmond, in dem ich meine kleine Rolle gespielt hatte. Meine Patronentasche war leer und ich war sehr zufrieden mit meinem Tagewerk. Ich vermute, dass das feindliche Regiment, dass uns wiederholt aus unserer Stellung vertrieb, dabei jedes Mal die schwerverwundeten Yankee-Vorposten einsammelte und abtransportierte, da wir prinzipiell nicht auf hilflose Verwundete schossen, aber den gesamten Tag hindurch auch keine Schwerverwundeten bei der feindlichen Postenlinie umherkriechen sahen. Am folgenden Morgen behaupteten einige unserer Jungs, sie hätten um die 60 Tote gezählt und diese wären sämtlich unserer Abteilung zum Opfer gefallen.

Wir verließen diesen Ort und marschierten zurück nach Richmond, wobei sich lediglich zwei erwähnenswerte Ereignisse zutrugen. Das erste betraf einen Tabakhausierer. Diese waren in der Regel abgebrühte Burschen, die überzeugt waren, dass in Kriegszeiten zum Erzielen eines kleinen Profits jedes Mittel recht sei und die ebenso wenig vor Betrügereien zurückschreckten wie die Soldaten, denen sie ihr Kraut verkauften. Uns war zu dieser Zeit der Kautabak ausgegangen und wir erspähten den Hausierer am Wegesrand, wo sich bereits eine beträchtliche Menge an Soldaten um ihn geschart hatte. Unter derartigen Umständen war es jeder Kompanie gestattet, einige Jungs aus der Marschformation ausscheren zu lassen, um sich mit dringend benötigtem Nachschub zu versehen. Ich gesellte mich sogleich zu der wartenden Kundschaft und drängte mich langsam nach vorne, bis ich auf einen weiteren Burschen aus Kompanie F stieß. Ich reichte ihm eine konföderierte Fünfdollarnote nach vorne und bat ihn, dafür Tabak für mich zu erstehen. Er wandte seinen Kopf um und als er mich erkannte, sagte er nur: "Behalte dein Geld." Als er schließlich in der vordersten Reihe stand, blieb er einfach nur stumm und untätig stehen, während um ihn herum die übrigen Jungs lautstark dem Hausierer ihr Geld reichten und ihren Tabak entgegennahmen. Dies tat er eine ganze Zeit lang und ich konnte mir nicht erklären, warum. Endlich rief er dem Hausierer seine Bestellung zu, jedoch in einem Tonfall, als hätte er dies bereits vor einiger Zeit getan und warte nun ungeduldig auf seine Ware. Da der Hausierer stets zuerst das Geld seiner Kundschaft nahm und ihr dann das Wechselgeld gemeinsam mit dem Tabak aushändigte, war er sich wohl sicher, sein Geld bereits erhalten zu haben und reichte meinem Kameraden prompt fünf Prieme Kautabak. Hierauf wandte er sich sogleich wieder seinen anderen Kunden zu, aber mein Kamerad fluchte laut und fragte empört, ob er denn nun bitteschön auch sein Wechselgeld bekommen könne. Der Hausierer fragte ihn beschwichtigend, wie viel er ihm noch schulde, worauf er knurrte: "Ich hab dir zehn Dollars gegeben!" Er grapschte die Fünfdollarnote aus der Hand des Hausierers, bahnte sich seinen Weg aus der Meute und kam zu mir. Mit den Worten: "Hier hast du einen, Bill. Ich hab noch vier weitere und fünf Dollars obendrein" reichte er mir einen Priem. Als ich ihn fragte, warum er so lange untätig dort vorne herumgestanden hatte, antwortete er: "Ich musste zuerst beobachten, ob er von genügend Jungs mit Zehndollarnoten bezahlt wurde, um bei meiner Behauptung nicht sofort stutzig zu werden." Ich wunderte mich, warum es denn unbedingt eine Zahndollarnote sein musste, worauf er knapp erwiderte: "Ganz einfach. Ich bin abgebrannt und brauche das Wechselgeld."

