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Zweite Szene
ОглавлениеParis.
Trompeten und Zinken. Der König von Frankreich, einen Brief in der Hand, und mehrere Lords treten auf.
KÖNIG.
Florenz und Siena sind schon handgemein;
Die Schlacht blieb unentschieden, und der Krieg
Wird eifrig fortgesetzt.
ERSTER LORD.
So wird erzählt. –
KÖNIG.
So weiß man's schon gewiß. Hier meldet uns
Die sichre Nachricht unser Vetter Östreich
Und fügt hinzu, wie uns um schnellen Beistand
Florenz ersuchen wird; es warnt zugleich
Mein teurer Freund uns im voraus und hofft,
Wir schlagen's ab.
ERSTER LORD.
Sein Rat und seine Treu',
So oft erprobt von Eurer Majestät,
Verdienen vollen Glauben.
KÖNIG.
Er bestimmt uns:
Florenz ist abgewiesen, eh' es wirbt. –
Doch unsern Rittern, die sich schon gerüstet
Zum Feldzug in Toskana, stell' ich frei,
Nach ihrer Wahl hier oder dort zu fechten.
ERSTER LORD.
Erwünschte Schule unsrer edeln Jugend,
Die sich nach Krieg und Taten sehnt.
KÖNIG.
Wer kommt?
Bertram, Lafeu und Parolles treten auf.
ERSTER LORD.
Graf Roussillon, mein Fürst, der junge Bertram. –
KÖNIG.
Jüngling, du trägst die Züge deines Vaters.
Die gütige Natur hat wohlbedacht,
Nicht übereilt, dich schön geformt: sei drum
Auch deiner väterlichen Tugend Erbe!
Willkommen in Paris!
BERTRAM.
Mein Dienst und Dank sind Eurer Majestät.
KÖNIG.
O hätt' ich jetzt die Fülle der Gesundheit,
Als da dein Vater und ich selbst in Freundschaft
Zuerst als Krieger uns versucht! Den Dienst
Der Zeiten hatt' er wohl studiert und war
Der Bravsten Schüler. Lange hielt er aus;
Doch welkes Alter überschlich uns beide
Und nahm uns aus der Bahn. Ja, es erquickt mich,
Des Edlen zu gedenken. – In der Jugend
Hatt' er den Witz, den ich wohl auch bemerkt
An unsern jetz'gen Herrn: nur scherzen die,
Bis stumpf der Hohn zu ihnen wiederkehrt,
Eh' sie den leichten Sinn in Ehre kleiden.
Hofmann so echt, daß Bitterkeit noch Hochmut
Nie färbten seine Streng' und seinen Stolz:
Geschah's, so war's nur gegen seines Gleichen.
Und seine Ehre zeigt' als treue Uhr
Genau den Punkt, wo Zeit ihn reden hieß,
Und dann gehorcht' ihr Zeiger seiner Hand.
Geringre
Behandelt' er als Wesen andrer Art;
Beu gt' ihrer Niedrigkeit den hohen Wipfel,
Daß sie sich stolz durch seine Demut fühlten,
Wie er herabstieg in ihr armes Lob.
Solch Vorbild mangelt diesen jüngern Zeiten;
Und wär' es da, so zeigt' es uns zu sehr
Als rückwärts Schreitende.
BERTRAM.
Sein guter Nachruhm
Glänzt mehr von Euerm Mund als seinem Grabe:
So rühmlich preist ihn nicht sein Epitaph,
Als Euer königliches Wort.
KÖNIG.
O daß ich mit ihm wär'! Er sagte stets –
(Mich dünkt, ich hör' ihn noch: sein goldnes Wort
Streut' er nicht in das Ohr, er pflanzt' es tief,
Damit es keim' und reife): – »ich mag nicht leben« –
(So sagt' er oft in lebenswertem Ernst
Im letzten Akt und Schluß des Zeitvertreibs,
Wenn man sich trennte) –, »ich mag nicht leben«, sprach er,
»Wenn's meiner Flamm' an Öl gebricht, als Schnuppe
Der jungen Welt, die mit leichtfert'gem Sinn
Nichts als das Neue liebt; die ihren Ernst
Allein auf Moden lenkt; bei der die Treue
Mit ihren Trachten wechselt«: Also wünscht' er.
Ich, scheidend, wünsche wie der Abgeschiedne,
Weil ich nicht Wachs noch Honig bringe heim,
Recht bald erlöst zu sein aus meinem Stock,
Raum gönnend Jüngern.
ZWEITER LORD.
Sire, Euch liebt das Volk;
Wer Euch verkennt, wird Euch am meisten missen.
KÖNIG.
Ich füll' 'nen Platz, ich weiß. – Wie lang' ist's, Graf,
Seit Eures Vaters Arzt gestorben ist?
Man rühmt' ihn sehr.
BERTRAM.
Sechs Monat sind's, mein Fürst.
KÖNIG.
Lebt' er noch, hätt' ich's doch mit ihm versucht.
Gebt mir den Arm! – Die andern schwächten mich
Durch mancherlei Behandlung: mag's Natur
Und Krankheit nun entscheiden. – Willkommen, Graf! –
Mein Sohn ist mir nicht teurer.
BERTRAM.
Dank Eu'r Hoheit! –
Trompetenstoß. Alle gehn ab.