Das zweite Ereignis war unser Marsch über eines der Schlachtfelder der vergangenen Tage und der Anblick der unsäglichen Zerstörung von Mensch, Tier und Eigentum. Hie und da sahen wir frische Einzelgräber, doch weitaus öfter bot sich uns der Anblick langer Gruben, die von frisch aufgeworfener Erde bedeckt waren: Massengräber, in die man die Unmengen an anonymen Toten geworfen hatte. Gelegentlich zeigte ein Grabkreuz an, wie viele Leiber an einer Stelle unter der Erde ruhten. Überall lagen tote Zugtiere und zerschmetterte Wagen umher. Alles, was eine Armee an Ausrüstung mit sich führte, lag auf dem Boden verstreut. Der fürchterliche Gestank, der einem in die Nase drang und die Massen an Fliegen, die über die Kadaver herfielen, haben sich unauslöschlich in mein Gedächtnis eingebrannt.

Wir schlugen unser Lager wenige Kilometer außerhalb von Richmond auf. Das nächste Schlachtfeld lag immerhin so weit entfernt, dass uns der Gestank nicht erreichte, aber eine beträchtliche Anzahl der Fliegen fand ihren Weg zu uns. Sie waren etwas kleiner als gewöhnliche Stubenfliegen, aber ihr Biss stach ganz ungeheuer und wenn man sich am Tage zu einem Schläfchen hinlegen wollte, so musste man sorgfältig die bloße Haut abdecken, besonders den Kopf und die Ohren. Während unserer Zeit in diesem Lager ruhten wir uns aus und füllten unsere Reihen mit frischen Rekruten aus Liberty und Jefferson County, Texas auf. Wir genossen die müßigen Tage in vollen Zügen und durchstreiften die umliegende Gegend nach Herzenslust, sofern wir nicht zum Lagerdienst eingeteilt waren. Es war uns allerdings verboten, Richmond ohne einen gültigen Passierschein zu betreten und die mutwillige Missachtung dieser Vorschrift brachte mir einige Tage in einer Arrestzelle ein. Ich möchte aber betonen, dass dies das erste und letzte Mal war, dass ich wegen Ungehorsams diszipliniert werden musste. Kompanie F wurde zu jener Zeit von unserem 1st Lieutenant kommandiert und aus irgendeinem Grunde machte er einigen Soldaten im Lager das Leben schwer. Er tat dies wahrscheinlich, weil er überzeugt war, die Kompanie hätte es ihm gegenüber in der Vergangenheit am gebotenen Respekt mangeln lassen. Obwohl ich persönlich mich ihm gegenüber niemals despektierlich verhalten hatte, schien er zu glauben, ich hielte ihn für einen schlechten Offizier. Zweimal ersuchte ich ihn um einen Passierschein nach Richmond und beide Male verweigerte er ihn mir, obgleich ich einen triftigen Grund hatte, den ich ausführlich darlegte. Ein junger Bursche aus meiner früheren Nachbarschaft, der einst ein Schulkamerad gewesen und zudem der Bruder meines Schwagers war, diente in einem Louisiana-Regiment und lag ernstlich verwundet in einem Lazarett in der Stadt. Er hatte mir eine Nachricht zukommen lassen, dass er Heimaturlaub beantragen wolle, sobald er nicht mehr bettlägerig sei. Da er durch die Brust und einen Lungenflügel geschossen worden war, vermutete er, dass er als Soldat wohl nicht mehr verwendungsfähig war und dass man ihn womöglich endgültig nach Hause schicken würde. Hiervor wollte er mich unbedingt noch einmal treffen, da wir einander seit Jahren nicht mehr gesehen hatten und auch ich wollte dringend mit ihm sprechen, um ihm einige Worte für meine Schwester mitzugeben. In meiner Not beschloss ich also, mich über das bestehende Verbot hinwegzusetzen und erklärte am nächsten Morgen einem Kameraden mit gültigem Passierschein meine missliche Lage. Ich bat ihn, mir lediglich beim Passieren unserer Postenkette zu helfen, die Patrouillen in der Stadt sollten mein eigenes Problem sein. Wir liefen also zu einer Stelle unweit eines Postens und dort suchte ich mir ein geeignetes Versteck, wo ich wartete, während mein Kamerad den Posten passierte. Auf der anderen Seite der Postenkette band er seinen Passierschein an einem Stein fest und schleuderte diesen in hohem Bogen in meine Richtung. Ich hörte ihn in meiner Nähe landen, hob ihn auf, nahm den Schein an mich und hielt ihn dem Posten unter die Nase. Auf diese Weise mogelte ich mich an mehreren Wachen vorbei. Wir liefen gemeinsam in Richtung Richmond und trennten uns am Stadtrand. Ich war halbwegs mit den Straßen und Gassen sowie der Lage des Lazaretts vertraut und bewegte mich nach Möglichkeit durch die Vororte der Stadt, um den zahlreichen Patrouillen im Zentrum aus dem Wege zu gehen. Das Lazarett befand sich am gegenüberliegenden Rande Richmonds und ich war hoffnungsvoll, es unbehelligt erreichen zu können. Tatsächlich gelang es mir, das Lazarett unentdeckt zu betreten und ich verbrachte den Rest des Tages an der Bettstatt meines alten Freundes. Kurz vor Einbruch der Dunkelheit kehrte ich in unser Lager zurück, was keine Schwierigkeit darstellte, da zurückkehrende Soldaten nicht näher kontrolliert wurden. Am folgenden Morgen wurde ich dann allerdings in eine Arrestzelle gesperrt, da beim Abendappell meine Abwesenheit bemerkt worden war. Wenige Tage später kehrte Captain Bryan ins Lager zurück und erhielt auf irgendeine Weise Kenntnis von meiner misslichen Lage. Wie ich später erfuhr, zitierte er den Lieutenant zu sich und machte ihm mit deutlichen Worten klar, dass er meine Bestrafung missbilligte. Der Captain vertrat die Ansicht, dass Männer, die in Zeiten der Gefahr stets bereitwillig ihre Pflicht taten (und zu diesen zählte er mich offenbar), in Phasen der Ruhe ein Anrecht darauf hatten, dass über ihre Ersuche um Passier- oder Urlaubsscheine mit einem gewissen Wohlwollen entschieden wurde.

Aufgrund unserer Nähe zur Stadt wurde unser Lager täglich von etlichen Krämern und Hausierern aufgesucht. Es gab damals keinerlei Vorschriften oder Standards bezüglich der Nahrungsmittel, die ein Soldat essen durfte und so kauften wir schlicht alles, was uns angeboten wurde und uns appetitlich erschien. Würste aßen wir am liebsten und da die Wurstverkäufer bereits am frühen Morgen ins Lager kamen, verschlangen wir Würste in rauen Mengen sooft es uns beliebte. Eines Morgens saß unsere Messe also beim Frühstück zusammen, als ich unter der Pelle meiner Wurst einen harten Klumpen fand, der bei näherer Betrachtung wie ein Teil einer Katzenpfote aussah. Mit einem Schlag war uns allen der Appetit vergangen und wir begannen, unsere Würste nach Fremdkörpern abzusuchen. Es dauerte nicht lange, ehe einer der Jungs einen kleinen Katzenzahn in die Höhe hielt. Die Neuigkeit über diese Funde machte rasch die Runde im Lager und bald erreichten uns Berichte von weiteren unappetitlichen Entdeckungen. Der Preis von Würsten wurde nach Gewicht berechnet und Knochen in der Wurstmasse machten das Endprodukt natürlich schwerer. Die skrupellosesten Händler schienen dies durchaus als eine gerechtfertigte Kriegsmaßnahme zu betrachten. Einige von uns versuchten, sich zu übergeben, aber bei den meisten wollte es nicht so recht klappen. Für die nächste Zeit fanden die Wurstverkäufer in unserem Lager kaum noch Abnehmer. Die Jungs konnten ihren Ekel einfach nicht überwinden und da keine Würste mehr gekauft wurden, wurden auch bald keine mehr angeboten.

Da es uns in unseren Mußestunden freistand, die umliegende Landschaft zu durchstreifen und wir lediglich zum Morgen- und Abendappell im Lager zugegen sein mussten, bot sich reichlich Gelegenheit zur sogenannten "Nahrungsbeschaffung". In der umliegenden Gegend wuchsen üppige Heidelbeersträucher und da ich diese kleinen Beeren sehr gerne mochte, streifte ich häufig auf der Suche nach ihnen umher. Meist begleitete mich einer der Jungs und wir nahmen unsere Feldflaschen, einen großen Literbecher und eine kleine Portion Zucker mit. Wir hielten auf unseren Streifzügen die Augen nach Milchkühen offen, welche an entlegenen Stellen grasten, und wenn wir dabei auf eine stießen, die sich in Sichtweite eines Farmhauses befand, so schreckten wir sie möglichst unauffällig auf, damit sie außer Sicht trottete. Dort hielt einer von uns sie an den Hörnern fest, während der andere sie molk und die Milch in die Feldflaschen füllte. Anschließend suchten wir uns einen nahegelegenen Flecken, an dem man reichlich Beeren pflücken konnte und dort füllten wir unseren Becher etwa zur Hälfte mit den köstlichen Früchten, bevor wir den Zucker und etwas Milch hinzugaben. Dies wiederholten wir so oft, bis wir uns ordentlich satt gegessen hatten und in unser Lager zurückkehrten, zufrieden in dem Wissen, dass sich an unserer Mahlzeit kein betrügerischer Händler zu schaffen gemacht hatte. Die Kühe in dieser Gegend gaben reichlich Milch und waren nahezu ausnahmslos ausgesprochen gutmütig. Dies blieb unseren Jungs natürlich nicht lange verborgen und die Mägde der umliegenden Farmen wunderten sich wohl, warum die Euter ihrer Kühe plötzlich wie ausgetrocknet waren. Aber alles Gute hat sein Ende und die Farmer gingen schon bald dazu über, ihr Vieh nur noch in der Nähe ihrer Farmhäuser grasen zu lassen oder einige ihrer Knechte damit zu beauftragen, auf den entlegeneren Weiden ein Auge auf die Tiere zu haben. Doch auch ohne Milch mundeten uns die Heidelbeeren mit Zucker ganz ausgezeichnet. Knapp außerhalb des Lagers verlief eine makadamisierte Mautstraße, die kurz vor dem Stadtrand durch einen Schlagbaum gesperrt wurde, an dem die Fuhrleute ihre Gebühr entrichten mussten. In den späten Abendstunden drängten sich auf dieser Straße stets die Karren und Wagen der Hausierer, die noch vor Einbruch der Nacht in die Stadt zurückkehren wollten. Mir war zu Ohren gekommen, dass einige der Jungs die lange Kolonne von Wagen zu allerlei Schabernack nutzten und so suchte ich mir einen geeigneten Flecken unweit der Straße, um das Treiben zu beobachten. An mehreren Stellen am Wegesrand sah ich kleine Grüppchen von Soldaten, die im Gras lagen, umherspazierten oder sich mit Spielen die Zeit vertrieben. Sie alle schienen sich hier versammelt zu haben, um die letzten Sonnenstrahlen des Tages zu genießen. Als dann die Wagen langsam an ihnen vorüberfuhren, begannen einige der Jungs, neben ihnen her zu schlendern und dabei stahlen sie von der Ladung, was sie einfach und unauffällig erreichen konnten. Die Fuhrleute mussten sich natürlich auf die Straße vor ihnen konzentrieren und jene Burschen, die hinter ihnen fuhren, dachten im Traum nicht daran, ihre Konkurrenten zu warnen und amüsierten sich stattdessen über deren Missgeschick, ohne zu ahnen, dass sie selbst zeitgleich ebenfalls bestohlen wurden. Manch einer unserer Langfinger ging dabei mit erstaunlicher Dreistigkeit zu Werke, aber die Hausierer hinter ihm waren nur umso amüsierter und vergaßen völlig, auf ihre eigene Ladung zu achten. Da die Kolonne aus etlichen Wagen bestand, häuften die Diebe einen beträchtlichen Haufen Beute an. Es dauerte einige Tage, ehe die Hausierer den Jungs auf die Schliche kamen, aber von jenem Zeitpunkt an waren sie auf der Hut und damit hatte der Spaß ein Ende. Die Jungs sagten, einige der alten Krämer hätten sie an Eulen erinnert, wie sie dort oben auf ihren Kutschböcken saßen und misstrauisch ihre Köpfe in alle Richtungen reckten, ohne dabei ihre Oberkörper zu drehen.

Wir hatten in diesem Lager jede Menge zu essen und so waren wir schon bald dermaßen gründlich ausgeruht und gemästet, dass die Generäle die Zeit für gekommen hielten, uns in den nächsten Schlachtpferch zu treiben. Nun brachen wir also unsere Zelte ab und marschierten in der Landschaft umher und selbst für uns einfache Soldaten war klar ersichtlich, dass unsere Armee die Konfrontation mit dem Feind suchte. Die Verpflegung der Armee auf dem Marsch war zu diesem Zeitpunkt zufriedenstellend und gingen unsere Rationen doch einmal zur Neige, so versorgten wir uns aus dem Umland mit jungen Maiskolben und grünen Äpfeln. Die Äpfel waren zwar noch nicht reif, doch wir legten damals den Begriff "essbar" recht großzügig aus, wobei uns zugute kam, dass unsere Mägen bereits durch das Soldatenleben abgehärtet waren. Ich erinnere mich, dass Kompanie F während dieses Marsches aus dem Regiment ausgegliedert und in einem Maisfeld unweit eines Flüsschens postiert wurde. Auf der anderen Seite dieses Flüsschens tauchten hin und wieder einige Yankees auf, aber es wurde nicht geschossen. Unsere Kompanie wurde anscheinend für irgendeine Eventualität in Reserve gehalten und wir lagen zwischen den hohen Maisstängeln verborgen, die bereits junge Maiskolben trugen. Wir waren sehr hungrig, wussten jedoch nicht so recht, wie man aus rohen Maiskörnern etwas Essbares zubereiten konnte. Da wir die Körner nicht kochen konnten, begannen einige der Jungs schließlich, die rohen Kolben abzunagen und es dauerte nicht lange, bis wir alle es ihnen gleichtaten, mit Ausnahme von Captain Bryan, der die Stängel schälte und kaute, als wären sie Zuckerrohr. Die Jungs neckten ihn deswegen, aber er nahm die Sache mit Humor und begann bald, ebenfalls an den Kolben zu nagen. Wir scherzten, dass dies nun unsere offizielle Verpflegung sei und dass man uns hierher beordert habe, um das Feld abzugrasen. Die Kolben waren bereits von beträchtlicher Größe und reif genug, um die Körner gut kauen zu können. Wir verbrachten mehrere Stunden in diesem Feld und währenddessen aß ich vier Maiskolben, aber einige der Jungs verschlangen noch mehr. Ein massiger Bursche namens Benjamin aß mindestens acht bis zehn von ihnen. Kurz vor Einbruch der Dunkelheit wurden wir zu unserer Einheit zurückbeordert und fanden sie bei der Nachhut der Armee. Als wir aus dem Maisfeld aufbrachen, erlaubte uns der Captain, uns nach Belieben mit Maiskolben zu versorgen und so nahm ich weitere sechs Kolben mit. Wir erreichten unser Lager und schon bald brannten mehrere Feuer, über denen wir unseren Mais rösteten. Dabei beließen wir die Kolben in den sie umschließenden Blättern, da diese dabei halfen, den Geschmack der Körner zu bewahren. Zudem erhielten wir eine üppige Ration frisches Rindfleisch und auch dieses brieten wir in großen Stücken über den Feuern. All dies musste in einiger Eile geschehen, da man uns mitgeteilt hatte, dass wir schon bald unseren Marsch fortsetzen würden. Der Mais war bereits gar, aber das Fleisch noch durch und durch blutig, als die Order eintraf, in Marschformation anzutreten. Natürlich taten wir prompt wie geheißen und die Jungs versuchten auf jede nur erdenkliche Weise, ihre halbfertigen Mahlzeiten mitzunehmen. Ich selbst streifte die äußeren Blätter von meinen Maiskolben, um die erhitzten Kolben daran festzuhalten; mein Rindfleisch spießte ich auf ein kleines Stöckchen. Es war bereits nahezu völlig finster und wir kamen nur langsam voran. Sobald mein Essen hinreichend abgekühlt war, erleichterte ich mein Marschgepäck, indem ich die Maiskörner abnagte und die Kolben fortwarf. Normalerweise hätten mein mächtiges Fleischstück und meine sechs Maiskolben wohl für ein herzhaftes Abendessen und ein Frühstück ausgereicht, aber ich konnte mich nicht beherrschen und aß alles in dieser Nacht. Nachdem ich alles verschlungen hatte, kam mir der Gedanke, dass sich nun vier rohe und sechs geröstete Maiskolben sowie eine ordentliche Menge rohen Rindfleisches in meinem Magen befanden und ich befürchtete, dass meine Völlerei sich wahrscheinlich noch auf irgendeine Weise unangenehm bemerkbar machen würde, doch dies war nicht der Fall. Der nächtliche Marsch mochte wohl zu einer reibungslosen Verdauung beigetragen haben. Uns Soldaten mangelte es in der Regel nicht an Tabak, war jedoch einmal kein Händler in der Nähe, der uns einige Prieme verkaufen konnte, so plünderten wir einfach den nächstgelegenen Trockenschuppen und behalfen uns mit reinen, unbehandelten Tabakblättern.


Einer von Hoods Texanern

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